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Konrad Fischer: Altbauten kostengünstig sanieren Konrad Fischer
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DBV Praxis Ratgeber:

Die erhaltende Instandsetzung von historischen Putzfassaden

Informationsschriften der Deutschen Burgenvereinigung e.V.

BEIRAT FÜR DENKMALERHALTUNG

Konrad Fischer
Erhaltendes Instandsetzen von historischen Putzfassaden - 12 Fragen und Antworten

1. Was ist eine historische Putzfassade?

‘Historisch’ meint hier Putz auf Mauerwerk aus vergangener Zeit - etwa bis zur Entdeckung des Kunstharzputzes. Das Erhalten alter Putze kann aus wirtschaftlichen, technischen, bei Denkmälern auch denkmalpflegerischen Gründen sinnvoll sein. Nachfolgend geht es um die dafür verfügbaren Techniken, die das Ergebnis der Bauinvestition auch langfristig sichern.

2. Warum überhaupt Erhaltung historischer Putze?

Altputze sind unvermehrbare Zeugnisse verträglicher Baustoffmischungen aus umweltfreundlich entsorgbaren Rohstoffen. Ihre Fertigung war Handarbeit, oft gepaart mit Schöpferfreude. Mit ihnen wird verstofflichtes Wissen und Können zerstört. Sind Altputze noch umfangreich erhalten, erspart ihre Erhaltung Baukosten vom Putzabschlagen über die Instandsetzung des dabei beschädigten Mauerwerks bis zum Neuputz. Sind nur noch Fragmente erhalten, kann vielleicht ihr Zeugniswert die Erhaltung begründen.

3. Wie wurden historische Außenputze hergestellt?

Die Rohstoffwahl ergab sich aus dem Angebot in Baustellennähe. Nur für Farbpigmente rechnete sich der Ferntransport. Bei der Putzherstellung vertraute man bis zum Industriezeitalter der Erfahrung des Handwerks.

Die Altputze aus Gruben- oder Flußsand wurden mit Lehm, Kalk, Zement, Gips oder auch Eiweiß gebunden. Zuschläge wie Pigmente, Holzkohle, Stein, Glassplitter, Muscheln oder Bewehrung mit Heu, Stroh, Holzspänen oder Haaren verliehen Wirkung und Struktur. Ziegel- und Traßmehl, Schlacke, Asche oder Tonbestandteile verbesserten Abbindeverhalten und Lebensdauer der Kalkmörtel. Als sogenannte Hydraulefaktoren ermöglichen sie das Abbinden des Putzes unter Wasser oder bei ungenügendem Luftzutritt. Der reine ‘Luftkalkmörtel’ braucht nämlich Kohlendioxid aus der Luft zum Erhärten. Weitere Zusatzstoffe wie Fruchtsäure, Naturharze oder Zucker begünstigten neben dem Abbindeverhalten die Verarbeitbarkeit, die Porenentwicklung und die Frostbeständigkeit. Heute unterscheidet man zwischen eher kurzlebigen ‘Volksputzen’ und den durch erfahrungsreiche Zutatenrezeptur entstandenen ‘Hochleistungsputzen’ für besondere Bauaufgaben.

Landschaft, Mode und die Funktion als Wetterschutz, Malgrund sowie Werksteinersatz beeinflussten den Putzaufbau und die Oberfläche. Gewünschte Eigenschaften und Zufälligkeiten entschieden über Materialwahl, Werkzeug und Verfahren. Kellen, Reibe- oder Dübelbrett, Bürsten, Reisigbesen und Profillehren, die Art des Putzauftrags und Strukturzuschläge gestalteten den Putz. Die Anstriche aus Kalk, Sand, Kasein, Leinöl, Farben und anderen Hilfsstoffen entstanden nach Erfahrungsrezepten.

Die folgende Übersicht zu den in Mitteleuropa noch geschlossen oder fragmentarisch anzutreffenden historischen Außenputzen schließt weitere Befunde nicht aus. Bis ins 19. Jahrhundert bleibt es meist bei ein- bis höchstens zweilagigem Putzauftrag mit geringer Schichtdicke. Die Mauerstruktur, seit der Gotik von nachlassender Güte und mit der Putzhaut ‘rechnend’, blieb meistens ablesbar.

