Teil 1: Anstrich - Anforderungen und Eigenschaften ...
Teil 2: Übliche Bestandteile von Außenanstrichen ...
Die Arbeitsgänge
2. Untergrund reinigen von Schmutz, Algen, Verwitterungsresten,
lose anhaftenden Teilen, losen bzw. versprödeten bzw. zu dicken und
Falzdichtheit behindernden Altanstrichen sowie losen bzw. versprödeten Fensterkitt.
Übergänge zu tragfähigen, nicht zu dicken Altanstrichen sauber anschleifen.
Schadhafte und zu dicke Altanstrichschichten sowie versprödeten Ölkitt mit geeignetem umweltfreundlichem und CKW-freiem
Abbeizer erweichen und mit Spachtel abnehmen.
Gläser sind bei Heißmethode zur Anstrichentfernung stark gefährdet, vorher ausbauen. Erweichung des spröden
Fensterkitts durch Abbeizer (CKW-frei!!) oder thermisch mit Spezialgeräten
verhindert hitzebedingtes Springen der Gläser wie bei Einsatz Heißluftfön).
Alkali-Abbeizmittel (für Mensch und Bestand nicht empfehlenswert,
aber billiger als bestandsschonende Abbeizer, s.o.) mit Nitroverdünnung/Testbenzin
gründlich nachwaschen, sonst ausblühfähige Holzversalzung und alkalische Verseifung.
Harzgruben ausbrennen und auskitten. Harzreste verzögern Trocknung und lassen Ölfarbschichten darüber klebrig werden, ebenso Reste von Abbeizmittel im Untergrund. Absolute Vorsicht ist bei Neuholzflicken aus harzreichem Holz (Kiefer!) geboten. Dumme Schreiner riskieren hier unsägliche Prozesse, wenn dann das vor allem an Süd- und Westseiten gut durchwärmte Neuhoolz seine Harzbestandteile freisetzt und den schönen neuen Anstrich abdrückt bzw. durchwandert.
Auf ausreichend angeschliffenen und festsitzenden Resten von Alkyd-
und Acrylharzanstrichen kann Ölanstrich notfalls aufgebaut werden.
Allerdings ist damit immer noch mit überhöhter Trocknungsblockade
gegenüber eingedrungenem Kondensat/Regen-/Waschwasser zu rechnen.
Auf Wasserlackanstrichen (Acrylharzlack) kann es Haftungsprobleme für
nachfolgende Ölfarbsystem geben, erst nach geeigneter Arbeitsprobe
ist zu entscheiden, ob die Altanstrichreste verbleiben können oder
entfernt werden müssen.
Zu dickflüssige Leinölanstriche ggf. auf ca. 50-70 oC erhitzen (regelbare Heizplatte), besserer Anstrichverlauf,
materialsparend qualitätsvolle und schneller trocknende dünne Anstrichschichten, besseres Eindringverhalten,
bessere Haftvermittlung zu Untergrund. Bei erhitzten Farben kann erforderlicher Anteil an immer problematischen
Lösemitteln bei dennoch guter Verstreichbarkeit deutlich gesenkt werden. Gut rezeptierte Leinölfarben sind
aber ausreichend gut verstreichbar und deswegen besser nicht zu erhitzen.
Jede Anstrichschicht muß auf vollständig durchgetrocknete, nicht
klebrige, nicht weiche vorherige Schicht aufgebracht werden, sonst Abreißen
der noch unvollständig mit Untergrund verbundenen Vorgängerschicht
bei Trocknung der neuen Schicht, Blasenbildung, Reissen.
Wichtig für gutes Trocknen: Möglichst dünnes Ausstreichen
der Malschichten. Hier wird erfahrungsgemäß nachlässig
gearbeitet, weil das Muskelkraft beansprucht. Warnkennzeichen: Runzelhautbildung,
Tropfnasen, Schichtunregelmäßigkeiten, Pinselspuren.
Nicht in Untergrund eingedrungenen Anstrichüberschuß des Grundieranstrichs nach ca. 30 Minuten mit Lappen aufnehmen.
Dünne, schneller durchtrocknende Schichtstärken auftragen, nach ca. ½ Stunde Antrocknung verschlichten mit abgestreiftem Pinsel, um möglichst gleichmäßige Anstrichoberfläche zu erhalten.
Der Arbeitsablauf muß Anstrichverklebung zwischen Flügel- und Rahmenteilen verhindern. Gerade wenn der Öffnungsschutz nur mit Folie geschieht, muß der Rahmen bei Vor-Ort-Instandsetzung trocken sein, wenn Fensterflügel zur Instandsetzung ausgebaut werden. Dann kann die Schutzfolie am Rahmen angeklebt werden. Die ständige Öffnungssicherung ist auch bei zweiteiligen Fensterkonstruktionen zu beachten, um den Arbeitsablauf ohne Gefahr des Einregnens zu gestalten.
