Der Balkon gilt als eines der größten Sorgenkinder der Hausbesitzer und stellt dem Saniergewerbe außerordentliche Herausforderungen. Als Kühlschrank und
Raucher-Rampe, als Zusatzwohnfläche und Grillplatz, zum Wäschetrocknen und hin und wieder sogar als Sitzplatz oder Aussichtsplattform genutzt, ragt der
typische Balkon aus der Fassade heraus und sich der Witterung entgegen. Diese gestalterische Wichtigtuerei geht in unserern Breitegraden erfahrungsgemäß nicht
allzulange gut - trotz aller bautechnischen und baukonstruktiven Anstrengungen. Das italiensüchtige Bauteil Balkon als Merkmal afrikanisch-arabischer
Flachdachkultur entartet dank genialer Architektenkunst auch hierzulande leider meist zum vorprogrammierten Reinfall. So sieht das schon in Italien an den
bewehrten / bewährten Stahlbeton-Balkonkonstruktionen aus:
Im Detail:
Durch Korrosion / Verrostung der Armierungseisen / Bewehrung abgeplatzte Überdeckung des Stahlbetons nach nur wenigen Jahren.
Deswegen braucht man also nicht ins sonnen- und ruinenverwöhnte Welschland fahren. Das kennen wir auch hier zur Genüge, oder?
Wenn man sich mal überlegt, wie lange es unsere konstruktionsoptimierten Flachdächer aushalten, bis die Brühe durchrinnt - kommt schnell heraus, daß die
üblicherweise sehr dünn konstruierten Balkonplatten deutlich schneller in die Knie gehen müssen. Sommerhitze und Sonnenstrahlen, die auch im Winter die
Oberfläche der Balkonplatte auf Temperaturen weit über 40 Grad Celsius aufheizen, bringen die Balkonoberfläche dank enormer Temperaturdehnung zum Ausdehnen,
kommt ein Regenguß, die fleißig gießende Hobbygärtnerin oder die Nacht, schrumpft die Konstruktion mehr oder weniger schnell schlagartig zusammen. Da
häufig versucht wird, die Oberflächen mit im Verbund verlegten Baustoffen zu "gestalten", kommt es zu inneren Materialabrissen, die sich dann über kurz oder
noch schneller zwangsläufig bis an die Oberfläche fortsetzen.
Folge: Wasser dringt ein, setzt sich in den meist kunstharzhaltigen bzw. schlecht trocknungsfähigen, nicht kapillaraktiven Bauteilschichten fest und führt zur
nachfolgenden hygrischen Dehnung und im Winter selbstverständlich auch Frostsprengung. Die typischen Frostschäden hat jeder schon gesehen.
Wenn man also dieser Grundproblematik möglichst entkommen will, ist eines wohl sofort klar: Eine nicht im Materialverbund, also von der Dichtebene entkoppelte
Belagkonstruktion ist gegenüber allen fest verbundenen, verfliesten bzw. sonstig beschichteten Oberflächen / Gehbelägen von vornherein um Lichtjahre überlegen.
Und ein Belag aus massiven Platten jedem dünnfliesigen Beläglein.
Wie sehen nun die üblichen Belagschäden aus, woher kommen sie?
Die brutale Mischung aus Hitze und Kälte, Wasser, Dampf und Eis ist es, die dem Balkon und seinen meist nach Bauherrengeschmack von Handwerksmeistern
konstruierten Wunsch-Belägen arg zusetzt. Und so dehnt sich der Belag grauenhaft aus und schrumpft dann wieder - doch wer mag schon alle paar Millimeter eine
notwendige Bewegungsfuge sehen? Lieber läßt man den Fliesenbelag in der Feinsteinzeugfliesen-Fläche reißen, sowieso auch in der Fuge.
Was dann passiert? Klaro, Wasser dringt ein und beginnt im Untergrund zu wühlen. Da der geflieste Belag sowieso nie vollflächig bzw. flächenbündig auf dem
Untergrund eingebettet / satt im Mörtelbett verlegt ist, gibt es Risse und Hohlräume, in denen sich das Wasser sammeln kann und dort verschärft "arbeitet".
Ohnehin kann sich der sehr dichte Fliesenbelag aus Feinsteinzeug nur sehr bedingt am Mörteluntergrund verankern - in seine paar offenen Pörchen gelangt auch
von unten her ja kaum Bindemittelleim. Und wie schlau doch der Ästhet wieder war: Möglichst enge, schmale Fugen zwischen riesigen Fliesen und Platten, das
größte Format ist ja oft noch zu klein. Leute, das muß doch schiefgehen - Plattenriß und Fugenriß sind so sicher vorprogrammiert. Und dann möglichst kein
Gefälle, auf jeden Fall weniger als 2 Prozent. Opa könnte doch ausrutschen und dann übers Geländer stürzen. So bleibt Wasser extra lang auf dem
Plattenbelag und hat dann extra lange Zeit, sein übles Spiel zu entfalten, wozu auch die meist vollkommen unbeachtet bleibende aber dennoch grausame
Umkristallisierung der Mineralkristallphasen im Mörtel hin zu Treibmineralien gehört, die das Mörtelgefüge unauswechlich zermürben.
