„Die Angstmache mit dem Atom“ überschrieb Der Spiegel im November 2007 (Heft 47 S. 19) einen längeren Artikel über verlogene „Legenden vom bösen Atom“ in der (auch eigenen) Berichterstattung. Atomgegnern, die noch selbst denken und diese und andere Hinweise ähnlicher Art wahrzunehmen, bleibt oft nur als letztes Argument: Nuklearabfälle bergen ein hohes Strahlenrisiko, das über Jahrtausende sicher eingeschlossen werden müsse; eine sichere Verwahrung über solange Zeiträume könne aber niemand gewährleisten. Kurz, „das Abfallproblem ist ungelöst.“ Aber ist es das wirklich?
Nuklearabfälle strahlen radioaktiv, dass macht sie für viele „unheimlich“. Atomkerne sind radioaktiv, wenn in ihrem Kern das Verhältnis zwischen Neutronen und Protonen nicht stimmt. Am Anfang der Schöpfung unseres Universums waren die meisten Kerne radioaktiv. Über die Jahrmilliarden haben sie sich unter Abgabe radioaktiver Strahlung stabilisiert, das heißt, sie haben ihre Protonen/Neutronen in ein stabiles Verhältnis gebracht. Es gibt dazu vier typische Umgruppierungsprozesse im Kern. Beim Alphazerfall stabilisiert sich der Kern, indem er ein Alphateilchen (aus zwei Protonen und zwei Neutronen) ausstößt. Beim Betazerfall kann der Kern ein Elektron oder ein Positron (positives Elektron) abstoßen. Der Grund dafür ist häufig, dass sich ein Neutron in ein Proton umwandelt oder umgekehrt. Solche Umwandlungsprozesse regen in der Regel den Kern an, der dann die Anregungsenergie in Form von Gammastrahlung abführt. Außerdem können bei einem Kernzerfall auch einzelne Neutronen oder Protonen weggeschossen werden.
Jeder Kernumwandlungsprozess geht mit einer ganz bestimmten, für ihn typischen Energieabgabe einher. Ebenso brauchen die Umwandlung auslösende Teilchen oder Neutronen eine ganz bestimmte Geschwindigkeit oder Energie. Eine Art, die Radioaktivität zu messen, ist, die Anzahl der Kernumwandlungen pro Zeiteinheit festzustellen. Ein Kernzerfall pro Sekunde entspricht einem Becquerel (Bq). Die dabei übertragene Energie misst man in Gray (Gy). 1 Gy entspricht der Strahlung von 1 Joule pro Kilogramm bestrahlter Substanz. Belebte Substanzen reagieren unterschiedlich auf verschiedene Strahlungsarten. Deshalb wird ihr jeweiliger Energie-Betrag mit einem in unzähligen Versuchen ermittelten Faktor der „relativen biologischen Wirksamkeit“ multipliziert. Man erhält dann den Äquivalent-Dosiswert „Sievert“ (Sv). Er gibt die Intensität der Strahlungsbelastung pro Zeit an z.B. in Tausendstel Sievert pro Jahr (mSv/a). [Info Strahlenbelastung und Strahlendosis
Da sich ein Atom eines Stoffes nur einmal stabilisieren kann, entsteht hohe Radioaktivität bei kurzen Halbwertszeit und umgekehrt. Die Halbwertszeit ist die Zeit, in der die ursprüngliche Strahlungsintensität einer radioaktiven Substanz auf die Hälfte abgeklungen ist, weil sich bereits die Hälfte ihrer Kerne umgewandelt hat. Die extrem kurze Halbwertszeit einiger extrem stark strahlender Stoffe führt dazu, dass die Radioaktivität des Reaktorinventars z.B. schon in den ersten Sekunden nach Abschaltung auf 4% der ursprünglichen Strahlung absinkt und nach 5 Stunden nur noch mit 1% der ursprünglichen Radioaktivität strahlt. Stoffe mit langer Halbwertszeit, strahlen dagegen sehr schwach. Plutonium (U 239) hat zum Beispiel eine Halbwertszeit von 24.000 Jahren. Es ist ein Alphastrahler und kann, wenn man es in Zeitungspapier einwickelt, unbedenklich in der Hosentasche getragen werden. Seine dämonisierte Giftigkeit (ähnlich wie die des Uran der panzerbrechenden Waffen im Irak-Krieg) rührt nicht von seiner Radioaktivität, sondern daher, dass es sich um ein Schwermetall wie Blei handelt. Selbst bei den beiden Atombomben auf Japan sind nachweislich die wenigsten Menschen durch Radioaktivität und die meisten durch die Explosion (Hitze- und Druckwelle) umgekommen. Ähnliches gilt, trotz anderslautender Medienberichte nach ernsthaften Untersuchungen der UNO auch für die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl. An den Folgen der Radioaktivität sind dort trotz enormer Kontaminierungen nachweislich nur 47 Menschen gestorben, einige mehr an Spätfolgen der Verstrahlung. Dadurch ausgelöster Schilddrüsenkreps bei Kindern konnte bis auf 12 bedauerliche Fälle geheilt werden. Bei den in den Medien genannten riesigen Zahlen handelt es sich um Hochrechnungen aufgrund unbestätigter Theorien und falscher Propaganda interessierter Spendenjäger.
