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Was man wissen muß, weil es dafür interessante Beispiele gibt:
1. Es gibt "Staat fördert Staat". Die Frage ist nur, wie man das einfädelt.
2. "Unzulässige" Doppelförderung ist auch möglich bis zur X-fach-Förderung. Grund: Subvention ist ein
Lenkungsinstrument, es kommt nur darauf an, wer steuert. Prinzip: Die Etablierten des regionalen/kommunalen Netzwerks werden eher bedient,
als die Nichtetablierten.
3. Die Eigenleistung des Bauherrn/der Kommune in Förderverfahren der Denkmalpflege und Städtebauförderung kann durch
Drittmittelfinanzierung von dritter Seite bis zu 100% ersetzt werden. Die dritte Seite ist die interessante Frage. Beispiel:
Aus der Kleinen Anfrage 388 des Abgeordneten Hans Kern SPD:
"In den ländlichen Bereichen Eifel und Bergisches Land bahnt sich eine Entwicklung an, die dem Erhalt der regionalen Kultur nicht dienlich ist: Käufer mit einem hohen Steuersatz erwerben die alten schönen Häuser und finanzieren die Renovierung durch steuerliche Abschreibung, während die meist bäuerlichen Besitzer die hohen Mehrkosten der notwendigen Renovierung nicht aufbringen können.
Der negative Gesinnungswandel gegenüber der Denkmalpflege wird außerdem seit einem Jahr wesentlich mit verursacht durch die folgende Praxis in den finanzschwachen ländlichen Gemeinden, nämlich: Die Gemeinden sind nur bereit, den Landeszuschuß von 50 bis 60% zu beantragen, wenn vorher der Eigentümer sich schriftlich verpflichtet, den eigentlich von der Gemeinde zu erbringenden kommunalen restlichen Anteil vorab durch eine Spende an die Stadtkasse zu ermöglichen.
Das heißt im Klartext: Von dem versprochenen Zuschuß für den durch den Denkmalschutz verursachten Mehraufwand erhält der Eigentümer nur etwa die Hälfte, nämlich den Landesanteil, und den auch nur, wenn er den vorgesehenen gemeindlichen Anteil sich selbst auf dem Kreditmarkt besorgt [...]" (aus: Ist private Denkmalpflege in strukturschwachen Gemeinden noch möglich? in: Denkmalpflege im Rheinland, Landschaftsverband Rheinland, Rheinisches Amt für Denkmalpflege, 13. Jg. Nr. 4, 4. Vierteljahr 1996)
Kommentar:
1. So funktioniert Städtebauförderung im gesamten Bundesgebiet spätestens seit den 80er Jahren. Dies ist fast allen
Beteiligten auf Seite der Sanierungstreuhänder und Mittelbehörden aufwärts bekannt und wird meistens stillschweigend
hingenommen (Ausnahme: Rechtsverfahren gegen Bürgermeister der Gemeinde L. in Franken). Wenn der Begünstigte dann auch noch
die Steuervorteile gem. Einkommensteuerdurchführungsverordnung 7 i durch erhöhte Denkmalabschreibung / Abschreibung der
Bausanierungskosten im Denkmalschutz und im Sanierungsgebiet nutzt, wird das auch toleriert. Wobei im Fall einer kompletten
Ausschöpfung der gewaltigen erhöhten Abschreibungsmöglichkeite und Abschreibungsvorteile, die das
Einkommensteuerdurchführungsgesetz EStG
im § 7 - Absetzung für Abnutzung und Substanzverringerung ff., insbesondere
in den §§ 7 i - Erhöhte Absetzung bei Baudenkmalen und
7 h - Erhöhte Absetzungen bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und
städtebaulichen Entwicklungsbereichen, ebenso im § 10 f -
Steuerbegünstigung für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Baudenkmale und Gebäude in Sanierungsgebieten und
städtebaulichen Entwicklungsbereichen,
§ 10 g - Steuerbegünstigung für schutzwürdige Kulturgüter, die
weder zur Einkunftserzielung noch zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden, und im
§ 11 b - Sonderbehandlung von Erhaltungsaufwand bei Baudenkmalen bietet, nicht
unbedingt noch gewaltige Fördermittel notwendig sind, im Falle eines Falles aber dennoch gerne mitgenommen werden. Wobei die
Abschreibungsmöglichkeiten im Falle privater oder gewerblicher Nutzung des Abschreibungsobjekts je nach aktueller Gesetzeslage
durchaus etwas variieren können. Kurzgefaßt: Herstellungskosten für bauliche u.a. Maßnahmen zur Erhaltung oder sinnvollen
Nutzung eines Denkmals/Baudenkmals oder sonstig schutzwürdigem Kulturgut, begonnen nach dem 31. Dezember 2003 und in Abstimmung mit
der zuständigen Denkmalfachbehörde durchgeführt, können (Stand 2011) jeweils im Jahr der Herstellung und in den
folgenden sieben Jahren bis zu 9% und in den folgenden 4 Jahren bis zu 7% abgeschrieben werden. Erhaltungsaufwendungen können bei
gewerblichen (Einkunftserzielung!) Objekten nach Wunsch des Steuerpflichtigen statt in einem Jahr, verteilt auf zwei bis fünf Jahre
abgesetzt werden. Bei eigengenutzten oder nicht genutzten Objekten können die Erhaltungsaufwendungen wie Herstellungskosten zehn
Jahre lang zu 9% abgeschrieben werden. Diesbezüglich also unbedingt immer einen mit der Denkmalabschreibung und
Immobilienabschreibung besonders erfahrenen Steuerberater hinzuziehen, der die aktuelle Steuergesetzeslage berücksichtigen muß!