4. Wie sah die historische Putzfassade aus?

Mittelalterliche Außenputzfragmente überlebten vorwiegend an Burgen, Kirchen und Bürgerhäusern. Bis zum Ende des 13. Jahrhunderts herrschten Fugenverstrichputze (Verbandelung, rasa pietra) vor. Dabei blieben die Steinköpfe überwiegend frei. Kellenstriche betonten den Fugenverlauf, das Fugennetz wurde teils farbig abgesetzt. Auch durch Kratzputz (Sgraffitto), Glattstrich in gestupftem Putz oder hervortretenden ‘Krampfader’-Mörtel konnten Fugen zum Gestaltungsmittel werden.

Putzschlämmen oder Tünchen boten nicht nur Wetterschutz. Mittelalterliches Empfinden liebte auch die harmonisierend veredelnde Wirkung von Putz und Farbe. Die farbbetonte oder -geschaffene Architekturgliederung trug Botschaften, Purpur-Rot zeugte beispielsweise von Macht. Auch weltliche und geistliche Bildprogramme sowie Sonnenuhren benutzten die Fassade als Informationsträger.

Durchgefärbte Putze erzielten und übertrafen Natursteinwirkung. Die Putzoberflächen wurden eingeschlämmt, abgekellt oder mit dem Holzbrett verrieben. Bis zur Schwelle des 16. Jahrhunderts überwog Kellenputz, danach der Reibeputz. Die Formenvielfalt entwickelte sich ab dem 17. Jahrhundert von glatten, einlagigen Kalkmörteln über Besenbewurf, Kammzugputz, Flächen- und Quaderrustika bis zu eingefärbtem Kratzputz und inkrustierten Oberflächen.

Das Industriezeitalter versetzte Putze zunehmend mit Zement oder Gips. Aus Vorspritz, Unter- und Oberputz entstand zu Beginn unseres Jahrhunderts der Dreischichtputz. Heute bereichert die Chemie das Rezept. Einer schnellen Verarbeitbarkeit werden nun andere Güteanforderungen nachgeordnet.

Die Gründerzeit verwendete gefilzte, feinkörnige Putze und Antragsarbeiten mit z.T. leinölgetränkten gipshaltigen Mörteln. Oberflächen aus Spritz- und Kratzputz oder Zementputz mit Kieselbewurf und -besatz verliehen den Bauherrnwünschen Gestalt. Unsere Zeit bereichert die Fassade mit Würmchen-, Batzenbuckel- und sonstigem Dekor.

Natürlich sind alle Erhaltungskonzepte aus dem Bestand abzuleiten, die nachfolgendenden Hinweise können somit keine Rezeptsammlung bieten.

Bild (hier nicht enthalten, nur in Druckexemplar): Meran, St. Nikolaus: Christophorus auf Fassadenputz, 15. Jh.

5. Was ist ein Putzschaden?

Das Altern einer Putzfassade ist ein vielschichtiger Vorgang. Absanden, Krater, Risse und Schollen im Aufbau von Putz und Anstrichschichten entstehen durch sich gegenseitig unterstützende Kräfte.

Auch hier trifft der Vergleich mit einem Patienten zu: Was ist natürlicher Verfall, was schon Krankheit? Gelingt noch die Heilung im Hinblick auf den Allgemeinzustand, die Restlebenserwartung? Heilkräftige Arznei oder Amputation? Wahren wir die Würde des Anvertrauten oder experimentieren wir am lebenden Opfer? Es geht also um eine verantwortliche Auseinandersetzung mit der Befund- und Schadenssituation.

6. Wie kommt es zu Putzschäden?

Herstellungsprozeß

Die "vollkommene" Fassade aus Mauerwerk, Putz und Anstrich kann es nicht geben. Schon die Rohstoffe bringen Bauzerstörung in den Werkprozeß mit ein: Im Wasser, Sand und Stein sind Salze, jede Feuchte im Bau ist so eine verdünnte Salzlösung. Hinzu kommt das menschliche Handeln: Baustoffgewinnung, -transport und -lagerung, Vorbereiten, Mischen und Aufbringen der Bestandteile, deren Verträglichkeit, Abbindeprozeß, Nachbehandlung usw. begünstigen Fehler. Daneben wirkt die unbeherrschbare Umgebung durch Trockenheit oder Feuchte, Wind oder Luftstillstand, Wärme oder Kälte, Sonne, Mond und Sterne...