Leute mit übertriebener Angst vor Radioaktivität machen sich nicht klar, dass wir überall auf unserer Erde einer radioaktiven
Strahlung ausgesetzt sind. Sie strahlt uns unbemerkt aus Luft, Wasser, Boden, Pflanzen, Tiere, Menschen, aus unsere Nahrung, den
Gebäuden und Werkzeugen entgegen - fast alles ist „von Natur aus“ radioaktiv. In einem Kubikmeter Luft im Freien finden im
Durchschnitt 14 Kernzerfälle pro Sekunde statt, in Gebäuden sind es etwa 50. Im Trinkwasser muss man mit bis zu 4 Zerfällen pro Liter
rechnen und in Heilwasser aus der Tiefe mit bis zu 37.000. In Fleisch, Gemüse, Brot und Milch sind es etwa 40. Die durchschnittliche
Strahlenbelastung aus Boden und Gestein liegt in Deutschland bei 0,45 mSv/a.
Aus dem Weltall prasseln ständig schnelle, freie Atomkerne, einzelne Neutronen und Gammastrahlung auf unsere Atmosphäre. Sie
zerschlagen dort Atome der Gasmoleküle, deren zum Teil radioaktive Trümmer z.B. Kohlenstoff 14 oder Tritium in Kaskaden bis auf die
Erdoberfläche herabrieseln. Die Intensität dieser Höhenstrahlung nimmt mit zunehmender Höhe zu, sie verdoppelt sich alle 2000 m über
Normalhöhe. Piloten, Vielflieger und Bergsteiger erhalten dadurch eine beträchtlich höhere Strahlendosis als die Bewohner im
Flachland.
Schließlich enthält auch unser Körper radioaktive Stoffe wie C14 und Kalium40 und strahlt mit 0,25 mSv/a pro
kg Körpergewicht. Radioaktivitäts-Geängstigte sollten auf jeden Fall Sex mit einer anderen Person vermeiden.
Wie bei allen Giften, kommt es auch bei der Radioaktivität auf die Dosis an. Wie ein Zuviel an Sonnenstrahlung Schäden verursacht, tut das auch ein Zuviel an Radioaktivität. Das gleiche gilt aber auch umgekehrt. Ein Zuwenig an Strahlung ist wie beim Sonnenlicht ebenfalls ungesund. Als sich das Leben auf der Erde vor 500 Mio. Jahren und mehr ausbreitete, war die natürliche radioaktive Strahlung auf der Erde etwa 10 Mal stärker als heute. Die Zellen haben sich an die Strahlung gewöhnt und benötigen sie wohl auch. Denn die natürliche Strahlung ist auf der Erde nicht gleichmäßig verteilt und in strahlungsintensiveren Gegenden lebt man gesünder. Werden bei uns 0,4 bis 5 mSv/a erreicht, sind es in Indien 4 bis 50 mSv/a, in Brasilien (Espirito Santo) bis 800 und im Iran (Ramsar) sogar bis 850 mSv/a.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Wirkung der radioaktiven Strahlung in den stark strahlenden Gegenden an Pflanzen, Tieren und
den dort lebenden Menschen sehr intensiv studiert. Es stellte sich heraus, dass eine um ca. 5-10 mSv höhere Strahlungsbelastung
Wachstumsprozesse anregt und den Stoffwechselprozess der Zellen und bei Pflanzen die Photosynthese verstärkt. Eine leicht erhöhte
Strahlung regt die Arbeit der T-Zellen an und stärkt das Immunsystem, beschleunigt Wundheilungen, macht gegen Infektionen
widerstandsfähiger und vermindert deutlich das Auftreten von Herzkreislaufkrankheiten und zahlreicher Formen von Krebs, ohne dass
andere Schädigungen vermehrt beobachtet werden konnten.
