Bedingt durch planungsbehindernde Vergabe- und Förderpraktiken sowie durchsichtigen Manipulationen betr. Kostenprognose und -deckelung entstehen dem Steuerzahler bei typischerweise 0-Mindestsatzgeplanten Bauvorhaben der öffentlichen Hand jährlich riesige Verluste. Die nachfolgenden auszugsweise zitierten Berichte und Kommentare aus Pressepublikationen gönnen dem dummen Michel tiefe Einblicke ins unqualifizierte Tun seiner Bauverwaltungen. Wenn Sie genauer wissen wollen, wie die rechtswidrige öffentliche Vergabepraxis aussieht, klicken Sie "Mindestsatzunterschreitung/VOF" und "Honoraranfrage für Planungsleistung". Verschärfte Einblicke in die weitverbreiteste Form der industriellen Baukorruption der Planer bekommen Sie hier: Produkt-Placement-Planung
Die Zeitschrift "Die Woche" vom 3.9.1999, ergänzt durch die NZ vom 5.11.99, das OT vom 29.2.00, 13.3.01, 1.12.08, 23.01.12, Frankenpost vom 23.12.11 und die SZ vom 3.3., 30.6./1.7.2000, 29.6.01, 21.3.03, 23.5.03 dokumentieren folgende typische Beispiele der öffentlichen "Planungsqualität" - grotesker Planungschrott als Handlungsprinzip der verantwortlichen Baubeamten (die inzwischen teils in "privatisierten" Planungsstäben ihrem gewohnten Pfusch weiter frönen dürfen):
Ort | Bauwerk | Kosten geplant | Kosten voraussichtlich | Kosten tatsächlich |
Berlin | Kanzleramt * | [erst 250, dann**] 400 Mio. Mark | 466,7 Mio. Mark | |
Berlin | Finanzministerium | 280 Mio. Mark | 345 Mio. Mark | |
Berlin | Preuß. Landtag | 50 Mio. Mark | . | 170 Mio. Mark |
Bonn | Bundestag-Plenarsaal | 80 Mio. Mark | . | 280 Mio. Mark |
Dresden | Rathaus-Südflügel | 10,94 Mio. Mark | . | 16,46 Mio. Mark |
Dresden | Sächs. Landtag | 145,8 Mio. Mark | . | 205,7 Mio. Mark |
Bremen | Kongreßzentrum | 50 Mio. Mark | . | 123 Mio. Mark |
Lahnstein | Kindergarten | 1,9 Mio. Mark | . | 4,4 Mio. Mark |
Halstenbeck | Sporthalle | 5 Mio. Mark | . | 11,6 Mio Mark (schon eingestürzt) |
München | Pinakothek der Moderne | 204,4 Mio. Mark | . | 242,8 Mio. Mark |
München | Kammerspiele | 146 Mio. Mark | 215 Mio. Mark | 220,6 Mio. Mark |
München | Fruchthof-Komplex | 16,8 Mio. Mark | 20,2 Mio Mark | . |
Schöllnach | Bauhof | 2,5 Mio. Mark | . | 4,6 Mio. Mark |
Hamburg | Elbphilharmonie | 186 Mio. EUR (2005) | ca. 0,5 Mrd. EUR (2008, noch nicht fertig, Terminplan zusammengebrochen!) | . |
Berlin | Ausstellungshalle "Topographie des Terrors" | 35 Mio. Mark | 76 (100?) Mio. Mark | . |
Hof | Theater Neubau | 40 Mio. Mark | . | 80 Mio. Mark |
Hof | Freiheitshalle | 14 Mio. Euro | 36 (+x?) Mio. Euro | . |
*, ** Nachträge zum Kanzleramt
"Kanzleramt: Wer ist schuld an Mehrkosten?
BERLIN. Vor dem heutigen Richtfest des neuen Kanzleramts werden Verantwortliche für die Kostenexplosion ausgemacht. Schuld an der von 400 auf 465 Millionen Mark gestiegenen Bausumme sind nach zwei vertraulichen Berichten an den Haltsausschuss unter anderem das Architekturbüro, die Ingenieur- und Baufirmen, aber auch die Bundesbaugesellschaft. Nach Ansicht der Bundesregierung ist die Schuld für die Kostensteigerung der alten Regierung anzulasten."
Na, daß man mit Kostenexplosionen miese Politik treiben kann, ist uns doofen Bürgern aber klar, oder? Und daß man öffentliche Bauten durch niedrig geschwindelte Kostenprognosen erst mal durchsetzt, komme dann was wolle, doch auch. Und daß dabei die Planungshonorare automatisch mitsteigen, soll uns unbekannt sein? Aber, aber! Und hier der TAGESSPIEGEL zu "Bundestagsbauten: 590 Millionen Mark zu viel verbaut"
Obermain Tagblatt 23.10.1999
"Der Kanzler hatte es beim Richtfest eilig
Schröder verteidigte Berliner Neubau nach Kräften
BERLIN.
Von Katja Bauer
[...] Zu viele Debatten hatte es um den 465 Millionen Mark teuren Bau gegeben [...]. Kostensteigerungen um 65 Millionen Mark und Zeitverzug um ein Jahr [...] Schlagzeilen, [...] Vorwürfe gegen die Planer, Baufirmen und die bundeseigene Bundesbaugesellschaft[...]. Der Kanzler hatte sich wohl an diesem Tag vorgenommen, das Projekt nach Kräften zu verteidigen - als "mutig, herausfordernd, vielgelobt". [...] Ansonsten lobte Schröder Arbeiter und Architekten.
Die bittere Richtfestrede des Architekten Axel Schultes klang so manchem, als fühle sich der kreative Kopf wie der unverstandene Prophet. Vom "Elend der Kompromisse und Einsparszenarien" wolle er "gar nicht sprechen". Er verwies auf seine ursprüngliche Vorstellung, den jetzt noch als zu gewaltig kritisierten Bau statt 36 doch 44 Meter hoch zu errichten."
