Kapitel 3+4+5
Seite in Unterkapitel aufgeteilt:
Fensterprobleme:[1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] Holzanstrich:[8] [9] [10]
Fensterbestandsaufnahme + Instandsetzungsplanung: [11] [12] [13] [14] [15] Holzschutz:[16] [17] [18]
Die Wärmestrahlung im maßgeblichen Wellenlängenbereich ab etwa 2,7 Mikrometer kann Fensterglas nicht wie
Licht durchdringen, sondern wird teils reflektiert und absorbiert (mit anschließender Emission von der erwärmten
Scheibenoberfläche auch in den Raum zurück). Nun liefert zwar auch das energiereiche Licht der Sonnenstrahlen Wärme und kann deshalb als Wärmestrahlung
bezeichnet werden - im normalen Sprachgebrauch - und dem folge ich gerne - meint aber der Begriff "Wärmestrahlung" den elektromagnetischen Wellenlängenbereich
des Infrarots. also die infrarote bzw. Infrarotstrahlung, abgekürzt IR-Strahlung, vereinzelt auch als Ultrarotstrahlung bezeichnet. Diese IR-Strahlung wird
nun nochmals nach ihrer Wellenlänge aufgeteilt in nahes (Kurzzeichen: NIR), mittleres (MIR) und fernes (FIR) Infrarot. Noch genauer (Quelle:
Wikipedia-Infrarotstrahlung):
NIR-IR-A: 0,78-1,4 µm Wellenlänge, Temperatur T nach dem Wienschen Verschiebungsgesetz > 3.700 Kelvin K
NIR-IR-B: 1,4-3,0 µm, T > 3.700 K
MIR-IR-C: 3,0-50 µm, T: 1.000-60 K
FIR-IR-C: 50-1.000 µm, T < 3 K
Hierzu eine erläuternde Grafik von Prof. Claus Meier:
(weitere Erläuterung hier)
Auch deswegen leisten teure Doppelverglasungen trotz aller U-Wert-Beschwörungen keine spürbare bzw. gar wirtschaftlich sinnvolle Verminderung des Heizwärmeverbrauchs. Sobald die Bausanierung bzw. die Neubauheiztechnik auf die strahlungsoptimierte Hüllflächentemperierung setzt, spielt ja die Strahlungswärme im Vergleich zum Wärmeverlust durch Heizluft-Konvektion eine größere Rolle. Um die Energiebilanz korrekt aufzustellen, braucht es mehr als nur U-Werte der Wand und Fenster. Es kommt auch darauf an, wieviel Solarenergie das Fenster in den Raum hereinläßt, die dort auf die belichteten Bauteile trifft, absorbiert, reflektiert und reemittiert wird und sich in erhöhte Oberflächentemperatur, Strahlungswärme und nach oben steigende warme Konvektionsluft verwandelt. Und wenn nachts das Fenster mit einem Rolladen oder Fensterladen innen oder außen verschlossen wird, gibt es dort natürlich kaum Wärmeverluste und die Solargewinne steigen. Besonders bei Einfachglas, dessen Verwertung der Solarenergie - der Gesamtenergiedurchlassgrad bzw. g-Wert - ja bei sagenhaften 0,9 nahe bei 100% liegt. Im Unterschied zu den erbärmlichen g-Werten moderner Vielfachverglasungen.
Vergleiche aus der Praxis belegen, daß der Energieverbrauch in Wohnungen mit Einfachglas und Wärmeschutzglas identisch ist (z.B. Energiesparen an Baudenkmälern, Tagung des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz, Bonn 2002, Diskussionsbeitrag), wobei auch bei Einfachfenstern die meßbare Innentemperatur der Glasoberfläche nahe bei der Wandtemperatur liegt. Es kommen ja auch wesentlich mehr kostenlose Solarenergiegewinne mittels Licht durch das Einfachfenster, die sich raumseits in Wärmestrahlung verwandeln. Und das Abstrahlverhalten einseitig erwärmter Gläser geht bekanntermaßen (schon gewußt?) zum großen Teil in Richtung der Wärmequelle zurück, was sich die Heizglastechnik raffiniert zunutze macht und damit Wärmeverluste nach draußen gering hält.
