Text leicht aktualisiert 19.12.2005 durch Redaktion K. Fischer
4. Kann man mit Wärmedämmung am Altbau Energie sparen?
Gegenwärtig beherrscht das stationäre Denken und Rechnen der etablierten Bauphysik den Wärmeschutz. Der Verbrauch von möglichst viel Dämmstoff wird dabei einseitig bevorzugt. Die Speicherwirkung einer Außenwand wird rechnerisch und praktisch ignoriert. Für massiv gebaute Altbauten bringt diese auch theoretisch falsche Bauphysik schwere Nachteile und Gefahren.
Bei Altbauten muß die praktisch vorhandene Speicherfähigkeit der Konstruktion in den theoretischen Rechenmodellen wirksam einbezogen werden. Die absorbierte Solarstrahlung bewirkt dabei im massiven Baustoff "effektive" k(aktuell: U)-Werte, die sogar niedriger als stationär gerechnete "Superdämmungen" sein können. Insofern würde eine außen angebrachte Wärmedämmung nur den Vorteil der speicherfähigen Wand beseitigen und diese dadurch energetisch entwerten.Auch andere Nachteile sind zu erwarten, z.B. beim Feuchtetransport.
In Wirklichkeit ist eine Wärmedämmung beim Massivbau, also auch beim Altbau, fehl am Platz.
5. Ist Wärmedämmung gem. WSVO am Altbau wirtschaftlich einzusetzen?
Die Frage nach der Wirtschaftlichkeit ist zwingend, da das Energieeinsparungsgesetz (EnEG) als Ermächtigungsgrundlage zum Erlaß der Wärmeschutzverordnungen im §5 (1) das Wirtschaftlichkeitsgebot enthält:
(1) "Die in den Rechtsverordnungen ... aufgestellten Anforderungen müssen ... wirtschaftlich vertretbar sein. Anforderungen gelten als wirtschaftlich vertretbar, wenn generell die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer durch die eintretenden Einsparungen erwirtschaftet werden können."
Unwirtschaftliche Energiesparmaßnahmen sind also gesetzwidrig. Die Auslegung des §5 (1) läßt keine andere Schlußfolgerung zu [4].
Oft wird zur energetischen "Sanierung" Dämmung empfohlen. Sollte nun trotz der energetischen Fragwürdigkeit einmal ein Wärmedämmverbundsystem zur Debatte stehen, dann setzt die Effizienz der Wärmedämmung harte untere k-Wert-Grenzen.
Wird die Gültigkeit des k(U)-Wertes nach DIN 4108 (Beharrungszustand) einmal angenommen, so wird bei stetiger k(U)-Wert-Reduzierung sehr schnell die Effizienzgrenze erreicht. Die Abb. 3 zeigt dies deutlich.
Abb.3: Die nach DIN 4108 für den Beharrungszustand geltende k-Wert-Funktion beschreibt eine
Hyperbel [5].
Die Abszisse (Dämmstoffdicke d) ist ein Maß für die Mehrkosten, die Ordinate (k(U)-Wert) für den
Nutzen. Das Verhältnis beider ist das Mehrkostennutzenverhältnis, das die Wirtschaftlichkeit beschreibt.
Kleine Dämmstoffdicken erzielen mit wenig Aufwand großen Nutzen (Wirtschaftlichkeitsgebot des EnEG
erfüllt). Dagegen erzielen große Dämmstoffdicken mit großem Aufwand nur sehr kleinen Nutzen
(Wirtschaftlichkeitsgebot des EnEG nicht erfüllt).
Rechnerische k(U)-Werte von 0,5 bis 0,6 W/m²K gelingen noch mit geringem Aufwand. Dagegen ist die technische
Umsetzung von kleineren k-Werten unverhältnismäßig aufwendig und bringt kaum mehr zusätzliche
Energieeinsparungen [5], [6], [7].
Für Wärmedämmverbundsysteme fordern das Wirtschaftlichkeitsgebot und die Effizienzgrenze also k(U)-Werte (0,4 bis 0,8 W/m²K), die von einer massiven Wand bei instationärer, praxisnaher Betrachtung leicht erbracht werden. Sie ist energetisch sogar überlegen.
Wirtschaftliches Energiesparen beim Altbau heißt: Verzicht auf unsinnige Dämmung zugunsten der sinnvollen Speicherwirkung.
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