Rechtsanwälte
RAe Lerche Adlerweg 1a 32760 Detmold
Bundesverfassungsgericht 76131 Karlsruhe |
Sieghart Lerche, Kreisdirektor a.D. Holger Lerche Tel: 05231-46 41 30 Fax: 05231-46 41 60 |
Detmold, den 28.04.2005
Az: Le/Ihs VB EEG
Namens nachfolgender Beschwerdeführer erhebe ich unter Vorlage entsprechender Vollmachten wegen der Verletzung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich vom 21. Juli 2004 (EEG)
Verfassungsbeschwerde.
Beschwerdeführer:
1. … Namen und Anschriften aus Datenschutzgründen nicht aufgeführt.
2. …
3. …
4. ...
...
Es wird beantragt,
das EEG -Bundesgesetzblatt 2004 Teil I Nr. 40- insoweit für verfassungswidrig zu erklären, als es private Stromverbraucher mit Kosten belastet, die mit der Nutzung regenerativer Energien verbunden sind,
hilfsweise,
den Gesetzgeber zu verpflichten, binnen angemessener, vom Bundesverfassungsgericht festzusetzender Frist, die entsprechenden Bestimmungen des EEG verfassungskonform neu zu fassen.
1. Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde
a Jahresfrist nach § 93 Abs. 1 BVerfGG
Mit der Verabschiedung des EEG vom 21. Juli 2004 hat der Gesetzgeber im Vergleich zu dem bisher geltenden "Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien" vom 29.03.2000, zuletzt geändert durch das "Zweite Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetz" vom 22.12.2003 u. a. folgende Verschärfungen zu Lasten der Stromverbraucherbeschlossen:
Damit hat der Gesetzgeber eine über die bisherige Belastung hinausgehende neue Beschwer geschaffen mit der Folge, dass die Jahresfrist nach § 93 Abs. 1 BVerfGG für die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde mit dem Zeitpunkt der Verabschiedung des EEG am 21.07.2004 erneut zu laufen begonnen hat.
b Betroffenheit der Beschwerdeführer
- Die Beschwerdeführer fühlen sich durch das EEG in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG (Privatautonomie) verletzt, da sie als Stromverbraucher die sich aus dem EEG ergebenden finanziellen Mehrbelastungen zu tragen haben. Mit dem EEG greift der Gesetzgeber zur Erreichung seiner energiepolitischen Ziele in den Preisbildungsmechanismus im Energiebereich ein. Er begünstigt Investoren und Betreiber von Anlagen zur Nutzung regenerativer Energien durch Garantie erheblich über dem Marktpreis liegender Einspeisevergütungen. Er verpflichtet Netzbetreiber zu aufwendigen Netzanpassungsmaßnahmen, die aus der vorrangigen Abnahme von "Öko-Strom" resultieren. Er schafft die Möglichkeit, Unternehmen des produzierenden Gewerbes und des Schienenbahnverkehrs zu Lasten der privaten Stromverbraucher teilweise von der Pflicht zur Abnahme des überteuerten "Öko-Stroms" zu befreien.
Die sich aus den vorgenannten Maßnahmen ergebenden Mehrkosten werden von den Elektrizitäts-Versorgungs-Unternehmen über die Stromrechnungen unmittelbar an die Stromverbraucher, und damit auch an die Beschwerdeführer weitergegeben.
Der Gesetzgeber zwingt somit die Beschwerdeführer zur Mitfinanzierung einer Energiepolitik, für die sie keine besondere Verantwortlichkeit trifft. Die Beschwerdeführer haben nicht die Wahlmöglichkeit, Strom zu beziehen, dessen Preis sich ohne die EEG bedingten Mehrkosten nach den Gesetzen des Marktes frei gebildet hat, sondern müssen den überteuerten "Öko-Strom" abnehmen.
Mit dem EEG greift der Gesetzgeber somit in die Privatautonomie der Beschwerdeführer ein. Diese genießt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts generell als elementares Mittel zur freien Entfaltung der Persönlichkeit verfassungsrechtlichen Schutz (Vgl. Maunz-Dürig -Kommentar zum Grundgesetz- Art. 2 Abs. 1 RdNr. 101).