Wer also zum Austausch oder Aufdoppeln der alten Einfachfenster oder Neueinbau von Doppelscheibenfenstern rät, muß hinzufügen: Nicht aus energetischen Gründen, nicht zum Energiesparen! Denn wieso kam es in der guten alten Zeit zur Erfindung von Kastenfenstern? Weil den besseren Herrschaften in der Bel Etage der Pöbel auf dem Pflaster vor der Hütte zu laut lärmte und das Vornehmsein der aufgestiegenen Bourgeoisie störte. Kastenfenster leisten freilich das Allerbeste betr. Schallschutz. Neben der massiven Wand. Auf dem flachen Land war das kein Problem. Wo es winters zu sehr pfiff und wehte, behalf man sich bestenfalls mit Läden oder Winterfenstern. Auch die sind auch heute noch sinnvoll. Notfalls als Witterungsschutz für den historischen Einfachfensterbestand. Und wenn es sommers auf der Südseite zu sehr reinscheint und man sich darüber nicht freut, sondern konstruktive Abhilfe schaffen will, helfen Klappläden nach historischem Vorbild oder eben Markisen in München als Sonnenschutz genauso wie in Hamburg oder der Südseite der Eiger-Nordwand. Meinetwegen auch Klappläden, Jalousien, lichtdichte Vorhänge, Sonnenschutzsegel oder Vordächer, Rolläden / Rollos oder sich in den Schatten setzen. Auf keinen Fall braucht es immer Sonnenschutzglas in neuen Fenstern. Es sei denn, Sie haben ein modernes Glaskisterl vom modernen Architekturlieferanten, der auch für sonstigen Bauluxus bürgt.
Themenlink: Strahlungswärme und Konvektion am Fensterglas
Weitere Belege für Undurchlässigkeit von Fensterglas für Wärmestrahlung:
"Für sichtbares Licht ist die Durchlässigkeit besonders hoch; daher ist Fensterglas durchsichtig. Für langwellige Infrarotstrahlung aber ist Fensterglas nahezu völlig undurchlässig. Würden unsere Augen nur in diesem Bereich sehen, wäre Fensterglas so undurchsichtig wie eine Mauer aus Stein."aus: www.weltderphysik.de/de/4587.php
"Glas ist für sichtbares Licht transparent. Im Empfindlichkeitsbereich der Infrarotkamera (8-12 µm) lässt Glas keine Wärmestrahlung durch, ein Effekt den man in Treibhäusern benutzt." aus: solarsystem.dlr.de/Missions/SOFIA/irexperimente.shtml
Ein interessanter Beitrag zur Infrarot-Undurchlässigkeit von Glas bei Pro7 Galileo
Immer kann und soll es bei guten "Normal"-Fensterkonstruktionen zur Kondensation an der äußeren Glasscheibe kommen. Eine 4-Personen-Haushalt gibt täglich ca. 6-15 Liter Wasser an die Raumluft ab, das muß raus! Einfachverglaste Fenster haben besseren Fugendurchlaß gegenüber trockener Außenluft und führen überschüssige Raumluftfeuchte sicherer ab als Stoßlüftung - bei entsprechend geringerer Kondensatgefahr. Was dann an der Glasfläche als Sollkondensator aus überschüssiger Raumluftfeuchte bei ungenügender Lüftung niederschlägt, ist ohne großen Aufwand wegzuwischen, im Extremfall in der bewährten Rinne zu sammeln oder, da es sofort auffällt, durch Fensteröffnung schnell abzulüften. Um das Einsickern der Feuchte in die kritische Baufuge zwischen Flügelrahmenholz, Kittbett und Glas und das damit verbundene Verschwärzen und Verrotten sowie Auf- und Abplatzen des Fensteranstrichs infolge Holzfeuchteaufnahme und Anstrichunterwanderung zu verhindern, muß der Rahmenanstrich nur wenige Millimeter ins Glas gestrichen werden. Leider weiß das fast kein Maler und Schreiner. Entsprechend programmiert das "Aussparung" des Glases vom Beschichten den unausweichlichen Fensterschaden vor und bringt das Holzfenster - egal ob Einfachfenster, Verbundfenster oder Kastenfenster unverdientermaßen in Mißkredit und dann auf den Müll. Doch große Energiesparer wissen alles besser, investieren deswegen teuer Geld in "moderne" Fenstermißgeburten, pressen zwangsläufig die Luftfeuchte in die Außenwände und züchten damit Schimmel ohne Ende mit viel Streit vor Gericht. Der Meister hat es so beraten. Spricht man ihn darauf an, sagt er: Ich weiß daß es Mist ist, aber der Kunde hat danach verlangt. Was soll ich da machen?