Lebende Zellen sind in der Lage ihre DNA- und RNA-Struktur sowie ihre Membrane zu reparieren. Seit Jahrhunderten wird die heilende
Wirkung des strahlenden Radonwassers aus den Gasteiner Heilstollen Österreichs angewendet. Schon König Sargon II. wusste im 8.
Jahrhundert v. Chr., was Paracelsus neu aussprach: In der Natur ist nichts giftig, „erst die Dosis macht das Gift.“
Zu der natürlichen Hintergrundstrahlung, der wir ausgesetzt sind, kommt eine künstliche Strahlendisposition aus unterschiedlichen Quellen. Aus dem Baumaterial unserer Häuser erhalten wir etwa 1,0 mSv, durch medizinische und sonstige Behandlung, Fernsehen und ähnliches weitere 1,5 mSv. Dem gegenüber fällt die zusätzliche Belastung durch kerntechnische Ereignisse - vom radioaktiven Niederschlag früherer Bombenversuche bis hin zur Auswirkung der Kernforschung und der Kernkraftwerke mit 0,07 mSv - für den Bundesbürger im Durchschnitt recht gering aus. Einige Berufe wie Piloten, Bergsteiger und Arbeiter in Kerntechnischen Betrieben sind einer vermehrten Strahlung ausgesetzt. Wenn man die über ein Jahr aufsummierte Strahlung betrachtet, stellt sich heraus, dass diese selbst bei besonders exponierten Personen nicht das biologische Optimum erreicht, das nach vorsichtiger Schätzung etwa bei 100 mSv/a liegt. Physikalisch lässt sich ein Unterschied in der Wirkung zwischen natürlicher und künstlicher Radioaktivität weder feststellen noch erdenken.
Selbst die Kernspaltung wie in Kernkraftwerken ist nicht „unnatürlich“. Die Geothermie aus dem Erdinneren rührt nämlich weitgehend von Kernzerfällen im Erdinneren her. Aber auch in der Erdkruste kennen wir „natürliche“ Spaltreaktoren. Ein solcher befand sich zum Beispiel bei Oklo im afrikanischen Staat Gabun. Der Ort weist eine sehr hohe „natürliche“ Hintergrundstrahlung auf. Sie stammte von sechs linsenförmigen Taschen von je 10 bis 20 m Durchmesser mit einer hohen Uranerz-Konzentration (bis zu 60%) in der Umgebung von Oklo. Zur Enttäuschung ihrer Entdecker stellte sich heraus, dass dieses Uranerz nur halb so viel spaltbares Uran235 enthielt wie es die natürlichen Zerfallsgesetze für Uranerz vorgeben. Bei näherer Untersuchung stieß man in den Urantaschen auf Spaltprodukte, die wegen ihrer Zusammensetzung und nach den Zerfallsgesetzen für radioaktive Kerne vor etwa 1,8 Mrd. Jahren entstanden sein mussten. Wenn damals genug Wasser in der Umgebung der Lagerstätten vorhanden war, waren die Bedingungen für „natürliche“ Kettenreaktionen gegeben. Vor 1,8 Mrd. Jahren gab es an dieser Stelle also einen „natürlichen“ Kernreaktor, der etwa 100.000 Jahre lang in Betrieb war. Für die Forscher hatte diese Entdeckung einen weiteren Reiz. „Mutter Natur“ führte hier nämlich ein „Langzeitexperiment“ zur Lagerung des Atommülls durch. Tatsächlich wurden die nichtflüchtigen Spaltprodukte nicht durch den Sandsteinboden von Oklo hindurch ins Grundwasser geschwemmt, sie haben sich auch nicht weiter verbreitet, sondern liegen noch dort, wo sie vor 1,8 Mrd. Jahren entstanden waren.
Die Unsichtbarkeit der Radioaktivität verunsichert. Doch wurde diese Unsicherheit von interessierter Seite maßlos gesteigert. Die Medien in Deutschland versäumten kaum eine Gelegenheit, durch reißerische Berichterstattung bei der Bevölkerung entsprechende Ängste und Misstrauen in die zuständigen Behörden zu schüren. Erkenntnisse über die lebensfördernde Wirkung der Radioaktivität berichteten sie kaum.