Na, da denkt man doch gleich an den letzten Berliner Pharao namens A.H., der derartigen Architekten doch auch ihre Chance zum Bau unübertrefflicher Machtpyramiden gönnte. Bauwahnsinn entartet aber schnell zur Begräbnisstätte ganzer Machteliten, siehe Gizeh. Besonders gemein ist die Schuldzuweisung betr. Kosten an die Baufirmen. Es sei denn, es geht um die üblichen Korruptionskosten, die während der Bauphase im gegenseitigen Einvernehmen der beteiligten Baubeamten, Planer und Baufirmen wieder hereingewirtschaftet werden müssen. Doch ob das auch in Berlin zutrifft?
Da murrt des Volkes Stimme sogar in einem SZ-Leserbrief vom 30.10.1999:
"Sparen, sparen, sparen
Des Kanzlers neue Heimat
SZ vom 23./24. Oktober
Eine halbe Milliarde Mark für den Tempel des jeweiligen Volks-Fürsten? Respekt! Doch was dachte und denkt man sich angesichts von konstant vier Millionen Arbeitslosen? Was dachte und denkt man sich angesichts eines konstant zum "Sparen, sparen,sparen" angehaltenen Volkes, das immer lauter murrt? Einmal vorausgesetzt, der Geist schwingt sich in nobelpreisgekrönte Höhen, dachte und denkt man sich vielleicht: Volk, halts Maul - trink deinen Fusel und zahl deine Steuern. ... Eva-Maria Vogel, Hohenschäftlarn"
Ja gute Frau Vogel, weißt Du denn nicht, wie der neueste Trick zur Verschleierung der wahren Baukosten vor Juryexperten geht? Bitteschön, in der SZ vom 23.10.1999 stands doch nachzulesen:
"Berlin: Richtfest beim Kanzler
Das Haus der großen Spuren
[...] Im Erdgeschoss ist noch einmal das Modell des Kanzleramts aufgebaut, wie es wohl im Wettbewerb präsentiert war. Da sind Fahnen zu sehen und Bäume, und es gibt ein Foto, das Modell-Menschen vor dem Haupteingang zeigt. Gäbe es diese Menschen - sie würden zweistöckig umher gehen. [...]"
Ja, ja, eben Virtual Reality in der Hand des Meisters.
Und ausgerechnet die Architektin Franziska Eichstädt-Bohlig, "Bau-Politikerin" der Grünen und wider besseres Wissen eifrige Propagandistin des kostentreibenden und unwirtschaftlichen Dämm-Wahnsinns, darf in der "Woche" als Kritikerin der verschwenderischen Planungsmethode der öffentlichen Hand auftreten. Da lachen ja die Krampfhennen. Als ob sie wüßte, wie Architekturjurysten, öffentliche Planungsvergabe, kontraproduktive Haushalts- und Förderrichtlinien im Verbund mit RBBau-Verträgen und kommunalen Vertragsmustern für Planungsaufträge diesen Wahnsinn geradezu flächendeckend provozieren. Und der im Dämmstoffverbrauch fehlgeleitete Energiesparwahn gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot im EnEG §5 verstößt. Aber gefördert von gutbedienten bzw. unwissenden oder gar feigen Helfershelfern in Staatsverwaltung und Parteien.
** Obermain-Tagblatt 21.10.1999
""Protzkasten" stößt auf wenig Sympathie
Morgen ist Richtfest für das neue Bundeskanzleramt - Baukosten mittlerweile explodiert
BERLIN
Von Peter Gärtner, RNT
[...] Je höher der Rohbau wuchs, desto abfälliger [...] die Reaktionen [...]. "Betonklotz" und "Protzkasten" [...] noch vergleichsweise harmlose Umschreibungen für den Bau. [...]
... viele wurden [durch die 500 m lange und fünf Meter hohe Mauer um den Kanzlergarten] an den "antifaschistischen Schutzwall" erinnert. [...]
[Einschub: Trefflicher kann man den gegen die eigenen Bürger gerichteten Burgenbau des jüngeren und älteren Mittelalters wohl kaum beschreiben. Die Angst vor dem Aufruhr der Armen und Entrechteten trieb so manche Burgmauer ja zu heute begeisternder Wehrhaftigkeit. Natürlich bezahlt vom armen Volk.]
Deshalb reden die zwei [Architekten] am liebsten über Details, die noch gar nicht da sind, aber den klossalen Bau mit über 300 Büroräumen und 19.000 Quadratmetern Nutzfläche auflockern werden: weite Glasflächen, Wintergärten und hohe Säulen. [...]
Die Bausumme von ursprünglich 250 Millionen Mark [=13.158 DM/qm] hat sich zu einem "Kostentrend" von 465 Millionen [=24.474 DM/qm] entwickelt. Aufwendige Umplanungen des Ex-Bundeskanzlers Helmut Kohl und der schwierige Baugrund in Spreenähe haben die Kosten in die Höhe getrieben. [...] Das Haus soll im April 2001, fast zweieinhalb Jahre später als von Kohl einst angekündigt, übergeben werden.
Merke: Laßt uns über Baukosten und wirtschaftliche Planungsmethoden reden. Und traue keinem Entwurfsfuzzi, der vor dem Baukostenrechnen noch nicht mal den Baugrund anschaut. Und auch ein armer Kohl, selbst wenn er noch so oft als Gesetzesbrecher und Schwarzgeldkofferträger entlarvt wurde, darf nicht an allem schuld sein. Aber ehrlich! Sind wir denn schon Ossis? Besonders gemein ist es, wenn man doofen Bauherren nachtritt, wenn sie sich nicht wehren können. Das verstößt vielleicht sogar gegen unsere Standesregeln, auf die wir uns doch so viel einbilden, oder? Und durch welche Baubeamten hat sich auch ein Kohl leider vertreten lassen müssen? Die und ihre nachrückenden Helfershelfer sind natürlich noch jetzt am Drücker und halten mit den Kostensteigerern feste zusammen. Wer weiß denn schon genau, warum?