Verstärkt wird diese ungute Entwicklung wie in der oben beschriebenen Fallgestaltung durch die immer nachhaltigere Weigerung der
mehr und mehr durch gekürzte Mittelzuweisung / Haushaltsmittel ausgezehrten Förderer, den anfallenden Kostenerstattungsbetrag
gem. Sanierungsgutachten mit Wirtschaftlichkeitsberechnung, Städtebauförderungsgesetz und geschriebener Förderrichtlinie
voll gem. dem meist sehr traurigen Ergebnis der Kosten-Nutzen-Analyse zu bewilligen. Das Geld aus den zum Vergleich herangezogenen
Einnahmen nach Sanierung langt natürlich nie und nimmer für die Refinanzierung / Amortisation der Sanierungskosten, was fehlt
ist eigentlich der voll als verlorener Zuschuß auszuzahlende Kostenerstattungsbetrag. Wobei dabei noch mehrere
Kostenerstattungsbetrags-Minimierungsfaktoren greifen, die zunächst mal die Baunebenkosten auf irreale Minisummen reduzieren, die
sonstigen Zuschüsse abziehen, und bizarre sonstige Beträge in Abzug bringen, alles nur, um die Berechnungsgrundlage der
eigentlich zuschußfähigen Kosten möglichst tief hinabzutricksen. Anstelle also den durch Übernahme des nicht durch
Einnahmen wirtschaftlich gedeckten Betrags ohne Einschränkung zu fördern werden "ungeschriebene" und dem Gesetzgeber
unbekannte Verbiegungen der Förderrichtlinien durch für den privaten Bewerber äußerst nachteilige Rechentricks /
Rechenmodelle praktiziert. Der Beamtenwillkür sind dabei offensichtlich überhaupt keine Grenzen gesetzt.
Beispiele aus bayrischen Regierungsbehörden (in Teilen bzw. zuallermeist in andere Bundesländer übertragbar):
1. "Wir fördern nur 300 EUR/cbm, das entspricht dem vergleichbaren Neubau. Was die Sanierung wirklich kostet, ist uns egal,
wir wissen, daß das nicht ausreicht."
Die Wahrheit: Ein gewillkürter Zahlenwert. Die Sanierung soll das 1,5-fache der vergleichbaren Neubaukosten nicht überschreiten. Letztere
sind absolute Jongliermasse, es sollen schon 450 EUR/cbm und mehr gefördert worden sein. Tipp: Nur auf exakt berechneten Baukosten
in die Antrags- und Bewilligungsphase einsteigen. Alle gewillkürten Zahlen der Ermittlung des Kostenerstattungsbetrags auf das
gewünschte Ergebnis hindeklarieren. Dann klappt´s.
2. "Wir fördern nur 10% Baunebenkosten, daß in Wirklichkeit und gem. HOAI viel mehr rauskommt, wissen wir, egal,
pfeifdrauf. Das haben wir mit der obersten Baubehörde so ausgemacht, da gehen wir nicht davon weg." Und daß das die Baukorruption
geradezu erzwingt, ist uns doch egal.
Die Wahrheit: Auch ein gewillkürter Zahlenwert. In begründbaren Fällen geht es immerhin bis 15%, den Rest hintenrum durch
raffinierte Umwegfinanzierungen. Der Gründe gibt es viele.
3. "Wir empfehlen Ihnen einen anderen Planer, wir kennen da welche, die weit unter HOAI anbieten, hier die Liste mit Adressen und
Telefonnummern. Nur bei denen wird gefördert." (gem. Aussage meines Bauherren über Beratungsangebot von Regierungsseite, auch
von Denkmalbehörden geübte Praxis des Machtmißbrauchs).
Die Wahrheit: Im HOAI-Prozeß sind Unterangebote sozusagen ohne weiteres auf übliches Maß HOAI-gerecht aufbesserbar.
Zuzüglich Prozeßkostenübernahme kein risikofreies Geschäft für den Bauherrn.
4. "Wir fördern nur Sanierungsgutachten nach unseren Vorstellungen. Daß damit keine ausreichend exakte Kostensicherheit
erreichbar wird, ist uns ebenso egal, das ist Risiko des Bauherren."
