Kapitel 6 - Mörtel: Seite 1 2 3 4 5 6 Kapitel 7 - Anstriche: Seite 1 2 3 4 5
Die von offenen Kalkputzfassaden aufgenommene (und schnell wieder abgegebene)
Regenmenge bei heftigem Niederschlag (s.o.) entlastet Sockel- und Gesimsbereich
vor Frostangriff. Zerstört wird diese sinnige Konstruktion traditioneller
Handwerkskunst durch falsch aufgebaute "moderne" Putzmörtelschichten
und durch Anstrichversiegelung mit Porensystemen, die zwar Wasserdampf/CO2
hereinlassen, für Wassermoleküle aber zu klein sind. So
wird die Trocknung nach außen sicher unterbunden.
Aus meiner Bauberatung (Foto
Bauherr): Versalzte Wand, falsch verputzt - das Ergebnis:
Zementputzversaute Mauerziegelschale wird durch Salzkristallisation,
Feuchtestau und Frost abgesprengt.
Das freigelegte Fundamentmauerwerk im speicherfähigen Erdreich
hält die Schadsalzbefrachtung aus.
Dort gibt es ja wg. Dauerfeuchte weniger Kristallisationsdruck, wg.
Speicherfähigkeit
weniger Frostangriff und keinen Feuchteblockerverputz.
Die Mörtelfugen im Fundament waren natürlich auch
hinüber.
Auch die romantische Stein-/Fugensichtigkeit ehemals verputzter/gekalkter Fassaden altehrwürdiger Bauwerke (vorzugsweise Kirchen und Burgen des Mittelalters) hat viel zu deren Zerstörung beigetragen. Nicht nur, daß modern-schädigende Zementmörtel - ohne jegliche Deklaration ihrer materialtypischen Schadensrisiken und für die Altbauumgebung problematischen Inhaltstoffe - für den vermeintlich witterungsstabilen Fugenschutz und Steinvermauerung an Fehlstellen mißbraucht wurden, dummerweise hat man oft auch (aus arbeitstechnischen Gründen?) die Zwicksteine entfernt oder reduziert. Sie sorgten aber dafür, daß weniger Wasser in die kapillaroffenen Fugensysteme eindringen konnte. Bei Reparatur/Neuverputz ist also darauf zu achten, daß die Fugen wieder mit geeignetem Material bei minimalem Mörtelverbrauch ausgezwickt werden. Sonst wird der beste Kalkmörtel in allzu kurzer Zeit wieder abfrieren - wegen zu hoher Wasseraufnahme der Mauerfugen! Bei fugensichtigen Mauern nehmen Fugmörtel ohne ausreichenden Grobanteil und Auszwickung übermäßig Wasser auf und halten das dann in den fetten Mörtelklumpen ewig zurück. Bis der Frost kommt und sein Werk tut. Schadensfördernd: Zementmörtel, der uim den Faktor 10 schlechter trocknet als Luftkalkmörtel. Und wegen seiner Riß- und Abrißneigung von der Fugenflanke die wirksamsten Kapillarrisse garantiert.
Wasserabweisende Fassadenanstriche aller Kunstharzcoleur sind aus bauphysikalischen Gründen abzulehnen: Sie mögen bis zur alterungsbedingten Kapillarrißausbildung (Craquelee/Versprödung) zwar Regenwasser abweisen, gleichzeitig dringt aber das täglich/nächtlich anfallende Kondensat (dampfdiffusionsoffene Beschichtung als plumper Werbegag!) in die Fassade dampfförmig ein und reichert sich dort flüssig an, denn: sie verhindern die Kapillarentfeuchtung von innen! Das so blockierte Porenwasser friert dann fallweise auf und zerstört in Zusammenarbeit mit den ebenfalls angereicherten Salzen nach einiger Zeit die ganze Fassade. Salze können ja nur in Lösung - und damit kapillar transportiert werden. Und wenn der Anstrich die Kapillarwanderung blockiert, reichert sich unter ihm das Salz immer mehr an. Natürlich gilt das auch für die dann extrem verstärkte Feuchte- und Salzbelastung des Sockels und vorspringender Fassadenbauteile.
Das Produktmarketing für Anstrichsysteme ist ein Fall für sich. Dort traut man sich, jeden Murks unter dem geheiligten Namen "Kalk" zu verkaufen. Sogar an der Kelle pampende hydrophobierte und kunstharzhaltige Chemieschlämme, wenn´s nur dem Umsatz dient.
Im Klartext: Dampfdiffusion spielt als Entfeuchtungsmechanismus so gut wie keine Rolle, entscheidend ist die Kapillartrocknung. Genau diese wird durch kunstharzhaltige Anstrichsysteme blockiert. Daraus entstehen über kurz oder lang irreversible entfestigende Feuchte- und Salzschäden im Untergrund - also das genaue Gegenteil, was man durch Schutzmaßnahmen bezweckt.
Die Alternative heißt also ein Schutzsystem, das die verlorenen Bindemittel eines verwitterungsbedingt entfestigten Untergrunds nachliefert, gegen künftige Bewitterung möglichst dauerhaft schützt und dabei den natürlichen Feuchtehaushalt der Fassade nicht durch Trocknungsblockade vernichtet.
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