Süddeutsche Zeitung 22.10.1999
"Die Frage des Geldes
Die Baukosten für das Bundeskanzleramt sprengen den Rahmen
Ein "barocker Sphinx" sei es geworden, das neue Bundeskanzleramt, sagt sein Architekt Axel Schultes. [...]
Waren für den neuen Amtssitz des Kanzlers ursprünglich 337 Millionen Mark [= 17.736 DM/qm] und später dann knapp 400 Millionen Mark [= 21.053 DM/qm] veranschlagt, musste der Bund Ende Juni bereits 465 Millionen Mark [= 24.474 DM/qm] bereitstellen. Eine Obergrenze sollte diese Summe nach dem Willen des Haushaltsausschusses sein. Nach einer Meldung im Tagesspiegel rechnet der Bundesrechnungshof (BRH) jetzt aber nicht mehr damit, daß dieses Limit eingehalten werden kann. Eine Garantie für die Verlässlichkeit dieser Schätzung könne niemand übernehmen.
Zusätzliche Kosten [...] durch Nachträge der [...] Baufirmen [...] aus den zahlreichen Änderungen während der Bauphase [...]. Als Schuldige für die rasante Kostenentwicklung nennt der BRH-Bericht das Architektenbüro, die Ingenieurgesellschaft und die für den Rohbau verantwortliche Arbeitsgemeinschaft. Der zuständigen Bundesbaugesellschaft (BBB) werfen die Rechnungsprüfer lediglich vor, das Kanzleramt zu spät gewarnt zu haben. Die BBB bestreitet derzeit noch, dass sich die Baukosten weiter erhöhen werden. abec"
Obermain-Tagblatt 29.2.2000:
"Kanzleramt: Planungsmängel sowie Extrawünsche haben den Bau des Kanzleramtes nach Informationen der "Berliner Zeitung" um 66,7 Millionen Mark verteuert. Die Zeitung bezieht sich auf ein Gutachten der Deutschen Baurevision, das im Auftrag der Bundesbaugesellschaft Berlin (BBB) erstellt wurde."
Aha, wer hätte das gedacht? Doch nochmals zurück zu den Anfängen des Bauwahnsinns:
VfA Profil 11/99:
"Berlin: Regierungswechsel oder "Trockenwohnen"
Kaum eingerichtet, wird die "Berliner Republik" einstweilen noch aus der Umzugskiste heraus improvisiert. Die Regierung lebt im Übergang. Noch drehen sich die Kräne über einzelnen Baustellen und residiert manches Amt im Interim. Vor allem lobt man sich eifrig selbst und läßt sich von den Medien feiern. Natürlich fürs Ambiente und die gleichermaßen kühlen wie teuren Fassaden. Ob das Ganze auch funktioniert, angenommen werden kann und Bestand haben wird, ist noch offen.
Das heißeste Kapitel wird die Bespielung des historischen "Forum Fredericianum" sein ... jener per geheimer Kabinettsordre verfügten "Zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik gegen Krieg und Gewaltherrschaft"? ... Wer wird sich wohl über die komplizierte Geschichte des Bauwerks ins Benehmen setzen, zu der 1993 auch die massive Ablehnung der damaligen Opposition und heutigen Regierungspartei gehört. ...
Vielleicht könnte (das Kanzleramt) ja auch Verfassungsbeschwerde dagegen einlegen, in welch machtgestützter Dreistigkeit seinerzeit die Berliner Denkmalpflege beim Umbau hintergangen worden ist. Schon der vor Genehmigung erfolgte Baubeginn im Innenraum und die vom Büro Hillmer&Sattler verantwortete Totaloperation ohne Bestandsbelege ließen dieselbe Gewaltsamkeit verspüren, wie die gleichzeitige rabiate Abtragung aller Nachkriegsschichten im Innern des Reichstagsgebäudes oder die Abräumung des Blocks hinter dem Zeughaus/Mollergasse für Herrn Pei.
In der Art des damaligen Zugriffs auf die Berliner Bauten und der Ad-hoc-Vergabe von Aufträgen zeigte sich symbolisch die regierungsoffizielle Absage an die Behutsamkeit. ... Ein Schelm, wer meinte, die neue Regierung ruderte, dies erkennend, nun etwa zurück. Im Gegenteil: Wo gehobelt wird, fallen Späne. Man nennt den Vorgang neuerdings "Kollateral". ... Simone Hain"
Ach ja, und 2009 wird dann noch deutlicher, was von der Bauherrnqualität der für die Bundesbauten zuständigen "Fachleute" zu halten ist: "So wurde im Bundestag die Verglasung von Aufzugsschächten für 300 000 Euro mit Splitterschutzfolie beklebt. Glasscheiben, die aufgrund von Fassadenabsenkungen barsten oder drohten zu bersten, wurden in den Bundestagsgebäuden für 3,5 Millionen Euro ausgetauscht." (aus der dpa-Meldung zum Bericht des Steuerzahlerbundes vom 15.10.09)Wie man Baubehörden mit politisch vertretbarer Rechenkunst leimt und in kosten- und honorartreibende Vorzeigeobjekte reinzwingt, weiß man nicht nur in Berlin. Dort macht es aber wegen der dollen Projekte sicher am meisten Spaß:
"Hohe Ansprüche
Neubau der Gedenkstätte "Topographie des Terrors" wird teurer
Als Kostenrisiko für die öffentliche Hand hat Berlins Bausenator Peter Strieder (SPD) den Neubau der Gedenkstätte "Topographie des Terrors" auf dem Gelände der ehemaligen SS-Zentrale bezeichnet. Die Bauverwaltung rechnet bei dem Projekt nach Plänen des Schweizer Architekten Peter Zumthor inzwischen mit zusätzlichen Kosten in Höhe von 25 Millionen Mark. Ursprünglich vorgesehen waren 45 Millionen. [...] Mit Zumthor sprach Christiane Kögel.
