Fall B) Oder sie manipulieren den Text des an den Planer gelieferten Leistungsverzeichnisses, verstoßen frechstens gegen das Neutralitätsgebot der VOB, schnitzen erstmal die Gewerkleistung auf ihre Umsatzmaximierung mit teils auch noch echten Mistprodukten größtanzunehmender Untauglichkeit hin und benennen ihre Produkte mit dem heuchlerischen und VOB-mäßig zu 99,9 % unzulässigen Zusatz "oder gleichwertig" im LV. Damit geben sie "ihren" Bietern sogar noch die feine Möglichkeit, hintenrum über den Produzenten Kartelle zu schmieden. So hat dann wirklich jeder was davon. Wobei Fall B auch von Baufirmen im Fall A mit praktiziert werden kann. Dann geht die Kette der Planungsleistung eben so: Pharmareferent/Produzentenberater - Bauunternehmen - Planer - Auftraggeber.
Und der doofe Bauherr - wollte er nicht von Anfang an von der größten Planerlusche betrogen werden und hat sein schnödes Vergabeverfahren so eingerichtet, genau und nur diese zu bekommen?- hat dann das verdiente Nachsehen. Schade nur, daß diese Methoden gerade im öffentlichen Bauen so gern gepflegt werden. Kein Wunder also, daß solche Baustellen dann kostenmäßig fast immer explodieren müssen - auf des Steuerzahlers Rechnung, zum Nachteil des mißhandelten Bauwerks, aber immer zum Vorteil aller Begünstigten.
Dagegegen etwas tun? Ausichtslos -es war ja immer so gewesen, es muß auch immer weiter sein.
Einer Erhebung des TÜV Süddeutschland ist zu entnehmen, daß 40% der Baumängel der Planungsphase und 29% der Ausführungsphase zuzuschreiben sind ("bausubstanz" 3/2000, S. 6). Daß mit Mindesthonorar die eigentlich dringend gebotene "bestmögliche" Planungs- und Bauleitungsintensität nicht erreichbar ist, liegt auf der Hand. Mercedes ist eben Mercedes und aus einer billigen Schrottmühle wird auch bei bestem Zuspruch kein neuer Porsche, auch nicht aus einem Oberklassen-Mazda. Alles andere ist Rabulistik (Tip: Notfalls im Duden nachschauen).
Genau das angeblich wirtschaftliche Denken bei der Zuschlagserteilung auf zu niedrige Angebotspreise führt dann zum unwirtschaftlichsten und schadensträchtigsten Ergebnis - gerade im Bestand und am Baudenkmal. Im Falle des öffentlichen Bauherrn und Auftragsbeeinflussung auch durch wenig zielführende, ausgerechnet die für Kostensicherheit maßgeblichsten Planungsnebenkosten an Baudenkmalen beschränkende Förderrichtlinien. So ist es kein Wunder, daß z. B. Maßnahmen an Baudenkmalen immer wieder die - bei ungünstiger Raumgeometrie geltende - "Schmerzgrenze" von ca. 2.250 EUR/qm (KG 1-7 gem. DIN 276) bzw. vergleichbare Neubaukosten drastisch überschreiten, bei verringertem Substanzerhalt, bei im Vergleich zur Planungsleistung unangemessen hohem Honorar und insgesamt fragwürdigem Ergebnis nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht.
Natürlich ist in gewissen Grenzen nachvollziehbar, daß man den sich als Künstlertyp gerierenden, praktischen Planungserfordernissen und den Fragen der Wirtschaftlichkeit eher abgeneigten Planern - es soll sie ja tatsächlich geben - nicht gerne hohe Honorare gönnt. Außerdem ist bekannt, daß manche Kollegen im durch den Auftraggeber entfesselten Verdrängungswettbewerb nicht in Qualitätssteigerung, sondern der Mindestsatzunterbietung ihr Heil suchen. Rechtlich unzureichende Scheinbegründungen ("Besonders niedriger Aufwand", objektiv nicht nachvollziehbare zu "niedrige Bepunktung", Umsonstleitung von angeblich "nicht erforderlichen Leistungsphasen", die im Sinn des Werkvertragscharakters dennoch erforderlich sind, ...) werden dazu im Klagefall fruchtlos vorgetragen.
Unendliche Unterschleifmöglichkeiten (Beispiele) können das Projekt dennoch für den mindestsatzunterschreitenden Planer lukrativ machen - natürlich alle auf Kosten des Bauherren, der Baukosten und der Bauqualität. Die Trickkiste der Korruption hilft ihm dabei, um durch nachtragsgeförderte Vorzugsunternehmen oder VOB-widrig produktgeförderte Hersteller sein Honorar kräftig nachzuspecken - zusätzlich zum bei Kostenexplosion automatisch ansteigenden Honorar. Ist das der Wille der zur Mindestsatzunterschreitung anstiftenden Bau- und Beamtenherrschaften? Ist das dann provozierte Qualitätsrisiko vom Auftraggeber aber wirklich gewollt? Und ist dies im Falle der öffentlichen Auftraggeber von den Dienstpflichten gedeckt? Und warum eigentlich werden die zum VOB-Verstoß anstiftenden Firmenberater bei der Bewerbung gem. VOF nie gem. § 7 Abs. 2 VOF als "Andere" genannt, mit denen der Auftragsheischer - selbstverständlich zuungunsten des Auftraggebers "den Auftrag bearbeiten" will - eben mittels niemals produktneutralen Leistungsverzeichnissen?
Eine besonders schöne Technik der Mindestsatzunterschreitung kristallisiert sich dabei in den "Neuen" Bundesländern heraus. Erst verspricht man mündlich auskömmliche Honorare, dann verhandelt man um Details möglichst lange und mit der Erzeugung hoher Vorleistungskosten beim Planer, zum Schluß reduziert man das Vertragsangebot unter Verweis auf plötzlich erbärmliche Haushaltszwänge auf "HZ 0 Mindestsatz", da dann der Planer nicht mehr auskann. Damit löst man zwar erhebliche Schadensersatzansprüche aus Erfüllung und Culpa in Contrahendo aus, hofft aber, daß der doofe Planer dennoch anbeißt. Im Verweigerungsfall warten ja genug Billigmacher.
Auch am Baudenkmal mag es zwar Wege geben, Planungsqualität durch heiß vorgetragene Denkmalliebe, Dauerpräsenz bei mangels exakter Planungsvorgaben teuren Regieleistungen und Kenntnis der Nomenklatur in die Projektvorbereitung und -durchführung einzubringen. Ohne systematisch überlegene und zielführende Methode bleibt das aber Schall und Rauch: Nur "echt" VOB-getreue und bestandsgerechte Planung, die sich in exakter Kostenermittlung und Leistungsbeschreibung, öffentlicher Vergabe und kostentreuer, regelmäßig unter Neubaukosten liegender Abrechnung bei maximalem Bestandserhalt erweisen muß, kann am Baudenkmal die hochgesteckten Ziele erreichen. Ist diese Qualität in Honorarangebotsverfahren zu entdecken? Nur wenn ergebnisbezogene Vergabekriterien abgefragt und dann auch bewertet würden. Das tut "man" aber nur sehr, sehr, sehr selten bis gar nicht.
Der Vergleich von Restaurierungs-LVs für komplizierte Instandsetzungsmaßnahmen inkl. Vergleich der dafür geschätzten und abgerechneten Summen hilft da sicher weiter. Auch die Frage nach Baustoffkenntnissen wäre hier interessant. Echte Restaurierbaustoffe und deren Täuschungsprodukte, schädliche, sinnlose oder anders als gedacht wirkende teure Bausysteme wie "Sanier"-Verputz, denkmalschädigende Anstrichprodukte, Normerfüllung betr. Dichtung/Dämmung oder Eingriffe betr. angeblich "aufsteigender" Feuchte liefern zwar schöne Honorarsteigerungen bei gleichzeitiger Planungsleistung durch den Systemverkäufer, dem Bauwerk schadet das aber ebenso wie der Bauherrnkasse. Nur, welcher Auftraggeber prüft hier genau? Da müßte er erst mal selbst die Prüfkriterien kennen. Bestenfalls läßt man sich von durchgeschniegelten Objektreferenzen täuschen, die ohne wirtschaftliche Kriterien nur von der Fähigkeit zu neuem Glanz und zeitgenössischem Treppengeländer zu erzählen wissen. Ist das Denkmalpflege?
Abgesehen davon, daß bei Zuschlagserteilung auf Mindestsatzunterschreitungen die unberücksichtigten, korrekt bietenden Bewerber Ansprüche auf Schadensersatz erwerben, kann auch der so zum Auftrag gelangende, möglicherweise unterqualifizierte Bieter im Nachhinein sein "Mindestsatzhonorar" beanspruchen - auch wenn er es tatsächlich nicht wert sein sollte. Welche freudige Überraschung, wenn sich dem getäuschten Planer erst im Planungsablauf herausstellt, daß das Kirchendömlein doch nicht Honorarzone 0 Mindestsatz (wie zunächst im Staatsbauvertrag angekreuzt) ist... Eine mittlerweile gefestigte Rechtsprechung gibt ihm dazu alle Mittel in die Hand.
Befragungen in meinen vielen Architektenseminaren zum Thema "Altbau" seit 1988 zeigen, daß bis auf 0,01 Prozent Ausnahmen kein Kollege jemals nur den Mindestsatz nach korrekten Bedingungen (also objektiv vollständige Leistungsphasen, zutreffende Honorarzone, vollständige anrechenbare Baukosten inkl. 10.3a, Zuschläge §§ 24/27, zusätzlich vergütete Besondere Leistungen der Bestandsaufnahme vor, während und nach der Bauabwicklung, usw.) erhalten hat, geschweige denn auch nur 1 DM mehr. Derartig gesetzlose Fälle sind also der Alltag bei den Maßnahmen der staatlichen, kirchlichen oder privaten Denkmaleigentümern und werden einem in Verhandlungen vor allem mit staatlichen Projektbeteiligten (Förderinstitutionen der Städtebau- und Denkmalförderung wie angebliche Sanierungs-"Treuhänder", Bezirksregierung und Denkmalbehörden) sogar zynisch entgegengehalten.
Eine Überprüfung durch die Architektenkammer zumindest der ärgsten staatlichen/kirchlichen Wettbewerbs-Störer auf HOAI-Treue ist bisher - bis auf wenige Kommunalbauämter - jedenfalls nicht erfolgt. Es wäre ja so einfach, da die HOAI-Unterschreitung sozusagen für jede Umbau-/Instandsetzungsmaßnahme zutrifft. Und entsprechenden Hinweisen mag man nicht nachgehen, es träfe ja auch die beliebten Kollegen und Kammer-Ausschußmitglieder und macht sicher unheimlich Schreibarbeit und Ärger.
So bleibt den zu kurz Gekommenen nur der Rechtsweg. Er sieht im Hinblick auf nachträgliche Geltendmachung des entgangenen Mindestsatz-Honorars erfreulich gut aus und wird deswegen zunehmend beschritten. Mehr und mehr schöne Entscheidungen machen den Planern hier Mut und Hinterbeine. Schade, daß man sich dabei zunächst als der Gesetzloseste der Gesetzlosen erweisen und das Risiko der Kollegenanschwärzung betr. Berufsordnungsverstoß eingehen muß. Wenn´s doch aber der Kunde so will! Spätestens wenn der private Bauherr merkt, daß er im Regreßfall mit den zusätzlichen Gerichts- und Honorargebühren von seinen amtlichen Einflüsterern im Regen stehen gelassen wird, geht ihm die Nachttischlampe auf. Aber dann ist es zu spät.