Vorsicht: Mit Leinöl getränkte Öllappen neigen zur Selbstentzündung, Verdünnung ist feuergefährlich.
Übliche Sicherheitsregeln beachten.
Die eingesetzten Baustoffe / Anstrichmaterialien sind durch baustellenbezogene Materiallieferscheine und Verwendung von Originalgebinden gegenüber der Bauleitung/dem Auftraggeber nachzuweisen. Die Materialfrage ist vom zuständigen Projektleiter bei der Angebotsprüfung und der ersten Baustelleneinweisung dem Bieter / Auftragnehmer zu erläutern, die Arbeiten sind laufend auf die vorgeschriebene Arbeitstechnik und die eingesetzten Baustoffe zu kontrollieren, hilfreich wirkt auch die Entnahme und fallweise Kontrolle von Rückstellproben durch den Bauleiter. Verwendet der Auftragnehmer vertragswidrig falsche Baustoffe und Arbeitstechniken, sind entsprechend VOB/BGB die entsprechenden Mängelmeldungen schriftlich zu veranlassen.
Falsche, mißlungene Anstriche sind zu entfernen und durch die geforderten zu ersetzen. Unzureichende Anstrichoberflächen sind durch Nachschliff und erneuten Schlußanstrich auszubessern. Undeklarierter Materialaustausch ist Betrug gem. BGB. Auch nach VOB gelten hier strengste Maßstäbe, der betrogene Kunde hat sogar mehr Wiedergutmachungsrechte als bei reinen Mängeln. Auch die Schadensersatzpflicht ist hier besonders scharf anzuwenden, wie alle einschlägigen Baurechtsentscheidungen zeigen. Gottseidank.
Zu den Arbeitsgängen:
6. Abkleben der Fensterkonstruktion
Glasflächen kantengenau mit Klebeband abkleben, Glasfläche
vor Verunreinigung im Arbeitsablauf durch Abdeckung (z.B. Folie oder
Zeitungspapier) schützen, evtl. auch Bauteilanschlüsse abkleben.
Diese Schutzmaßnahmen sichern den Arbeitserfolg, der sonst bei allem Geschick zweifelhaft bleibt und oft Nacharbeiten erfordert. Wichtig beim Abkleben ist das Freihalten des Glas-Holz/Kittanschlusses mit ca. 1-2 mm. Dieser muß sorgfältig gestrichen werden, um späteres Hinterdringen des Anschlusses mit Feuchte zu vermeiden.
7. Grundierung
Üblicher Bläueschutz ist gifthaltig. Auch bei Verwendung von
Bleiweißanstrich kann auf zusätzliche Holzschutzmittel nicht
unbedingt verzichtet werden, da z.B. Insekten für sie unverträgliche/giftige
Anstrichschichten "abbeißen", ohne sie zu verzehren. Dies
könnte nur durch Verwendung sehr giftiger Kontaktgifte vermieden werden,
wozu Bleiweiß nicht gehört.
Haftgrund mit dünnflüssigem Halböl (je 50% Leinölfirnis
und Verdünnung) mit geringfügiger Ocker-Pigmentierung (für
Nachweis Arbeitsergebnis, Pigmentierung muß gleichmäßig
an Oberfläche gebunden sein. Gefahr: Vom aufnahmefähigen Untergrund
wird Öl überwiegend aufgenommen, Pigmentbindung zu gering, kreidet
von Oberfläche ab - dann Arbeitsgang nach ausreichender Trocknung
wiederholen) zur besseren Einwirkung in Holzoberfläche oder ersatzweise
mit temperiertem, dünnflüssigem Leinölfirnis (50-80 oC,
Erwärmung um 30 oC entspricht Lösemitteleinsparung von 10%). Oder eben eine besonders
dünnflüssig-streichfähige Leinölvariante nehmen und weder verdünnen noch erhitzen.
Nach ca. 24 Stunden bei 18 oC matt aufgetrocknet, nach ca. 36
Stunden bis 1 Woche (umgebungsabhängig) durchgetrocknet, bereit für nächsten Anstrich.