Bewitterung

Ein Außenputz läßt sich durch gute Ausführung, Dachüberstand, Wasserschlaggesims, Steinsockel und regelmässige Instandhaltung mit Anstrich lange erhalten. Regen und Kondensat, die Aufnahme und Abgabe von Salzen sowie aufsteigende Feuchte zerstören allmählich die Fassade.

Feuchte schadet nicht nur. So kommt es ohne Wasser nicht zur Selbstheilung der Kalkputze. Dabei bildet sich über Verletzungen der Putzhaut eine Schutzschicht aus Kalk. Risse werden dann durch eine Umkristallisation gelöster Kalkteilchen geschlossen.

Der Wetterwechsel belastet den Wandaufbau unterschiedlich. Dadurch entstehen Risse, Wasserschäden und Abtrennung der Fassadenschichten bis zur Ablösung. Besonders gefährdet sind dunklere Bereiche, Materialwechsel, Putzvorlagen wie Gesims- und Faschenbänder sowie Anstriche mit abweichendem Dehnverhalten und abdichtender Wirkung.

Die von Farbherstellern oft angepriesenen Werte des Dampfdiffusionswiderstands spielen baupraktisch keine entscheidende Rolle. Wichtig wäre die ungehinderte Austrocknung für eingedrungenes Kondensat bzw. Regenwasser. Reine Kalk- und Kalkkaseinanstriche weisen hier die günstigsten Eigenschaften auf.

Lösliche Salze wandern im durchnäßten Kalkputz an die Oberfläche und blühen aus. Auch Fassadenbewuchs und die Luftschadstoffe können die Putzbindung abbauen.

Instandsetzungen und sonstige Eingriffe

Vorindustrielle Fassaden im nur abgewitterten Urzustand sind rar. Meist haben Fassaden Instandsetzungen und Umbauten hinter sich, mit eigenem baugeschichtlichem Wert. Oft entstehen dabei Schäden durch das Herrichten des Untergrunds für Neuputz oder Anstrich, aber auch durch langfristig ungeeignete Baustoffe (ungeeignete Putze (mit hydraulischem Angebot von ausblühfähigen Alkalien aus Zement, HS-Zement, hochhydraulischem Kalk und Traß sowie Anstriche wie pottaschenabspaltende Silikatfarben) und Werkverfahren.

Die Salzverseuchung durch Fäkalien, benachbarte Kompostierung oder Tausalz verweisen auf weitere äußere Schadensfaktoren.

Auch Baumängel der Gebäudekonstruktion können Fassadenschäden auslösen.

7. Wie werden Altputze an der Fassade erhalten?

Entscheidungsgrundlage

Eingriffe ins System erfordern eine möglichst zerstörungsarme Voruntersuchung und Zustandsbewertung der tieferliegenden Schichten bis ins Mauerwerk. Siehe hierzu die angeführten Veröffentlichungen.

Am Denkmal wird meist eine Befunduntersuchung des Restaurators gefordert. Er erforscht, beschreibt und dokumentiert den Bestand, beurteilt stilbildende oder nur renovierende Putze und Fassungen. Hinweise zu Fragen der Freilegbarkeit, wissenschaftlichen Bestandsbewertung und Erhaltung sollten ihm abverlangt werden. Eine zusätzliche Laboranalyse muß sich wie die Befunduntersuchung mit brauchbaren Ergebnissen rechtfertigen, vielleicht befriedigt die Bestandsaufnahme ja nur Geschäftsinteresse oder Forscherlust.

Vor der Entscheidung sind der erwartete Aufwand, die erreichbare Restlebensdauer, Auswirkungen der gewählten Methode auf den Bestand sowie ihre Wiederholbarkeit bzw. Reversibilität zu beurteilen. In Zweifelsfällen benötigt man dafür erst Arbeitsproben .

Sichtbares Erhalten der Altputzfläche

Dabei kann die jüngste Farbgebung beibehalten oder eine ältere freigelegt werden. Ergänzende Neuputzflächen an Fehlstellen erhalten farbliche Einstimmung oder kontrastierende Neufassung. Denkbar ist auch eine Neufassung über die Altputzfläche hinweg.

Überputzen der Altputzfläche

Entweder putzt man direkt auf den Altputz oder baut vorher schützende Trennschichten bzw. Putzträger ein.