Sehr eindeutig klärt den Sachverhalt rund um den Mindestsatz ein Aufsatz von Rechtsanwalt Malte Müller-Wrede, Hauptgeschäftsführer der AHO in Bonn, erschienen in der Zeitschrift für Vergaberecht ZVgR, 1. Ausgabe 1998. Daraus sei nachfolgend aus Fortbildungszwecken auszugsweise zitiert (Literaturnachweise hier nicht aufgeführt, Hervorhebungen im Fließtext von mir):
" Die Bedeutung der Mindestsatzregelung der HOAI für die Vergabe von Planungsleistungen im Rahmen der VOF
Seit dem 1. November 1997 ist die Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) rechtsverbindlich eingeführt. [...] Bei der überwiegenden Anzahl der Aufträge an Freiberufler handelt es sich um solche, die der Auftragnehmer durch eine geistige Leistung zu lösen hat. Regelmäßig wird diese Leistung im voraus nicht vom Auftraggeber hinreichend präzise beschreibbar sein. [...] Eine Unterteilung von Planungsleistungen in einen kreativen und einen nichtkreativen Teil unter Orientierung an den jeweiligen Leistungsphasen der HOAI kann allerdings nicht als Maßstab dafür dienen, Leistungen von Ingenieuren und Architekten etwa nach der Leistungsphase 6 des § 15 Abs. 2 HOAI beschreibbar zu machen. Zum einen sind die Leistungsbilder der HOAI völlig ungeeignete Hilfsmittel für die eindeutige und erschöpfende Beschreibung von Planungsleistungen, da sie gem. § 2 Abs. 2 HOAI lediglich beispielhaften Charakter haben, um die Honorarfindung zu erleichtern. Zum anderen hat der BGH in einer neueren Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen, daß dem staatlichen Preisrecht der HOAI über den in § 1 HOAI definierten Anwendungsbereich hinaus keinerlei ergänzende Bedeutung zukommt. Jegliche Bestrebungen, die Gebührentatbestände der HOAI außer für die Berechnung der Entgelte für die Leistungen der Architekten und Ingenieure heranzuziehen, wären somit von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für die HOAI, dem Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen, nicht gedeckt. Daher verbietet sich aufgrund der Rechtsqualität und des lediglich beispielhaften Charakters der Honorarvorschriften ein Rückgriff auf die HOAI, um Architekten- und Ingenieurleistungen eindeutig und erschöpfend beschreiben zu können. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob die jeweilige freiberufliche Leistung eines Planers dergestalt beschrieben werden kann, daß der Bewerber im offenen oder nicht-offenen Verfahren in der Lage ist, ohne Rücksprache mit dem Auftraggeber und ohne umfangreiche Vorarbeiten ein Honorarangebot abzugeben. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, setzt eine derartig detaillierte Leistungsbeschreibung [KF: lustigerweise] gerade die Planungsleistung voraus, die nachgefragt wird. Selbst wenn man etwa die Bauüberwachung als ausführende Funktion ansehen würde, wäre sie dadurch nur nicht eindeutig und erschöpfend beschreibbar, da der Architekt oder Ingenieur als Objektüberwacher vielfältige Entscheidungen treffen muß, die sich im Vorfeld keineswegs nach den genannten Kriterien beschreiben lassen. Somit ist davon auszugehen, daß Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, regelmäßig nach der VOF zu vergeben sind, wenn der Auftragswert nach § 2 Abs. 2 i.V.m. § 3 VOF 200 000,00 ECU ohne Umsatzsteuer oder mehr beträgt. Definition von Architekten- und Ingenieurleistungen [...] Zusammenfassend ist festzustellen, daß die HOAI trotz der fehlenden Fortschreibung der Honorartafeln und der begrenzten Anzahl von Leistungsblidern für die überwiegende Anzahl von Fällen einschlägig ist, in den Architekten- und Ingenieurleistungen zu erbringen sind. Private wie öffentliche Auftraggeber haben somit die Vorgaben bei der Bezahlung von Architekten- und Ingenieurleistungen zwingend zu beachten, soweit die Bestimmungen der Honorarordnung diese erfassen. Im Zusammenhang mit einer öffentlichen Auftragsvergabe ist hierbei irrelevant, ob es sich um eine Vergabe nach den Bestimmungen der VOF oder denen der VOL/A handelt. Aufgrund des ausdrücklichen Vorbehalts zugunsten nationaler Honorarregelungen in Art. 36 Abs. 1 DLR und der Unabdingbarkeit der Honorarvorschriften nach HOAI kann sich die Entlohnung von Planungsleistungen nur innerhalb der Vorgaben der Honorarordnung bewegen. Die HOAI als Kriterium für die Auftragsvergabe Aufgrund des Vorbehalts in der Dienstleistungsrichtlinie findet sich in § 16 Abs. 2 S. 2 VOF die Klarstellung, daß bei der Entscheidung über die Auftragsvergabe einer Leistung, die nach einer gesetzlichen Gebühren- oder Honorarordnung zu vergüten ist, der Preis nur in dem dort vorgeschriebenen Rahmen zu berücksichtigen ist. Demnach kommen die Parameter der HOAI nicht erst bei der eigentlichen Honorarfindung zur Anwendung, sondern sie sind bereits ein Kriterium bei der Entscheidung über die Auftragserteilung. Hierbei ist zu beachten, daß aufgrund des frühen Stadiums ein gewisser Toleranzrahmen bei dem Honorarangebot berücksichtigt werden muß. Liegt das Angebot auch bei Annahme eines solchen Spielraums außerhalb des von der HOAI vorgeschriebenen Rahmens, darf der Auftrag dem betreffenden Bewerber nicht erteilt werden. [...] Einer in Art. 37 DLR vorgesehenen Aufklärung über die Umstände des unangemessen niedrigen Angebotspreises bedarf es bei Architekten- und Ingenieurleistungen, die von der HOAI erfaßt sind, gerade nicht, da die Parameter der Honorarordnung den Auftraggeber in die Lage versetzen, die Mindestsatzunterschreitung ohne weitere Nachprüfungen festzustellen. Dagegen geht die entsprechende Regelung in der Dienstleistungsrichtlinie davon aus, daß der Auftraggeber anhand der vorliegenden Unterlagen nicht abschließend beurteilen kann, ob das Angebot tatsächlich unangemessen ist. Die Überschreitung eines derartigen Toleranzrahmens läßt im übrigen den Rückschluß zu, daß die Abweichung vorsätzlich vorgenommen wurde, um den Auftrag zu erhalten. Weitere Folge eines solchen Verhaltens ist, daß auch Zweifel an der Zuverlässigkeit und damit an der fachlichen Eignung des Bewerbers nach § 13 Abs. 1 VOF bestehen. Prüfungsmaßstab Bei der Prüfung, ob sich ein Angebot im gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen der HOAI bewegt, ist auf die Einhaltung der Mindest- und Höchstsätze nach § 4 Abs. 1 HOAI abzustellen. [...] Somit ist grundsätzlich eine Honorargestaltung nur innerhalb der Mindest- und Höchstsätze zulässig. Nur in Ausnahmefällen dürfen die Mindestsätze nach § 4 Abs. 2 HOAI unterschritten und die Höchstsätze nach Abs. 3 überschritten werden. Eine Überschreitung kommt in der Praxis so gut wie nie vor [...]. Dagegen kommt dem Mindestsatz aufgrund des Zuschlagskriteriums "Preis" eine erhebliche Bedeutung zu. Zulässige Unterschreitung des Mindestsatzes [...] Nach der nunmehr geltenden Rechtslage können Planerhonorare unterhalb der Mindestsätze nur noch in Ausnahmefällen schriftlich vereinbart werden. Fehlt eine der genannten Voraussetzungen, so ist eine entsprechende Vereinbarung unwirksam. Dies hat nach § 4 Abs. 4 HOAI zur Folge, daß der Auftragnehmer grundsätzlich berechtigt ist, nach den Mindestsätzen abzurechnen. [...] Die zulässigen Ausnahmefälle dürfen einerseits nicht dazu führen, daß der Zweck der Mindeststzregelung gefährdet werde, "einen ruinösen Preiswettbewerb" unter Architekten und Ingenieuren zu verhindern. Andererseits könnten all die Umstände eine Unterschreitung der Mindestsatzregelung rechtfertigen, die das Vertragsverhältnis im übrigen deutlich von den übrigen Vertragsverhältnissen unterschieden, so daß ein unter den Mindestsätzen liegendes Honorar angemessen sei. Dies könne nach Ansicht des BGH der Fall sei, wenn die vom Architekten oder Ingenieur geschuldete Leistung nur einen besonders geringen Aufwand erfordere, sofern dieser Umstand nicht schon bei den Bemessungsmerkmalen der HOAI zu berücksichtigen sei. Anm. KF: Eine weitere Fallgestaltung ist Schluderarbeit, die sich dann in unterlassenen Planungsleistungen äußert. Beispielsweise in VOB-widrigen, nicht eindeutigen und auch nicht erschöpfenden Leistungsbeschreibungen und fehlenden Ausführungsplänen zeigt sich dieser Mangel, der dann ziemlich sicher in die Kostenexplosion führt. Immer schade, wenn das auf dem Buckel des Steueresels ausgetragen wird, oder? (Link: Ausschreibung im Bestand) Die Honorarzone 0 Mindestsatz garantiert also keine billigen Gesamtbaukosten, auch wen das scheinbar viele Auftraggeber meinen. (Link: Kostenexplosion) Ferner könne beispielsweise ein Ausnahmefall bei engen Beziehungen rechtlicher, wirtschaftlicher, sozialer oder persönlicher Art oder sonstigen Umständen gegeben sein. [...] Der BGH hat durch sein jüngstes Urteil zu den Mindestsätzen der HOAI zunächst noch einmal ausdrücklich deren Funktion als vorbeugende Maßnahme gegen einen ordnungspolitisch unerwünschten und ökonomisch schädlichen Preiskampf hervorgehoben. [...] Ein Ausnahmefall i.S.d. § 4 Abs. 2 HOAI bei Bauvorhaben für soziale Einrichtungen, bei denen es sich lediglich um typische Planungsaufgaben handelt, ist [...] nicht zulässig. Anm. KF: Davon haben leider die kirchlichen Baubehörden mit ihrer bekannten Vergabepraxis von Planungsaufgaben im Bestand nicht selten weit unter Mindestsatz noch nichts gehört. Die Gemeinden müssen dann das Kreuz der letztlich überhöhten Gesamtbaukosten und minderer Bauqualitäten auf sich nehmen. Und hin und wieder auch die kirchliche Baubehördenkorruption (Link!). Soli Deo Gloria! [...] Wertungswiderspruch zu höherrangigen Vergabegrundsätzen Gesetzt den Fall, daß [...] ein scheinprivatisiertes Unternehmen [Gesellschaften in privater Rechtsform, die vollständig oder mehrheitlich im Besitz des öffentlichen Auftraggebers sind ... zu dem vornehmlichen Zweck, die ausgliedernde öffentliche Behörd mit Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen zu versorgen, ... etwa ein ehemaliges, in private Rechtsform überführtes Bauamt] keine In-House-Leistungen erbringt, aber nach § 4 Abs. 2 HOAI eine Unterschreitung des Mindestsatzes zulässig ist, darf dieser Umstand im Rahmen der Entscheidung über die Auftragserteilung gem. § 16 Abs. 2 VOF angemessen berücksichtigt werden. Neben der Bedeutung des "Preises" in der Gewichtigkeit der Auftragskriterien ist dabei insbesondere ein Wertungswiderspruch zu dem Grundsatz der Gleichbehandlung nach § 4 Abs. 2 VOF und der marktöffnenden Zielsetzung der der VOF zugrundeliegenden Dienstleistungsrichtlinie zu vermeiden. Durch die Verweisung auf einschlägige Honorarordnungen in § 16 Abs. 2 S. 2 VOF soll sichergestellt werden, daß die Qualität der Leistung zum wichtigsten Auftragskriterium wird. Damit einher geht, daß alle Bewerber objektiv nach ihrer Leistungsfähigkeit und grundsätzlich nur im Rahmen der Mindest- und Höchstsätze der HOAI nach dem Preis bewertet werden. Wird aber einem beschränkten Bewerberkreis gerade aufgrund besonderer Verbindungen zu dem öffentlichen Auftraggeber die Möglichkeit einer Preisunterbietung gegeben, die bei Mitbewerbern zum Ausschluß aus dem Vergabeverfahren führen würde, kann von einer Gleichbehandlung i.S.d. § 4 Abs. 2 VOF nicht die Rede sein. Hinzu kommt, daß regelmäßig nur ein beschränkter Bewerberkreis entsprechend niedrige Honorarangebote zulässig anbieten kann, so daß das angestrebte Ziel der Öffnung nationaler Beschaffungsmärkte hierdurch unterlaufen wird. Fazit: Zweistufige Prüfung des Auftragskriteriums "Preis/Honorar" Die Besonderheiten der öffentlichen Auftragsvergabe bei Architekten- und Ingenieurleistungen, deren Auftragswert über 200 000 ECU liegt, erfordert eine zweistufige Überprüfung der Honorarangebote. Liegt ein Angebot unter den Mindestsätzen der HOAI, ist zunächst zu prüfen, ob es sich um einen Ausnahmefall gem. § 4 Abs. 2 HOAI handelt. Erst wenn sichergestellt ist, daß eine zulässige Unterschreitung der Mindestsätze gegeben ist, erfolgt in einer zweiten Stufe die Prüfung, ob das Honorarangebot in die Entscheidung über die Auftragserteilung im Rahmen des § 16 Abs. 2 VOF eingehen kann und nicht etwa eine ungerechtfertigte Bevorzugung eines Bewerbers vorliegt." |
Selbstverständlich sind diese Ausführungen prinzipiell auch für die Vergabe von Planungsleistungen unterhalb des VOF-Schwellenwertes (seit 1. Januar 2010 193.000,00 EUR netto) gültig, wie auch nicht?
Ein schöner Text, und kaum bekannt! Das Internet kann das ändern. Daß dies allerdings viel nützt, glaubt nur ein Berufsanfänger oder Depp. Da darf man den Beamten bedingungslose und nicht von Futterneid, Mißgunst und Haß geprägte Gesetzestreue nicht ohne weiteres und ganz allgemein unterstellen. Wie die Erfahrung lehrt, sind es eben auch nur - und gewiß nicht immer nur "gute" Menschen. Ausnahmen bestätigen die Regel. Und Gottseidank gibt es auch die.