Die Wahrheit: Gewillkürte Förderpraxis. Jede Form von zielführendem Sanierungsgutachten, sei es entsprechend HOAI oder
nicht, ist grundsätzlich förderfähig.
5. "Wir wollen städtebaulich sanieren, der Hinterhofbau wird abgerissen".
Die Wahrheit: So verschwinden mittelalterliche Hofbebauungen unerkannt durch Corbu´sche Licht-und-Luft-Dogmatik. Vielleicht auch
jüngere Zubauten mit vergleichsweise besserer Bausubstanz. Egal. Verhinderte Starästheten auf Beamtenthronen.
6. Den "Kaufpreis ziehen wir nur nachrichtlich mit, inwieweit dadurch der Antragsteller in seiner finanziellen Leistungskraft
eingeschränkt bzw. vorbelastet ist, interessiert uns gar nicht. Der Kaufpreis ist von uns als nicht mehr förderfähig
deklariert. Basta."
Die Wahrheit: Gewillkürt. Auch der Kaufpreis kann problemlos in die Wirtschaftlichkeitsberechnung einbezogen werden, um den
Kostenerstattungsbetrag den tatsächlichen Bauherrnbelastungen anzupassen. Wenn der BEamte nur will oder es ihm von oben anbefohlen
wird. Stimmt's, oder ahbe ich recht?
7. "Die von uns prinzipiell geforderte Mindesteigenbeteiligung des Bauherrn mit Eigenkapital von 15% ist unabhängig davon, ob
der Bauherr das Geld hat oder kreditfinanziert oder im Kaufpreis schon verjuckt hat."
Die Wahrheit: Gewillkürte Prozentzahl. Es gibt auch 10 oder 5%. Die teils von anderen Förderbeteiligten zusätzlich
gesponsort werden.
8. "Bei uns muß sich der Bauherr sozusagen lebenslänglich verschulden, unter 30 Jahren Kreditdauer fangen wir mal gar
nicht an."
Die Wahrheit: Gewillkürte Festlegung. Auch 10-jährige Finanzierungsdauer ist gängige Praxis. Vielleicht nicht mehr in
Oberfranken. Sonst aber schon.
9. "Wir pauschalieren den Kostenerstattungsbetrag (KE) mit 40-60%".
Die Wahrheit: Der Kostenerstattungbetrag soll den finanzschwächeren Privatbauherrn unterstützen, Sanierungsziele zu erreichen.
Pauschalierte KE-Beträge setzen den kapitalstarken Investor voraus, der Förderung vielleicht gar nicht bräuchte.
Unwirtschaftliche Beschränkungen zugunsten der Sanierungsziele (Wohnen statt Gewerbe, Bestandsnutzung anstelle höherer
Verdichtung, usw.) erfordern ebenfalls 100% KE. Alles andere ist Wahnsinn bzw. Spekulation.
Mit dieser Beamtenrhetorik wird weniger potenten Antragstellern von vorneherein der Garaus gemacht. Gleichwohl werden sie nicht selten noch mit Modernisierungsgutachten aus dem Haus des Sanierungstreuhänders oder seiner Planerfreunde finanziell belastet. Dabei könnte man mit einer fünfminütigen Überschlagsberechnung im ersten Beratungsgespräch schon das für den Antragssteller dicke Ende vorhersagen und jeden sinnlosen Planungsaufwand damit verhindern.
Ergebnis für die "Sanierungstreuhänder": Die dem Privaten verweigerten Fördermittel werden in den eigenen StadtbauGmbHs
und deren oft angegliederten Planungsbüros, die mit der Kommune gegründet wurden (s.u.), verwurstet. Eigennutz, Heimtücke
oder was?
Ergebnis für den Beamten: Dem haben Wir es aber mal wieder gezeigt, wie gut Wir den Irrsinn der vorgesetzten Dienstbehörde
in die Praxis umsetzen.
Ergebnis für die Kommune: Entweder freies Kapital für die üblichen Spielchen im Selbstbedienungsapparat oder traurige
Verhinderung von Privatengagement im Sanierungsgeschehen rund um den Altbaubestand.
Ergebnis für den verhinderten Bauherrn: Hätte ich das gleich gewußt, hätte ich mir den sinnlosen Zeit- und
Geldaufwand gespart und wäre gleich zum Baden gegangen. Im Versagensfall der Fördermaßnahme wg. Kostenexplosion nach vom
Treuhänder zu verantwortenden Fehlplanung werden sogar die Fördermittel zurückgefordert. Begründung: Nun ist das
1,5-fache der vergleichbaren Neubaukosten überstiegen. Daß dabei der Bauherr bankrottierte, ist dann egal. Auch die
Tränen der kommunalen Sanierungsverantwortlichen nutzen dann nichts mehr. Städtebauförderung heute.
Ergebnis für den gewieften Planer: Hab´ ich doch gleich gewußt, daß das wieder so läuft.