Freilegen und Abnahme von Altputzflächen

Erscheinen jüngere Putzschichten nicht erhaltungswürdig, können sie zur Freilegung des Altputzes entfernt werden. Erscheint ihr Wert dennoch von Belang, lassen sich sorgfältig abgenommene Putzstücke auch museal erhalten.

Sonderfall: Rekonstruktion von Altputzen

Eine Nachrezeptur von historischen Putzen tritt ergänzend oder stellvertretend zum Bestand. Trotz heutiger Nachweisverfahren begrenzen die wenig nachstellbarer Rohstoff- und Herstellungsbedingungen sowie Kosten-Nutzen-Analysen den Erfolg solcher Bemühungen.

Bild (hier nicht enthalten, nur in Druckexemplar): Schloßfassade: Fehlstellenergänzung mit gestupftem Putz

8. Altputzergänzung mit ‘modernen’Produkten

Oft entscheiden nur Laborpröbchen die Festigkeit von Werktrockenmörteln. Feuchtespeichernder Putzgrund und langsame Trocknung ermöglichen aber höhere Werte. Im Ergebnis kann der überharte Putz seine Spannung aus dem Abbindeprozeß und späterer Wärmedehnung in die weicheren Untergründe des Altbaus nicht schadensfrei eintragen. Er reißt teils erst nach dem Anstrich mit netzförmigem Rißbild vor dem Putzgrund ab. Dabei steigert seine putzmaschinenfreundliche Feinkörnung zusätzlich die Festigkeit. Wie entsprechende Schadensfälle immer wieder zeigen, werden die technisch erforderlichen Festigkeitswerte von als Kalkputz verkauften Werkmörteln mit Zementqualität bis zum Zehnfachen überschritten. Planer und Anwender solcher Produkte sollten dies bedenken.

Arbeitsproben auf der Baustelle, deren Nachuntersuchung und Verbesserung können nur kurzfristige Erfahrung bieten. Mit unbewährten Konservierungsmitteln ist also vorsichtig umzugehen. Zu beachten sind auch Anwenderrisiken bei kennzeichnungspflichtigen Gefahrstoffen in Bautenschutzmitteln, später wird das teurer Sondermüll! Das Aufbewahren von Proben und Dokumentieren von Mischung sowie Herstellung im Bautagebuch sichert Beweise und die Erfolgskontrolle.

All dies verdeutlicht den Wert von Erfahrung bei Planung und Ausführung solcher Maßnahmen. Hier ist auf die Fachberatung der Denkmalämter hinzuweisen. Sie überblickt frühere ‘Heilversuche’ und verfolgt im Regelfall keine Marktinteressen.

9. Wie kann mürber, absandender und hohler Altputz gefestigt werden?

Aufgetragene bzw. hinterfüllte neue Bindemittel können lockere Putze festigen. Damit verbunden sind Risiken der Schalenbildung, Verkrustung, Versalzung und elektrostatisch bedingten Verschmutzung der betroffenen Bereiche. Die auch zur Putzfestigung eingesetzten kieselsäurehaltigen Produkte setzen Lösungsmittel frei, schrumpfen im Korngefüge, können auch Überfestigung bewirken und blockieren die Verankerung von wäßrigen Farbsystemen und Mineralputzen. Ihre langfristige Wirkung muß den Erwartungen nicht immer entsprechen.

Die Stoffauswahl für solche Arbeiten gehört in erfahrene Hände, gerne entwickeln sich Wundermittel als Spätzünder. Dies gilt auch für Verfüllen, Verankern und Verkleben hinter abgelösten Putz- und Malschichten.

Bild (hier nicht enthalten, nur in Druckexemplar): Ursprünglich bemalte Putzfassade nach ‘Restaurierung’

10. Welche Möglichkeiten der Entsalzung gibt es?

Das Abbürsten von Ausblühungen, Fassadenspülung, Kompressenverfahren bis zum Opferputz und letztlich Materialaustausch kann den Bestand entsalzen. Naßverfahren begünstigen aber auch vermehrte Salzeinwanderung aus dem Untergrund. Die mögliche Umwandlung leicht löslicher Salze in schwer lösliche Formen birgt Risiken für Anwender, Umwelt und Bestand. Sie wird heute nur selten angewendet. Ausheizung und elektrokinetische Entsalzung überzeugen die Fachwelt noch nicht.