Zur Bedeutung des Mindestsatzcharakters der HOAI führen Locher/Koeble/Frik in ihrem "Kommentar zur HOAI", 7. Auflage 1996 folgendes aus (Auszug, Literatur- und Urteilsbelege weggelassen):
"Der Mindestpreischarakter; Voraussetzungen für die Vereinbarung eines Honorars unterhalb der Mindestsätze; Folgen der unwirksamen Unterschreitung Die HOAI hat auch Mindestpreischarakter. Dieser kommt zunächst dadurch zum Ausdruck, daß bei Fehlen einer Honorarvereinbarung nach Abs. 4 die Mindestsätze als vereinbart gelten. Er kommt ferner dadurch zum Ausdruck, daß auch bei Unwirksamkeit einer Honorarvereinbarung die Mindestsätze gelten [...]. Allerdings kann es im Ausnahmefall unzulässig sein, daß sich der Auftragnehmer bei mündlicher Vereinbarung eines Honorars unterhalb der Mindstsätze später auf die Formvorschrift des § 4 Abs. 2 beruft [...]. Schließlich kommt der Mindestpreischarakter dadurch zum Ausdruck, daß Honorare unterhalb des Mindestsatzes nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam vereinbart werden können (Abs. 2). Die HOAI ist auch im Hinblick auf den richtig berechneten Mindestsatz Preisrecht und damit nicht abdingbar [...]. [...] Die Bestimmung des Abs. 2 gilt, soweit der Regelungsbereich des § 4 reicht [...]. Sie gilt nur, soweit nicht Kostenlosigkeit oder Tätigkeit auf eigenes Risiko oder bedingte Honorarpflicht vereinbart ist [...]. Eine Unterschreitung der Mindestsätze ist nur wirksam, wenn eine schriftliche Vereinbarung vorliegt [...]. Darüber hinaus darf der Mindestsatz nur in Ausnahmefällen unterschritten werden [...]. In AGB des Auftraggebers ist die Unterschreitung des Mindestsatzes unwirksam [...]. [...] Ob der Mindestsatz unterschritten ist, ist immer an einer hypothetischen, nach HOAI richtig aufgestellten Honorarabrechnung zu überprüfen. Das Gericht muß den entsprechenden Behauptungen jedoch nur nachgehen, wenn der Auftragnehmer dies substantiiert darlegt und die dafür erforderlichen Tatsachenangaben hinsichtlich anrechenbarer Kosten, Honorarzone usw. macht. Die Darlegungs- und Beweislast für die Unterschreitung des Mindestsatzes trägt - auch beim Pauschalhonorar [...] - der Auftragnehmer. Eine unzulässige Unterschreitung des Mindestsatzes kann in vielfältiger Weise geschehen, so z. B. durch Einordnung in eine falsche Honorarzone, durch Vereinbarung zu niedriger anrechenbarer Kosten, durch Ansatz zu niedriger Prozentsätze aus den Leistungsbildern für die betreffenden Leistungsphasen [...], durch Zusammenfassung eigentlich getrennt abzurechnender Objekte oder Tätigkeiten und anderes mehr [...]. Die Zusammenfassung mehrerer Objekte, die Anwendbarkeit einer bestimmten Honorartafel und die Verleitung zum Angebot geringerer Prozentsätze als in einem Leistungsbild angegeben, hat der BGH [...] zu Recht als Verstoß gegen den Mindestpreischarakter angesehen [...]. Das Angebot, Besondere Leistungen kostenlos zu erbringen oder keine Nebenkosten abzurechnen, genügt dagegen nach dieser Entscheidung nicht. Ist die Vereinbarung eines Honorars unterhalb der Mindestsätze unwirksam, weil die Schriftform fehlt oder weil kein Ausnahmefall vorliegt oder weil (so herrschende Meinung) die Vereinbarung nicht bereits bei Auftragserteilung wurde, so bleibt der Architekten- und Ingenieurvertrag dennoch entgegen § 139 BGB wirksam [...]. Problematisch ist, welche Folge eine unwirksame Vereinbarung im Hinblick auf den Honoraranspruch des Auftragnehmers hat. Dem Auftragnehmer gesteht die absolut herrschende Meinung hier als Ausfluß des Mindestpreischarakters den Mindestsatz nach HOAI zu [...]. Die gegenteilige Auffassung hält den Auftragnehmer für schadensersatzpflichtig, weil er seiner generellen Aufklärungspflicht im Hinblick auf die Wirksamkeit einer Honorarvereinbarung nicht nachgekommen sei [...]. Eine solche Pflicht zur Aufklärung über die Wirksamkeitsvoraussetzungen für eine Honorarvereinbarung besteht aber nicht generell, sondern nur dann, wenn "besondere Umstände" vorliegen. Die gegenteilige Auffassung ist abzulehnen, weil mit diesem Argument im Ergebnis sämtliche Formvorschriften des BGB und anderer Gesetze ausgehebelt werden können [...]. Vorstehende Grundsätze gelten auch für Pauschalhonorarvereinbarungen [...], wenn sie, ohne daß ein Ausnahmefall vorliegt, den Mindestsatz unterschreiten [...]. [...] Wie bereits betont, können aber Schadensersatzansprüche des Auftraggebers im Ausnahmefall durchaus bestehen. Grundlage dafür kann jedoch nicht allein ein Verstoß gegen Treu und Glauben (widersprüchliches Verhalten) sein. Es genügt deshalb noch nicht, wenn der Auftragnehmer die Honorarvereinbarung vorgeschlagen hat [...]. Vielmehr bedarf es einer schuldhaften Pflichtverletzung des Auftragnehmers [...]. Der Auftragnehmer haftet wegen Verschulden bei Vertragsabschluß, wenn er auf ausdrückliche Frage nach den Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Honorarvereinbarung diese nicht nennt oder sogar den Auftraggeber vom Abschluß einer wirksamen Vereinbarung abhält [...]. Schadensersatzansprüche können auch dann bestehen, wenn der Auftragnehmer von vornherein die Absicht hat, den Mindestsatz abzurechnen und dennoch eine mündliche, niedrigere Vereinbarung mit dem Auftraggeber eingeht. Verletzt der Auftragnehmer seine Aufklärungspflicht, so hat er den Auftraggeber so zu stellen, wie er im Falle der Aufklärung gestellt gewesen wäre [...]. Schadensersatzansprüche bestehen jedoch nur dann, wenn der Auftraggeber substantiiert darlegt, daß er einen anderen Auftragnehmer an der Hand gehabt hat, der die Leistungen zu einem Honorar unterhalb der Mindestsätze angeboten hätte. Für die substantiierte Darlegung ist weiter Voraussetzung, daß ein Ausnahmefall i.S.v. Abs. 2 vorgelegen hat. Dafür genügt es nämlich nicht, daß der Auftraggeber einen Architekten oder Ingenieur benennt, der unter Verstoß gegen Standespflichten bzw. § 4 Abs. 2 den Mindestsatz unterschritten hätte. Der Schaden kann mit einem Verstoß eines anderen Auftragnehmers gegen die HOAI nicht begründet werden [...]. Die Darlegung eines Schadens ist eventuell noch dann möglich, wenn ein angestellter Architekt oder ein generalunternehmer mit Planungsleistungen beauftragt worden wäre [...]. In Fällen der arglistigen Täuschung kann darüber hinaus der Geltendmachung des Mindestsatzes der Einwand der Arglist (§ 242 BGB) entgegenstehen [...]. Hat der Auftragnehmer im übrigen bei mündlicher Honorarvereinbarung sein Honorar nach einer unwirksamen Vereinbarung abgerechnet, so kann er dennoch nicht nachträglich den Mindestsatz fordern, weil er an seine Honorarschlußrechnung gebunden ist [...]. Unterschreitung des Mindestsatzes "in Ausnahmefällen" [...] Der Begriff Ausnahmefall wird subjektiv und objektiv zu fassen sein. Subjektiv erlangt er insofern Bedeutung, als der einzelne Auftragnehmer nicht generell unterschreiten darf, sondern nur in Ausnahmefällen. Die größere Bedeutung liegt jedoch in objektiver Hinsicht: Es müssen Umstände im personellen oder sozialen Bereich vorliegen, die ein Abweichen vom Mindestsatz nach unten rechtfertigen [...]. So können verwandschaftliche, freundschaftliche oder enge persönliche Beziehungen ein Abweichen vom Mindestsatz nach unten rechtfertigen, ebenso die Mitgliedschaft des Auftragnehmers in einem Verein, für den er Leistungen erbringen soll [...]. Im sozialen Bereich kann es gerechtfertigt sein, beim Wiederaufbau eines durch Naturkatastrophe zerstörten Hauses oder für einen durch höhere Gewalt geschädigten Auftraggeber, der dazuhin wirtschaftlich mitbelastet wurde, vom Mindestsatz nach unten abzuweichen. Die generelle wirtschaftliche Situation eines Auftraggebers darf dagegen keine Rolle spielen. Ebensowenig dürfen der Umfang und die Schwierigkeit der Leistung zu einem Honorar unterhalb der Mindestsätze führen. Deshalb ist es auch falsch, bei außergewöhnlich niedrigem Aufwand eine Unterschreitung zuzulassen [...], und es genügt auch nicht, wenn dem Auftragnehmer im Einzelfall nur geringe Bürokosten entstehen [...]. Die Auffassung von Schelle [...], wonach eine Unterschreitung möglich ist, wenn der Auftragnehmer geringere Aufwendungen als üblich hat, ist ebenfalls abzulehnen [...]. Auch die mehrfache Verwendung von gleichen Plänen stellt keinen Ausnahmefall das [...]. Weitere Ausnahmefälle können sich aus Treu und Glauben ergeben. [...] Inzwischen geklärt ist die Frage, ob die Unterschreitung des Mindestsatzes auch ohne Vorliegen eines Ausnahmefalles wettbewerbswidrig ist [...]. Richtig ist, daß § 4 Abs. 2 eine "wertneutrale Ordnungsvorschrift" enthält, deren Verletzung nur dann einen Wettbewerbsverstoß darstellt, wenn besondere wettbewerbliche Merkmale hinzutreten, die das Verhalten aus wettbewerbsrechtlicher Sicht als anstößig erscheinen lassen [...]. Dies wird mit Recht bejaht, wenn sich ein Architekt oder Ingenieur bewußt und planmäßig über die Vorschriften der HOAI hinwegsetzt und für ihn erkennbar ist, daß er sich auf diese Weise einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor seinen Mitbewerbern verschafft. Derartige Umstände können gefolgert werden aus Angebotsschreiben, die die Bereitschaft zur Unterschreitung der Mindestsätze dokumentieren, aber auch durch entsprechende mündliche Erklärungen [...]. Entsprechendes gilt, wenn der Architekt oder Ingenieur im Hinblick auf ein bereits vorliegendes Honorarangebot eines anderen Auftragnehmers, das sich im Rahmen der Mindest- und Höchstsätze hält, ein Angebot unterhalb der Mindestsätze abgibt. Klagebefugt wegen eines solchen Wettbewerbsverstoßes nach § 13 Abs 1. UWG sind - neben den unmittelbaren Wettbewerbern - auch die Berufsverbände und Kammern; zu den Berufsverbänden rechnen auch die Interessenverbände [...]. Wegen Verstoßes gegen den Mindestpreischarakter können auch Ausschreibungen von Auftraggebern wettbewerbswidrig sein. So hat der BGH [...] mit Recht die Wettbewerbswidrigkeit eines Blanketts eines öffentlichen Auftraggebers bejaht, in dem Ingenieure als Anbieter dazu verleitet wurden, mehrere Objekte zu einem zusammenzufassen, wodurch natürlich infolge Degression der Honorartafel ein niedrigeres Honorar als der Mindestsatz vereinbart werden sollte. Entsprechendes wurde im Hinblick auf die vertragliche Zugrundelegung einer Honorartafel für mehrere Bauvorhaben bestätigt und auch im Hinblick auf das Verleiten eines Auftragnehmers zur Reduzierung der Prozentsätze aus den einzelnen Leistungskatalogen. [...] Die Aufforderung ein Honorarangebot zu machen, ist dann wettbewerbswidrig, wenn die zu erbringenden Leistungen nicht genau bezeichnet sind, da es dann zu einer Unterschreitung des Mindestsatzes kommen kann [...]" |
So weit, so gut. Und die Wirklichkeit? Hier folgen Beispiele aus meiner und der Praxis der Architekten Dipl.-Ing.e Michael, Michel, Mike usw. Kohlhaas (Pseudonym für die betroffenen Kollegen, um sie nicht der weiteren Vernichtung auszusetzen. Senden auch Sie Ihre diesbezüglichen Vorgänge zur Veröffentlichung, absolute Vertraulichkeit wird zugesichert) mit HOAI-befreiten Auftraggebern:
Anfrage des Staatlichen Vermögens- und Hochbauamtes Mannheim nach umfangreichen Planungsleistungen, dokumentiert auch in einer beiliegenden Stellungnahme des Denkmalamtes BW, für ein als Sakralbau (Moschee) errichtetes und museal genutztes Baudenkmal aus dem 18. Jh. als Bestandteil der weltberühmten Schloßanlage Schwetzingen - insgesamt ein Objekt nationaler Bedeutung und weltkulturerbewürdig:
Vorgabe in Formular (Anlage 1):
Honorarzone III - anstelle richtig IV (Sakralbau/Museum). Hier wird also eine abscheuliche Mindestsatzunterschreitung provoziert. Grundleistungen 1): - anstelle umfangreicherer Leistungsphasen, da der hier nicht benannte Rest in großen Teilen gar nicht, im Falle der vorliegenden HU-Bau unvollständig und teils unzutreffend "vorhanden" ist. Daraus ergibt sich die Pflicht für den Auftragnehmer, die zur Erfüllung seines Werkvertrages fehlenden Leistungen "nachzuholen". Auch durch diese Vorgaben wird folglich eine Mindestsatzunterschreitung provoziert. Zuschläge (Angebotene Sätze/Kosten vom Bieter einzutragen) - Die vorhandene Bausubstanz ist kein Zuschlag, sondern gem. HOAI bei den anrechenbaren Kosten "angemessen zu berücksichtigen". Da den Bewerbern keine umfangreichen Vorarbeiten zumutbar sind, hätte hier ein angemessen berechneter Kostenvorschlag stehen müssen. Da dies nicht so ist, wird hiermit eine weitere Mindestsatzunterschreitung provoziert. Besondere Leistungen 2) ... Nebenkosten ... Unter der Eintragungstabelle folgende Hinweise: "Nichtzutreffendes ist zu streichen" - dies provoziert trotz der kärglichen Vorgaben weitere Unterschreitung der Mindestsätze "1) Eventuelle abweichende Einschätzung der vorgegebenen Teilleistungssätze nach HOAI, sowie eine abweichende Einschätzung der Honorarzone sind schriftlich zu begründen. - wieso eigentlich ist eine staatliche Baubehörde nicht in der Lage, zuerst ihre Reduzier-Vorschläge fachlich zu begründen und damit dem Bieter einen schwierigen Konflikt zu ersparen? Weil sie weiß, worum es geht? Und es gut findet, wenn redliche Bieter hier sachlich zutreffend ergänzen, die Beratung zum Leistungsbedarf sozusagen umsonst vorleisten und die derart erschlichene Leistung dann vom mindestsatzunterschreitendsten Auftragnehmer verwertet wird? 2) Erforderliche Besondere Leistungen müssen vom Auftraggeber aufgeführt werden, das Honorar ist vom Bewerber anzubieten." - schwer verständlicher Passus, denn es sind unter "Besondere Leistungen" Freizeilen vorgesehen, die bei sachlicher Wertung der beiliegenden Angebotsunterlagen mit "nicht aufgeführten", aber dennoch "erforderlichen" Besonderen Leistungen auszufüllen waren. |
"[...] 2. Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen
durch die [staatliche Bauverwaltung des Landes]
[...] Aufträge ab einem Honorarvolumen von 200.000 ECU (Schwellenwert) sind in einem Verhandlungsverfahren nach der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) zu vergeben. Aufträge mit einem Honorarvolumen unterhalb des Schwellenwerts werden unter Beachtung des Haushaltsrechts freihändig vergeben. Zur Einhaltung des Haushaltsgrundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist ein Suchverfahren in Anlehnung an die Regelungen über das Verhandlungsverfahren nach § 5 Abs. 1 VOF durchzuführen, sofern das voraussichtliche Honorar 20.000 DM oder mehr beträgt. Bei Aufträgen mit einem Honorarvolumen unterhalb 20.000 DM kann ein Architekt oder Ingenieur direkt beauftragt werden. [...] Ziel des Suchverfahrens [unter Beteiligung von mindestens 3 geeigneten Bewerbern] ist es, den Vertrag mit dem Bewerber abzuschließen, der aufgrund der ausgehandelten Auftragsbedingungen die bestmögliche Leistung erwarten lässt. Zu den Aufgaben der Vergabestelle gehört es dabei zu bewerten, ob ein angemessenes Preis-/Leistungsverhältnis im Rahmen der HOAI erreicht wird. Die HOAI lässt Spielräume für die Honorarberechnung insbesondere bei Die Vergabestelle hat bei Honorarangeboten unter den Mindestsätzen der HOAI zu prüfen, ob es sich um einen Ausnahmefall nach § 4 Abs. 2 HOAI handelt. Der Vertragsabschluss mit einer Honorarvereinbarung unter den Mindestsätzen, ohne dass die Voraussetzungen für eine zulässige Unterschreitung vorliegen, kann zur Unwirksamkeit des Vertrags führen. Unzulässige Honorarangebote sind deshalb auszuscheiden. [...]" Aus der "Anlage 2 zu den vergaberechtlichen Hinweisen zur Auswahl und Beauftragung freiberuflich tätiger Architekten und Ingenieure [...]": "Bewertungskriterien: Erfahrung, Fachkunde Projektteam Fachliche Qualifikation Büro Honorar Organisation, Ausstattung Projektabwicklung Leistungszeitpunkt Ausführungszeitraum [...]" |
Eine rechtlich einwandfreie Dienstanweisung. Jeder Planer, der durch mindestsatzunterschreitendes Angebot den Auftrag ergattern will, wäre demnach als von vornherein unzuverlässig auszuscheiden. Doch wie wird die Dienstanweisung von den geliebten Beamten in treuer Mühewaltung für die Belange eines wertvollen schutzbefohlenen Bauwerks umgesetzt? Es kommt ja immer drauf an, was man draus macht, nicht nur bei Beton:
