Arbeitsgemeinschaft für Dämmstoffe
aus nachwachsenden Rohstoffen
(ADNR) e.V.
Geschäftsstelle Bonn
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An den Normenausschuß Bauwesen (NABau)
c/o DIN - Deutsches Institut für Normung e.V.
Beuth-Verlag GmbH
10772 Berlin
Bonn, den 08.11.99
Betr.: Entwurf zur DIN 4108
Sehr geehrte Damen und Herren,
der ADNR ist ein Zusammenschluß der deutschen Hersteller für Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen.
Als interessierter Bundesverband möchten wir zu der Entwurfsfassung der DIN 4108-2 Stellung nehmen.
Weiter bitten wir Sie darum, uns in Ihren Verteiler aufzunehmen - auch was die weiteren Normungsarbeiten betrifft.
In der Anlage erhalten Sie unsere allgemeinen Unterlagen zu Ihrer Information über den ADNR.
Unsere Vorbehalte gegenüber der Neufassung haben wir als Einspruch formuliert.
Bei Nachfragen steht Ihnen gerne der Unterzeichner sowie der Obmann unseres Technikausschusses, Herr Uwe Lange, Tel.: 034651 - 516 32 zur Verfügung.
Einspruch bezüglich DIN 4108-2 E
Zu den Punkten:
8 Anforderungen an den Sommerlichen Wärmeschutz
8.1 Allgemeines
2. Absatz:
"Wie hoch die höchsten Innentemperaturen sind, hängt auch von der sommerlichen Klimaregion ab. Weitere Einflußgrößen sind:
- die wirksame Wärmespeicherfähigkeit der Innenbauteile,
- ......."
Untersuchungen der TNO Delft und von Prof. Hauser Gesamthochschule Kassel zeigen deutlich, daß neben der Pufferung solarer Wärmegewinne durch speichernde Innenbauteile im Dachbereich die Wärmeübertragung der opaken Außenbauteile und damit das Temperaturleitverhalten der Dachflächen besonders wichtig ist. Gerade in den Dachgeschoßräumen ist das Verhältnis von Raumvolumen zu wärmeübertragender Außenfläche besonders ungünstig. Das gleiche gilt für den Temperaturgradienten außen zu innen (Unter der Dachdeckung werden im Sommer Temperaturen von bis zu 80°C gemessen). Zudem sind die in der Dachkonstruktion verfügbaren Speichermassen im Vergleich zu den anderen Bauteilen eher gering. Dies führt auch bei ausreichender Begrenzung solarer Wärmegewinne zu dem bekannten im Sommer zu heißen Dachgeschoßklima. Die TGL 10 686 "Bauphysikalische Schutzmaßnahmen - Wärmeschutz" gab daher Mindestwerte für Amplitudendämpfung und Phasenverschiebung vor. In Anlehnung daran schlagen wir vor, den oben zitierten Text entsprechend zu ergänzen:
"Wie hoch die höchsten Innentemperaturen sind, hängt auch von der sommerlichen Klimaregion ab. Weitere Einflußgrößen sind:
- die wirksame Wärmespeicherfähigkeit der Innenbauteile,
- das Temperaturleitverhalten der Außenbauteile besonders der Dachflächen,
- ......."
Diese Einfügung korrespondiert auch mit Hinweis auf die Abhängigkeit des Sommerlichen Wärmeschutzes u.a. "... von den Wärmeleiteigenschaften der nichttransparenten Bauteile bei instationären Randbedingungen ..." im Absatz 4.3.2.1 der DIN 4108-2 E. Daher halten wir es auch für sinnvoll analog zur TGL 10 686 zumindest für die Dachflächen Mindestwerte für Amplitudendämpfung und Phasenverschiebung festzulegen:
Mindestwerte für Amplitudendämpfung und Phasenverschiebung bei Dächern
Bauteil | Amplitudendämpfung | Phasenverschiebung |
Warmdächer | 25 | 10 Stunden |
Kaltdächer | 15 | 10 Stunden |
8.2 Bestimmung des Sonneneintragskennwertes
1. Zum Verständnis:
>Der Sommerliche Wärmeschutz bezweckt, daß zumutbare Raumtemperaturen nur selten überschritten werden, ohne daß eine Anlagentechnik mit Kühlung verwendet werden muß. Es ist schließlich vor dem Hintergrund - den Energieverbrauch eines Gebäudes minimieren zu wollen - nicht sinnvoll, durch Wärmegewinne im Winter Energie einzusparen, diese aber im Sommer für die Raumkühlung wieder verbrauchen zu müssen (wobei die Kühllasten im Sommer deutlich höher sind, als die Wärmegewinne im Winter).
Für eine bestimmte Klimaregion bedeutet dies für den Entwurf eines Gebäudes und bei der Auswahl der eingesetzten Bausysteme und Baustoffe, daß das Verhältnis
Sonneneintrag S / wirksame Wärmespeicherfähigkeit c tot
einen bestimmten Wert nicht überschreiten darf.
Als Arbeitsname geben wir hier diesem Verhältnis den Namen Temperaturmodul TM, TM-Wert.