Die gängigen Sanierputze (= ‘Heilputze’) enthalten früherstarrende Zemente, porenliefernde Mineralzuschläge bzw. künstliche Schaumbildner, Kunststoffkügelchen, Wasser- und gleichzeitig Trocknungsblocker, Trocknungsverzögerer und andere Zutaten in Geheimrezepturen. Deren Wirkung entfacht Gelehrtenstreit. Nach Schadensauswertungen der früheren Generation der ‘Heilputze’ soll ihre Festigkeit und Wassersperrung heute geringer sein. Dennoch sind auch heute noch schwere Schadensfälle zu beobachten. Der im Labor nachgewiesene Luftporengehalt kann sich bei verarbeitungsabhängiger Porenbildung nicht zuverlässig einstellen. Der Sanierputz erhält dann durch seinen Zementanteil die Härte von Beton und löst sich vom weicheren Putzgrund.

Die wasserabweisende Porenversiegelung begünstigt zwar die Haltbarkeit auf versalztem Untergrund, behindert aber das Salzeinwandern. Kapillar eindringende Salzkristalle, vorrangig leicht lösliche Nitrate, füllen zunächst die Kleinporen. Feuchte Mauern werden durch Sanierputze nicht trocken. Möglicherweise wächst sogar die Salz- und Feuchtekonzentration im abgesperrten Mauerwerk an, verborgen hinter hohl erstarrtem Neuputz.

Ein Sanierputz erfordert aufklebende Anstrichzusätze. Seine Wasserabweisung behindert nämlich das Verankern von wassergelösten Farben ebenso wie die Haftung der zweiten Putzlage und Nachbehandlung. Außerdem bremst sie später das Austrocknen von Wasser, das durch feine Putzrisse immer eindringen kann. Solch eine nur dampfdurchlässige Fassade behindert den flüssigen Feuchtetransport aus der Wand und somit die übliche Austrocknung. Nur wenig Feuchte gelangt dampfförmig an die Oberfläche.

Derartige Risiken lassen sich mit den viel preisgünstigeren Kalkmörteln vermeiden. Sie geben aufgenommene Feuchte an die Luft schnell wieder ab. Salzüberfrachtete Bereiche mit Ausblühungen, meist am Sockel anzutreffen, werden später als Opferputz abgeschlagen. Dies setzt die Bereitschaft zur Wartung einer Altbaufassade voraus. Verwendet man vergütete Luftkalkmörtel, ihre Rezeptur folgt den alten Hochleistungsputzen, kann deren maschinenunabhängiger Porengehalt die salzaktivierende Kondensation und Feuchtewanderung sogar verhindern. Der dauerhafte Einsatz auf Problemuntergründen wird so, anders bei den gewohnten "Denkmalpflege-Kalkputzen" möglich.

11. Wie ergänzt man Neuputz auf altem Untergrund?

Baustoffe und Verfahren

Der alte Untergrund stellt hohe Ansprüche an den Neuputz. Für ‘weiche’ Mauern mit hohem Fugenanteil oder Lehmgefache sind starre Putze ungeeignet. Risse, Baufugen, Salzlast, Quell- und Schwindverhalten sowie geringe Festigkeit verlangen nach gewissenhafter Materialwahl und -behandlung. Die Vergabe von Gerüstarbeiten, Vorbereitung des Putzgrunds, Putz und Neufassung in eine Hand gestaltet den Arbeitsablauf sowie die Gewährleistung eindeutig und so am wirtschaftlichsten.

Bis ins 20. Jahrhundert wurde Stückkalk für den Mörtelbedarf überwiegend am Bau gelöscht und dann mit Sand, vergütenden Zusätzen sowie Wasser vermischt. Solche Mörtel ergeben auch heute noch kapillarporenarmen und dauerhaften Putz, der mit seinem Kalküberschuß Alterungsrisse selbstheilend verschließt und durchfeuchtete Bereiche schützt.

Die in alten Hochleistungsputzen bewährten natürlichen Zusätze verbessern auch heute noch die Güte von Baustellenmischungen. Ihre Wirkungsweise und Rezeptur ist zwar teils in Vergessenheit geraten, dennoch gibt es sie inzwischen sogar in Werktrockenmörteln.