Briefkopf Architekt Michael Kohlhaas
Adresse Staatliches Bauamt Ort, Schloß, ... - Bauwerk, Außeninstandsetzung, Ihr Schreiben vom ... / Ortstermin am ... Sehr geehrter Herr Y, zunächst darf ich mich bedanken für die Aufforderung zur Teilnahme am Suchverfahren. Da ich aus den beigefügten Unterlagen die Planungs- und Bauaufgabe in ihrem gegebenen Umfang nicht ausreichend beurteilen konnte, habe ich gestern einen Ortstermin mit [dem örtlich zuständigen Bauamtsvertreter] durchgeführt. Dabei wurde das Objekt und sein Zustand besichtigt sowie eine Sichtung und fachliche Beurteilung der vorliegenden Planungsgrundlagen durchgeführt. Im Ergebnis schlage ich bei Betreuung der Maßnahme durch mein Büro folgende Vorgehensweise vor: 1. Voruntersuchung Die Lösung der Fragenstellungen rund um die Instandsetzungstechnologie und Oberflächengestaltung in technischer und gestalterischer Hinsicht setzt verschiedene Voruntersuchungen und Bemusterungen voraus, die noch nicht vorliegen. Ich schlage vor, den Putz-, Anstrich- und Natursteinbestand durch qualifizierte Restauratoren in Abstimmung mit dem Denkmalamt zu untersuchen und entsprechende Instandsetzungsalternativen zu bemustern. Dies gilt m. E. auch für die Schiefer- und Bleideckungen, deren Zustand mit einem qualifizierten Handwerker erst detailliert zu beurteilen wären, bevor man sich für eine Rundumerneuerung entschließt. Auch die Frage der In-situ-Restaurierung des Fensterbestandes sollte erst durch Bemusterung entschieden werden. Da in der HU-Bau die rechnerische Nachprüfung der Kuppeldachkonstruktion gefordert wird - eine sicher sinnvolle Maßnahme - schlage ich vor, dies mit meinem Bürostatiker abzuwickeln. Er hat langjährige Erfahrung und war bauleitend bei vielen Instandsetzungen historischer Tragwerke beteiligt. Voraussetzung für eine bestandsgerechte Instandsetzung ist m. E. eine detaillierte Zustandsuntersuchung der Holzbauteile im Dach. Dies würde ich auf Grundlage unseres Holzlistensystems vornehmen, mit punktuellem Einsatz von Bohrwiderstandsmessungen. Die erforderliche Ausrüstung liegt im Büro vor, sie wird von meinem Statiker eingesetzt. Den Umfang der Tragwerksuntersuchung schätze ich auf ca. 10-20.000,-- DM ein, als Abrechnungsvereinbarung den Einzelnachweis. Auch [eine statische Begutachtung] wäre auf Einzelnachweis möglich. Den Umfang schätze ich auf ca. 15-25.000,-- DM, je nach Schadensituation. Weitere Leistungen der Tragwerksplanung werden nach erstem Dafürh alten nicht erforderlich, da sich sowohl die Gründung wie auch das aufgehende Mauerwerk in augenscheinlich ungefährdetem Zustand befinden. Eine Beprobung auf Kontamination mit emittierenden toxischen Holzschutzmitteln wäre beim Dachstuhl erforderlich. Erhöhte Aufwendungen für den Personenschutz lassen lassen sich so rechtzeitig voraussehen. Planmaterial Das vorgefundene Planmaterial erscheint ausgezeichnet. Insbesondere die für die Kunstdenkmäler erstellten Bestandspläne (ca. 1930 ff) bilden die Konstruktionszusammenhänge ab und können als Kartierungsgrundlage für die o. g. Zustandsuntersuchungen dienen. Demnach sollte ein Kontingent für Bestandsplanergänzung im Detail (Blechdeckung, Fenster) vorgesehen werden, um hier zutreffende Ausführungsdetails zu ermöglichen. Den erforderlichen Umfang schätze ich auf 5-15.000,-- DM. Abrechnung auf Nachweis. Mit diesen Voruntersuchungen könnte die Ausführungsplanung und VOB-gerechte öff. Ausschreibung von gesicherten Grundlagen ausgehen. Eine zügige Baudurchführung, sparsame und nachtragsarme Mittelverwendung sowie eine maximale Substanzerhaltung mittels Einsatz bestandverträglicher Baustoffe und -verfahren ließe sich dadurch sicherstellen 2. Planung Da die vorhandenen Planungsunterlagen eine detaillierte und den Maßstäben des § 9 VOB/A entsprechende Ausführungsplanung und Vergabe noch nicht zulassen, müßte hier erst umfangreich ergänzt werden. Die vorliegende HU- Bau liefert zwar einen (offensichtlich üppig bemessenen) Kostenrahmen, eine zeichnerische Darstellung des Bauvorhabens, lokalisier- und bemeßbare Baumaßnahmen lassen sich davon aber erst nach entsprechender Überarbeitung und Ergänzung ableiten. Etwa 50% der Vorplanung gem. § 15 HOAI sind damit wohl erbracht, wobei auch die Grundlagenermittlung (s. 1.) noch ergänzt werden muß. Im Ergebnis könnten wesentliche Einsparungen in vorgesehenen Kostenrahmen herauskommen bzw. bisher unerwartete Überraschungen im Bauablauf betr. Maßnahmenbedarf, Kosten und Termine weitestgehend beschränkt werden. Dies setzt aber die fachlich angemessene Erbringung bzw. Ergänzung folgender Leistungsphasen voraus: Grundlagenermittlung 1% (Ergänzung betr. Beratung zum Leistungsbedarf Voruntersuchung) Vorplanung 3,5 % (Ergänzung/Überarbeitung HU-Bau) Entwurfsplanung 16,5% (mit detaillierter Kostenberechnung durch Aufstellen von Mengengerüsten als Zuschlag) Genehmigungsplanung 6% (Beteiligung der zustimmungspflichtigen Bau- u. Fachbehörden, genehmigungsreife Ausarbeitung der Planungsgrundlagen auch betr. Denkmalschutz Ausführungsplanung 25% (positionierte Ausführungspläne in Übersicht und Detail für alle Gewerke, Grundlage für Leistungsbeschreibung Phase 6, Anlagen zu den Gewerk-LV’s) Vorbereitung der Vergabe 10% (Anwendung des Positionsbausteinsystems) Mitwirkung bei der Vergabe 3% (Inklusive Bewerberrecherche, Detailauswertung von umfangreich positionierten LV’s, Prüfung/Wertung ggf. umfangreicher Nebenangebote) Objektüberwachung 29% (Koordinierungsaufgaben des Bauamts berücksichtigt) 3. Honorarrahmen Aus den bei mir durchgeführten detaillierten Nachkalkulationen von Baudenkmalprojekten ist erkennbar, daß nur ein angemessener Honorarrahmen die erforderliche Planungsintensität bei derartigen Maßnahmen sicherstellt. Mit mehr oder weniger dramatischen Unterschreitungen der in der HOAI vorgesehenen Beurteilungskriterien provoziert man vielleicht planerische „Umsonstleistungen“ von Produktvertretern im LV-Bereich (mit allen üblen Folgen für das Baudenkmal und die Baukosten), aber keine bestandsgerechte Planung. Deshalb schlage ich vor, dieses Bauwerk sozusagen als „Kirche“ bzw. „Museum“ gem. § 12 HOAI in die Honorarzone IV einzuordnen. Aufgrund des Denkmalwertes und den daraus abzuleitenden erhöhten Aufwendungen für die allgemeine Leistungsintensität und Koordination halte ich die Vereinbarung des Mittelwertes als 50% Zuschlag auf den Mindestsatz als angemessen. Dies gilt auch für den Instandsetzungszuschlag gem. § 27, wobei ich die Verfolgung differenzierter „Zeit- und Kapazitätspläne“ dabei als in den Grundleistungen inbegriffen sehe. Die anrechenbare mitverwendete Bausubstanz gem. § 10.3 a HOAI berechne ich üblicherweise auf Nachweis. Dabei ziehe ich nur die konstruktiv mitverarbeitete Substanz zur Berechnung heran. Nach grober Vorausschätzung könnte sich ein Wert um ca. 4-500.000,-- DM ergeben. Grundsätzlich empfehle ich Ihnen, zur Auftragserteilung nicht vorrangig das Honorarangebot heranzuziehen, sondern z. B. vorgelegte Restaurierungs-LV’s zu bewerten. Es ist nicht überall Denkmalpflege drin, wo Denkmalpflege draufsteht ... 4. Baubegleitende Dokumentation Die wesentlichen Dokumentationen der Gewerkleistungen der Gewerkleistungen entstehen im Abrechnungsvorgang. Die Auftragnehmer werden dabei verpflichtet, für ihre Einzelleistungen Maßnahmenkartierungen in den zur Verfügung gestellten Maßnahmeplänen vorzunehmen, um den abgerechneten Leistungsumfang zeichnerisch und prüffähig nachzuweisen. Begleitend entstehen Baustellenberichte und Protokolle, in denen alle maßnahmenrelevanten Ergänzungen der Planung dokumentiert werden. Sie sind enthalten in der Grundleistung der Objektüberwachung. Zusätzlich fertigen wir Dias des Baufortschritts, die bei Bedarf in einer Abschlußdokumentation verwendet werden können. Geschätzter Aufwand: ca. 2.000,-- DM, Abrechnung auf Nachweis + Fotomaterial. Auch die Restaurierungsleistungen müssen in den wesentlichen Arbeitsschritten von den Firmen fotografisch dokumentiert werden. Dafür wird eine Position im LV vorgesehen. 5. Bauabwicklung Nach erstem Dafürhalten sollte sich die Baumaßnahme in einer Jahreskampagne 2001 abwickeln lassen. Voraussetzung wäre dafür die von mir vorgeschlagene Vorbereitung der Maßnahme in diesem Jahr. Ständige Baustellendiskussionen über Planungslücken, Nachtragskonflikte, Stillstand wg. Abstimmungserfordernis und Behinderungsanzeigen können dann weitestgehend vermieden werden. Auch eine intensive firmenseitige Baustellenbesetzung setzt ja voraus, daß die angebotenen Leistungen tatsächlich mit den Maßnahmenerfordernissen übereinstimmen und nicht ständig nachgebessert werden müssen. Die Betreuung einer gut vorbereiteten Baumaßnahme von meinem Bürostandort erscheint mir unproblematisch. Eine ggf. mehrtägige Anwesenheit kann zugesichert werden. Für weitere Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen [Unterschrift] Verteiler: |
Wie üblich, erfolgte dann die Absage:
Briefkopf Staatliches Bauamt, Datum
Freier Architekt Baumaßnahme: ..., Schloss, Bauwerk, Außeninstandsetzung Sehr geehrte Damen und Herren! Auf Ihr vorbezeichnetes Angebot konnte leider kein Zuschlag erteilt werden. Wir danken für Ihre Beteiligung am Wettbewerb. Mit freundlichen Grüßen [unlesbare Unterschrift] Mustermann |
Nur mündlich wurde mir dann die Auskunft erteilt, daß sich dieses Angebot auf ca. 580.000.- DM Angebotssumme errechnet, die anderen Angebote der HOAI-losen Planer auf 390.000.- und 350.000.-DM, wobei der Zuschlag das niedrigste Angebot erhalten soll. Wurde hier die "bestmögliche Leistung" gesucht? Gar im Rahmen der geltenden Gesetze? Um dem anvertrauten Bauwerk am besten zu dienen?
Soll man das so hinnehmen? Schwanz einziehen und die aufwendige Angebotsbearbeitung mit dem Aufwand für die Ortsbesichtigung und Beratung ebenso wie den entgangenen Gewinn (bei sachgerechter Angebotsbewertung wären mindestsatzunterschreitende Angebote auszuschließen gewesen, s.o.) in den Wind schreiben? Aber nein, deswegen hier das nächste Schreiben, das in Abstimmung mit der Vergabeprüfkammer und den immer wieder mal durch schlaue Rechtskommentare auffälligen Juristen Meurer und Morlock von der Architektenkammer Baden-Württemberg, entstand:
Briefkopf Architekt Kohlhaas
Adresse Bauamt Ort, Schloß, ... - Bauwerk, Außeninstandsetzung, Sehr geehrter Herr X, vielen Dank für Ihr o. g. [Absage-] Schreiben. In Anbetracht meiner nicht unerheblichen Aufwendungen für die Angebotsbearbeitung, in der der sachlich gebotene Leistungsumfang nach Abstimmung mit Ihrer Außenstelle und dem Landesamt für Denkmalpflege im Unterschied zu Ihren Vorgaben enthalten war, darf ich Sie höflich bitten, mir zu nachfolgenden Fragen schriftlich Auskunft zu erteilen: 1. Nach welchen sachlichen Kriterien blieb mein Angebot unberücksichtigt ? 2. Auf welche Angebotspreise für die Grundleistungen und die Besonderen Leistungen wurde der Zuschlag erteilt ? 3. Ist das aus Ihrer Sicht zuschlagsfähige Angebot mit einer Unterschreitung des Mindestsatzes gem. HOAI (z. B. falsche Honorarzone, unvollständige Leistungsphasen, unzutreffende anrechenbare Kosten gem. HOAI § 10.3 a) verbunden ? 4. Welcher Bieter soll den Zuschlag erhalten ? Da in Ihrem Aufforderungsschreiben die Nachprüfstelle nicht bezeichnet war, bitte ich um Mitteilung ihrer Adresse sowie der hier zuständigen Dienstaufsichtsbehörde. Die Beantragung einer Überprüfung des Vergabeverfahrens gem. VgRÄG durch die Vergabekammer, mit der ich zwischenzeitlich Kontakt aufgenommen habe, behalte ich mir vor. Ich bitte deshalb um Aussetzung des Vergabeverfahrens bis zur Anrufung zumindest ihrer Dienstaufsichtsbehörde, die ich nach Erhalt Ihrer Antwort um Überprüfung bitten werde. Mit freundlichen Grüßen [Unterschrift] Verteiler: WV: ... |
Die geniale Antwort:
Briefkopf Bauamt
Adresse Architekt Kapitel ... Titel ... Ort, Instandsetzung des Schlosses und der Nebengebäude; Bauwerk, Maßnahme Ihr Schreiben vom ... Sehr geehrter Herr Kohlhaas, bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom ... teilen wir Ihnen mit, dass wir bei Honorarfragen nach dem „Suchverfahren“ gemäß RifT - V 1, bei dem ermittelt werden soll, welche Leistungen erforderlich und zu welcher Vergütung möglich sind, keine Auskünfte über die beteiligten freiberuflich Tätigen und die Inhalte der Honorarvorschläge erteilen und für dieses Verfahren auch keine Auskunftspflicht besteht. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass bei dieser Baumaßnahme nicht die Bestimmungen der VOF zur Anwendung kommen. Unsere Entscheidung wird gemäß RifT - V 3 von unserer vorgesetzten Dienststelle, der [Aufsichtsbehörde] in ..., überprüft. Die [Aufsichtsbehörde] in ... ist zuständig für die Zustimmung zur Einschaltung des freiberuflich Tätigen und für die Genehmigung des abzuschließenden Vertrags. Wir hoffen, Ihnen mit diesen Angaben weiterhelfen zu können. Mit freundlichen Grüßen Meier |
Diese Antwort ermutigt dann folgendes Schreiben:
Briefkopf Kohlhaas
Adresse Aufsichtsbehörde Kapitel ... Titel ... Ort, Instandsetzung des Schlosses und der Nebengebäude; Bauwerk, Maßnahme Beschwerde Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit erhebe ich Beschwerde gegen das Vergabeverfahren betr. der Planungsleistungen für o. g. Bauvorhaben aus folgenden Gründen: 1. Das gewählte Suchverfahren gem. RifT-V 1 hätte aufgrund objektiver Kriterien als VOF-Verfahren durchgeführt werden müssen. Nur durch sachlich nicht zutreffende Reduzierung der erforderlichen Leistungsphasen gem. HOAI, falsche Einordnung des Objekts in die Honorarzone III und Nichtanrechnung der mitverwendeten Bausubstanz gem. HOAI § 10.3a wurde der maßgebliche Schwellenwert nicht erreicht. 2. Die in 1. genannten unsachgemäßen Vorgaben fordern die beteiligten Bieter indirekt zur Mindestsatzunterschreitung auf. Dies ist nach geltender Rechtslage als Wettbewerbsstörung gem. UWG anzusehen. 3. Es ist zu befürchten, daß die Vergabe entgegen der Vorschriften gem. RifT nicht auf die „bestmögliche Leistung“ erfolgt, sondern auf das Angebot mit der weitestgehenden Unterschreitung des Mindestsatzes gem. HOAI. Damit werden die für ein derart hochwertiges Baudenkmal eigentlich erforderlichen Planungsleistungen betr. Substanzerhalt und wirtschaftlicher Baudurchführung in unzulässiger Weise behindert bzw. honorartechnisch unmöglich gemacht. 4. Es ist zu befürchten, daß entgegen den Vorschriften gem. RifT ein unwirksamer Vertragsabschluß zustandekommt, da unzulässigerweise mindestsatzunterschreitende Honorarangebote nicht ausgeschieden wurden. 5. Obwohl gem. RifT das Suchverfahren „in Anlehnung an die Regelungen über das Verhandlungsverfahren nach § 5 Abs. 1 VOF durchzuführen“ ist, wurden die dafür geltenden Vorgaben außer Kraft gesetzt. Es wird als „internes Verfahren“, für das „keine Auskunftspflicht“ besteht, bezeichnet. Dadurch werden die Rechte der beteiligten Bieter in nicht hinzunehmender Weise beeinträchtigt und Wettbewerbsstörer unzulässig begünstigt. Ich bitte um unverzügliche Sachbehandlung und Aussetzung des Vergabeverfahrens bis zum Abschluß des Beschwerdeverfahrens. Ein Beschwerdeverfahren vor der Vergabekammer des Landes ... behalte ich mir vor. Sie und die Architektenkammer ..., das Landesdenkmalamt ..., die Bauabteilung des Finanzministeriums und die Bauabteilung in Schloß ... erhalten Abdruck des Vorgangs. Mit freundlichen Grüßen [Unterschrift] |
Selbstverständlich fehlt bei dem Anschreiben an das Denkmalamt der Hinweis nicht, daß denkmalpflegerisch angemessene und von den üblichen korruptiven Zuarbeiten seitens Baufirmen und Produzenten freie Planungsleistung - im Sinne der "bestmöglichen Leistung" gem. VOF - mit derartigem Mißbrauch der HOAI ganz gewiß nicht zu erwarten sei.