Wichtig: Wenn bei Neuverkittung auf saugfähigem Rohholz das Kittbett nicht ausreichend mit Ölgrund oder Schellack grundiert wird, saugt später der Untergrund (Holzprofil) aus dem Kitt das Bindemittel Öl. Der ausgemagerte Kitt versprödet dann schnell und reisst oft millimeterstark von unten bis oben durch. Sichtbar wird dieser Handwerkspfusch erst nach Fertigstellung der Anstricharbeiten: ein typischer und häufiger Mangel der vorgelagerten Schreiner- bzw. Glaserarbeiten. Frischer Kitt ist nach etwa 6 Tagen Lufttrocknung überstreichbar, auf ausreichende Überdeckung des Glas-Kitt-Übergangs, Auskittung von Glas-Holzspalten auf der Innenseite und Vermeidung von wassersackgefährdeten Vertiefungen der Kittung ist zu achten.
Zur Beschleunigung der Trocknung kann Leinölfirnis zur Hälfte
mit Harttrockenöl (Problem: enthält Harz, das Dauerstabilitätseigenschaften
wegen Versprödungsneigung und härterer Einstellung der Anstrichschicht
mit Gefahr des Abplatzens von weicherer Grundierschicht bzw. weicherem
und wg. Feuchteaufnahme immer beweglichem Holzuntergrund) ersetzt werden,
dann Trocknung in ca. 24 Stunden (nicht empfohlen). Besser ist eine ausgewogene
Zugabe von Anfangs-, Mittel- und Oberflächentrocknern (Sikkativ).
Viel bewirkt auch das möglichst dünne Auftragen und Verschlichten
des Anstrichs. Das gelingt besser bei Erwärmung der Ölfarbe im
Wasserbad und ggfs. etwas höherer Verdünnung.
Harzreiches (Kiefern-) Holz mit Leinölfirnis ölen, nachschleifen
und abwischen. Harzgallen müssen ausgebrannt bzw. mit geeignetem Lösemittel
ausgelöst werden, sonst Durchschlagen der Harzbestandteile und Verfärbungseffekte.
Beachten:
8. Kleine Oberflächenfehlstellen ausfüllen durch reinen Leinöl-Spachtelkitt (üblicher
Leinöl-Fensterkitt, Schlämmkreide-Leinöl-Mischung)
Altes Rezept: Zusammenkneten 1 Teil Bleiweiß, 1 Teil feine
Schlämmkreide, 1/5 Teil Bleiglätte-Pulver mit soviel Leinölfirnis,
daß ziemlich fester, spachtelfähiger, nicht schmierender Teig
entsteht. Keine Zugabe Trockenstoff zu Kitt, sonst verschlechterte Schleiffähigkeit.
Kein feuchtesperrender Kunstharzkitt im witterungsbeanspruchten Bereich (Fassade), Gefahr Holzzerstörung!
Bei tieferen Stellen zur Rißvermeidung mehrlagiger Auftrag dünnerer Spachtelschichten auf jeweils durchgetrocknete Spachtelschicht.
Auch Spalten Holz-Glas innen und außen sowie alle anderen möglichen Oberflächenöffnungen sorgfältig zukitten, um Zutritt von Feuchte (Regen, Kondensat, Wasserdampf) allseitig zu verringern.
Nachschliff.
Große Fehlstellen, mürbe Holzteile: Feinjährige Ersatzhölzer
gleicher Holzart und gleicher Trockenheit mit wasserfestem Holzleim einleimen.
9. Zwischenanstrich
Auf durchgetrocknete Grundierung (nach ca. 3-5 Tagen
Trocknungszeit) 1. Deckanstrich aus mit Leinölfirnis angeteigter Pigmentpaste (z.B.
je 50% Titan- und Zinkweiß, bei Feuchtebelastung und nur bei Baudenkmalen
besser Bleiweiß) und Zugabe von ca. 10 (bei Bleiweiß) bis ca. 25
(bei Zinkweiß) % Halböl, außen möglichst hell abgetönt
nach Geschmack bzw. historischem Befund.
Zur beschleunigten Trocknung (normal, je nach Rezeptkunst, handwerklicher
Anstrichtechnik und Umgebungsbedingungen 12 Stunden bis 6 Tage) kann der
Anteil Leinölfirnis im Halböl durch 50% Harttrockenöl (ca.
24 Stunden Trocknung, s.o. Anmerkungen) ersetzt werden. Besser natürlich
ein ausgewogenes Rezept mit entsprechender Einmischung der notwendigen
Trockenstoffe, mit besten Rohstoffen, feinschichtigem Ausstreichen und
Verschlichten des Anstrichs sowie Werkstattbedingungen während der Arbeit.
Rezepturen mit geringerem Pigmentanteil (Lasuren) sind zwar grundsätzlich
möglich, ergeben aber eine entsprechend geringer haltbare Farbe, da
die Schutzwirkung der Farbe grundsätzlich vom UV-blockierenden Pigment
und nur nachrangig vom feuchteabweisenden Bindemittel abhängt.