Selbstverständlich ist auch die Tropfkante vorne und seitlich nur unzureichend bzw. ganz danebenkonstruiert. Hier stoßen Materialien mit vollständig
unterschiedlichen Temperaturdehnungen / Ausdehnungskoeffizienten zusammen - das zieht und klafft und reißt ohne Ende, die Randprofile stauchen und
drücken sich nach oben. Schön auch die beliebte Lösung, die Abdichtung / Eindichtung des Randprofilblechs als Kombination aus zementärer Dichtungsschlämme mit
Abdichtungsband auszubilden. Da hier nahezu dampfdichte Materialien im Spiel sind, trocknet die Zement-Kunstharz-Schlämme nie richtig aus, bindet nie
wie gewollt ab und reißt dann eben, weil sie den gegebenen Belastungen gar nicht standhalten kann.
Folge für die Bewässerung und Entwässerung der Balkonoberfläche:
Nun versuchen ganz Schlaue, das quasi unvermeidliche Wasser unter dem Balkonbelag durch ein Drainagesystem kontrolliert abzuführen. Eigentlich eine schöne Idee, mal so kurz angedacht. Es gibt dafür Drainagematten, Drainageplatten und Drainagevliese, alle aus Kunststoff (Polyester, Polyethylen, ...). Sie liegen meist schwimmend auf dem Gefälleestrich und entkoppeln so den Belag vom Untergrund. Klingt meist sehr hohl, ist meist nicht dolle belastbar. Und setzt sich zu! Herrliche Biotope können so unter dem Plattenbelag oder Holzrost/Bretterrost entstehen, und was kreucht und fleucht nicht alles in solchen Drainagesümpfen. Das gleiche gilt selbstverständlich auch für die Drainagemörtel (Monokornmörtel, Einkornmörtel) aus Quarz und Harz (Verbunddünnschichtdrainage, Dickschichtdrainage, ...), denn Wasser ist eben nun mal Leben, und wenn es irgendwo eindringt, ist das immer ein Biotop. Es sei denn, man schmeißt Gift rein - das dann aber logischerweise über kurz oder bald ausgespült wird und dem unteren Nachbarn in die Kaffeetasse, Blümelein und Laufstall tropft. Macht ja nix, hilft aber auch nix.
Eine andere Sache ist freilich die in die Dachfläche oder Geschoßfläche eingeschnittene Terrasse auf Stahlbetonplatte. Hier gibt es durchaus Probleme, wenn im Winterhalbjahr die Nachtauskühlung rund um den Bodenablauf schnell in die Betonplatte hineinkriecht und an der Decke in schlecht gelüfteten Wohnstuben den sogenannten Taupunkt unterschreiten läßt, worauf sich erst mal ordentlich Kondensat da einlagert, dem der Schimmelpilz dann zielsicher folgt.
Als Dauerbaustelle sorgen unsere stilsicher oder geschmacklos an Fassaden angebappten Balkone ganz sicher dafür, daß dem Hausbesitzer das Geld ständig aus
der Tasche gezogen wird. Oder er zusehen kann, wie sein Balkon kaputtgeht. Oder eben beides. Damit das wirklich gut funktioniert (beides), bietet der vereinte
Schwachverstand von Bauchemie über Planer bis Handwerker allzuviele Möglichkeiten an. Was hier an bechipster Kunstharz-Pampen-Kultur getrieben wird, geht
bestimmt auf keine Kuhhaut. Wie immer schlägt meist das Produktplacement der schlauen Industrieberater zu, und "rät" dem ahnungslosen (?) "Handwerker" und
"Planer" anstelle sorgfältiger Detailausbildung (unter Respektierung der tatsächlichen bauphysikalischen Eigenschaften der verwendeten und im Bestand
anzutreffenden Baustoffe bis zur frostsicheren Entkoppelung frostgefährdeter Verbundsystem) zum Einsatz geradezu lächerlich schlechter Systeme wie der
Harzbesuppung oder sonstig plumper Beschichtereien bis zur aufgeklebten Fliese. Hauptsache, ein Umsätzlein geht.
So kommt es dann zum Einsatz von Klebemassen, Spachtelmassen, Kunstharz-Kitte, Silikon-Fugen, Epoxi-Harzen / Epoxidharz und Kunststoff-Folien / Kunststoffbahnen / Folienbahnen mit oder ohne oder mit zu geringen Überlappungen, was das Zeugs hält. Hauptsache, das Material und die damit erstellten Schichten und Anschlüsse können sicher niemals lange halten. Wofür gibt es denn die Bauchemie und ihre schlauen Partner im Handwerk der Betonsanierer, Balkonsanierer, Dachdecker, Klebekünstler und Kunststoff-Modelleure.