Aus dem Merkblatt der Vergabekammer geht der weitere Verfahrensweg einer förmlichen Beschwerde hervor:
"Allgemeine Hinweise zur Anrufung der Vergabenkammer 1. Die Vergabe öffentlicher Aufträge unterliegt nur dann der Nachprüfung durch die Vergabekammer, wenn bestimmte Auftragssummen (Schwellenwerte) erreicht oder überschritten sind. Anmerkung K.F.: Die im o.g. Beispiel gegebene Unterschreitung des Schwellenwertes durch mindestsatzunterschreitende Angebote rechtfertigt dennoch die Aufnahme des Verfahrens (Mitteilung Vergabekammer). Bei der Vergabe von Lieferungen und Dienstleistungen, einschließlich freiberuflicher Leistungen sowie bei Wettbewerben in diesen Bereichen betragen die maßgeblichen Schwellenwerte in der Regel 200.000 Euro/netto, was einem Betrag von 391.166 DM enstpricht (§ 1 a VOL/A, § 2 VOF). Bei Bauleistungen liegt der Schwellenwert nach § 1 VOB/A grundsätzlich bei 5 Mio Euro/netto, somit bei 9.779.150 DM. Die einschlägigen Bestimmungen sehen je nach Fallgestaltung andere Schwellenwerte vor. 2. Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein. Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, daß dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht (§ 107 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 97 Abs. 7 GWB). Der Antrag ist unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglichgerügt hat bzw. Vergabeverstöße, die bereits aufgrund der Bekanntmachung erkennbar waren, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Angebosabgabe gerügt hat (§ 107 Abs. 3 GWB) Anmerkung K.F.: Im o.g. Beispiel waren Vergabeverstöße zunächst nicht erkennbar, da eine Vergabe unterhalb der Mindestsätze bei einer Baubehörde schlichtweg nicht vorauszusetzen waren. Die Vorlage HOAI-konformer Angebote war ja nicht verboten. Außerdem wurde auf die Problematik der möglichen Mindestsatzunterschreitung von andrerer Seite im Angebotsschreiben hingewiesen. Daß das eigentlich erforderliche VOF-Verfahren nicht mit dem hier durchgeführten "Suchverfahren" konform ist, war zunächst nicht erkennbar, da der Bewerber dem Bauamt schon vorher Bewerbungsunterlagen und Qualitätsnachweise über die vorgesetzte Behörde zur Kenntnis brachte - offenbar Grund der Beteiligung im Verfahren. Die Forderung nach unverzüglicher Rüge schon im Vergabeverfahren ist pikant: Welche Folgen hat diese Rüge für den Rügenden bei zukünftigen bzw. im noch laufenden Verfahren, in dem ja auf Zuschlag "spekuliert" wird? Und so entsteht hier eine bedeutende Hürde zur Durchsetzung rechtmäßiger Vergabeverfahren. 3. Der Nachprüfungsantrag soll ein bestimmtes Begehren enthalten. Er ist unverzüglich zu begründen (§ 108 Abs. 1 GWB). Die Begründung muß die Bezeichnung des Antragsgegners, eine Beschreibung der behaupteten Rechtsverletzung mit Sachverhaltsdarstellung und die Bezeichnung der verfügbaren Beweismittel enthalten. Dabei ist auch darzulegen, daß die Rüge gegenüber dem Auftraggeber erfolgt ist. Die sonstigen Beteiligten sollen, soweit bekannt, benannt werden (§ 108 Abs. 2 GBW). 4. Einen bereits erteilten Zuschlag kann die Kammer nicht wieder aufheben (§ 114 Abs. 2 GWB). Anmerkung K.F.: Schön für die Betroffenen. Das fördert das amtlicherseits weitverbreitete "Augen-zu-und-durch-Verhalten". Allerdings liefert ein Bieter durch Unterschreitung der Mindestsätze ausreichenden Anlaß zur Vermutung, daß er nicht zuverlässig sei. Vielleicht ein hinreichender "wichtiger Grund" zur Kündigung des Vertrages und im Falle des vorsätzlichen Handelns Anlaß zu Schadensersatzforderungen der unberücksichtigten Bieter gem. UWG und des Auftraggebers gem. BGB? 5. Die Durchführung des Verfahrens löst nach § 128 GWB Gebühren aus, die i.d.R. mindestens 5.000 DM höchstens 50.000 DM betragen. Anmerkung K.F.: Die Gebühr kann auf begründeten Antrag auf 10% der Mindestgebühr, also 500 DM reduziert werden. Es sind Fälle bekannt, in denen wegen eindeutig erkennbarer Aussicht auf Erfolg der Anrufung auf den Gebührenvorschuß ganz verzichtet wurde. Ebenso sind Fälle bekannt, in dem die Architektenkammer die entstehenden Kosten verauslagte und einen Architekten dadurch als Beschwerdeführer gewinnen konnte. Nachdenken lohnt sich also. Da die öffentlichen Wettbewerbsstörer im Unterliegensfall nicht zahlungspflichtig sind und bei geschwinder Zuschlagserteilung der Verstoß folgenlos bleibt, liegt hier wieder einmal eine typische Leistung unseres Staatswesens vor: Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot. Der Antragsteller wird dann wieder auf den Rechtsweg verwiesen, um seine fruchtlosen Aufwendungen und den entgangenen Gewinn im Sinne einer Schadensersatzklage gem. BGB/UWG durchzusetzen. Wer hat dazu den Mut und die Kraft? Etwas einfacher ist der Weg über die Architektenkammer: Sie ist qua Gesetz dazu verpflichtet, Wettbewerbsverstößen nachzugehen und kann dadurch den Mindestsatzunterschreitern und den Wettbewerbsstörern auf Behördenseite die Hölle heiß machen. Das führt für den unterlegenen Bieter aber zu keinem Ersatz seiner vergeblichen Bemühungen bzw. besserer Position in künftigen Vergaben. Hier kann UWG/BGB weiterhelfen - eine Sache der Juristen. Und die Vergabekammer selbst erteilt den Rat, zunächst den kostenfreien inneramtlichen Beschwerdeweg - mit höchstmöglicher Transparenz und Beteiligung der zuständigen Fachbehörden - da hier ja von Auftraggeberseite die schlechtestmögliche Leistung erzwungen wird - zu gehen. |
Wie geht es weiter? Die Denkmalbehörde, die Vergabekammer und Architektenkammer Baden-Württemberg erhielten nach telefonischer Vorabstimmung den kompletten Vorgang mit folgendem Anschreiben (Beispiel Architektenkammer):
Briefkopf Architekt Michael Kohlhaas, Datum
Adresse Architektenkammer Angebotsverfahren Schloß ..., Bauwerk Sehr geehrte Damen und Herren, ich darf Sie von beiliegendem Angebotsverfahren benachrichtigen mit der Bitte um Kenntnisnahme und Prüfung, ob hier eine gesetzwidrige Unterschreitung der HOAI-Mindestsätze bzw. eine diesbezüglich unzulässige Aufforderung dazu vorliegt. Die Vermutung liegt nahe, daß durch unzureichende Vorgaben der "ausschreibenden" Behörde betr. tatsächlich erforderlichem Leistungsumfang, Honorarzone und HOAI § 10.3a (anrechenbare Kosten mitverwendete Bausubstanz) sowohl ein sachgerechtes Vergabeverfahren gem. VOF umgangen als auch die Bewerber zur Mindestsatzunterschreitung "veranlaßt" wurden. Nach bisherigem Kenntnisstand lag bei der Auswertung der eingegangenen Angebote meines bei ca. 580.000 - 600.000 DM, der Zuschlag soll an ein Angebot mit ca. 350.000 DM gehen. Dies legt die Vermutung nahe, daß der Mindestsatz gem. HOAI erheblich unterschritten wurde. Mit freundlichen Grüssen [Unterschrift Michael Kohlhaas] Anlage: Angebotsverfahren, Schriftverkehr Verteiler: |
Auf ein derart knackig aufgezogenes Beschwerdeverfahren reagiert die Architektenkammer prompt, wie es sich ehrliche Bauamtsmitarbeiter, die dann die extremen Folgen derart "amtlicher" Vergaben regelmäßig auszubaden hatten, immer schon gewünscht haben:
Briefkopf Architektenkammer, Geschäftsführer/Justiziar, Datum
Adresse Architekt Michael Kohlhaas Angebotsverfahren Schloß ..., Bauwerk Sehr geehrter Herr Kohlhaas, vielen Dank für die Überlassung der Unterlagen in obiger Angelegenheit. Nach Durchsicht, insbesondere der Unterlagen mit denen Sie zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert wurden, sind wir der Auffassung, daß für den geforderten Leistungsumfang, nämlich Instandsetzungsmaßnahmen an [dem Bauwerk], keinesfalls mit den Leistungsphasen 6, 7/teilweise und 8, getan sein kann; vielmehr kommen, wie Sie in Ihrem Angebot auch dargestellt haben, weitere Planungsmaßnahmen hinzu, zumindest die Grundlagenermittlung und die Ausführungsplanung. Wir haben an das Finanzministerium in [Landeshauptstadt] geschrieben und nachgefragt, ob sich die Aufforderung zu diesem Angebot in Einklang bringen läßt mit der Verpflichtung der Staatlichen [Bauverwaltung], die Mindestsätze der HOAI einzuhalten. Als problematisch in diesem Zusammenhang sehen wir auch die Bewertung [des Bauwerks] als Honorarzone 3. Mit freundlichen Grüßen [Unterschrift] RA Mustermann 2 |
Nach telefonischer Auskunft der Kammer wählt man zunächst diesen Weg, um so hintenrum über das Finanzministerium auch an die Adressen der voraussichtlich mindestsatzunterschreitenden "Kollegen" zur Einleitung eines Berufsordnungsverfahrens heranzukommen. Aus leidvoller Erfahrung weiß man, daß vom verbeamteten "Störer" der sachbearbeitenden Ebene hierzu nichts herauszubekommen ist. Man deckt sich ja bei solcher "Rechtsauslegung" untereinander nach besten Kräften.
Vorsichtshalber, um mögliche Mißverständnisse der Architektenkammer zum altbautypischen Leistungsaufwand künftig auszuschließen, schickte der Autor dieser Seiten folgenden Leserbrief an das Deutsche Architektenblatt DAB:
Betr.: RA Dr. Matthias Götte: [Ungeminderter] Honoraranspruch des Architekten [für die Leistungsphase 4 -
Genehmigungsplanung] bei der Errichtung von Wohngebäuden im
Genehmigungsfreistellungsverfahren, in: DAB 4/2000
Leserbrief Ein wichtiger Beitrag für die Vertragspraxis! Zu ergänzen wäre lediglich, daß die hier vorgetragene Argumentation [betr. ungeschmälertem Honoraranspruch] nicht nur auf die Genehmigungsfreistellungsverfahren zutrifft. Auch in den sog. Erlaubnisverfahren nach dem Denkmalschutzgesetz, die am Baudenkmal die genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen schaffen, muß die Leistungsphase 4 von der Sache her voll erbracht werden. Mit der Ausweisung denkmalpflegerischer Verluste und Mehraufwendungen und dem diesbezüglichen Verhandlungsmarathon ist sie ja oft aufwendiger als im Neubau. Auch die bei Instandhaltungs- und Instandsetzungsprojekten allgemein gern unterschätzten Leistungsphasen 2 und 3 gehören in diesen Fragenkomplex. Im Sinne des Werkvertragsrechtes, des Haftungsanspruchs und des tatsächlich erforderlichen Leistungsumfangs sind sie immer unverzichtbar. Hier wäre ein Kommentar von rechtskundiger Seite vorteilhaft. Nicht nur für Mindestsatzunterschreiter in den eigenen Reihen, sondern auch für die dazu anstiftende "Gegenseite". Daß dies besonders von öffentlichen und kirchlichen Auftraggebern anders beurteilt wird, liegt auf einer Linie mit den dort zu beobachtenden Mindestsatzunterschreitungen. Konrad Fischer |
Die weitere Sachbehandlung der Behörden sah dann so aus:
1. Stellungnahme des Finanzministeriums, die Vergabe bis zur Klärung der Angelegenheit zu stoppen.
2. Stellungnahme der Aufsichtsbehörde an das Finanzministerium.
3. Stellungnahme des Finanzministeriums, daß ja nun beauftragt werden könne.
4. Beauftragung des mindestsatzunterschreitenden HOAI-befreiten Kollegen.
5. Keine schriftliche Information bzw. Stellungnahme irgendwelcher Art an den Beschwerdeführer trotz wiederkehrender schriftlicher Anmahnungen über ein Jahr.
Der Vorgesetzte des Sachbearbeiters, der davon angeblich nichts wußte, wurde eingeschaltet: Schriftliche Anmahnung der ausgebliebenen Stellungnahme. Jetzt muß also trotzdem geschrieben werden. Rechtsstaat heute.
