Es ist mir deswegen eine besonderes Anliegen, den nachfolgenden Fachbeitrag unseres Mitglieds des Beirats für Denkmalerhaltung der Deutschen Burgenvereinigung e.V., Herrn Kreisbrandamtsrat Dipl.-Ing. Sylvester Kabat, hier zu präsentieren. Sein Fachwissen ist in einschlägigen Publikationen, bei der Projektberatung von Sonderbauten und auf unseren Fachtagungen (Nürnberg 1999, Würzburg 2004) mehr als ausreichend erwiesen.
Nicht nur die gemeinen, gemeinsten und allergemeinsten Tricks der Brandversicherung, brandgeschädigte Hausbesitzer mit viel zu geringen Schadensersatzsummen abzuspeisen (dazu könnte ich aus der Opferberatung und Projektabwicklung verschiedene Nähkästchen füllen, wie man dann doch ansehnlich aufspeckt), auch die Brandschutzpraxis selbst verdient besondere Beachtung. Der Beirat für Denkmalerhaltung hat deswegen den nachfolgenden Praxisratgeber herausgebracht, den Sie im Original und bebildert von der Deutschen Burgenvereinigung e.V. gegen geringe Unkostenerstattung bzw. als pdf-Download erhalten können.
Dipl.-Ing. Sylwester Kabat
Brandschutz in historischen Bauten 1
1. Warum Brandschutz im Altbau?
Bausubstanz, Lage und Nutzung bestimmen die Brandgefährdung historischer Gebäude. Der altbautypische Brandverlauf sowie die während und nach Baumaßnahmen entstehenden zusätzlichen Gefahren erhöhen das Brandschutzproblem. In Baudenkmalen ist Brandschutz besonders wichtig, weil die durch Wärme, Ruß und Löschwasser zerstörten Kulturgüter endgültig verloren sind.
1.1 Typische Bausubstanz und häufigste Brandursachen in historischen Gebäuden
Typische Bausubstanz und Lage von Altstadtgebäuden sieht aus der Sicht des Brandschutzes wie folgt aus:
• schmale Grundstücke mit über dreigeschossiger Vorderbebauung, Rettungszugang nur von der Straßenseite,
• Innenhöfe bebaut, z.T. Anbauten als Feuerbrücken,
• Grenz- und Außenwände Holzbauweise ohne Brandwandqualitäten,
• verputzte Holzbalkendecken mit brennbarer Auffüllung und Stuck,
• Holzdachstühle z.T. durch Bauschäden, mangelhafte Reparaturen und Umbauten in ihrer Standsicherheit gefährdet, ausgebaute
Dachräume mit unzureichenden Rettungswegen,
• Kaminanlagen mit geneigtem Verlauf (verschleift), in oder zu dicht an tragende Holzkonstruktionen gebaut,
• Holztreppen gewachst oder geölt, teilweise
geschoßweise versetzt, dabei kunsthistorisch bedeutsam - ohne Sicherheit als Flucht- und Angriffsweg,
• im Erdgeschoß gewerbliche Nutzung, oft keine brandschutztechnische Abtrennung vom Treppenraum,
• Wohnungsabschlußtüren aus Holz und Glas, nicht dichtschließend, nicht rauchdicht,
• Treppenraum oft nur durch verputzte Holzwand von den Wohngeschossen abgetrennt,
• zugeparkte schmale Straßen, verbaute Fußgängerzonen.
Bei Burgen und Schlössern kommen noch dazu:
• hohe und ausgedehnte Holzdachstühle, für die Feuerwehr schwer oder überhaupt nicht erreichbar,
• wertvolle, empfindliche, leicht entzündliche Ausstattung aus Holz, Stoff, Papier, Leder und sonstigem Naturmaterial,
• offene Treppenanlagen über mehrere Geschosse begünstigen die Rauchausbreitung,
• weit ausgedehnte Geschosse und aneinandergebaute Gebäude meist ohne wirksame Brandabschnittstrennung,
• schmale, nicht ausreichend befestigte oder kurvenreiche Zufahrtswege, zu niedrige Tordurchfahrten sowie Außenwände am
Felsenabhang - dadurch sehr erschwerte Feuerwehrzufahrten und Zugänglichkeit für die Feuerwehr,
• bei abgelegenen und hochgelegenen Bauwerken unzureichende Versorgung mit Löschwasser.
Die häufigsten Brandursachen in historischen Gebäuden sind Brandstiftungen, die in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen haben. Anstelle von Kerzen und Petroleumlampen sind elektrische Anlagen als Brandursachen getreten. Zu großen Verlusten führen immer wieder Brände durch Reparaturarbeiten.
Die Brandstatistiken zeigen, daß die meisten Brandtoten nicht in der Industrie und in öffentlichen Gebäuden, sondern in Wohnhäusern zu beklagen sind.
Häufigste Brandursachen in historischen Gebäuden in Deutschland (seit 1949):
1. Vorsätzliche Brandstiftung
2. Elektrische Anlagen (defekt, fahrlässig genutzt)
3. Heizungsanlagen (einschließlich defekter Kamine)
4. Fahrlässigkeit (offenes Feuer, Zigaretten)
5. Dach- und Reparaturarbeiten (Schweißen, Löten, Auftauen, Trennschleifarbeiten)
6. Blitzschlag
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