TM = g x G x S / ctot £TMmax
Dabei ist: G Globalstrahlung, gewichtet mit der Fläche
g Gesamtenergiedurchlassgrad
S Sonneneintrag
c tot Wirksame Speicherfähigkeit der Innenbauteile,
gewichtet mit der Fläche
In der DIN 4108-2 E, Kapitel 8 wird dieses Model abgebildet, jedoch beschränkt auf die Begrenzung des Sonneneintrages S auf Smax:
S£Smax
Der Einfluß der Größe der Sonneneinstrahlung, die von verschiedenen Parametern abhängig ist, wird durch Zuschläge auf den Grenzwert Smax und durch
Faktoren bei der Ermittlung des S-Wertes berücksichtigt. Ein konkreter Fall wird so durch das Modell
g x f1 x f2 x ... £ S0 + D S1 + D S2 + ...
beurteilt. In Tabelle 7 und 8 der DIN 4108-2 E sind die Faktoren und Zuschläge aufgelistet.
2. Der Einfluß der Baukonstruktion
In der DIN 4108-2 E wird in Tabelle 8 die thermische Trägheit der Baukonstruktion durch einen Zuschlag auf S0 berücksichtigt:
D S | Bauart |
0 | für normale, schwere Bauart |
-0,03 | für leichte Bauart wie Holzständerkonstruktionen, leichte Trennwände, untergehängte Decken |
-0,10 | für extrem leichte Bauart wie vorwiegend Innendämmung, große Halle, kaum Innenbauteile |
Beispiel: Eine große Halle in schwerer Bauart müßte nach obigem Schema mit D S = -0,10 qualifiziert werden, also extrem leichte Bauart.
3. Kritik an der Formulierung in DIN 4108-2 E
Wir erachten die Berücksichtigung der Bauart durch drei Klassen als zu grob.
Wir schlagen vor, die Tabelle auf 5 Klassen zu erweitern, wobei die Zuschläge D S auf die beiden zusätzlichen Klassen noch zu ermitteln sind:
D S | Bauart |
0 | Massivbauweise,
schwer Beton, Kalksandsteine, schwere Ziegel u.ä. |
Massivbauweise,
leicht Porenbeton, poröse Leichthochlochziegel u.ä. |
|
Holzbauweise,
schwer hoher Anteil an Vollholz und Holzwerkstoffen oder hohe Wärmespeicherfähigkeit der Dämmstoffe |
|
-0.03 | Holzbauweise,
leicht geringer Holzanteil und geringe Wärmespeicherfähigkeit |
-0,10 | Holz-
und Metallbauweise, extrem leicht Hallen ohne nennenswerte Wärmespeicher |
Für wesentlich besser erachten wir ein physikalisches Klassenmerkmal, das für einen konkreten Fall berechnet werden kann, und nach dem das Gebäude dann eingeordnet werden kann.
Weiter sollte in der Norm dem Planer die Möglichkeit gegeben werden, genaue Berechnungen durchführen zu können und diese Ergebnisse einsetzen zu dürfen.
Unsere Kritik liegt darin begründet, daß durch den zu einengenden Normenentwurf neue und innovative Baustoffe und Bauelemente für den Sommerlichen Wärmeschutz in ihrer weiteren Entwicklung behindert werden.
Es ist eine positive Erfahrung, daß z.B. bei Dachflächen durch den Einsatz von dickeren Deckenverkleidungen aus Gipsbauplatten, Holzfaser- oder Holzspanplatten oder durch die Verwendung von Zellulose-, Holzfaser- oder Hobelspandämmstoffen bzw. anderen (schweren) Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen eine spürbare, signifikante Verbesserung des sommerlichen Raumklimas erreicht wird. Die Untersuchungen von TNO und Prof. Hauser bestätigen diese Erfahrung. Will man einen Bauherren oder Planer für eine gesamtenergetisch bessere - aber möglicherweise in der Investition eventuell teurere Lösung - gewinnen, so konterkariert die derzeitige Formulierung der DIN 4108-2 E dieses Unterfangen, man gerät in einen unnötigen Argumentationsnotstand. Nach dem vorliegenden Entwurf ist es nicht möglich nachzuweisen, daß die o.g. Ausführungsbeispiele echte Verbesserungen darstellen.
Wenn aber hier die Norm nicht hilft zu argumentieren, werden Innovationen zu Problemlösungen im Sinne eines ganzheitlich guten Wärmeschutzes im Winter wie auch im Sommer nicht gefördert.
4. Vorschlag zur Ergänzung des Kapitels 8.2
Die Tabelle 8 sollte durch einen Hinweis ergänzt werden, der aufzeigt, wie sich der D S-Wert in Funktion zur wirksamen Speicherkapazität c tot des Raumes verhält, bzw. welche c tot -Werte zu den einzelnen Bauartklassen gehören. Die Größe ctot ist nach EN ISO 13786 zu berechnen.
Wir hoffen, Ihnen hiermit einige Anregung für Ihre weitere Arbeit gegeben zu haben und bitten darum unsere Bemerkungen in den Entwurf der DIN 4108-2 mit aufzunehmen.
Mit freundlichen Grüßen
J. Brandhorst
(Geschäftsführer ADNR)