Natürlich kam in der dann erfolgten Stellungnahme heraus, daß angeblich alles mit rechten Dingen und streng nach HOAI abgelaufen sei. Ob das zutrifft, sollte angeblich von der Architektenkammer BW geprüft werden. Sie forderte zur Übermittlung der Adresse des beauftragten Architekten. Ließ aber sonst nie etwas von sich hören. Und teilte auf telefonische Anfrage nach drei Jahren mit, daß man keine Auskünfte gebe. Und ein Beschwerdeführer eben auch kein Auskunftsrecht habe. Ätschebätsch. Rechtsbehelf? Ei pfui doch, nicht bei sowas. Wo sich doch alle im geizgeplanten Schwabeländle bis Bade und Wördnberg (und weit darüber hinaus!) so schön einig sind. Warum soll man auch ein Verfahren stören, das in 99,9 Prozent aller Fälle Realität ist? Und dafür sorgt, daß öffentliche Gelder den dies erst ermöglichenden für mindestsatzunterschreitende Planer umsonst planenden und provisionszahlenden Unternehmen der Baubranche weiter fett in den Rachen geschmissen werden. Angenehm, angenehm. Dafür nimmt man halt weiter alle Kostenexplosionen und Vergabeverstöße durch korruptes Schwabentum im Bauwesen in Kauf, bis der Staatshaushalt geplatzt ist.
Wie wäre denn diesbezühlich dieses Beispiel aus 2009 zu bewerten?2. Beispiel
Aus der Entscheidungspraxis der Vergabeüberwachungsausschüsse (anonymisiert, Original liegt vor, Hervorhebungen durch Fettdruck im
Fließtext von mir):
"Beschluss In dem Nachprüfungsverfahren betreffend die Vergabe von Architektenleistungen zur Gesamtsanierung des Rathauses in A. Verfahrensbeteiligte Architekt Michel Kohlhaas - Antragsteller - Beigeladene: [sonstige Architekten des engeren Bieterkreises] hat der Vergabeüberwachungsausschuss beim [Wirtschaftsministerium des Landes] auf die mündliche Verhandlung am ... durch die Vorsitzende, RD´in X, beschlossen: 1. Der Vergabestelle wird aufgegeben, die Entscheidung über die Auftragsvergabe (§ 24 Abs. 1 Satz 2 2. Satzteil VOF) aufzuheben und unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Vergabeausschusses neu zu treffen. 2. Die Vergabestelle hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr von 5000 DM festgesetzt. Die Kostenschuldnerin ist jedoch von der Zahlung der Gebühr befreit. Auslagen werden nicht erhoben. Gründe: I. Die Vergabestelle hat für die Vergabe von Architektenleistungen nach § 15 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) für den Rathauskomplex (3 Gebäudeteile) in A. ein Verhandlungsverfahren nach der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) durchgeführt. Die Bekanntmachung zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge wurde unter dem ... dem Amt für amtliche Veröffentlichungen der EG zugeleitet. Weitere Veröffentlichungen erfolget im Bundesausschreibungsblatt und im ... Staatsanzeiger. Als Merkmale des Projektes wurde Folgendes ausgeführt: "Baumaßnahme der Stadt A., Gesamtsanierung/Umbau und Modernisierung von 3 unter Denkmalschutz stehenden Gebäudeteilen. Die künftigen Büroflächen umfassen insgesamt ca. 2000 m2. Teilbereiche wurden bereits saniert: Dachinstandsetzung am historischen Rathaus, Dachinstandsetzung und Ausbau des Dachgeschosses im Gebäude Markt 2. Planungsleistungen für den Ausbau des 2. Obergeschosses sind vergeben. Architektenleistungen, Planungsleistungen nach § 15 HOAI, Leistungsphase 3 - 9 (stufenweise)". Bei der Angabe der Mindestanforderungen wurde auf ein bei der Vergabestelle anzuforderndes Formblatt und auf Folgendes verwiesen: "Von den Bewerbern wird erwartet, dass sie über ausreichende Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Erfahrung und Zuverlässigkeit verfügen, um die anstehende Bauaufgabe im vorgegebenen Zeitraum zu planen und zu realisieren." 104 Architektur- und Ingenieurbüros bewarben sich um die Teilnahme am Verhandlungsverfahren, und forderten das Formular ab. Davon reichten 83 Bewerber das Formblatt ein. Von 28 Bewerbern wurden Unterlagen zur Beurteilung der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit nachgefordert. Die formelle Prüfung führte zum Ausschluss von 4 Bewerbern. Für die übrigen Bewerber erfolgte eine Einzelauswertung auf der Grundlage eines Wertungsschemas, welches für die Bewerbungsunterlagen eine Punktevergabe insbesondere für die Erklärung zum Gesamtumsatz, die berufliche Befähigung, die Beschäftigtenzahl und die Verfügbarkeit des Dienstleistungserbringers vor Ort vorsah. Die nach der Punktezahl ersten sechs Bewerber, der Antragsteller und die Beigeladenen, wurden zur Auftragsverhandlung am ... eingeladen. Mit dem Einladungsschreiben wurde gleichzeitig darum gebeten, zu dem Verhandlungstermin "konkrete Honorarvorschläge" vorzubereiten. Im Rahmen der Verhandlung wurden neben Fragen zur fachlichen Qualifikation, personellen Besetzung, technischen Ausstattung, Zuverlässigkeit und Termintreue, Fragen zur Honorarzone/Mindestsatz, zum Modernisierungszuschlag, zu Nebenkosten und zu der Berücksichtigung der mit zu verarbeitenden Bausubstanz gestellt. 2 Bewerber verwiesen auf schriftlich eingereichte Honorarvorschläge bzw. Angebote basierend auf Honorarzone IV, Mindestsatz. Einige Bewerber unterbreiteten die Honorarzone III, Mindestsatz, Viertelsatz bzw. Mittelsatz als Honorarvorschlag. Von allen Bewerbern wurde ein Modernisierungszuschlag im Rahmen der Prozentsätze des § 24 Abs. 1 HOAI vorgeschlagen. Bis auf einen Bewerber, der keine Aussage in seinem Angebot traf, wurden pauschalierte Nebenkosten beansprucht. Bei der Frage der Honorierung der mit zu verarbeitenden Bausubstanz wurden sehr unterschiedliche Aussagen getroffen. Nach dem Protokoll zu den Auftragsverhandlungen waren die Vertreter der Vergabestelle der Auffassung, dass einer der Beigeladenen am ehesten die Gewähr für eine sachgerechte qualitätsvolle Leistungserfüllung bietet. Dieser Beigeladene hat nach dem Protokoll die Honorarzone III, Mittelsatz, vorgeschlagen. Im Rahmen einer ergänzenden schriftlichen Stellungnahme des Beigeladenen teilt dieser mit, darauf hingewiesen zu haben, dass Rathäuser grundsätzlich in der Honorarzone IV einzuordnen seien, wobei der Beigeladene innerhalb dieser den Mindestsatz bieten würde. Aufgrund der genauen Kenntnis des Komplexes habe der Beigeladene unter dem Vorbehalt des Punktesystems nach § 11 HOAI eine Einordnung in die Honorarzone III, Mittelsatz, für möglich erklärt. Dem Protokoll ist weiterhin zu entnehmen, dass ein hinzugezogener Sachverständiger auf die Einhaltung des Honorarrechts hingewiesen hat. Konsequenzen daraus sind dem Protokoll nicht zu entnehmen. In der Niederschrift des Wirtschafts- und Vergabeausschusses der vergabestelle ist nach Schilderung des Vergabeverfahrens die Empfehlung protokolliert, "nach Abschluss und Auswertung der geführten Gespräche, bei denen auch das Honorarangebot eine entscheidende Rolle spielte", die Architektenleistungen an den o.a. Beigeladenen zu vergeben. Vor der Umsetzung des entsprechenden Beschlusses durch den Bürgermeister wandte sich der Antragsteller mit Schreiben vom ... an den Vergabeüberwachungsausschuss. Er beantragt, das Nachprüfungsverfahren nach § 107 GWB einzuleiten und zu verhindern, dass das VOF-Verfahren zu einer Mindestsatzunterschreitung der Regelungen der HOAI missbraucht wird. Unter Angabe der Vergabestelle und Darstellung des Vergabeverfahrens sowie seines Honorarvorschlages führt der Antragsteller zur Begründung aus, dass er in der Auftragsverhandlung gefragt worden sei, ob seine Honorarvorstellungen (Honorarzone IV, Mindestsatz) verhandlungsfähig seien, was er unter Hinweis auf die HOAI und VOF verneint habe. Als Beweismittel benennt der Antragsteller Zeugen. Auf Nachfrage beim Bauamt zum Ergebnis des Verhandlungsverfahrens habe man ihn an den Bürgermeister verwiesen. Dieser habe ihm mitgeteilt, dass auf ein günstigeres Angebot der Zuschlag erteilt worden sei, die fachliche Kompetenz seines Büros im Übrigen außer Zweifel stehe. Er habe seinerseits den Bürgermeister darauf hingewiesen, dass Verhandlungen im VOF-Verfahren unter Berücksichtigung der Regelungen der HOAI zu führen und Mindestsatzunterschreitungen unzulässig seien. Es sei ihm entgegengehalten worden, dass eine Stadt wie die Vergabestelle auch wirtschaftliche, finanzielle Aspekte berücksichtigen müsse. Der Antragsteller beruft sich auf einen Verstoß gegen § 16 VOF, der letztlich dazu führen könne, dass er den Zuschlag nicht erhalte, obwohl er bereits am Objekt arbeite. Die Antragsschrift wurde der Vergabestelle gemäß §§ 110 Abs. 2, 115 Abs. 1 GWB zugestellt. Die Vergabestelle beantragt sinngemäß, den Antrag zurückzuweisen. In einer Stellungnahme zum Antrag vom ... wird bestritten, dass die vom Antragsteller geschilderten Aussagen der Vergabestelle in dieser Form erfolgt seien. Es seien von dem Vergabegremium keine Mindestsatzunterschreitungen abgefragt worden. Seitens der Bewerber seien lediglich Honorarvorschläge unterbreitet worden. In einem nicht unterzeichneten Telefax vom ... wird dies nochmals betont. Der Vergabeüberwachungsausschuss hat gemäß § 105 Abs. 3 GWB der Vorsitzenden das Verfahren zur Entscheidung übertragen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Vergabeüberwachungsausschuss am ... erhielten die Verfahrensbeteiligten Gelegenheit, ihren Standpunkt vorzutragen und zu erläutern. Die Vergabestelle war nicht vertreten. Ihr wurde nochmals schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen gegeben. II. Der Antrag ist zulässig und begründet.
1. Der Vergabeüberwachungsausschuss ist für den Antrag zuständig, da es sich um einen dem Land zuzurechnenden öffentlichen Auftrag im Sinne des § 99 GWB handelt. Der sog. Schwellenwert des § 100 Abs. 1 GWB i.V.m. § 2 Abs. 1 der Vergabeverordnung vom 29. September 1997 (BGBl. I S. 2384) und § 2 Abs. 2 VOF ist erreicht. Die derzeit geltende Vergabeverordnung beruht zwar nicht auf § 127 Nr. 1 GWB. Für die Rechtswirksamkeit einer Verordnung genügt es jedoch, wenn die Ermächtigungsgrundlage im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens vorhanden ist (vgl. BVerfGE 3, 255, 260). Die Weitergeltung entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, da mit Art. 3 Nr. 1 des Vergaberechtsänderungsgesetzes vom 26. August 1998 (BGBl I S. 2512) keine Aufhebung der Vergabeverordnung erfolgte. Gemäß Artikel 3 Nr. 3 des Vergaberechtsänderungsgesetzes agiert der Vergabeüberwachungsausschuss als Vergabekammer. Das Nachprüfungsverfahren war nicht bis zum 31. Dezember 1998 anhängig, so dass der vierte Teil des GWB in seiner Neufassung vom 26. August 1998 (BGBl. I S. 2546) der Prüfung zugrunde zu legen ist. Demgemäß hat der Antragsteller auf die §§ 170 ff. GWB verwiesen. Der Antragssteller hat gemäß § 108 GWB schriftlich einen Antrag eingereicht und begründet. Der Antrag enthält Das Rechtsschutzbedürfnis ist nicht durch Zuschlagerteilung weggefallen. Auch wenn die zur Entscheidung berufenen Gremien der Vergabestelle die Entscheidung zur Auftragsvergabe bestätigt haben, ist dies noch nicht durch den Bürgermeister durch Zuschlagserteilung bzw. Vertragsabschluss umgesetzt. Der Antrag auf Nachprüfung wurde vorher gestellt und der Vergabestelle nach § 110 Abs. 2 GWB zugestellt, so dass die Wirkung des § 115 Abs. 1 GWB eingetreten ist, wonach vor der Entscheidung der Vergabekammer der Zuschlag nicht erteilt werden darf. 2. Der Antrag ist auch begründet. Der Antragsteller hat ausdrücklich nicht die Auftragserteilung an sein Büro beantragt, sondern seinen Antrag zutreffend darauf beschränkt, dass der Vergabeüberwachungsausschuss verhindern soll, dass ein VOF-Verfahren zu einer Mindestsatzunterschreitung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) genutz wird. Dabei hat er sich zu Recht auf § 16 Abs. 2 Satz 2 VOF berufen, der zu den Bestimmungen zählt, auf die die Unternehmen nach § 97 Abs. 7 GWB einen Anspruch auf Einhaltung wegen ihrer drittschützenden Wirkung