Im Luftkalkputz entwickelt sich die Festigkeit nur langsam. Gibt man für zusätzliche Festigkeit Traß bei, erfordert das ausreichende Feuchteversorgung beim Abbinden. Traßmehl ist je nach Herkunft mehr oder weniger salzreich. Die Zementbeigabe im handelsüblichen Traßkalkmörtel begünstigt zwar sein Früherstarren, aber auch die Ausblühneigung. Die Verbesserung der Salz- und Frostbeständigkeit an Sockelbereichen, mit ‘Volksputzen’ kaum erreichbar, verlangt nach Vergütung des Luftkalkmörtels. Das entsprechend anzupassende Putzrezept setzt Erfahrung und Beprobung voraus. Dies gilt auch für den Sand, der je nach Herkunft und Kornprofil durchaus unterschiedliche Putzeigenschaften liefert.

Feinkörnige Putze erkaufen Maschinengängigkeit durch Härte. Gegen Entmischung und Verdichtung des Frischmörtels in der Maschine und dem Transportschlauch hilft ein Aufrühren vor dem Putzen. Nur kräftiges Anwerfen des Putzes verhindert Hohlräume und zu geringe Verdichtung.

Gegen ungünstigen Wettereinfluß sollte das Putzergerüst überdacht und mit Rupfenbahnen abgehängt werden. Die Kristallverfilzung der gelösten Stoffe bei der Putzhärtung erfordert Wasser. Der abbindende Putz darf also nicht aufbrennen. Natürlich vergütete Kalkmörtel sind hier allerdings weniger empfindlich.

Manche Werkmörtelinhalte haben unangenehme Nebenwirkungen. Die Produktwerbung verklärt diese. Nur durch rechtzeitige Arbeitsproben am Objekt lassen sich spätere Putzeigenschaften wenigstens vermuten. Die typischen Spätrisse mit Schollenablösung bei hochhydraulischen Putzen können auch erst nach 6-8 Wochen auftreten.

Wechselseitige Herstellerberatung und die werbenden Aufsätze in Fachzeitschriften offenbaren dem kundigen Interessenten auch die Probleme der Konkurrenzprodukte. Durch Beweissicherung verkaufsfördernder Ratschläge der Hersteller kann der Anwender seine Risiken bei Fertigputz verringern. Die Produkteignung auf dem jeweiligen Untergrund sollte schriftlich bestätigt werden.

Reaktionsfähige Salze im hydraulischen Kalk, Traß und Zement erzeugen in gipshaltigem Putzgrund Sulfattreiben, hier hat der Luftkalkmörtel besondere Berechtigung. Gerade in den alten Mörteln muß ja mit Gips gerechnet werden, dies zeigen Mörtelanalysen immer wieder.

Nach einer Beurteilung des Putzgrundes mit dem Rückprallhammer sollte der Planer die zulässige Putzfestigkeit in der Planung vorgeben. Damit läßt sich natürlich auch überfeste Putzhärte und Mustereignung nachweisen.

Vorbehandlung des Putzgrundes

Vorausgesetzt wird eine in sich tragfähige und verhältnismäßig trockene Konstruktion. Versalzte und mürbe Bereiche sind bestandsschonend und sorgfältig zu entfernen. Vor dem Putzen wird die Fassade trocken oder naß gereinigt, bei starker Versalzung mehrmals. Zwischen den Arbeitsgängen braucht es dann Trocknungsphasen zum Ausblühen und Abbürsten leicht löslicher Salze.

Die nicht zu unterschätzenden Risiken aus Treibmineralbildung, Druckexplosion und langjähriger Feuchtebelastung nach dem Verpressen von Mauerrissen lassen sich durch alternatives Ausstopfen mit Kalkmörtel verringern. Risse, Baufugen und Bereiche mit Materialwechsel sind mit Putzträgern, die weder zur Versprödung noch Verrostung neigen sollten, zu überspannen und bewehren. Quellfähiges Holz muß flächig überdeckt werden.

Auch zum Ausmauern von Fehlstellen und Neuverfugen eignet sich elastischer Kalkmörtel. Er bindet im Bauteilinneren ohne Flankenabriß ab, entwickelt keine Überhärte und schont weiches Altmauerwerk.