SZ: Herr Zumthor, wie erklären Sie die angebliche Kostenexplosion?
Zumthor: Der Entwurf wurde immer schöngerechnet. Die Baukosten hat man so
kalkuliert, dass sie in die jeweilige politische Landschaft passten. Mit den jetzigen Berechnungen sind wir an einem Punkt
angelangt, an dem endlich von realistischen Summen gesprochen wird.
SZ: Das heißt, die ursprünglich veranschlagte Summe war nicht realistisch?
Zumthor: Die Kosten berechne nicht ich, sondern mein Partner in Berlin, das Büro BAL. Er hat, das sieht
man im Nachhinein klar, optimistisch gerechnet, und offenbar so, dass die damaligen Behörden es akzeptieren.
SZ: Glauben Sie, jetzt ist ein Ende der Preissteigerungen erreicht? Die Bauverwaltung schließt weitere
zusätzliche Kosten nicht aus.
Zumthor: Das ist typisch für Berlin: Mit mir hat bislang niemand gesprochen. Ich kenne die Zahlen nicht,
die herausposaunt werden. [...]
SZ: Wie sieht es aus mit den Kosten für den Innenausbau?
Zumthor: Klar ist, dass wir dafür noch Geld brauchen. Das weiß auch die Bauverwaltung. Zahlen
nenne ich aber keine. Ich denke, dass der gesamte Baupreis, umgerechnet auf den Kubikmeter, durchaus in dem Bereich
liegen wird, in dem auch die Kosten vergleichbarer anderer moderner Museumsneubauten liegen. Wenn in Berlin mal irgend
jemand Höhe mal Breite mal Tiefe mal Kosten gerechnet hätte, dann wäre er auch zu richtigen Zahlen
gekommen. Warum man das nicht macht? Das scheinen ungeschriebene Berliner Spielregeln zu sein.
SZ: Man kreidet Ihrem Entwurf an, er sei zu kompliziert und seine Ausführung in weißem Beton zu
aufwendig. Können Sie sich eine Kosten reduzierte Version vorstellen?
Zumthor: Nein, sicher nicht. Die Stab-Konstruktion ist eine anspruchsvolle Bauweise - das ist bei allen
meinen Bauten und allen guten Architekten so. Die Stelen sind integraler Bestandteil meines Entwurfs, sie haben ihren
Grund, und sie passen zu dieser Bauaufgabe - deshalb hat man den Entwurf ausgewählt. Das Bauen in Berlin fällt
im Moment nicht durch hohe bautechnische Qualität auf. Das wird zum Problem, wenn Baufirmen auf jemanden wie mich
stoßen, der in einer "altmodischen" Art und Weise baut und umfassende Qualität verlangt.
SZ: Haben Sie in der Schweiz damit weniger Probleme?
Zumthor: Dort hängt zumindest von Anfang an der richtige Preis dran. Die Berliner Baufirma arbeitet mit
Tricks und sagt, der Architekt hat einfach keine Ahnung von Bautechnik. Aber wir haben ihnen Schritt für Schritt
beigebracht, wie Ausführung und Montage funktionieren. Das Geplärre wegen der Kompliziertheit heißt
einfach: Wir haben uns verrechnet und hätten gerne noch ein paar Millionen."
So einfach ist das also. Und die "Spielregel" gilt nicht nur in Berlin, das gehört eben zum öffentlichen Bauen allerorten, oddä?
Tiefer ins Detail und ohne wohlwollende Stellung zur getricksten Kostenplanung und Architektur geht ein polemischer Kommentar der NZ, München, am 10.3.2000. Dort lesen Sie, was die SZ vornehm verschweigt:
"Kostenexplosion beim Schuldkomplex
Berlin. - Die Schuld- und Sühnestätte "Topographie des Terrors" bereitet nunmehr dem zuständigen Senator Strieder (SPD) "Kopfzerbrechen". Es heißt, die Konstruktion der "fraglichen Stabwerkskonstruktion" erweise sich als "kompliziert" und die Kosten hätten sich gegenüber den ursprünglichen "deutlich erhöht". Das zunächst auf 35 Millionen Mark veranschlagte Projekt an der Stresemannstraße (auf dem Gelände des zur NS-Zeit eingerichteten "Reichssicherheitshauptamts"), von denen der Bund rund 18 Millionen trägt, wird seit Ende der achtziger Jahre geplant. Vorgesehen ist eine monströse Anlage mit "vertikal anzubringenden Stäben mit einer Gesamtlänge von 42 Kilometern", die die Fassade für ein als "Museum" gedachtes Gebäude bilden sollen. Über 20 Millionen Mark haben Bauarbeiten bereits verschlungen.
Die jüngsten Kostenschätzungen liegen bei 70 Millionen Mark (!). Ersichtlich wurde nun, dass wohl auch diese Riesensumme auf Kosten und zu Lasten der Steuerzahler keinesfalls das Ende der Fahnenstange sein wird. Strieder zog deshalb vorerst die "Notbremse". Dauerankläger bejammern nun, dass nicht geklärt sei, wie der "Planungsprozess" für das "einzigartige und komplizierte Projekt" weiter umgesetzt werden könne. Eine Abkehr von dem "faszinierenden Entwurf" des Schweizer Architekten Zumthor hätte "negative Auswirkungen" auf das "Image" der Stiftung in Berlin, so die Direktorin der "Topographie des Terrors", Gabriele Camphausen.