Geringe Luftfeuchte heißt auch deutlich bessere Heizenergieausbeute, das dürfte ja bekannt sein. Je geringer die Raumluftfeuchte, mit umso geringerem Energieeinsatz erhalten Sie dann ein warmes Stübchen und umso weniger Energie - ganz im Sinne der EnEV, oder wat? - verschwenden Sie beim Ablüften verbrauchter Luft. Außerdem halten alle Fenster-Anstrichsysteme abhängig von der Kondensatbelastung mehr oder weniger lang. Raumseits gilt das auch für die Raumschalenverschmutzung, die bei entsprechenden Durchfeuchtungen besonders der mit Kunststoffdispersion - elektrostatisch staubanziehend - gestrichenen Wände stark zunimmt.
An doppelverglasten Fenstern wird der Kondensatärger mehr und mehr:
Ob das Nachbessern alter Einfachfenster tatsächlich energetisch/hygienisch/wirtschaftlich/technisch Sinn macht, ist also mehr als fraglich. Dies gilt auch für die unsinnige Lippendichtung und Isoliergläser in klassischen Fensterkonstruktionen wie Verbund- und Kastenfenster. Man muß eben die Folgen bedenken und nicht kritiklos das Industrie-/"Experten"-Geschwafel nachbeten.
Freilich gibt es im Gebäude hin und wieder Zugerscheinungen durch Zugluft. Sei es, daß vom Keller bis zum Dachgeschoß alle Türen zum durchgehenden Treppenhaus geöffnet sind und die Warmluft vom Heizungsraum bis in den Spitzboden kaminartig aufsteigt, sei es, daß das morgendliche Aufheizen nach sinnlos energieverschwendender Nachtabsenkung der Raumlufttemperatur besonders viel Konvektionsheizluft herumwirbelt oder daß diverse Undichtheiten an den Bauteilanschlüssen der Fassade in die Deckenebene geraten und jedes Windchen den oft schwer nachvollziehbaern Weg in das Zimmer findet, ebenso wie die Heizluft nach draußen. Vielleicht pfeift auch der Wind in Boden- und Deckenkonstruktionen von außen ein und verursacht ständig ein auskühlendes Ziehen der Raumluft, ohne genau verortet werden zu können. Das muß also für sich erst mal richtig aufgeklärt werden, um es dann mit geringstem Aufwand abzustellen. All diese Zuglufterscheinungen, die sich mit einem geeigneten "Anemometer" genau beobachten lassen, werden oft genug dem alten, unschuldigen Fenster zugeschrieben. Hier heißt es also genau zu unterscheiden. Und wenn es tatsächlich das Fenster sein sollte, das zu viel Falzluft aufweist (was mit der Plastilinwurstmethode in den Fensterfalzen schnell zu überprüfen wäre), kann das meist mit wenig Aufwand auf das sinnvolle Maß von 1 mm Fensterfuge beschränkt werden. Immer vorausgesetzt: Gewußt wie!
Mit Einfachfenster Energiesparen? Kontroverse Diskussion im Fachwerkforum