Menge und Zusammensetzung - ein unlösbares Problem?
Bei der Verbrennung nutzen wir die Energie der molekularen Bindungskräfte, die über die Elektronenschale verschiedene Atome zusammenhalten. Diese Kräfte sind wesentlich schwächer als die nuklearen Bindungskräfte, die die Neutronen und Protonen im Kern zusammenhalten. Um eine Kilowattstunde Strom zu erzeugen, müssen wir nach Stand der Technik 200 g Öl-Äquivalent verbrennen, oder 0,022 g Uran spalten. Entsprechend unterschiedliche Abfallmengen fallen dabei an. Dabei wird oft nicht bedacht, dass beim Verbrennen von Kohle, Öl oder Gas ebenfalls Radioaktivität (vorwiegend durch C14 oder K40) freigesetzt wird. In Frankreich mit relativ den meisten Kernkraftwerken der Welt fallen pro Person 2200 kg Haushaltsabfälle, 800 kg Industrieabfälle (davon 100 kg hochgiftige) und 1 kg Atommüll (davon 10 g hochradioaktiver) an. Weltweit werden pro Jahr in Kernkraftwerken etwa 340 Gigawatt (GW) elektrische Leistung erzeugt. Dabei entstehen jährlich etwa 9.000 Tonnen (t) hochradioaktiver Atommüll, vor dessen Strahlung Lebewesen geschützt werden müssen.
Ein neues Brennelement des Leichtwasserreaktors enthält etwa 500 kg Uranoxid. Davon bleiben nach dem Abbrand noch 475 bis 480 kg Uran (94 bis 96 %) übrig. Aus unkontrollierter Transmutation entstehen circa 5 kg Plutonium (1%), 1,6 kg Transurane (Elemente mit überschweren Kernen) und 15 bis 20 kg Spaltprodukte. Uran und Plutonium könnten zu Mischoxyd-Brennelementen (MOX) wiederverwendet werden. Gleiches gilt für die Transurane, die aber speziell behandelt werden müssten. Die besondere Verteufelung von Plutonium rührt nicht von seiner besonderen Strahlung und Giftigkeit her, sondern weil es bevorzugt für militärische Zwecke genutzt werden kann. Deshalb muss es nach international geltendem Recht noch im Endlager ständig bewacht werden. Besser wäre es daher, es im Reaktor zur Energiegewinnung herunterzuspalten.
Atommüll-Recycling
Aber selbst die Spaltprodukte sind nicht nur Abfall, sondern zum großen Teil nützliche Wertstoffe. Denn radioaktive Strahler werden in unzähligen industriellen und medizinischen Anwendungen (z.B. Werkstoffuntersuchung, Nuklearmedizin) gebraucht. Zur Zeit werden jährlich 5 t des nicht radioaktiven Elements Kobalt59 in Kernkraftwerken zu radioaktivem Kobalt60 gebrütet, weil man es in Industrie und Medizin benötigt. Statt dessen ließen sich auch Cäsium137 oder Technetium99 und andere radioaktive Isotope aus dem Atommüll benutzen. Man entdeckt heute ständig neue nützliche Einsatzmöglichkeiten ionisierender Strahlen und dementsprechend auch von radioaktivem Material. In Deutschland wird z.B. noch immer der Klärschlamm verbrannt und dabei viel Energie verschwendet, um die darin enthaltenen gefährlichen Krankheitserreger abzutöten. Das ließe sich wirksamer durch Bestrahlung mit Radionukliden aus „radioaktivem Abfall“ erreichen. In 36 Nationen werden luftdichtverpackte Nahrungsmittel mit ionisierenden Strahlen sterilisiert und so auf Dauer haltbar gemacht, statt sie - wie in Deutschland - mit oft bedenklichen chemischen Zusätzen zu konservieren. Aus dem nuklearen Abfall lassen sich sogar langlebige elektrische Batterien herstellen, die z.B. Menschen zur Stromversorgung ihrer Herzschrittmacher eingepflanzt werden. Doch die Sorge der überall nur Kosten treibenden Kernkraftgegner scheint darauf abzuzielen, die „Abfälle“ möglichst ungenutzt unverwertbar zu machen. Interessanterweise teilt die sogenannte Atomlobby dieses kurzsichtige Interesse. Die Wiederaufbereitung und Weiterverwendung des sogenannten Atommülls ist nämlich aufwendig. Die „direkte Endlagerung“ erweist sich bei den gegebenen, noch niedrigen Uranpreisen als halb so teuer wie die Wiederaufbereitung.