Als Widrigkeit habe sich vor allem die Fertigung der Konstruktion aus mehreren Hundert Betonstäben erwiesen. So müssten diese u.a. mit einem Industriekleber ineinander verhakt werden. Der Kleber entfalte seine Wirkung aber nur bei sommerlichen Temperaturen. Deshalb könne entweder nur im Sommer gearbeitet werden, was die Baukosten abermals gigantisch steigern würde, oder es müsste nach Angaben Strieders ein komplettes Haus um die Baustelle errichtet werden. Beide Möglichkeiten seien aber nicht realistisch. Deshalb müsse nach anderen "Lösungen " gesucht werden.
Berlin: 100 Mio. DM für "Topographie des Terrors"?
Dauerankläger fiebern geradezu der Errichtung eines weiteren Schuldkomplexes in der deutschen Hauptstadt entgegen. Die Gedenkstättenlandschaft in Berlin, die "einzigartige" und "unvergängliche" deutsche Schuld ins Bewusstsein rufen und deren "Krönung" das monströse Holocaust-Mahnmal sein soll, wird mit dem Neubau einer "Topographie des Terrors" in Berlin-Mitte bereichert. Geld spielt dabei offenbar die geringste Rolle.
Große Sorgen bereitet der Senatsbauverwaltung vielmehr die Frage, wann das Ungetüm auf dem Gelände der ehemaligen Gestapo-Zentrale fertig sein wird. Sprecherin Petra Reetz beklagt, der "außergewöhnliche Entwurf" des Schweizer Architekten Peter Zumthor bereite große Schwierigkeiten in der Umsetzung.
So ist zu erfahren: "Mit dem weltweit einzigartigen Vorschlag", auf dem Gelände ... "ein dreistöckiges Haus nur aus dünnen, aber sehr hohen Betonpfeilern zu errichten", betrete man "völliges Neuland". So ließe sich bisher nicht sagen, "ob diese Stelen aus Weißzement - 20 Meter hoch, 26 Zentimeter breit und 30 Zentimeter tief - ohne Querverstrebungen halten". Im laufenden Monat März beginne die Probemontage der Stelen.
Weiter wird mitgeteilt, Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) wolle so bald wie möglich über das "gesamte komplizierte Projekt" mit Gedenkstättenleiterin Gabriele Camphausen in "direkter Tuchfühlung" reden. Dabei werde beraten, ob es bei den geplanten 45 Millionen Mark bleibe, oder ob etwa weitere 25 Millionen Mark zusätzlich eingeplant werden müssten. Weiter Kostensteigerungen werden nicht ausgeschlossen. So ist denkbar, dass am Ende nicht 70 Millionen, sondern sogar 100 Millionen DM verbaut werden.
Für Frau Camphausen ist die Geldfrage offenbar kein Thema. So betont sie, dass Architekt Zumthor "nur" Mehrkosten in Höhe von dreieinhalb Millionen Mark beanspruche. Die Gedenkstättenleiterin bemängelt, dass unter der Verantwortung der Bauverwaltung bisher "zu grob kalkuliert" worden sei. Vor diesem Hintergrund dürfe keiner auf Zumthor "einprügeln". Die "eigenwillige" Architektur führe "naturgemäß" zu Reibungen.
Rückenstärkung erhält die engagierte Anklägerin u.a. von den Grünen. Die meinten, es sei gewissermaßen eine Selbstverständlichkeit, mögliche Mehrkosten zu bewilligen. Schließlich sei ja auch das Jüdische Museum teurer geworden, als zunächst geplant. Frau Ströver, die sich in der Rolle einer selbsternannten Volkspädagogin gefällt, warnt davor, aus "reinen Kostengründen" eine "Konkurrenz" zwischen dem "Ort der Information" am "Mahnmal für die ermordeten Juden Europas" und der "Topographie-"Anklagestätte entstehen zu lassen."
Wer wird nun den Schwarzen Peter behalten - der Rote Peter, der Schweizer Peter oder die Senatsbau-Petra? Zur Wiederabwieglung der Gemüter trägt die SZ bei, ebenfalls am 10.3.2000:
"Naumann baut bescheiden
Das Mahnmal wird nicht teurer, sagt der Staatsminister
Der Staatsminister für Kultur, Michael Naumann (SPD), hat Berichte dementiert, nach denen er für das in Berlin geplante Holocaust-Mahnmal nun doch einen größeren "Ort der Information" wünsche. Die Berliner Zeitung hatte gemeldet, Naumann habe es in der Stiftung für das Mahnmal geschafft, den dritten Entwurf des Architekten Peter Eisenman wiederzubeleben. Dieser Entwurf sieht ein größeres Holocaust-Museum statt eines bescheidenen Raums mit Informationstafeln vor. Die Kosten schätzt die Zeitung auf "mindestens 25 Millionen Mark".
Naumann sagte dazu der SZ, dass "diese Zahlen auf reiner Phantasie beruhen[...] Es wird ein sehr bescheidenes Gebäude entstehen. [...]
Naumann ließ offen, ob der Bund bereit ist, mehr Geld für die "Topographie" bereitzustellen, deren Kosten auf schätzungsweise 70 Millionen Mark steigen sollen. Bisher liegt der Anteil des Bundes bei 18 Millionen Mark. thc"
Zum Schluß kostet das Mahnmal erst mal 28 Mio Euro und allzubald darauf muß die Schadenssanierung wegen "&überraschender" Rißbildung in den Stelen anfangen. Hierzu kommentierte Info "Risse im Holocaust-Mahnmal" und weiter die SZ mit einem französischen Gastkommentatoren:
"Der
Kommentar
Geld und Gedenken
Es geht ja auch um Geld bei der Sache, um Forschungsmittel und um Deutungsmacht ... mit einem Bild der Geschichte selbst in die Geschichte einzugehen: Lea Roshs Holocaust-Mahnmal, Michael Naumanns "Ort der Information", Reinhard Rürups "Topographie des Terrors", Daniel Libeskinds und Michael Blumenthals "Jüdisches Museum". Keines dieser Monumente der Geschichtsbewältigung funktioniert schon. Noch wird Geschichte parzelliert. Wer darf was wo machen? Welches Kolloquium wird in welcher dieser Stätten abgehalten werden? Wer zahlt den Etat? Alle diese Fragen haben ihre eigene symbolische Dimension.
