Zum Thema wärmedämmende Farben liefert ÖKO-TEST 8/2000 folgende kritische Stellungnahme [produktneutralisierter Auszug]:
""Wärmedämmende" Farbe XY
Bauherren angeschmiert
Eine neue wärmedämmende Farbe kann angeblich Wärmeverluste um 30 Prozent verringern. Doch zahlreiche Gutachten belegen: Das Wundermittel XY ist nur eine Dispersionsfarbe - und die dämmt nun einmal nicht.
Kommentar KF: Das ist wahr. Andererseits ist aber anzunehmen, daß ein blanker Fassadenanstrich die Speicherwirkung von Massivbauten nicht wie die energetisch nachteilige Dämmstoffverpackung blockiert. Ergebnis: Energieeinsparung gegenüber den nur im stationären Labor funktionierenden, sonst aber sinnlosen Schäumen und Gespinsten auf dem Mauerwerk.
Natürlich ist die energieintensive Speicherwirkung aber kein Verdienst des Anstrichs, und ein Dispersionsanstrich ohnehin das letzte, was man einer mineralischen Fassade gönnen würde.
Landauf, landab werben Franchisenehmer der in Z ansässigen Firma XY auf Messen oder auch im Internet für ihr "thermokeramisches Beschichtungssystem": Mit ihrem Produkt XY könnten "Wärmeverluste zu 30 Prozent und mehr verringert werden" - an Fassaden, Dächern und Innenwänden.
Kommentar KF: Das mag teils sogar wahr sein - aber nur im Vergleich zur in der instationären Wirklichkeit unwirksamen Dämmstoffverpackung.
Dafür sollen "Millionen von vakuumisierten Ceramic-Bubbles" sorgen, die unter die Acryl-Dispersionsfarbe gemischt sind. ... [Ähnlich dem damit bewerkstelligten Hitzeschutz von Raumfähren] soll es [so] möglich sein, allein durch einen Farbanstrich eine "Senkung des Energieverbrauchs" zu erreichen und das Entstehen von Schimmelpilzen zu vermeiden.
Noch vor einiger Zeit hatten die Vertreiber behauptet, mit ihrem "High-Tech-Beschichtungssystem" können man die gleiche Wärmedämmung "wie mit 6cm Hartschaum oder mit 12 cm Mineralwolle erzielen (vgl. ÖKO-HAUS 1/99).
Kommentar KF: Warum auch nicht? Das Meßergebnis von Prof. Fehrenberg würde derartige Aussagen praktisch stützen. Freilich würde das für alle Anstrichsysteme ohne Dämmschicht gelten.
... Heute [nach einer von der Konkurrenz mit Hilfe von Prof. Hausers Rechenexempeln erzwungenen Unterlassungserklärung] sprechen die XY-Vertreiber deshalb vorsichtig von "hinreichend gesicherten Erkenntnissen". Sie bombardieren die Interessenten mit wissenschaftlich klingenden Begriffen wie "physikalische Feuchte-Regulierung", "Latentwärmeeffekte" oder "optische Reflexion".
Kommentar KF: Dieses Marketing kann man besonders bei der k-Wert-Fangemeinde, deren "Wissenschaftlern", "Behördenangehörigen", "Kundenberatern" und "Anwendern" und "Herstellern" lernen.
Eigene Verbrauchsmessungen an renovierten Gebäuden sollen den Einspar-Effekt belegen.
Demgegenüber kommen Wissenschaftler der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Braunschweig in einem aktuellen Gutachten zu dem Ergebnis: Es "konnte keine Wirkung der Beschichtung hinsichtlich des Wärmeschutzes nachgewiesen werden". Die Materialforschungs- und Prüfungsanstalt für das Bauwesen Leipzig urteilt ebenfalls: "Keine nennenswerte Heizenergieeinsparung im Vergleich zur unbehandelten Außenwand".
Kommentar KF: Das läßt aufhorchen! Keinen nennenswerte heißt doch "schon etwas, aber nicht recht viel".
Mag das darauf zurückzuführen sein, daß die typischerweise unter Dispersionsanstrich feuchtere Wand die Sonnenstrahlung besser einspeichern kann und damit zusätzlich etwas Heizenergie einspart? Daß die Zusetzung von Keramik-Bubbles (Glaskugeln im Mikro-Bereich) die Wärmeabgabe der Oberfläche vermindert? Denkbar wäre das, oder? Diesbezügliche -auch neutrale - Energieverbrauchs- und Oberflächentemperaturmessungen Messungen, die energetisch verblüffend positive Effekte belegten, habe ich gesehen. Darüber wüßte man also gern mehr.
Aber warum soll die auftragsgutachtenfördernde Dämmstoffindustrie ihr eigenes Grab schaufeln und den Vergleich der Massivwand - mit und ohne nachträgliche Dämmung außerhalb des Labors in mitteleuropäischem Freilandklima - bezahlen? Das müssen die Kunden, die ihre Massivhäuser mit absaufenden Dämmstoffen verschandeln, schon an sich selbst erfahren. So spart man Reisen nach Indien, und ob man an Räucherstäbchen und Cannabis ebensogut verreckt wie in der Schimmelbude, ist die Frage.
Und bereits 1998 hatte das Institut für Bauphysik der FH Stuttgart festgestellt: "XY dämmt nicht besser als irgendeine andere Dispersionsfarbe." Nämlich so gut wie gar nicht." Thomas Schmitz Günther
Kommentar KF: Das wäre noch das Beste an diesem Anstrichsystem.
Langer Rede kurzer Sinn: Kunstharzfarben aller Art wie Dispersions-Silikatfarben (meist irreführend als "Mineralfarbe" verkauft), Kunststoffdispersionsfarben und Siliconharzemulsionsfarben (Definitionen gem. VOB/C DIN 18363, Abs. 2.4.1) werden als wasserabweisend angepriesen. Das sind sie durchaus, leider aber auch gegenüber der unbedingt erforderlichen Feuchteabtrocknung von innen aus der Fassade. Einen nennenswerte "Dampfdiffusion" findet nur beim täglichen Einkondensieren von Luftfeuchte in die Fassade statt, sie liefert eben keinen austrocknungsrelevanter Feuchtetransport (Dampfdiffusion:Kapillartrocknung = 1:1000!). Und das sorgt für fassadenzerstörende Bauschäden, denn es bleibt nicht nur beim Abplatzen der Kunstharzschwarte. Der Malgrund frostet und mehlt unter Plastikpampen dahin, da beißt die Maus kein Faden ab.
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