haben. Nach § 16 Abs. 2 Satz 2 VOF ist der Preis der Leistung nur im Rahmen der gesetzlichen Gebühren- oder Honorarordnung zu berücksichtigen. Bei der Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen ist zwar § 24 VOF die speziellere Bestimmung. Soweit § 24 VOF jedoch keine Regelung trifft, ist auf die allgemeinen Bestimmungen zurückzugreifen (Müller-Wrede, Verdingungsordnung für Freiberufliche Leistungen (VOF), 1999, § 24 Rdnr. 1). Dies gilt für die Verweisung auf die materiell gesetzliche Regelung der HOAI. Nach § 114 Abs. 1 GWB hat die Vergabekammer eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern und die dazu geeigneten Maßnahmen zu treffen. Die Entscheidung des Vergabeüberwachungsausschusses verhindert insoweit eine Verletzung des § 16 VOF. So ist aus dem Protokoll der Auftragsverhandlung nicht ersichtlich, mit welchen Konsequenzen der Hinweis des Sachverständigen zum Honorarrecht umgesetzt wurde. Im Gegenteil wird in der Niederschrift des Wirtschafts- und Vergabeausschusses der Vergabestelle ausgeführt, dass das Honorarangebot eine entscheidende Rolle spielte. Die Honorarangebote bzw. -vorschläge waren damit entscheidende Vergabekriterien, obwohl dies aus der Bekanntmachung des Verhandlungsverfahrens nicht als Vergabekriterium hervorging. Dies allein kann bereits einen Verstoß gegen maßgebliche Transparenzvorschriften unabhängig vom Vortrag des Antragstellers darstellen. Mit der Entscheidung der Vergabekammer erhält die Vergabestelle jedoch die Möglichkeit der Heilung. Sinn und Zweck der §§ 24, 16 VOF ist, dass bei der Vergabeentscheidung ein "Mehr" an Fachkunde, Leustungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Erfahrung sowie das Vertrauen des Auftraggebers in den Auftragnehmer entscheidend sind (vergl. Müller-Wrede, aaO. § 16 Rdnr. 3, Oettel, Leitfaden zum praktischen Umgang mit der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen - VOF - 1997, Anmerkung zu § 16). Ein Preiswettbewerb ist nur im Rahmen des sowohl für die Bewerber als auch für die Vergabestelle geltenden Preisrechts der HOAI möglich (vergl. Hartmann, Die neue Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), Loseblattsammlung Stand März 1999, § 1 Rdnr. 4 m.w.N., Oettel aaO, Anmerkung zu § 16). Bei der in Frage stehenden Architektenleistung ergibt sich aus der Objektliste des § 12 Nr. 4 HOAI, dass Rathäuser in der Regel der Honorarzone IV zuzuordnen sind. Zwar ist bei den Honorarzonen III und IV für die Zuordnung die Punktebewertung nach § 11 Abs. 3 HOAI ausschlaggebend (Hartmann, aaO, § 12 Rdnr. 1). Jedoch ist auch in diesem Fall die Honorarzone nach objektiven Gesichtspunkten zu ermitteln und nicht zwischen den Vertragsparteien auszuhandeln oder zu vereinbaren (Hartmann, aaO, § 11 Rdnr. 5). Die Vergabestelle trägt vorliegend nicht vor, dass objektiv die Honorarzone III aufgrund der Berechnung nach § 11 HOAI ermittelt wurde. Über den Zeitpunkt der Honorarzonenzuordnung trifft die HOAI keine Aussage. Honorarrechtlich ist es damit nicht zwingend geboten, die Honorarzone bereits bei Vertragsabschluss festzulegen (vergl. Hartmann, aaO, § 11 Rdnr. 6). Aufgrund des Vorbehalts in § 16 Abs. 2 Satz 2 VOF, dass bei der Entscheidung über die Auftragserteilung einer Leistung, die nach einer gesetzlichen Gebühren- oder Honorarordnung zu vergüten ist, der Preis nur in dem dort vorgeschriebenen Rahmen zu berücksichtigen ist, kommen die Voraussetzungen der HOAI jedoch nicht erst bei der eigentlichen Honorarfindung zur Anwendung, sondern sie sind bereits bei der Entscheidung über die Auftragserteilung zu beachten (vergl. Mäller-Wrede, aaO, § 16 Rdnr. 14). Zwar kann aufgrund des frühen Stadiums der Honorarfindung ein gewisser Toleranzrahmen bei dem Honorarangebot oder auch den Honorarvorschlägen berücksichtigt werden. Dazu zählt z. B., dass zu der mit zu verarbeitenden Bausubstanz keine konkreten Aussagen möglich waren. Dieser Toleranzrahmen darf jedoch nicht dazu führen, dass die nach objektiven Kriterien zu bestimmende Honorarzone ausgehandelt wird und diese als maßgebliches Zuschlagskriterium herangezogen wird. Die Honorarzone kann nicht dem Wettbewerb unterworfen werden (vergl. Oettel, aaO, Anmerkung zu § 16). Da auch für den Modernisierungszuschlag nach § 24 HOAI die Honorarzone eine Berechnungsgrundlage darstellt, gilt dies auch grundsätzlich für diesen Zuschlag, wobei die HOAI für den Zuschlag selbst einen Spielraum zwischen 20 bis 33 v.H. zulässt. Hinsichtlich der Nebenkosten ist ein Verstoß gegen die HOAI und damit gegen § 16 Abs. 2 Satz 2 VOF jedoch nicht erkennbar. Die Vergabestelle kann auch nicht ungeprüft einen Honorarvorschlag als Zuschlagskriterium heranziehen, wenn - wie hier - aufgrund des Hinweises eines Sachverständigen eine honorarrechtlich rechtswidrige Mindestsatzunterschreitung in Frage steht. Auch wenn die VOF im Gegensatz zur Verdingungsordnung für Leistungen - ausgenommen Bauleistungen - (VOL/A) keine ausdrückliche Prüfung ungewöhnlich niedriger Preise vorsieht, hat gerade in Fällen, in denen ein entsprechender Hinweis bzw. eine Rüge nach § 107 Abs. 3 GWB erteilt worden ist, eine entsprechende Sachverhaltsaufklärung, inwieweit die Vorschläge zulässig sind, zu erfolgen. Ansonsten wird den Vorgaben des § 16 Abs. 2 Satz 2 VOF nicht Rechnung getragen. Die Vergabestelle hat mit Rücksicht darauf, dass der Preis der Leistung nicht als Zuschlagskriterium in der Bekanntmachung genannt war und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass nach dem Sinn und Zweck der §§ 24, 16 VOF der Preis der Leistung nicht das maßgebliche Zuschlagskriterium darstellt, die Entscheidung daher insgesamt zu überprüfen. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 3 VwKostG. IV. Gegen die Entscheidung des Vergabeüberwachungsausschusses ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, beim ... Oberlandesgericht ..., einzulegen. Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt. Die Beschwerdeschrift muss durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Unterschrift" |
Nachbemerkung: Selbstverständlich erfolgte keine Beschwerde. Schon zur persönlichen Teilnahme an der mündlichen Verhandlung hat sich von den beteiligten "Beamten" ja keiner hingetraut. Dagegen erhielt der ortsansässige Mindestsatzunterschreiter dann dennoch den Auftrag, jedoch zum Mindestsatz. Ein Berufsordnungsverfahren gegen ihn ist im Laufen.
Wie die öffentliche Hand dann sachlich unsinnige, aber ideologisch/politisch begründete Kriterien einführt, um an aller Wirtschaftlichkeit vorbei "Auftragspolitik" zu machen, dokumentiert dieser lesenswerte Beitrag aus den ibau-Planungsinformationen vom 8.3.2000:
"Öffentliche
Aufträge: Die Mär
vom freien Wettbewerb Ordnungspolitische und rechtliche Bedenken gegen Erweiterung des Kriterienkatalogs Köln - Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen soll eigentlich das Unternehmen zum Zuge kommen, welches das günstigste Angebot abgibt. Nicht selten verfolgen Bund, Länder oder Gemeinden bei der Auswahl ihrer Lieferanten allerdings auch soziale oder wirtschaftspolitische Ziele. Damit verstoßen sie jedoch gegen das Wettbewerbsprinzip und bewegen sich auch rechtlich auf unsicherem Gebiet. Damit der Staat seine Verwaltungsaufgaben erfüllen und eine gut ausgebaute Infrastruktur bereitstellen kann, nimmt er selbst das Waren- und Serviceangebot privater Unternehmen in Anspruch. Die staatliche Einkaufsliste reicht dabei vom Bleistift bis hin zum Autobahnprojekt. All dies kostet Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen eine ganze Stange Geld. Für den Kauf von Waren und Dienstleistungen hat der Staat zwischen 1991 und 1998 im Schnitt knapp 221 Milliarden Mark pro Jahr ausgegeben. Zum öffentlichen Auftragswesen gehören nach EU-Recht aber zusätzlich auch noch die Beschaffungen von öffentlichen Versorgungs-, Telekommunikations- und Verkehrsbetrieben. Unter bestimmten Bedingungen zählen auch Käufe von privaten Unternehmen aus diesen Sektoren dazu. In Europa kommt da ein stolzer Betrag zusammen: Insgesamt belaufen sich die Käufe im öffentlichen Auftragswesen der Europäischen Union schätzungsweise auf rund 11 Prozent des gemeinschaftlichen Bruttoinlandsprodukts - im Jahr 2000 wären dies rund 900 Milliarden Euro. Der Staat oder für ihn tätige Unternehmen können nun allerdings nicht nach Lust und Laune auf Einkaufstour gehen. Dafür sorgen eine Reihe von Regeln, an die sie bei der Auswahl ihrer Lieferanten gebunden sind. So müssen Ausschreibungen für öffentliche Aufträge in der EU bei einem Wert von mehr als 200.000 Euro für Warenlieferungen und Dienstleistungen sowie mehr als 5 Millionen Euro für Bauleistungen im Amtsblatt der Gemeinschaft veröffentlicht werden. Möglichst viele Unternehmen sollen um das günstigste Angebot wetteifern, damit die öffentliche Hand keine Steuergelder verschwendet. Dabei sind in Deutschland - und ähnlich in Europa - neben dem Preis noch andere Kriterien maßgeblich: Firmen, die sich um einen öffentlichen Auftrag bewerben, müssen - fachkundig, Den Zuschlag soll nicht unbedingt das billigste Angebot erhalten - auch Lieferfrist, Ausführungsdauer, Qualität oder Kundendienst kann und soll den Staat bei der Auswahl seiner Lieferanten berücksichtigen. Sowohl in Deutschland als auch in anderen EU-Ländern legen die öffentlichen Auftraggeber die Latte für die Unternehmen aber teilweise noch höher. So fordern die staatlichen Kunden z.B., dass ihre Lieferfirmen Lehrlinge ausbilden, besonders umweltfreundlich arbeiten oder einen Mindestanteil ihrer Wertschöpfung vor Ort erzielen. Außerdem verlangen in Deutschland derzeit 13 Bundesländer, dass sich die Firmen einer tariflichen Entlohnung ihrer Beschäftigten verpflichten. Auch der Bund prüft derzeit eine Erweiterung des Kriterienkatalogs um die Tariftreue und will zudem noch die Frauenförderung als Vergabemaßstab einführen. Anmerkung KF: Gegen Tariftreue hätte man ja nix, wenn dies auch umgekehrt für die HOAI gelten würde! Ab dem Mittelsatz aufwärts könnte man sich vielleicht an die tarifgerechte Bezahlung der Mitarbeiter heranwagen ... Führen diese Zusatzanforderungen dazu, dass nicht das wirtschaftlichste Angebot zum Zuge kommt, muss letztlich der Steuerzahler die Zeche bezahlen. Darüber hinaus bestehen sowohl ordnungspolitische als auch rechtliche Bedenken gegen eine Erweiterung des Kriterienkatalogs: Durch Kriterien, die mit dem zu vergebenden Auftrag nicht direkt zusammenhängen, wird der Wettbewerb zwischen den Firmen verzerrt. Dazu kommt es beispielsweise dann, wenn ein Unternehmen, welches keinem Arbeitgeberverband angehört und daher nicht tarifgebunden ist, erklären soll, dass es die örtlichen Tariflöhne bezahlt. Sein möglicher Kostenvorteil kann dann nicht zum Tragen kommen. Tariftreue-Erklärungen verstoßen nach Ansicht von Experten zudem gegen die im Grundgesetz verankerte Koalitionsfreiheit. Danach darf niemand dazu gezwungen werden, sich einer Koalition - wie etwa einem Arbeitgeberverband - anzuschließen. Mit diesem Argument hat jüngst der Bundesgerichtshof Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Berliner Vergabegesetzes angemeldet, welches Tariftreue von Firmen fordert. Das letzte Wort in dieser Sache hat nun das Bundesverfassungsgericht. Auf europäischer Ebene verstoßen Ausschreibungen, die einen Mindestanteil an lokaler Wertschöpfung verlangen, zudem gegen den Grundsatz des freien Warenverkehrs. Schließlich können Staaten, die nicht das wirtschaftlich günstigste Angebot auswählen, auch mit dem EU-Beihilferecht in Konflikt geraten. Quelle: iwd, Informationsdienst der Deutschen Wirtschaft, Köln" |
Nun ja, wir Planer jedenfalls dürfen bisher noch ungestraft nur männliche Tarifbrecher beschäftigen und die Planungsleistung via Internet aus Türkien, Mongolien oder dem Hindukusch heranschaffen. Ist das so gewollt?
