Ein Fallbeispiel: Abplatzende Innenfarbe (Dispersion) auf durchfeuchteter Backsteinwand.
Da hilft dann auch keine Temperierung: Die Wand bleibt nach Sanierung nass.
Methylzellulosehaltiger Kalkanstrich auf Schellackschicht vermag die Lösung nicht zu bringen.
So sehr können leichtfertige Herstellerempfehlungen auf feuchtebelastetem Untergrund in die Hose gehen.
Das beschimmelt auch dank organischer "Verbesserung" der Kalktünche, bis der Raumnutzer erkrankt.
Man muß der Sache schon etwas genauer auf den Grund gehen, bevor
man auf wohlfeile Herstellerberatung oder selbst zusammengereimtes Fachwissen vertraut.
Allerdings, die Erfahrung lehrt: Auch im handwerks- oder laborgerechtesten Rezept des ausgewiesensten Genies kann es Probleme geben. Wasseranspruch, Schwinden, Aufbrennen, Abmehlen und Abpudern, Absandeln, Kreiden, Abbindestörung, Ausblühen, Abfrieren, Trocknungsblockade, Krustenbildung der Putzfläche / Anstrichschicht / des Sumpfkalk-Anstrichs usw. sind die Merkmale nicht nur für mangelhafte Verarbeitung sondern vielleicht auch für falsche Rezeptur. Das Bindemittel-Zuschlag-Verhältnis, die Sieblinie, die Packungsdichte der Bindemittel- und Zuschlagsmatrix, die Rißneigung und Abtrocknungsgeschwindigkeit, die vergütenden Zusätze - alles kann ja grundsätzlich daneben gehen. Und Nobody is perfect. Nicht gerade selten geht also die Chose daneben. Das kann überraschen. Vor allem die Kalkspezis, die voreilig und vollkommen falsch an die Karbonatisierung als wesentliche Abbindefunktion bei Kalkprodukten glauben und von interpenetrierenden Abbindesystemen auf Kohäsionsbasis (Molekülbindung zwischen "gleichen" Stoffmolekülen") und auch den Gesetzen der Adhäsion (Bindung zwischen "verschiedenen" Molekülen an Grenzflächen) nichts wissen. Oder an irgendwelche Sumpfkalk-Qualitäten glauben, der am Besten mit Mondholz aus Buchenholz gebrannt sein sollte und langjährig/mehrjährig ein-zwei-drei-fünf-zehnjährig eingesumpt. Und natürlich teuer. Dazu gehören nicht gerade wenig "Kalkrezepteure".
Da nicht gerade selten sein falsch eintrainiertes Arbeiten mit Zementprodukten die Leitlinie für den Kalkneuling bildet, kommt es beispielsweise zum Einsatz zu feinkörniger Kalk-Fugmörtel, deren Entfeuchtungsleistung dann mittels krustigster Fugeisenverbügelung der Oberfläche gewissenhaft zu Null gezwungen wird. Unmengen Wasser - aus dem übermäßigen Vornässen, Nachspülen und dem erhöhten Wasseranspruch des feinkörnigen, bindemittelreichen Mörtelgefüges - verhindern dann die notwendige Trocknung mit Ausbildung der Adhäsionsbindung und folgende Karbonatisierung des Frischmörtels sowie die Abtrocknung des feuchtegeschwängerten Mauerwerks. Das kann nicht nur gigantische Ausblühungen, ewig weiche und abfrostende Fugmörtel, sondern sogar Feuchtewanderungen und Innenwandschäden mit Schimmel, Ausblühung, Putz- und Malschichtzerstörung provozieren.
Auch mit gut gemeinten Kalkverfugungen kann alles schief gehen, wenn der Zementfugmörtel das
Vorbild für Rezeptur und Verarbeitung liefert und die Baustelle keine Gerüstüberdachung besitzt, im
Traufbereich möglicherweise Hinterläufigkeiten der Vorsatzschale des
Hohlmauerwerks bestehen und der neue Fugmörtel im Frischmörtelzustand maximal beregnet wird.
Der Luftkalkmörtel kann dann auch nach Jahren nicht
karbonatisieren, solange das H2O
dem CO2 den Weg versperrt. Ein Phenolphtaleintest belegt das
sehr schön buntfarbig und die Oberschichten des Mörtels frosten weg. Oh, deutsches Handwerk!