Handhabung und Endlager
Die niederaktiven Sekundärabfälle aus kerntechnischen Anlagen vom Putzlappen, Putzwasser bis zur kontaminierten Zange werden verdichtet und in Fässer einzementiert. Bis sich das Zementgebinde aufgelöst hat, ist ihre Radioaktivität verklungen. Die hochradioaktiven Abfälle werden zunächst über zehn Jahre in sogenannten Abklingbecken gehalten, bis ihre Wärmereaktion nachlässt. In dieser Zeit büßen sie einen Großteil ihrer Radioaktivität ein. Nach dieser Zeit könnten sie wiederaufbereitet und wiederverwendet werden. Dazu werden sie mechanisch zerkleinert und in Säure aufgelöst, wobei die über 97% verwertbaren Stoffe von den Abfällen getrennt werden würden. In Karlsruhe hatte eine kleine Wiederaufbereitungsanlage über 40 Jahre problemlos gearbeitet. Der Bau einer geplanten Großanlage, wie England und Frankreich sie haben, wurde in Deutschland, wohl um die militärische Nutzung des Plutoniums auszuschließen, mit Hilfe des grünen Protests verhindert.
Auch für die Endlagerung müssen die verbrauchten Brennelemente zerkleinert werden. Eingeschmolzen werden sie zu Glas oder sehr haltbaren Keramiken verarbeitet. In dieser Form sind die enthaltenen Wertstoffe nicht mehr zurückzugewinnen. Da sich in den Glas- oder Keramikblöcken wegen weiterer Kernzerfälle noch Wärme entwickelt, werden sie in oberirdischen Lagern noch zehn bis zwanzig Jahre abkühlen gelassen, ehe man sie in dickwandigen Edelstahlbehältern (Castor) ins Endlager bringt. Wegen der relativ geringen Abfallmengen und der langen Abklingdauer gab es bisher keine Eile, das Endlagerproblem „zu lösen“.
Über die beste Form des Endlagers gibt es unterschiedliche Auffassungen. Die einen bevorzugen - meist aus psychologischen Gründen - die Lagerung tief unter der Erdoberfläche in Urgestein. Dort kann aber durch Zerklüftung leicht Wasser eindringen. Besser ist die Lagerung in weichem Ton, Schiefer und Salz. Das Material schmiegt sich um die Behälter und nimmt ihnen den Geschiebedruck ab. Salzstöcke die sich über Jahrmillionen gehalten haben, gelten als sichersten Schutz vor Wassereinbrüchen. Gegen sie sprechen die erhöhte Korrosion der Behälter und eine mögliche Subrosion (Abtragung, derzeit 0,2 mm/a) des Salzstocks. Im Fall des „Naturreaktors“ von Oklo blieben die radioaktiven Stoffe auch ohne künstliche Behälter 1,8 Mrd. Jahre sicher an Ort und Stelle, doch sollte man sich darauf nicht verlassen. Wenn planvolle Endlager auf große Vorbehalte stoßen, dann doch wohl aus Gründen der Kostentreiberei und zur Pflege der Atomängste. Die Herstellung und Überwachung der Endlager ist bekannte und vielfach erprobte Bergbautechnik. Der Einlagerungsvorgang ist ebenfalls einfach und wird vielfach schon gehandhabt.
Atommüll verwandeln durch Transmutation - Der Stein der Weisen?
Eine wesentlich bessere Antwort wäre die Wiederaufbereitung und nützliche Verwendung des Atommülls. Über 96% des Abbrands ließe sich zur Energiegewinnung weiter verwenden. Die restlichen 4% könnten, soweit sie nicht als Radionuklide genutzt werden, durch Transmutation strahlungsinaktiv gemacht werden.