Wie die öffentliche Hand dann andererseits von der freien Wirtschaft Tariftreue fordert, dokumentiert dieser Beitrag aus den ibau-Planungsinformationen vom 10.3.2000:
"Bundesarbeitsminister Walter Riester: Voraussetzung für fairen Wettbewerb auf Baustellen ist geschaffen" Berlin - Gegen Wildwest-Manieren auf dem Arbeitsmarkt will die Bundesregierung schärfer vorgehen. "Tarifbruch und illegale Beschäftigung sind keine Kavaliersdelikte", sagte Bundesarbeitsminister Walter Riester am 2. März beim Potsdamer Gesellentag. Riester ist besorgt, daß Lohndumping und Tarifbruch immer mehr um sich greifen, besonders in Ostdeutschland. Anm. KF: Dies gilt auch für die HOAI-gesetzfbrechenden Vergabepraktiken gerade der öffentlichen Hand. Hier wäre zuerst in der Bauverwaltung des Bundes, dann der Länder, dann der Kommunen usw. mit eisernem Besen auszukehren, bevor die Privatwirtschaft beschimpft wird. Als Christen wissen wir: "Jeder kehre vor seiner Tür" und "Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen". Dadurch sei der soziale Frieden gefährdet. Riester forderte die Arbeitgeberverbände auf, für die Einhaltung von Tarifverträgen zu sorgen. Anm. KF: Die Bundesregierung wird aufgefordert, für die HOAI-gerechte Vergabe der Planung öffentlicher Bauvorhaben zu sorgen. Solange die für die gewohnte Mindestsatzunterschreitung Verantwortlichen straflos bleiben, hilft alles Geplärre nix! Ein beliebtes Tummelfeld für schwarze Schafe sind deutsche Baustellen. Hier werden ausländische Arbeitnehmer Anm. KF: Und Architekten! immer noch zu häufig zu Hungerlöhnen beschäftigt. Riester erinnerte an das Gesetz gegen Lohndumping auf Baustellen, das die Bundesregierung letztes Jahr durchgesetzt hat. Dadurch gelte der tarifliche Mindestlohn weiterhin für ausländische Arbeitnehmer. "Wir haben die Voraussetzungen für einen fairen Wettbewerb auf unseren Baustellen geschaffen", sagte der Bundesarbeitsminister. [...] Anm. KF: Auch die gesetzlichen Voraussetzungen betr. Planungswettbewerb sind perfekt. Nur deren faire Umsetzung läßt seit Jahrzehnten sehr zu wünschen übrig! Die planungsbehindernden Förderrichtlinien, die sich die Förderbehörden unter Ausschluß der Öffentlichkeit selbst erlassen, karikieren außerdem die von den Abgeordneten beschlossenen Fördergesetze . So kommt es zur unwirtschaftlich-kostenexplosiven Stadtsanierung und den herben Substanzverlusten am Baudenkmal. Die Bundesregierung will illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit auf verschiedenen Wegen bekämpfen. Einerseits sollen die Lohnnebenkosten weiter gesenkt werden, um die Anreize für Schwarzarbeit abzubauen. Anm. KF: Der Selbstausbeutung des Architekten wirkt das nicht entgegen. Andererseits müssten Gesetzesverstöße mit höheren Strafen bedroht und die Kontrollen verstärkt werden. Anm. KF: Dies bitte auch in staatlichen Baubehörden betr. HOAI, und nicht nur betr. Korruption! Dafür sei mehr Personal nötig. "Hohe Strafen haben nur abschreckende Wirkung, wenn auch das Risiko steigt, erwischt zu werden, erklärte Arbeitsminister Riester." Anm. KF: Dem ist nichts hinzuzufügen. |
Und hier ein weiterer Fall mangelhafter Gesetzes- und Vorschriftentreue der deutschen Baubeamtenschaft, wieder aus der Praxis von Kollege "Michel" Kohlhaas:
Briefkopf Architekt Michel Kohlhaas
Einschreiben und Rückschein Staatl. Bauamt X Bekanntmachung zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge EWR-weites Verhandlungsverfahren nach der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen VOF Aufforderung zur Bewerbung hier: Neubau eines Hörsaal- und Laborgebäudes für die Fachhochschule X – Staatsanzeiger Nr. ... Rüge Vergabeverstoß Sehr geehrte Damen und Herren, das Staatl. Bauamt X hat im Staatsanzeiger Nr. ... eine Bekanntmachung mit Datum ... für Architektenleistungen nach § 15 HOAI, mindestens Leistungsphase 2-4 für die Fachhochschule X, Neubau eines Hörsaal- und Laborgebäudes durchgeführt. Es wurde dabei die Form des Verhandlungsverfahrens nach VOF gewählt. Gemäß Punkt 12 der Ausschreibung wird vom Auslober eine stegreifmäßige, skizzenhafte Ideenfindung gemäß § 24 Abs. 3 VOF gefordert, die sodann im Wege einer Präsentation von den Teilnehmern vorgestellt werden soll. Diese Teilleistung soll entsprechend dem Veröffentlichungstext mit 1 % des Honorarmindestsatzes der Honorarzone 4, zzgl. MwSt. und 4 % Reise- und Nebenkosten bewertet werden. Für die geforderte Leistung wird vom Auslober ein Pauschalhonorar in Höhe von DM 7.376,94 in Aussicht gestellt. Eine weitergehende Honorierung ist nicht vorgesehen. Gemäß § 24 Abs. 3 VOF sind Lösungsvorschläge, die außerhalb eines Planungswettbewerbs vom Auftraggeber für die Planungsaufgabe abgefordert werden, nach den Honorarbestimmungen der HOAI zu vergüten. In dem vom Staatl. Bauamt in Aussicht gestellten Honorars in Höhe von DM 7.376,94 incl. MwSt. und 4 % Reise- und Nebenkosten ist eine Verletzung des § 24 Abs. 3 VOF zu sehen. Ausweislich der genannten Norm sind die Leistungen nach HOAI zu vergüten. Entspricht die Vergütung nicht den Mindestsätzen der HOAI und/oder werden diese unterschritten, so ist eine Vergütung nach den Kriterien der HOAI nicht mehr gegeben. Die Ausschreibung verstößt somit gegen die Regelungen der VOF. Um eine Überprüfung der Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI durchführen zu können, mußte, da in der Ausschreibung keine Informationen über die anrechenbaren Kosten enthalten sind, eine Ermittlung der Kostenansätze anhand der vorhandenen Informationen überschlägig durchgeführt werden. Unter Ziff. 2 wird das Raumprogramm mit 1.578 qm Hauptnutzfläche angegeben. Entsprechend Mittag – Baudatei, Teil 2, wurden die Werte für Hörsaalgebäude und Institute ermittelt, so daß insgesamt eine Bruttogeschoßfläche in Höhe von 3.156 qm berechnet werden konnte. Die Summe der anrechenbaren Baukosten, die die Kostengruppen 300 und 400 beinhaltet, beträgt für die geplante Gebäudekategorie ca. DM 3.100,00 brutto je qm BGF. Hieraus resultiert, daß die Baukosten je qm HNF (Hauptnutzfläche) in Höhe von ca. DM 6.200,00 brutto anzunehmen sind. Für die Honorarermittlung wurde jedoch von einem Nettowert in Höhe von DM 5.391,00 ausgegangen. Die anrechenbaren Baukosten für dieses Gebäude ermitteln sich nun wie folgt: vorgegebene Fläche 1.578 qm x 5.391,00 DM/qm = 8.506.998,00 DM Aus der eingangszitierten Fachliteratur ergibt sich folgende Aufgliederung der Baukosten auf die Kostengruppen: - Kostengruppe 300 in Höhe von 65,69 % Somit ergibt sich aus der Gesamtsumme von 8.506.998,00 DM Honorarberechnung: Für die Honorarermittlung ergeben sich folgende anrechenbaren Baukosten: Sonstige anrechenbare Kosten 5.606.113,00 DM Entsprechend § 10 (4) HOAI sind zusätzlich anrechenbar: mit 25 v. H. der sonstigen anrechenbaren Kosten: 1.401.528,00 DM mit 50 v. H. aus dem 25 v. H. der sonstigen anrechenbaren Kosten übersteigenden Betrag: 749.680,00 DM Summe der anrechenbaren Baukosten netto 7.757.321,00 DM Aus den anrechenbaren Kosten ergibt sich somit aus der Honorartafel des § 16 der HOAI ein Gesamthonorar aller Leistungsphasen in der Honorarzone 4, Mindestsatz von 675.248,00 DM Im Bekanntmachungstext wird die geforderte Leistung der Leistungsphase 2 nach § 15 HOAI „Erarbeiten eines Planungskonzept mit zeichnerischer Darstellung und Bewertung“ einem Leistungsanteil aus einer Teilleistung der Leistungsphase 2 gemäß § 15 HOAI zugeordnet. Die Teilleistung der Leistungsphase 2 nach § 15 HOAI ist wie folgt formuliert: „Erarbeiten eines Planungskonzeptes einschließlich Untersuchung der alternativen Lösungsmöglichkeiten nach gleichen Anforderungen mit zeichnerischer Darstellung und Bewertung, z. B. versuchsweise zeichnerische Darstellung, Strichskizzen, gegebenenfalls mit erläuternden Angaben“. Der Auftraggeber fordert insoweit nur eine Lösung an, jedoch keine Alternativuntersuchungen. Vom Auftraggeber wird die geforderte Teilleistung lediglich mit 1 v. H. der Leistungsphase 2 bewertet. Die vom Auftraggeber geforderte Teilleistung aus der Leistungsphase 2 ist jedoch wesentlich höher zu bewerten. Nach HOAI wird die Leistungsphase 2 mit 7 v. H. bewertet. Es handelt sich bei der abgeforderten Leistung um einen Hauptbestandteil der zu bearbeiteten Aufgabe dieser Leistungsphase, die vom Auftraggeber mit 1 v. H. unterbewertet ist. Die vom Auslober geforderte Bearbeitung geht jedoch über eine skizzenhafte Darstellung hinaus und birgt bereits Ansätze aus der Leistungsphase 3 in sich. Die einzureichenden Arbeiten haben daher in der Tiefe der vom Auftraggeber geforderten Bearbeitung eine wesentlichen höheren Stand als die vom Auslober in Aussicht gestellte Bewertung der Leistung. Aus dieser Betrachtung heraus ergibt sich, daß durch das Honorarangebot der Bekanntmachung in Höhe von DM 7.376,94 ohne weitere Kostenerstattung entgegen der Vorschrift des § 24 Abs. 3 VOF eine nicht HOAI-konforme Vergütung der Architekten in Aussicht gestellt wird. Es besteht hier insoweit ein Verstoß gegen § 24 Abs. 3 VOF, da die Mindestsätze der HOAI unterschritten werden. Dieser Verstoß gegen die Grundsätze wird hiermit gerügt. Mit freundlichen Grüßen [Unterschrift] |
Antwort demnächst.
Die Bayerische Architektenkammer setzt sich immer und überall und sehr vorbildlich für die Belange ihrer Mitglieder ein, z.B. mit solchen Schreiben (aus DAB 4/2000, BY 62):
Briefkopf Bayerische Architektenkammer
Adresse Kommune Sehr geehrter Herr Bürgermeister, die Bayerische Architektenkammer verfolgt mit Aufmerksamkeit die im EU-Amtsblatt veröffentlichten Verhandlungsverfahren für Bauvorhaben in Bayern, zumal wenn es sich um Planungsaufgaben handelt, für die sich der Weg des Optimierungsverfahrens eines nach den "Grundsätzen und Richtlinien für Wettbewerbe - GRW 1995" auszulobenden Wettbewerbs empfiehlt. Wie die Bayerische Architektenkammer feststellen konnte, haben Sie das im EU-Amtsblatt veröffentlichte Verhandlungsverfahren für die Planungsaufgab XY in ein alternatives Planungsverfahren unter den ausgewählten Bewerbern übergeleitet, so wie dies die "Verdingungsverordnung für freiberufliche Leistungen - VOF" in § 25 Abs. 1 und § 24 Abs. 3 vorsieht. Nicht berücksichtigt wurden jedoch die Festlegungen in diesen Bestimmungen, wonach entweder Lösungsvorschläge im Rahmen eines Planungswettbewerbs nach § 25 VOF (der die essentiellen Bestimmungen der GRW 1995 wiedergibt) eingeholt werden können oder unter Honorierung der jeweiligen Planungen nach den Honorarbestimmungen der HOAI (§ 24 Abs. 2 VOF) zu vergüten sind. Letzteres ist bei dem von Ihnen zugesagten Pauschalhonorar von DN 5000.- ersichtlich nicht der Fall. Ich möchte Sie, sehr geehrter Herr Bürgermeister, daher sehr dringend bitten, die Honorierung entweder HOAI-konform zu auszugestalten oder das Verfahren in einen beschränkten Wettbewerb/Einladungswettbewerb unter den von Ihnen im Rahmen des Verhandlungsverfahrens bereits ausgewählten Architekturbüros durchzuführen, wobei Sie der zuständige Bezirkswettbewerbsausschuss auch ggf. hinsichtlich der Möglichkeit eines vereinfachten Verfahrens (Ziffer 2.5 GRW) jederzeit beraten wird. Eine Abwicklung des Verfahrens nach Maßgabe der verbindlichen Vorgaben der VOF würde auch vermeiden, dass eine Nachprüfung der Vergabe durch die Vergabekammer erfolgt und Konflikte der Teilnehmer mit der Berufsordnung entstehen. MfG |
Ja Freunde, das ist aecht bayerischer Stil: "Sehr dringend bitten" und so "Konflikte mit der Berufsordnung" vermeiden. Vorbildlich auch für andere Bundesländer.
Und im Ergebnis grausam für die mindestsatzunterschreitenden Luschen.
Briefkopf ...-Fahrzeuge Aktiengesellschaft
Adressen der aus Gelben Seiten ausgesuchten ortsansässigen Architekten VZ [Ort] 1) Verlegung PKW Parkplätze Sehr geehrte Damen und Herren Die freigewordene
PKW-Fläche wird dann Anfang 2001 mit einer Lagerhalle, wärmegedämmt und temperiert, für LKW-Ersatzteile bebaut. Werksbesichtigungen sind kurzfristig möglich. Anmeldung bei: ... Pläne sind auf AUTOCAD 14 bzw. DXF-Format zu fertigen. Leistungsverzeichnisse 1xPapier und 1xDiskette. Mit freundlichen Grüßen Unterschrift Briefkopf ...-Fahrzeuge Aktiengesellschaft Adressen der aus Gelben Seiten ausgesuchten Architekten Anfrage Nr. ... Bauliche Erweiterungen am Ersatzteillager X Wir bitten um Ihr Angebot - kostenlos und für uns unverbindlich - für: Planung und Bauüberwachung gemäß beiliegendem Leistungsverzeichnis. Vertragsgrundlage ist die VOB, Teil B+C, neueste Fassung Bearbeitung: Mit freundlichen Grüßen Anlage: [...] Wir speichern über Sie personenbezogene Daten gem. BDSG LEISTUNGSBESCHREIBUNG LEISTUNG: Planungen und Bauüberwachungen BIETER: LEISTUNGSBESCHREIBUNG: 1) Außenanlagen Verlegung PKW-Parkplatz Leistungsbild: Pauschalvergütung: DM .... > Bauüberwachung, Objektbetreuung etc. Pauschalvergütung: DM .... 2) Neubau Lagerhalle einschl. Umgriff ca. 8.000 m2; Höhe 8 m, temperiert und gedämmt; natürl. + elektr. Belichtung; Tore; etc. (Regale bauseits) Leistungsbild: Pauschalvergütung: ---------DM .... > Bauüberwachung Pauschalvergütung: ----------DM .... Gesamtvergütung pauschal: DM ... ..................................... |
Kommentar: Warum nicht gleich "1 Stück Planung für Alles, Jedes und etc., in stückelbaren Mengen nach Belieben der Herren Aktionärsvertreter"?
Was tun? Bieten, nicht bieten? Auf brutalste Mindestsatzunterschreitung gehen und sich von einer solch unterbelichteten "werkseigenen Bauabteilung" dann eben im Nachhinein das Geld für die komplette Chose aller Planungsgrundleistungen Gebäude, Tragwerk, Techn. Anlagen, Freianlage, Vermessung besorgen? Ein guter Baurechtler kann alle Weichen dazu stellen, um nicht wg. nachweisbarem Vorsatz ausgleichend in Schadenersatzanspruch genommen zu werden. Die Architektenkammer einschalten? Was wird die denn tun? Und günstigstenfalls bewirken? Wenn die AG jemals so Fahrzeuge gebaut hätte, wie sie Bauwerke angeht, hätte sie jedenfalls nie als Wehrmachtausstatter Karriere gemacht.
Und hier die Antwort von Kollege Mike Kohlhaas:
Briefkopf Mike Kohlhaas
Herrn Meier, ...-Nutzfahrzeuge AG ... Straße ... Ort Ort, 22.03.2000 Bauvorhaben, hier: Lagerhalle Sehr geehrter Herr Meier, Vielen Dank für die Aufforderung zu einem Angebot. Besonders freut uns, daß Sie Planer vor Ort berücksichtigen wollen. Dies ist eine nur konsequente Haltung, wenn man an die Auftragsvergabe der hiesigen Stadtwerke für städtische Omnibusse denkt. Damals hatte Ihre Fa. heftigst interveniert, weil die Stadtwerke an den günstigsten Bieter (aus Schwaben) vergeben wollten. Der Stadtrat und auch ich als Mitglied der ...-Fraktion ließen sich damals umstimmen. Die Busse wurden bei Ihrer ...- Nutzfahrzeuge AG gekauft. Leider müssen wir Ihnen mitteilen, daß es ohne die Leistungsphasen Grundlagenermittlung und Vorplanung nicht möglich ist, eine Aussage zu den Honorarkosten zu machen. Für Planungsleistungen gilt die HOAI, daß sollte einem Bauherren von Ihrem Schlage, der nicht das erste mal baut, klar sein. Die Aufforderung zur Abgabe eines Pauschalhonorars für Architekten- und Ingenieurleistungen ist unzulässig. Bei unserem heutigen Telefonat machte ich Sie darauf aufmerksam, daß seriöse Aussagen zu Honorarkosten ohne die o.g. Leistungen nicht möglich sind. Sie bestätigten abermals, daß eine Kostenschätzung mit dem Honorarangebot abzugeben ist. Wenn unserem Büro dies nicht möglich sei, könnten Sie uns da nicht weiter helfen. Ich bestätige Ihnen hiermit, daß ich Ihnen im Stadtrat auch nicht mehr helfen kann, und bedanke mich für die kostbaren Minuten, die Sie mir geopfert haben. Mit freundlichen Grüßen Architekt Mike Kohlhaas |