Es ist faszinierend, auch bewegend, zuzusehen, wie unter Engagement und Intrigen eine offizielle Geschichtslandschaft entsteht, mit der sich die Berliner Republik vor den Politikern und Touristen der Welt zu ihrer Vergangenheit bekennt.
[Anm. KF: Schmeckt hier der welsche Neid auf das überlegen protzelnde Deutschland wieder mal durch? - hat doch Paris/Le Grand Nation derartige offizielle Schandmäler seiner Eroberungs-, Unterdrückungs-, Vernichtungs-, Nazikollaborations- und Kolonialgeschichte in keinster Weise zu bieten undvermag deshalb in keiner Weise, auf urdeutsch heimtückischste Art den Zorn, nein unerbittlichen Haß des eigenen Volkes auf die (angeblich) Begünstigten des empörungsgeilen, pseudoschuldbeladenen und amtlich anbiedernden Mahnens erst quasi automatisch (da psychologisch wohlbekannten Gesetzmäßigkeiten folgend) anzustacheln und fleißigst zu entfachen, um den so erst perfide installierten dann dauergenährten Rassismus immer weiter am Köcheln und Wachsen zu halten. (Vorsicht - Satire!!)]
... Alle drei Entwürfe - Eisenmans Stelen für das Mahnmal, Libeskinds Zickzack für das Jüdische Museum und Peter Zumthors Gitterwerk für die "Topographie" - gehören ästhetisch zu den mutigsten Entscheidungen der Hauptstadt in den Jahren nach dem Mauerfall.
[Anm. KF: Würde der Franzose dafür gar seinen Arc de Triomphe oder gar die Pei'sche Glaspyramide zur größten Räuber-Schatzkammer der Welt hergeben? (Vorsicht - auch Satire!!)]
[...]
Die "Topographie" braucht ein Haus. Nun gibt es eine Menge Ärger um der Entwurf. Der Architekt mag Mitverantwortung an der krassen Baukostenerhöhung tragen. Die Hauptschuld dürfte aber dem Land zufallen, das die Kosten entweder nicht kontrollierte oder von vornherein wusste, dass sie steigen würden.
[Anm. KF: Wieso "Land"? Das läßt sich doch trefflich personalisieren und bis zur persönlichen Haftung für Dienstvergehen steigern. Dafür geben die trefflichen Dienstvorschriften und Diensthaftpflichversicherungen für Baubeamte bzw. die Architektenhaftpflicht doch wirlich alles her, oder? Warum soll also nicht die Haftpflicht den angerichteten Schaden durch allenfalsigen Verstoß gegen die Dienst-/Architektenpflicht wiedergutmachen? Beim privaten Übeltäter kommt man doch auch recht schnell auf diesen Trichter. (Achtung - keine Satire!)]
Sollte der Bund, der bisher mit 18 Millionen Mark beteiligt ist, so zu größerem Engagement erpresst werden? Der Bund hat keine andere Wahl. ... Denn schließlich ist der Bund [und nicht die Stadt Berlin] Rechtsnachfolger der Staatsverbrecher, mit denen sich die "Topographie" befasst. Thierry Chervel."
Frage: Fällt hier angedeutetes erpresserisches Verhalten des Landes eigentlich auch unter "Staatsverbrechen"?
Eine höhnische - vielleicht aber dennoch zumindest ein bißchen zutreffende - Zusammenfassung der Kritik der etablierten Presse an Daniel Libeskinds Jüdischem Museum liefert am 24.12.99 die in München erscheinende NZ (National-Zeitung):
"Gebauter Horror" in Berlin
Schwere Konstruktionsfehler bei Libeskinds Museum
Im November erhielt der 1946 im polnischen Lodz geborene, ab 1957 in Israel, ab 1960 in Amerika und seit 1993 meist in Berlin lebende jüdische Kunstschaffende Daniel Libeskind den Deutschen Architekturpreis. Lobredner bei der Feierstunde war Johannes Rau.
Der Bundespräsident zeigte sich in in seiner Ansprache hingerissen und entzückt von Libeskinds Schöpfung in Berlin, dem Jüdischen Museum, dessen zerklüftete Form als vom Blitz getroffener, zerborstener Davidstern gedeutet wird. "Mit Faszination" sei das Kunstwerk anzusehen, sagte Rau und erklomm den Gipfel der Rhetorik: "Ich hoffe, dass das Jüdische Museum in Berlin vom Leid erzählt, aber auch den Reichtum wiedergibt, der verloren gegangen ist, damit wir einen Boden finden, auf dem wieder etwas wachsen und blühen kann." Das Staatsoberhaupt gratuliere "Ihnen, Herr Libeskind, dazu, dass Sie diesen unverwechselbaren Akzent haben setzen können mit dem Jüdischen Museum, das heute - wie ich finde - zu Recht ausgezeichnet wird."
"Reißbrett-Rüpelei"
Unterdessen wird das Bauwerk auch von Medien (harsch kritisiert), die ansonsten auf Lobhudelei für Libeskind und -Kegel abonniert sind. ... "Spiegel" ... erkennt "gebauten Horror"; (dessen) Schöpfer (ein) "Reißbrett-Rüpel" ... "Deutsche Bauzeitung" mokiert sich über den "seltsamen Fassadendekor".
Selbst die "Süddeutsche Zeitung" kann die Druckerschwärze nicht mehr an sich halten und fragt: "Ist das Ganze falsch konstruiert?". Es habe sich herausgestellt, dass das Museum dem zu erwartenden Besucheransturm nicht gewachsen sei. Allein die erforderliche Ausbesserung der Klimatechnik werfe voraussichtliche Zusatzkosten von fünf bis neun Millionen Mark auf. (Bislang hat der Bau bereits 120 Millionen Mark - Löwenanteil aus der deutschen Steuerkasse - verschlungen.) Weiter im Text des Münchner Blattes: "An manchen Stellen drückt sich jetzt schon die Unterkonstruktion durch die Gebäudehülle - etwa so, wie alte Schokolade unter dem Stanniolpapier sichtbar wird."