Spritzbewurf

Der Spritzbewurf ist abhängig von der Saugfähigkeit des Putzgrundes zu gestalten. Seine Güte beeinflußt die Lebensdauer der Fassade wesentlich. Er verbessert auf rauhem Altmauerwerk nicht die Putzhaftung, sondern gleicht unterschiedlich saugfähigen Untergrund aus und vermindert das Einwandern von Bindemittel aus der folgenden Putzschicht. Ein Zementvorspritzer belastet den Putzgrund mit schädlichen Salzen und blockiert die Trocknung. So kann er Salzanreicherung im putznahen Mauerwerk fördern. Auf alten Mauern braucht es ihn nicht.

Auch das Vornässen mit Kalkmilch hält Bindemittel in der folgenden Putzlage zurück.

Bild (hier nicht enthalten, nur in Druckexemplar): Kalk-Spritzbewurf auf Lehmgefache vor Bestandsergänzung

Grund- und Oberputz

Ist der alte Putzgrund weniger fest, erfordert das entsprechend angepaßten Putz. Mit ‘weichen’ Luftkalkmörteln wird man hier die besten Ergebnisse erzielen. Ein nach außen abnehmendes Festigkeitsgefälle, bei gleichem Bindemittelanteil mit abnehmender Sandkorngröße erreichbar, beugt Rißschäden vor. Um erhebliche Putzgrundvertiefungen bzw. Altrisse gegebenenfalls mehrlagig auszugleichen, eignet sich besonders der Haarkalkmörtel. Auch solche Spezialitäten, früher von jedem Putzer auf der Baustelle herstellbar, gibt es inzwischen als Fertigmörtel.

Das Verreiben des frischen Putzes mit dem Holzbrett setzt eine gewisse Austrocknung voraus, sonst schwimmt Bindemittel an der Oberfläche auf und überfestigt diese. Nach dem ersten Anziehen der Putzlage sollten zu glatte Flächen aufgerauht werden. Etwas Abstand von sockelberührenden Bodenbelägen verhindert putzablösende Zwängung und Feuchte- bzw. Salzeintrag in die Putzschicht.

Durch eine zweite Oberputzlage können Gliederungsprofile und besonder Putzstrukturen aufgesetzt werden. Entsprechende Körnung ermöglicht auch bei einlagigem Putz glatte Oberflächen, die Schichtbildung mit unterschiedlichem Dehnverhalten wird so vermieden. Dies bewirkt auch ein Aufputzen der zweiten Lage frisch-in-frisch bei tagwerksgerechtem Arbeiten. Mehr als ein Tag sollte nicht vergehen zwischen dem Auftrag von Unter- und Oberputz, sonst wird das gemeinsame Abbinden behindert und es können Schichten entstehen.

Der bestands- und materialgerecht erstellte Luftkalkputz bietet trotz Beschwörung der Luftverschmutzung auch heute noch Qualität. Für den Altbau gibt es keine gleichwertige Alternative.

Bild (hier nicht enthalten, nur in Druckexemplar): Kartierungsbeispiel für Putzschäden

12. Welcher Anstrich eignet sich für historische Putzfassaden?

Die Putzregeln gelten auch für Anstriche. Ein weicher, kapillar- und diffusionsoffener Untergrund darf mit Grundierung und Deckanstrich nicht blockiert, überfestigt oder versprödet werden. Die leidende Putzhaut stößt Farbschichten mit Ritterrüstungsqualität schnell wieder ab. Zu dichte Anstriche behindern den Luftzutritt und damit das Abbinden von Kalkputz. Kalktünchen sind so das passende und kostengünstige Kleid für Kalkputze. Handwerksgerecht erstellt, bieten sie vernünftige Langzeiteigenschaften bei einfachem Unterhalt.

Guter Malgrund und Anstrich entsteht aus fachgerechtem Anmischen, Verarbeiten und Nachbehandeln der Werkstoffe. Die Tauglichkeit von Kalkersatzstoffen und Farbzusätzen sollte durch Beprobung auf Verarbeitungsrisiken, Bestands- und Umweltverträglichkeit, Reversibilität, Feuchteverhalten, Salzeintrag und Glanzgrad bewertet werden.

Zusammenfassung

Historische Putzfassaden lassen sich mit fachgerechter Voruntersuchung und bestandsgerechtem Werkverfahren erhalten. Bewährte Baustoffe und langzeiterprobte Methoden stehen dafür bereit. Sie ermöglichen neben technischen Vorzügen auch energiearmen und umweltgerechten Einsatz in Alternative zu oder Verbindung mit modernen Entwicklungen. Der Bauherr hofft meist vergebens, daß Billigbieter auch erfahren sind betreffend Produktwahl und -anwendung. Dies verhindert schon die Kombinationsvielfalt der Bauprodukte mit ihren Phantasienamen. Ein gutes Ergebnis fordert entsprechende Planung, Baustoffherstellung und Handwerksleistung im traditionellen Sinn.