Daß die anstelle herkömmlicher - vielleicht sogar glasfaserverstärkten - Bitumenbahnen /
Bitumenschweißbahnen - so gar gerne eingesetzten synthetischen Imprägnierungen, Hydrophobierungen, Versiegelungen
Kunstharze, Flüssigfolien und Kunststoffbahnen / Folienabdichtungen trotz aller auf Ewigkeiten versprochenen
Elastizitäten und modernstem Heißluftverfahren oder Quellverfahren / Quellschweißmitteln dennoch flugs verspröden und die thermischen Dehnungen der frei bewitterten
Kragkonstruktionen in Anbetracht der balkontypischen / terrassentypischen Belastungen weder im Verbund noch
alleine nicht lange bzw. über die gewerktypische Gewährleistungszeit hinaus halten, daß das auch für Zementhäute gilt,
daß Armierungen im Balkoneingeweide vor sich hinrosten, bis die Chose plötzlich abstürzt und man dort schon
mal gucken sollte, was los ist, daß Bleche unterseitig ankondensieren und bei ungenügender Falzung sehr wohl
Wassereintrieb oder gar Kapillarwasser aufnehmen, daß Wasser gemeinsam mit Temperaturdehnung die größten
Feinde der dünnhäutigen Verbundkonstruktionen sind, daß die Betonüberdeckungen oft nur geringsten Rostschutz
bieten, daß in Zement verlegte Platten auf nicht überdachtem Balkon und frei bewitterter Terrasse eben recht
bald bis gleich hochfrieren, auch wenn sie "dauerelastisch" versiegelte
Fugen bekommen und der Verlegemörtel synthetisch "vergütet" ist und sie meinetwegen auch entkoppelt verlegt
werden - all diese Hochnotpeinlichkeiten werden geradezu professionell ausgeblendet und mit
Hochglanzbroschüren übertüncht. Wenn man nur schnell noch eine weitere angebliche "Billig"-Lösung an den
dauersanierend geplagten Balkonbesitzer losbringt.
So kommte es dann wieder und wieder zu vorprogrammierten Schadenskatastrophen, die freilich ihr Geld kosteten
- gerade weil die Bauherrnschaft - oft auch eine WEG / Wohnungseigentümergemeinschaft mit arg kompetentem Beirat
und vertrauensarchitekten- bzw. -handwerkerbestückter Hausverwaltung - so schön zu sparen wußte - und auf eine
Mehrjahresgarantie hereinfiel, die dann wieder an den unausbleiblichen Ausführungsmängeln scheiterte.
Wie immer bei "Geiz ist geil"-Planung: Penny wise and Pound foolish - Saving the Penny and losing the Pound.
Oder mit dem Schinken nach der Wurst werfen.
Einige Beispiele aus meiner (HOAI!-)Projektplanung und Bauberatung:
Das Bremer Rathaus: Südfassade nach der Reparatur - über den Arkaden große Balkone, über dem
Traufgesims eine begehbare verblechte Traufe. Fassaden- und Dachreparatur ohne teuren Gestaltwechsel nach neuester
Denkmalmarotte.
Traufe während Freilegung. Mit dem Neublech startet gerade die Detaillierung der erforderlichen
Konstruktionsverbesserung mit dem Handwerker.
So patschnaß sah es dann unter der oberflächlich überzeugenden Traufverblechung am
Bremer Rathaus aus. Nur die Freilegung konnte diesen zunächst überraschenden Befund, den wir im Zusammenhang
mit der Bauschadensanalyse der Traufschäden vermuteten, in seinem ganzen und zerstörerischen Umfang belegen.
Auch Kupferblech bietet eben keine Gewähr für Dichtigkeit der Unterkonstruktion.
Die dann dank jahrelanger Unterspülung und Hinterfeuchtung unterseitig so aussah (rechts Bestand Traufgesims, links nach Reinigung und Retusche):
Mit kosten- und substanzsparendem sowie optisch passendem Altblech dann die Neuverwahrung der
Traufgesimskante. Die rückseitige Rinnenauskleidung dann in Neukupfer. Man beachte auch die bleiwolleverstemmten
Fugen zwischen Balusterfuß und Blechhaut. Das hält länger dicht als Kunstharzpampenmörtel. Es kommt
immer aufs Detail und die Materialstrategie an, wenn wir langlebieg konstruieren und reparieren wollen.
Hier sehen wir in das Freilegungsloch der zementären Abdeckung des Balkons am Bremer Rathaus. Alles
naß. Und die Zementestrichschwarte mit feinen Haarrissen durchzogen. Trotz Armierung.