Die löchrige Umwandung des Bauwerks mache das Platzieren von Ausstellungsstücken schwer durchführbar, heißt es ferner in der "Süddeutschen", klaffen doch "schier unzählige Risse, Spalte und Schlitze in der Zinkhaut". Über den Architekten ... : "Seine bisweilen überbordende Rhetorik, die von Geschichtsbrüchen und -rissen, von klaffenden Abgründen und Deformationen kündet und sich auch clever positionierten Fußangeln bedient, gilt gerade deshalb als verdächtig, weil Libeskind sich bisher zwar sehr wohl als Redner und Schreiber, aber nicht gerade als bauender Architekt hervorgetan hat: Seine tatsächlich errichteten Bauten lassen sich an einer Hand aufzählen."
Knapp vie Wochen nach der Bundespräsidenten Hymne auf den Architekturpreisträger und sein Werk musste W. (Werner) Michael Blumenthal, einstiger US-amerikanischer Finanzminister und neuer Direktor des Berliner Museums, dieser Tage verkünden, dass die für Oktober 2000 vorgesehene Eröffnung wegen der fälligen Umbaumaßnahmen bis in das Jahr 2001 verschoben wird. So bleibt denn die deutsche Hauptstadt weiter ohne "Boden, auf dem wieder etwas wachsen und blühen kann".
Was rauskommt, wenn teuer bestallte (und meist HOAI-Verstoß-fördernde) Baubeamte die einfachsten Regeln am Altbau ignorieren und weder ausreichend altbaubewährte Planung, geschweige denn eine ordentliche Bestandsaufnahme veranlassen, berichtet die SZ am 29.6.01:
"Das Kammerspiel-Chaos
Sanierung wird um die Hälfte teurer als geplant
Von Berthold Neff
Die Sanierung der Kammerspiele wird um die Hälfte teurer als ursprünglich geplant. [...] Sanierungskosten jetzt ... 215 Millionen Mark ..., nachdem ... zu Beginn mit lediglich 147 Millionen Mark kalkuliert [...] vor allem der marode Zustand des denkmalgeschützten Zuschauerraums [...] Kosten in die Höhe treibt [...] alle Decken wegen Einsturzgefahr erneuert [...] beim näheren Hinsehen stieß man auf hohle Stellen im Mauerwerk. [...]
[Der städtische Baureferent] Haffner sagte [...] Kosten wären auf die Stadt ohnehin zugekommen, doch [...] besser [...] wenn man früher gewusst hätte, wie marode die Bausubstanz tatsächlich ist und wie teuer die Sanierung daher kommen werde. Haffner zufolge gehen 81 Prozent der ermittelten Mehrkosten auf die marode Bausubstanz des 100 Jahre alten Gebäudes zurück. [...]"
SZ 21.3.03
Kammerspiele: [...] Ein Drama mit glücklichem Ausgang
Die Renovierung des Schauspielhauses artete in einen Bauskandal aus, doch jetzt sind alle Beteiligten zufrieden
Von Alfred Dürr
[...] Drama um Bauskandale und Kostenexplosionen. "Renovierung" des Schauspielhauses - das klingt in der Rückschau eher verharmlosend. In Wirklichkeit leistete die Stadt beim Schauspielhaus einen solchen Aufwand, dass er sogar den eines Neubaus überstieg.
110,3 Millionen Euro[...] Gesamtrechnung. [...] 73 Millionen hatte der Stadtrat ursprünglich für alles angesetzt. Eine reine Illusion, wie sich bald herausstellte. Die Preisspirale drehte sich unerbittlich nach oben - ein Debakel für das Baureferat, ein Schock für die Öffentlichkeit, den OB und den Stadtrat. [...] extrem marode Substanz, die im Zuge der arbeiten immer mehr zu Tage trat, erforderte gewaltige Eingriffe, [...] ursprünglich nur verschönernde Reparaturen geplant. [...]
Kommunikations- und Abstimmungspannen im Baureferat sorgten zusätzlich für Spannungen. Das städtische Revisionsamt rügte unter anderem unzulängliche Risikokalkulationen, falls Unvorhergesehenes am Bau passiert, und bemängelte ... das Nutzerbedarfsprogramm, das Lücken aufwies. [...] Der knappe Zeit- und der enge Kostenrahmen hätten sich von Anfang an als unrealistisch erwiesen, [...] (OB) Ude verweist dabei auch auf eine entscheidende Konsequenz, die die Stadtspitze gezogen hat: "Bei Sanierungsarbeiten werden wir uns nie mehr quasi blind ins Abenteuer stürzen. "[...]"
