Kapitel 6 - Mörtel: Seite 1 2 3 4 5 6 Kapitel 7 - Anstriche: Seite 1 2 3 4 5
Zur Angstmache und zum besseren Sanierputzverkauf (wesentlich teurer als "Normalmörtel", bei geringen Herstellungskosten) hat es sich bei Trockenmörtelherstellern eingebürgert, als "Service" kostenfreie Salzanalysen anzubieten. Natürlich ist das immer noch besser, als dafür teuren "Gutachtern" Geld in den Rachen zu schmeißen. Die Standardempfehlung bleibt ja "Sanierputz". Fragen Sie bei der Diskussion der Analyse aber nach, wie zementäre Produkte auf sulfatbelasteten Untergründen wirken (Antwort: Treibminerienbildung (Ettringit/Thaumasit) mit Putzablösung und Putzgrundzerstörung).
Davon abgesehen, nimmt Sanierputz nur schwerlich Salz aus dem Untergrund auf. Er ist wasserabweisend "hydrophobiert", seine Poren wirken kapillarbrechend. Salz wird aber nur in wässriger Lösung transportiert - also nicht in wassersperrende Porensysteme. Sanierputz ist also regelmäßig ein überfester Sperrputz. Die nach Herstellerangabe/WTA-Vorschrift möglichen Kapillarwanderungen sind bisher eher Behauptung als erwiesen.
- Zementmörtel hält Wasser ca. 10mal länger zurück als ein gut rezeptierter, schnell austrocknender Kalkmörtel und der Ziegelstein. Sein ungünstiges Verhalten gegen Wasser an der Fassade wird verstärkt durch seine Neigung zur Kapillarrißbildung, da er auf historisch-"weichen" Untergründen zu hart ist, und ebenso durch seine hygroskopisch wasseransaugende Eigenschaft als salzreicher Baustoff.
- Hydraulmörtel haben wesentlich höhere Temperaturdehnung als die in sich nahezu identisch ausdehnenden Ziegel und Kalkmörtel, das führt zu zwangsweisen Materialabrissen.
- Da hydraulische Mörtel immer dichter sind als Kalkmörtel, oft "verstärkt" durch wasserabweisende, aber dennoch versprödende moderne Farbsysteme, wird die wesentliche Eigenschaft einer dauerhaft tauglichen Fassade zerstört: Die Zwischenspeicherung und schnelle Wiederabgabe von Regenwasser bei starkem Niederschlag. Damit werden der Sockelbereich und vorspringende Fassadenbauteile von akuter Überfeuchtung geschützt, was deren Frostkorrosion hinauszögert. Im Fachwerkfall sorgen die vom hydrophoben Gefach abgewiesenen Wassermassen zu verstärkter äußerer und innerer Balkendurchfeuchtung infolge dann erhöhter Wasseraufnahme der Gefachfugen. Schön für die Vermorschung.
Die oft beschworene wasserabweisende Fassade nach Künzel´scher Theorien(ein?-)bildung ist also ein Witz. Die typischen Kapillarrißsysteme in spröden Mörteln und Farben sorgen sogar noch für erhöhte Durchfeuchtung des Untergrunds. Und mit der angeblichen Dampfdiffusionsfähigkeit der wasserabweisenden Fassadenbaustoffe ist es nicht weit her: Dampfdiffusion leistet nur ca. ein Tausendstel an Fassadentrocknung/Wassertransport als kapillaroffene Systeme wie Kalkmörtel, -tünche und Ziegelstein. Da jeder Untergrund - vor allem am Altbau - wasser- und salzhaltig ist, braucht es unbedingt optimal kapillaroffene Beschichtungssysteme, um Salz- und Feuchtestau zu verhindern. In besonderem Maße gilt das auch für Natursteinbauteile, die durch sperrende Anstriche auf Silikat- und Kunstharzbasis zur totalen Zerstörung getrieben werden können.
- Leichtzuschlagstoffe und schaumige Porenbildner (salzhaltig, z.B. Natriumlaurylsulfat, Salz einer Fettsäure, Seife) blockieren die Aufnahme von Salzen aus dem Untergrund. Salzwanderung erfolgt kapillar in flüssiger Form. Die Kapillarwanderung funktioniert nur aus Großporen in Kleinporen. Aus dem kleinporigen Kapillarsystem des Untergrunds kann also Salzwanderung in Mörtelgroßporen nur sehr bedingt bzw. gar nicht erfolgen. Feuchte und Salz reichern sich deswegen in mörtelnahen Oberflächenbereichen des Untergrunds an;
- Hydraulekomponenten werden aus Angst vor dem Negativimage des Zements undeklariert den "Kalkmörteln" vieler Werktrockenmörtelhersteller beigemischt. Weder der Verarbeiter noch der Endkunde sind sich der damit verbundenen Nachteile bewußt, sie werden durch mangelhafte Produktdeklaration geradezu verdummt. Die angegebenen Druckfestigkeitswerte der Normprüflinge werden in der Praxis oft erheblich überschritten. Aus P/MG Ic kann dann sehr schnell P/MG III werden. Folge: Spätrißschäden (Fugen- oder Y-Netzrißbildung) durch überharte, für weicheren Untergrund nicht taugliche Mörtel. Im Schadensfall neigen industrieabhängige Sachverständige dann zur Schadenszuweisung an Verarbeiter, Planung und Bauleitung.
- Neuester Trick am sich entwickelnden "Luftkalk"-Mörtelmarkt: mehr oder weniger deklarierte Zugabe von "Trockensilikat" = trockenes Wasserglas in perlierter Form, das bei Wasserzugabe wieder in Flüssigphase übergeht oder "puzzolanische Kieselsäure = hochdisperse Kieselsäure/Microsilica. Folgen: Hydraulisches Abbinden, kalkuntypische Überhärte, Porendichtung, Pottaschenabspaltung (bauschädliches Salz) bei Abbindeprozeß des Wasserglases, Trocknungsblockade usw.. So entstehen nach Meinung mancher Trockenmörtelhersteller Produkte, die der kalkfixierten Denkmalpflege ohne weiteres als "Luftkalkmörtel P Ia" unterzujubeln sind. Klar, daß man dann die ökologischen Kalkfarben solcher Hersteller auch "freskal auf trockenen Kalkputz" (Herstellerschreiben) verarbeiten darf.
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