Aus der Bauphase der Balkonreparatur. Regenableitung provisorisch. Mit echten Schweißbahnen und
einem konstruktiv durchdachten Gesamtaufbau, der sowohl die bauphysikalischen Bedingungen aus Trocknung der feuchten
Unterkonstruktion (sie kann ja dank Luftunterspülung immer Kondensatfeuchte aus feuchter Warmluft im unterseitig
verschatteten, kühler temperierten Bereich aufnehmen) wie auch die Wetterbelastung
von oben sicher verkraften kann. Eben dämpfungsfähig und störungstolerant.
Mit Baustoffen, die seit über einem Jahrhundert funktionieren. Nicht
erst seit der jüngsten Produktrenovierung der reformgeilen (um Altschäden
an verrufenen Produkten marketingmäßig zu bearbeiten?) Bauchemie. Und so darf man auch Betonschäden nur mit
materialidentischen Werkstoffen aus Steinderln, Sand und Portlandzement ausflicken, da dann die Chance nach
einer dauerhaften Verbundwirkung des Reparaturpflatschens am allergrößten ist. Logo, oder? Doch wie macht es
der klassische Betonsanierer? Kunstharzgepampe! Er möchte ja baldmöglichst wiederkommen.
Über dieser feuchten Orgie eine industriehandwerkliche Abdichtbemühung vom Feinsten. Schad, daß es nix nutzte.
Sieht doch schön aus, so eine Kunstharzversoßung. Und geht doch schnell und billig, wa?
Ja was ist denn das? Schon bald nach Auftrag der Soße Risslein, die gar feucht erscheinen? Gerade im Bereich der ausgeschmierten Rinne.
Es moost so grün ...
Und an der Frontkante (Blick nach unten) gar Auffrostung und hinterläufige Abplatzereien? Wollte man hier Wassersäcke bauen?
Ja, da schau an! Die Frontansicht sieht aber gräßlich aus! Rostabsprengung der Bewehrungseisen, Verputz rissig aufgefroren, Unterseite gar ein
Bomben-Frostschaden.
Gut, daß das alles schon abgefallen ist. Sonst wäre es ja gefährlich.
Klar, daß hier durch undichte Abflußdetails und Konstruktionszerfrostung bedrohte Mieter und geplagte Hauseigentümer Abhilfe suchen. Die eine Front durch
Abriß und Schicki-Micki-Neubau (das kostet Bauleistung und bringt fett Honorar!) oder durch (mein Rat) bestandsgerechte und vergleichsweise preisgünstige
Reparatur mit geeigneten Werkstoffen. Wie und was genau? Ja, das ist eben Planungsleistung gem. HOAI oder gem. Verkaufsliste des Industrieberaters.
Wenn alle 17 Balkonkonsolen dann so brüchig wegfleddern, ist bestimmt mehr im Spiel als nur ein bisserl Abnutzung. Hier muß es an die eisernen Eingeweide
gehen - und das bei maximaler Substanzbewahrung! Ohne Freilegung und Bemusterung der Reparaturtechnologie wird das echt Risiko.
Es kommt also nicht darauf an, was man aus Synthetikpampe scheinbar billig am Beton macht, sondern daß man hier Bescheid weiß, wie es wirklich geht. Der hinzugezogene Dachdecker empfahl übrigens - ganz schön schlau aber dennoch falsch - Blech drüber. Das bringt ihm Geld - und dem Bauherrn bald neue Sorgen. Insofern bleibt nur die handwerklich sauber durchdetaillierte Reparatur mit bestandsverträglichen Werkstoffen. Und die kostet zwar Geld, sogar für die Planung, aber hält dann wenigstens besser.
Das schönste Rezept hilft natürlich auch nichts, wenn schon die Verarbeitung daneben geht und die berühmten Kapillarrißnetze im thermisch überbeanspruchten Deckbeton auftreten:
Die dadurch zu rasche Austrocknung der oberflächennahen Bereiche bedingt eine unzureichende Hydratisierung und damit eine
unzureichende Gefügeausbildung, die bei späterer Nutzung zu einem erhöhten Abrieb führen kann. Niedrige Nachttemperaturen oder Gewitterschauer
können zu einer kurzfristigen Abkühlung der Oberfläche und damit zu thermisch bedingten Zugspannungen führen. Temperaturdifferenzen
von 25 Kelvin innerhalb weniger Stunden sind hier keine Seltenheit."
[aus: Allgemeine Bauzeitung 1.12.00]
Logischerweise führen die so entstehenden Rißnetze zu erhöhter Wasseraufnahme bei Beregnung und beschleunigter Karbonatisierung des Betons und Verrostung der oberflächennahen Bewehrung.
Irgendwelche weiteren Fragen? Hier!