Hintergrundinfo: FAZ: Transmutation - Die zauberhafte Entschärfung des AtommüllsUrsache der Radioaktivität ist - wie erwähnt - die Instabilität der Atomkerne bestimmter Isotopen, weil sie eine bestimmte Grenzgröße überschritten haben (Transurane) oder in ihnen ein ungünstiges Verhältnis zwischen Protonen und Neutronen besteht. In diese Kernzustände greift die Transmutationstechnik ein, indem sie durch den Neutronenbeschuss in genau berechneter Geschwindigkeit kernphysikalische Wechselwirkungen zur Stabilisierung der Kerne auslöst: z.B. ein Alphateilchen wegsprengt, ein Neutron hinzufügt oder mehrere abspaltet oder umwandelt. Dabei lassen sich überschwere Kerne spalten oder instabile leichte Kerne stabil „brüten“ oder in Kerne mit sehr kurzer Halbwertszeit umwandeln. Dadurch lässt sich der Atommüll so bearbeiten, dass er in überschaubaren Zeiträumen nicht stärker strahlt als das Gestein, dem man das Uran zur Erzeugung der Atomenergie entnommen hatte. Die Voraussetzung ist die möglichst exakte Trennung („partitioning“) der verschiedenen Isotope mit längerer Halbwertszeit, um sie ihren physikalischen Eigenschaften entsprechend zu behandeln.
Die Transmutationstechnik ist seit den 1950er Jahren grundsätzlich bekannt (Vgl. M. Steinberg, G.
Wotzak, B. Manowitz: Neutron Burning of Long-Lived Fission Products for Waste Disposal, Brookhaven National Laboratory,
BNL-8558 Upton, NY USA 1958.). Das gleiche gilt für Eigenschaften und Verhalten der Isotope unter Neutronenbeschuss. Die
Anwendung im großen Maßstab unterblieb bisher wegen des billigeren Uranüberangebots und weil sich noch nicht genug
Atommüll für eine lohnende Behandlung angesammelt hatte. Im Kernreaktor finden heute schon vielfältige
Transmutationen statt, um sie gezielt mit dem gewünschten Ergebnis einsetzen zu können bedarf es
Ein Zwischenschritt zum Transmutationsreaktor war der sogenannte Schnelle Brutreaktor, in dem schnellere, energiereichere Neutronen erzeugt werden. Diese wurden von nichtspaltbarem Uran und Thorium absorbiert und dadurch spaltbare Kernbrennstoffe „erbrütet“. Aber auch im Schnellen Brutreaktor sammeln sich rasch Spaltprodukte an, welche die Neutronen absorbieren und den vorzeitigen Austausch der Brennelemente erzwingen. Zur erhöhten Betriebssicherheit und zur besseren Ausnutzung der Brennstoffe wird vorgeschlagen, eine zusätzliche Quelle für schnelle Neutronen eingesetzt. Es handelt sich dabei um Teilchenbeschleuniger, die Protonen auf eine Blei-Wismut-Legierung schießen und darin schnelle Neutronen erzeugen (Spallation). Das hat den Vorteil, dass solche Reaktoren „unterkritisch“ arbeiten, d.h. wenn man den Beschleuniger abschaltet, kommen die Spaltvorgänge im Reaktor zum Erliegen. Die äußere Neutronenquelle erlaubt es, Neutronen genau mit der Geschwindigkeit zu erzeugen, die für den geplanten Prozess im jeweiligen Kern erforderlich sind. Je höher die Geschwindigkeit der eingebrachten Neutronen ist, desto größer wird aufgrund der unterschiedlichen Abbremsvorgänge im Reaktor die Bandbreite der in verschiedenen Reaktorbereichen anfallenden Neutronengeschwindigkeiten, die sich gezielt nutzen lassen.
Dies lässt sich durch eine weitere Veränderung des Reaktorbetriebs noch verbessern. Herkömmliche Reaktoren werden mit festen Brennstoffen beschickt, die in besonderen Stahlröhren eingeschweißt sind und eine gewisse Zeit im Reaktorkern verweilen. Werden Brenn- oder zu transmutierende Stoffe jedoch flüssig durch festmontierte Röhren gepumpt, dann lassen sich während des Reaktorbetriebs in getrennten Röhren entsprechend der im Reaktor gegebenen Bedingungen die erforderlichen Brenn- und Transmutier-Stoffe kontinuierlich in den erforderlichen Mengen und Zusammensetzungen zu- bzw. abführen. Wichtig ist dabei die möglichst genaue Kenntnis der jeweiligen Zusammensetzung der zu transmutierenden Abfalllösung, um sie dem erforderlichen Neutronengeschehen auszusetzen.