Empfohlene Fachliteratur:

F. Dietz, Die Ursachen von Putzschäden an historischen Gebäuden, Arbeitsblatt Deutsches Zentrum für Handwerk und Denkmalpflege, Fulda

DIN 1060 - Baukalk, DIN 18550 - Putz, Kommentierte Technische Baubestimmungen, (...) und Handreichungen für die Baupraxis, Köln 1992

I. Hammer, Von der Geschichte lernen. Methodische Überlegungen zur Praxis der Erhaltung historischer Architekturoberfläche am Beispiel Verputze, 3. Wiener Sanierungstage 1994

G. Hilbert u.a., Salzeinlagerung in Sanierputze, Bautenschutz + Bausanierung 6 und 7/1992

G. Hilbert., Die Art der Farbe, HISTORICA 8/9 1995

H. Hofrichter (Hrsg.), Putz und Farbigkeit an mittelalterlichen Bauten, Veröffentlichungen der Deutschen Burgenvereinigung e.V., Stuttgart 1993

H. Kollmann (Hrsg.), Sanierputzsysteme, WTA-Schriftenreihe Heft 7, AEDIFICATIO VERLAG, Freiburg 1995

H. Kremser, Aussenputze für historische Gebäude, Bestandsaufnahme, Ausführungshinweise, Ausschreibung, Landesinstitut für Bauwesen und angewandte Bauforschung, Aachen 1991

M. Petzet (Hrsg.), Konservierung und Restaurierung von verputzten Mauerflächen, Arbeitsheft 45 des Bayer. Landesamtes für Denkmalpflege, München 1990

J. Pursche, Zur Erhaltung historischer Putzfassaden, das bauzentrum 2 u. 3/87

C. Reithmeier, Sicherung von historischem Putz, Auswahl geeigneter Methoden und Materialien, Stuck Putz Trockenbau 12/94

H. Reul, Instandsetzen historischer Putze - mit werksgemischter Fertigware oder Baustellenmischungen ? Publikation der 2. Fachtagung des Instituts für Baustofflehre und Materialforschung, Univ. Innsbruck, 1992

H. Reul, Das Verfestigen von Natursteinen, historischem Putz und Mörteln mit wäßriger Lithiumsilikatlösung, Arbeitsblätter für Restauratoren, 2/1993

G. Strübel u.a., Hydraulische Kalke für die Denkmalpflege, Institut für Steinkonservierung e.V., Bericht Nr. 1, Wiesbaden 1992

P. Vierl, Putz und Stuck, Callwey, Stuttgart 1987

H.Weber, Bindemittel für mineralische Fassadenputze, bausubstanz 2/95

S. Wisser, Historische und moderne Mörtel im Verbund mit Naturstein : Chemisch-mineralogische und mörteltechnische Eigenschaften, Freiburg/Br. 1989

Orientierungshilfen Bestandsuntersuchung :

C. Arendt, Technische Untersuchungen in der Baudenkmalpflege, Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in Deutschland, München 1993

U. Meisel; A. Mennicken-Hauschildt, Restauratorische Untersuchungs- und Erhaltungstechniken, Landesinstitut für Bauwesen und angewandte Bauschadensforschung, Fachinformation 3.4-1990, Aachen 1990

J. Pursche, Befundprotokoll, Denkmalpflege Informationen A Nr. 75, Bayer. Landesamt für Denkmalpflege, München 1992

Praxis Ratgeber Nr. 5 - Oktober 1995 (Überarbeitet 3.9.1998)

Herausgeber:
Deutsche Burgenvereinigung e.V. (DBV)
Marksburg - 56338 Braubach

Verfasser:
Konrad Fischer Dipl.-Ing. Architekt
Hochstadt/Main, Restaurierungsbeirat der DBV

Redaktion:
Dr. Busso von der Dollen
Tilla Freiin von der Goltz

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Literatur zu Putz und Farbe, Anstrich und Fassade, Badgestaltung und Lehmbau-Technik:











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