Dipl.-Ing. (FH) Ulrich Teufel
ITA
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Ein Fall aus der täglichen Praxis vorab:
Ich, ein mit allen Abwassern gewaschener Haustechnik-Ingenieur, bewerbe mich um die Planung für den Umbau eines alten Gebäudes zu einem Hotel. Nach intensiven Verhandlungen mit dem Investor bzw. dessen raffiniertem Projektsteuerer erkläre ich mich bereit, auf ein Pauschalhonorar einzugehen. Nach Auftragserteilung habe ich zwar wegen der kurzen Bearbeitungszeit Bedenken, reibe mir aber erstmal die Hände über den zu erwartenden Gewinn und nehme die bei Auftragserteilung übergebenen Pläne mit nach Hause.
Unverzüglich malte ich wild drauf los, am besten schön bunt, das wirkt besser und habe wie immer nach ein paar Tagen den Entwurf fertig. Anruf beim Architekten und Bauherrn wegen Termin zur Durchsprache meines Werkes. Dieses findet allgemeine Zustimmung mit ein paar Änderungen, welche direkt in der Ausführungsplanung realisiert werden sollen. Nach Erhalt der nichtssagenden Werkpläne 1:50 fange ich dann an, 'richtig' zu arbeiten:
Um die Heizungsanlage auslegen zu können, muß ich erstmal den Wärmebedarf rechnen. Oh, aus welchen Materialien sind denn eigentlich die Wände, Decken, Fußböden und Dächer, welche Materialstärken sind vorhanden bzw. neu geplant? Also den Architekt angerufen und gefragt.
Mitten in der Berechnung stellt sich heraus, daß noch ein paar Wände übersehen wurden, also nochmal angerufen. Der Wärmebedarf ist gerechnet. Jetzt fällt auf, daß der spezifische Wärmebedarf nicht dem ENEG bzw. der Energieeinsparverordnung entspricht. Nun, das ist Sache des Architekten bzw. des Statikers, der hat ja den Nachweis erbracht.
Also die Heizkörper auslegen. Welches Fabrikat und welcher Typ soll genommen werden? Der Architekt muß das wissen, also angerufen. Dieser hat gerade Streß und reagiert ungehalten. Der Ingenieur solle das gefälligst selber festlegen. Also was Gutes, Schönes. Die vom Computer errechneten Heizkörper passen nicht alle so recht, zu dick, zu lang oder zu hoch, aber das sind Einzelfälle. Zum Neuauslegen fehlt die Zeit, das kann dann der Heizungsbauer machen.
Das Rohrnetz gezeichnet und berechnet. Oh je, die angedachten Leitungswege gehen nicht so, wie gedacht. Naja, das ist Sache der Montageplanung.
Als nächstes schnell die Schlitze und Durchbrüche, da der Architekt schon nachgefragt hat. Für einen Vorlauf und einen Rücklauf prinzipiell 20/10, bei zwei Vorlauf-/Rücklaufleitungen eben das doppelte in einer Richtung.
Nun noch schnell in den Heizraum den Kessel und Verteiler gezeichnet.
Fertig, jetzt machen wir Lüftung. Was ist denn zu lüften? Innenliegende Bäder und WC´s, ist ja klar. Wie sieht es mit den anderen Räumen aus? Was, in diesen Keller soll die Küche? Unmöglich. Im EG Konferenzräume, mal schauen, sicherheitshalber ja, war ja auch im Entwurf. Was noch? Ach ja, die und jene Anlage. Die werden nach dem Luftwechsel ausgelegt, das geht am schnellsten. Die exakte Berechnung soll die Lüftungsfirma machen. Gitter bestimmt, Kanäle und Geräte gezeichnet. Die Schächte sind ja viel zu klein. Hier muß der Architekt ändern, ob er will oder nicht. Wo soll die Zentrale sein? Hmh, die Außenluft kann über dem Boden angesaugt werden, aber die Fortluft? Am besten in den Schacht 1 mit rein. Die Aussparungen gleich mit eingetragen, der Statiker wird wohl einiges nochmal rechnen müssen, warum wartet er nicht, bis er meine Pläne hat?
So, nun noch schnell Sanitär. Auch das ist nach ein paar Tagen erledigt. Der WW-Speicher wird geschätzt und noch in den Heizraum mit eingezeichnet. Der Bauherr und der Architekt werden staunen, wie schnell ich bin und in zwei Wochen die LV´s, das ist ein Kinderspiel.
Mitten in er Angebotsphase kommt die Baugenehmigung. Die spinnen, welche Auflagen die machen. Da stimmt ja ein Teil meiner Planung nicht mehr. Nun, das gibt Nachträge, am besten den Bauherrn gleich informieren, oder doch nicht. Mal abwarten wie die Preise sind.
Die Aufträge sind vergeben. Die Heizungsfirma macht bestimmt Schwierigkeiten, die kenne ich schon. Auch die Klimafirma motzt immer rum, daß die Pläne nicht ausreichend seien, aber die müssen sowieso Montagepläne machen, steht in der VOB. Mit dem Sanitär-Fritzen kann ich reden, der ist vernünftig. Gut, daß ich meine Massen so hoch angesetzt habe.
Kurz vor Fertigstellung, nachdem sich die Handwerker mit dem Stellen der Nachtragsangebote nicht mehr haben vertrösten lassen und diese vorliegen, Rapport beim Bauherrn mit dem Architekt. Die geplanten Kosten sind um zig Prozent überstiegen, man könnte direkt von einer Kostenexplosion sprechen. Ich hatte ja mangels Auftrag keine Kostenberechnung gemacht, also nicht meine Schuld. Ich soll meine Versicherung einschalten, wäre ja noch schöner, das argumentieren wir schon hin.
Nächste Woche sind die Abnahmen und dann sofort Schlußrechnung gestellt. Ich verstehe gar nicht, warum der Architekt und der Bauherr so sauer sind? Erst kürzen sie das Honorar auf 0 Mindestsatz abzüglich 70 %, dann lassen sie mir keine Zeit, ändern ständig und nun soll ich den Sündenbock machen?
Diese kleine Story erscheint vielleicht übertrieben, kommt jedoch in vielem der Realität nahe:
Viele Fachplaner gehen - bewußt oder unbewußt - ein enorm hohes Risiko schon in der Akqisitionsphase eines Auftrages ein. Sie lassen sich überreden, von der HOAI, Teil IX Abstand zu nehmen und einen entsprechenden Abschlag oder Rabatt zu gewähren. Dies wird damit begründet, daß nicht alle Teilleistungen oder nicht alle Leistungsphasen zu erbringen seien. Dies ist falsch und kann verheerende Folgen haben!
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