Eine arbeitende Transmutationsanlage gibt es bisher nicht, wohl aber Anlagenkonzepte, auf die an dieser Stelle nicht weiter einzugehen ist. [1]
Eines, das Rubbiatron, hat Prof. Carlo Rubbia erarbeitet. Er konnte die EU-Behörden 1996 von einem mit Beschleunigern betriebenen Anlagekonzept (Accelerator Driven System, ADS) überzeugen.[2] Inzwischen arbeiten in Europa 10 Institute an der Realisierung seiner Idee. Ähnliche Pläne gibt es in Japan und den USA.
"Atommüll" besteht zum allergrößten Teil aus Wertstoffen. Er ist seit über 40 Jahre erwiesenermaßen gut handhabbar. Ein Endlager wäre eine große Wertstoffverschwendung. Einzig sinnvoll ist die Wiederaufbereitung. Nichtverwertbare Stoffe lassen sich durch Transmutation strahlungsinaktiv machen. Das hier insgesamt Gesagte ist Stand des Wissens, dessen sich jeder ernsthaft besorgte Bürger vergewissern könnte. Dass dies die wenigsten tun, deutet die Oberflächlichkeit der vorgeschobenen Sorge (Nachplappern) oder die Irrationalität der Angst an. Diese speist sich nämlich aus ganz anderen Quellen und zwar aus der ständig wachsenden wirtschaftlichen Abstiegsdrohung.
Die Lösung des
Atommüll-Problems scheint aus grundsätzlich zwei
Gründen verhindert zu werden. Der eine ist die irrationale,
weil aus der Verdrängung ihrer eigentlichen Gründe
stammende Angst. Der andere ergibt sich aus der
Gesetzmäßigkeit des Machtstrebens. Die friedliche
Nutzung der Kernbindungskräfte würde Energie
für vielfältige Anwendungen, in einer kaum mehr zu
überblickenden Fülle und zu niedrigsten Preisen zur
Verfügung stellen. Das hatte der Parteitag der SPD in
München 1956 richtig gesehen und daher damals die rasche
Entwicklung der friedlichen Nutzung der Kernenergie als objektive
Voraussetzung für die Überwindung von Not und Elend
besonders in den unterentwickelten Ländern gefordert.
Machtausübung beruht aber letztendlich auf der
Fähigkeit, Menschen in Not halten und einzelne bei
Wohlverhalten daraus erlösen zu können.
Außerdem ist marktwirtschaftlich gesehen die Verknappung von
Gütern die Voraussetzung, um für sie
überhöhte Preise (etwa zur Finanzierung der
Wertpapierspekulation) erzielen zu können. Wie aber
wäre Knappheit aufrecht zu erhalten, wenn alle Menschen mit
dem Angebot von Gütern, Dienst- und Arbeitsleistungen auf den
Markt drängen? Das geschieht über zwei
wirtschaftliche Hebel, die Verknappung und Verteuerung der
Energieversorgung für die produzierende Wirtschaft oder
Verweigerung von Investitionen. Beide Bereiche, durch die das
möglich ist, die Energiewirtschaft und die Banken, sind die
Bereiche mit der höchsten wirtschaftlichen Konzentration.
Machthaber, die sich ihrer bedienen können, sind an einer
guten Güterversorgung der Bevölkerung offensichtlich
nicht interessiert. Denn diese wäre beim
gegenwärtigen Stand der technisch-industriellen Entwicklung
durchaus möglich. Sie lenken von dem Missverhältnis
zwischen dem, was technisch möglich ist und
tatsächlich realisiert wird ab, indem sie die Menschen dazu
bringen, ihre wirtschaftlichen Sorgen hinter ökologischen zu
verdrängen. Neben den Macht- oder Einkommenszynikern als
Dienstleute sind ihnen sogar die Proteste der schlecht informierten
Verängstigten eine willkommene Hilfe, was sich am
Spendenaufkommen aus bestimmten Kreisen beweisen lässt.
[1] Vgl. dazu ausführlicher: Helmut Böttiger, Ehrlich streiten über Kernenergie (DinA5, 72 Ss.), oder ders.: Transmutation, das Zeitalter der Kerntechnik beginnt erst. (DinA4, 14 Ss.) - als PDF-File über boettigerdrh@web.de für je 5 € zu haben).
[2] Die EU hat The European Technical Working Group eingerichtet, die April 2001 A European Roadmap for Developing
Acceleration Driven Systems (ADS) for Nuclear Waste Incineration (145 Seiten) erarbeitet hat.