10. Schlußanstrich
Auf durchgetrockneten Zwischenanstrich Schlußanstrich als standölreichen,
gering pigmentierten, leicht glänzenden fetten 2. Deckanstrich.
Empfohlene Zusammensetzung: Zwischenanstrich mit Zugabe ca. 5 - 25%
Standöl, ggf. Zugabe Harttrockenöl in Grundrezept wie Zwischenanstrich.
Bessere Glanzwirkung, wenn Schlußanstrich einige Stunden nach Auftrag
mit abgestreiftem Pinsel verschlichtet wird. Keine Sikkativzugabe, um beste Anstrichqualität zu erzielen.
Trockenzeit: nach ca. 2-3 Tagen klebfrei, nach ca. 3 Wochen durchgetrocknet,
bei Zugabe Harttrockenöl bzw. raffiniertem Rezept entsprechend weniger.
11. Instandhaltung
durch Reinigen von Verschmutzung (hält Feuchte zurück, die
Öl anquillt und verwitterungsanfällig macht, Nährboden für
anstrichzersetzende Mikroorganismen) mit milder Seifenlauge, bei Auskreidungserscheinungen
(Anstrich wird matt, färbt ab) nachölen mit getränktem Halböllappen.
Ölfarben verwittern von außen nach innen, sie können immer
wieder nachgestrichen werden, ohne vorher den Altanstrich zu entfernen. Bei entsprechender Instandhaltung können
Ölfarbanstriche nahezu unbegrenzt halten.
Empfohlene Instandhaltungsintervalle: Im Frühjahr und Herbst bzw. je nach Verschmutzung / sonstiger Beanspruchung
12. Innenanstrich
Kein UV-Schutz erforderlich, Klarlack möglich, historisch aber zumindest pigmentierte Lasur bzw. Deckanstrich üblich.
Auf Grundierung kann bei dichtem, gut abgelagertem Holz oder auf tragfähigen
Altanstrichen verzichtet werden, dann beginnen mit Zwischenanstrich. Bei
aufnahmefähigem Holz, auf jeden Fall bei Neuholz: Grundierung erforderlich.
Beachten: Wegen überwiegendem Dampfdruckgefälle von innen nach
außen muß Innenanstrich dichter sein. Empfohlen: Fetter bzw.
harzreicher Ölanstrich (Austausch 50% Leinölfirnis in allen Anstrichschichten
gegen Harttrockenöl), ist auch glänzender sowie wisch- und strapazierbeständiger.
Raumseitig ist die Durchfeuchtungsgefahr und thermische Bewegung in der Regel vernachlässigbar.
Bei Lackierung: Spachtelauftrag, Anschliff, je nach Erfordernis mehrmals wiederholen.
Max Doerner: Malmaterial und seine Verwendung im Bilde, 12. verbesserte
Auflage, Ferd. Enke Verlag, Stuttgart, 1965 (Topliteratur, trotz noch nicht
ganz ausgereifter Skepsis gegenüber "modernen" Anstrichstoffen!)
Guido Hengst: Das A//B//C des jungen Malers, Ein Lehrbuch für junge
Gehilfen und Lehrlinge, Verlag Georg D.W. Callwey, München 1944
Wilhelm Scholz: Baustoffkenntnis, 10. Auflage, Werner-Verlag, Düsseldorf 1984
Ziesemann, Krampfer, Knieriemen: Natürliche Farben,
Anstriche und Verputze selber herstellen, AT Verlag, Aarau 1996
Leinöl- und Farbinformationen bieten folgende Links:
Seilnacht
- Lexikon der Farbstoffe und Pigmente
Seilnacht:
Leinöl - Herstellung und Verwendung als Bindemittel
Naturkost.de: Naturlacke
und Farbinhaltsstoffe in der Diskussion (Suk 5/97)
Bernard Weiler: Tipps zur Anwendung von selbstgemachten Leinölfarben
http://www.volvox.de/Farblexikon.html
http://www.volvox.de/Leinöl.html
Biozentrum
Würzburg: Einsatz von Leinöl zur Herstellung von Naturfarben
Inhaltsverzeichnis des Buches "Farben und Lacke"
Oekopro, Chemikaliendatenbank zum produktintegrierten
Umweltschutz
Paint and Architectural Colour
Und hier noch weitere Lackseiten zum Kennenlernen der anderen Seite:
Deutsches Lackinstitut
European Coatings Net - Homepage
Zur Lösemittelproblematik:
International
Chemical Safety Cards (WHO/IPCS/ILO)
1-Methyl-2-pyrrolidinon
Betriebsanweisung
N-Methyl-2-pyrrolidon [872-50-4]
Chlorierte
Kohlenwasserstoffe (CKW)
Chlorkohlenwasserstoff