Das ist schon hart, aber vielleicht trotzdem wahr, was Ude hier über seine blinden Bauspezln sagt. Die haben ja wirklich nichts unterlassen, um mit erbärmlichster Bau- und Planungsvorbereitung - auf jeden Fall ohne fachlich qualifizierte Bestandsuafnahme! - sozusagen alles dran zu setzen, die beteiligten Auftragnehmer maximal in ihrem unverschämten Nachtagsgeheische zu begünstigen und die Bauherrnkasse brutalstmöglich zu plündern. Da man bei Baustellen-Liveplanung nur Abbruch und teuersten Ersatz angeblich "extrem maroder" Substanz bekommt, also nicht kostensparend mitverwenden kann und überwiegend Extrempreise für die aus der Hand beauftragten Regieleistungen blecht, sind Binsenwahrheiten. Man hätte nur ordentlich voruntersuchen und planen müssen (wie es Ingenieure/Architekten schulden). Und die wesentlichen Baureparaturen und Leitdetails vorher ordentlich bemustern! Dann wären für die von Anfang an zu übersehenden Gesamtkosten und Bauleistungen in unbeschränkter Ausschreibung feinste Wettbewerbspreise und demzufolge bemerkenswerte Kostenminderungen erzielt worden. Aber was interessieren diese Konjunktive die schlaumeiernd unterbelichteten Baubeamten, die Vertragsverbrecher und amtliche HOAI-Kneifer aus Prinzip? Und die an der Kostenexplosion honorartechnisch sogar profitierenden Planer? Eben. Die ahnungslosen Stadträte und die Steuerzahler schlucken die ekle Kröte dann als "Sowiesokosten". Erst der Bayer. Oberste Rechnungshof weist auch die Baukostenxplosion bei der Münchner "Pinakothek der Moderne" den tatsächlichen Verursachern zu (SZ 29.6.02):
"Die Rüge der Rechner
[...] (In Bayern) "konnten die staatliche Bauverwaltung und die zuständigen Minister jahrelang ihre eigenen haarsträubenden Versäumnisse und Verfahrensfehler beim Bau der Pinakothek der Moderne und bei der Vergabe der Bauaufträge dem Schwächsten im Bund, dem Architekten, der von allen Kontroll-Verfahren ausgeschlossen war, anlasten [...]
[...] weil die Baubehörden [...] alle realistischen Vergleichszahlen geleugnet haben, weil die Politik, lange bevor die Planung "ausgereift" und "die baulichen Standards" festgelegt waren, den berüchtigten "Deckel" über das Renommierprojekt gestülpt, also einen völlig "unrealistischen", viel zu niedrigen Kostenrahmen für den Bau angesetzt hat, kam es zu den vorhersehbaren Kostensteigerungen.
Schwere Verwaltungsfehler [...] bei [...] Projektbetreuung auf [...] Baustelle [...] Kostenkontrolle [...] Nachtragsbearbeitung [...] Wunsch des Ministerpräsidenten (Stoiber), seine Milleniumsfeier im Museumsrohbau zu feiern - zu diesem Zweck musste das halbfertige Haus mit gigantischem Aufwand winterfest gemacht werden - die Kosten noch einmal mächtig nach oben getrieben [...] zu einer "unnötig engen [...] äußerst störungsanfälligen [...] risikobehafteten" Terminplanung geführt.
[...] G.K."
Hauptsache, es gelingt, dem Architekten einen mindestsatzunterschreitenden "Vertrag" gem. RBBau und Haushaltsrichtlinien aufzuknebeln. Auch die unsäglichen Handlungsanweisungen von Georg Wierer, seines Zeichens Oberprüfer im kommunalen Prüfungsvernband Bayern, um die kostensparenden HOAI-Regelungen des HOAI § 10.3a (Anrechenbarkeit der mitverarbeiteten Bausubstanz zu den für die Honorarermittlung anrechenbaren Baukosten) maximal zu beschneiden, spielen dabei ihre unselige Rolle, um den Baumist sicher vorzuprogrammieren. Mit maximalem Honorargezwicke ist die weitbekannte amtliche und politische Hyperprofessionalität schon zufriedengestellt, gelle? Ich kenne die haßverzerrten Gesichter der Baubeamten in solchen Verhandlungsrunden, wenn man mal die HOAI-Rechtsprechung erwähnt und vorschlägt, doch um des lieben Friedens willen einen ö.b.u.v. HOAI-Sachverständigen das strittige Honorar ermitteln zu lassen und sich dann seinem Urteil zu beugen. Natürlich ist die verfrühte Deckelung und niederträchtigste Verstoßerei gegen Sinn und Inhalt der HOAI auch bei kompliziertesten Sanierungen die Vorzugsvariante unserer staatlichen Bauprofis. Das wäre ja noch schöner, gerade hier Lernbereitschaft zu beweisen. Und so nimmt das grause Schicksal auch in Minka - dem Sitz der in Finanzdingen wohl ausßergewöhnlich unfähigsten Staatsregierung (man denke nur an die im freistaatlichen Mitbesitz befindliche Bayerische Landesbank und deren erbärmliches Schicksal in der sog. Finanzkrise) unbarmherzig seinen weiteren Lauf - wie selbstverständlich alles auf Kosten des gerade in Deutschland so professionell abgezockten Steuerzahlers, SZ 23.5.03:
"Fruchthof-Komplex wird immer teurer
Ärger hatte die Stadt bereits genug mit [...] Kostenexplosionen bei [...] Sanierung von historischen Bauten (Kammerspiele, Messehallen, Deutsches Theater). [...] weitere Hiobsbotschaft: Die genehmigten 8,4 Millionen Euro zur Renovierung des Fruchthof-Komplexes auf dem Großmarkthallen-Gelände reichen nicht [...]. Der Kommunalausschuss des Stadtrat musste gestern [...] neuen Kosten [...] 10,1 Millionen Euro beschließen [...]. Unzuverlässige Kostenprognosen externer Büros, Planungsänderungen und zu spät entdeckter schlechter Bauzustand [...] Hauptursachen. [...] Stadt prüft [...], ob sie die externen Büros auf Schadensersatz verklagen soll. dü."
Natürlich entfällt die Suche nach den wirklich Schuldigen in den eigenen Reihen der vornehm architektenhassenden Sesselfurzer: Alle Ursachen hätten sich nämlich ohne weiteres vermeiden lassen: durch ausreichend finanzierte und damit qualitätsgesicherte Planung - von der Bestandsaufnahme über die Bau- und Kostenplanung bis zur kostenkontrollierten Bauleitung. So heißt es wie immer: Saving the penny and losing the pound. Jeder weiß das - niemand sagt das. Außer den Altbau und Denkmalpflege Informationen - der bestimmt unübertreffbar frechsten und auch die unbequemsten und tabuisiertesten Wahrheiten liebenden und verpflichteten Infoquelle der Baubranche.