- Die aus dem EEG resultierende Mehrbelastung stellt sich darüber hinaus für die Beschwerdeführer im Ergebnis als "Sonderabgabe" dar. Eine solche ist nach dem Beschluß des zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 11. 10. 1994 zum "Kohlepfennig" (AZ 2 BvR 633/86) aber nur unter engen, hier nicht gegebenen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen zulässig (siehe dazu unter 2 b Seite 15).
Der Gesetzgeber greift mit dieser Sonderabgabe zu Lasten der Stromverbraucher in unzulässiger Weise in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit der Beschwerdeführer ein.
c Unmittelbarkeit der Grundrechtsverletzung der Beschwerdeführer, Normadressaten des EEG, Eingriffstatbestand
Die Beschwerdeführer werden durch das EEG unmittelbar in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Das Gesetz verpflichtet die Netzbetreiber zur Annahme des überteuerten Stromes und zur Durchführung daraus sich ergebender aufwendiger Netzanpassungs- und Vorhaltemaßnahmen. Die daraus resultierenden Mehrkosten für "Öko-Strom" werden über die Stromrechnungen auf die Verbraucher umgelegt. Aufgrund der stringenten gesetzlichen Ausgestaltung dieser Verpflichtungen und angesichts der sich bereits nach Verabschiedung des EEG vom 21.07.2004 abzeichnenden verstärkten Offshore-Planungen (siehe dazu unten) ist für die Beschwerdeführer bereits heute klar absehbar, dass weitere Mehrkosten auf sie zukommen werden.
Obwohl nicht Adressaten des EEG werden die Beschwerdeführer von dessen Auswirkungen unmittelbar betroffen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewähren die Grundrechte als subjektive Abwehrrechte dem Bürger jedoch nicht nur Schutz gegen gezielte und gewollte Eingriffe der öffentlichen Gewalt. Sie schützen auch vor rechtlichen oder tatsächlichen unbeabsichtigten (Neben-) Folgen eines in andere Richtung zielenden Hoheitsaktes. Ein Gesetz kann sich also auch außerhalb des Kreises der eigentlichen Normadressaten aufgrund seiner faktischen Auswirkungen zu Lasten Einzelner oder eines bestimmten Personenkreises für diesen als Grundrechtseingriff darstellen (Vgl. Maunz-Dürig a. a. O. Art. 2 Abs. 1 RdNr. 49 sowie Art. 14 Rd. Nr. 170). Insbesondere wenn der Staat durch Subventionierung in den Wettbewerb eingreift und zumindest billigend ein höheres Preisniveau in Kauf nimmt oder sogar darauf abzielt, kann auch der davon nachteilig betroffene Verbraucher einen Eingriff in Art. 2 Abs. 1 beanstanden (Vgl. Maunz-Dürig a.a.O. Art. 2 Abs. 1 RdNr. 116).
Mit dem EEG und dessen Vorgängergesetzen hat der Gesetzgeber nicht mit den klassischen staatlichen Eingriffsinstrumenten sondern in subtilerer Weise zur Erreichung seiner wirtschafts- und energiepolitischen Ziele in den Markt eingegriffen. Er schafft Belastungssituationen für eine Gruppe Betroffener, zu der die Beschwerdeführer gehören, der Grundrechtsrelevanz zukommt (Vgl. Maunz-Dürig a. a. O. Art 2 Abs. 1 Rd. Nr. 85).
Das Urteil des EuGH vom 13. 03. 2001 (C-379/98), wonach eine gesetzliche Regelung, die einem Wirtschaftsteilnehmer vorschreibt, einem anderen Wirtschaftsteilnehmer aus im staatlichen Allgemeininteresse liegenden Gründen finanzielle Vorteile zu gewähren, keine verbotene Beihilfe i. S. d. Art. I EG-Vertrag darstellt, könnte die Neigung des nationalen Gesetzgebers fördern, zur Vermeidung EG-vertragsrechtlicher Komplikationen verstärkt auf Regelungsmechanismen nach dem Vorbild des EEG auszuweichen. Die Qualifikation solcher Sachverhalte als Eingriffstatbestand ist deshalb zur Gewährleistung eines wirksamen Grundrechtsschutzes geboten.
d Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, Rechtswegverweisung
Die Beschwerdeführer sind nicht in der Lage, und es ist Ihnen auch nicht zuzumuten, vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde den Rechtsweg etwa in der Form auszuschöpfen, dass sie sich in vertragsbrüchiger Weise weigern, Stromrechnungen ihrer jeweiligen Stromversorger zu bezahlen, oder sie nur teilweise bezahlen. Zunächst geht aus den Stromrechnungen nicht hervor, welchen Betrag die EEG bedingten Mehrkosten exakt ausmachen, was aber Voraussetzung für einen Zivilrechtsstreit wäre. Selbst wenn ein solcher Betrag ausdrücklich aufgeführt wäre, hätten die Beschwerdeführer aber auch keine Überprüfungsmöglichkeit, ob dieser Betrag tatsächlich alle EEG-bedingten Mehrkosten beinhaltet.
Im vorliegenden Fall ist daher die Verfassungsbeschwerde ohne Rechtswegverweisung unmittelbar gegen das EEG zulässig.
2. Begründetheit der Verfassungsbeschwerde
Die Verfassungsbeschwerde ist begründet, weil
a.
der Eingriff in die Privatautonomie der Beschwerdeführer aus Art. 2 Abs. 1 GG nicht durch einen höherrangigen Zweck gedeckt ist (Verletzung der Mittel-Zweck-Relation) und
b.
durch das EEG, dessen Belastungen sich für die Beschwerdeführer als "Sonderabgabe" darstellen, in verfassungswidriger Weise in deren allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG eingegriffen wird.
a Verletzung der Mittel-Zweck-Relation
Zum wesentlichen Inhalt des Grundrechtsschutzes nach Art. 2 Abs. 1 GG zählt die Verpflichtung der öffentlichen Gewalt, den Bürger nicht mit einem Nachteil zu belasten, der nicht in einem vernünftigen Verhältnis zu dem mit dem Eingriff verfolgten Zweck steht. Wenngleich dem Gesetzgeber vom Bundesverfassungsgericht ein weiter Ermessensspielraum zugestanden wird, hat dennoch eine Abwägung dahingehend stattzufinden, ob der Eingriff des Gesetzgebers in die Privatautonomie durch einen höherrangigen Zweck gerechtfertigt ist. Es stellt sich daher die Frage, ob die mit dem EEG für die Beschwerdeführer verbundenen Belastungen in einem vernünftigen Verhältnis zum Gesetzeszweck des EEG stehen und deshalb hinzunehmen sind.
aa Ausmaß der finanziellen Belastungen der Beschwerdeführer durch das EEG
Eine Bezifferung der tatsächlichen aktuellen EEG-bedingten Mehrkosten, die die Beschwerdeführer konkret zu tragen haben, ist bisher nicht möglich, da die Stromversorger in ihren Stromrechnungen diese Kosten nicht präzise ausweisen. Um eine ungefähre Vorstellung über das Ausmaß der finanziellen Belastung der Beschwerdeführer zu erhalten, wird auf die vom Verband der Elektrizitätswirtschaft herausgegebene Übersicht "Elektrizitätserzeugung 2004" (Anlage 1) verwiesen. Unter Berücksichtigung der dort genannten Zahlen kann bundesweit von EEG bedingten Mehrkosten für 2004 in Höhe von ca. 3 Milliarden EUR ausgegangen werden. Darin sind enthalten ca. 0,7 Milliarden EUR Kosten für den zusätzlichen Leitungsausbau, den längeren Transport von den Küstenregionen in die Ballungszentren und die sog. Regelenergie. Bei letzteren handelt es sich um Vorhaltekosten zur Vermeidung eines Stromkollapses aufgrund hoher Volatilität von Wind- und Solarenergie. Diese Kosten werden insgesamt mit ca. 2,4 Cent pro Kilowattstunde veranschlagt (Vgl. Clemens Tauber "Energie- und volkswirtschaftliche Aspekte der Windenergienutzung in Deutschland" in der Zeitschrift für Energiewirtschaft, Recht, Technik und Umwelt, beigefügt als Anlage 2).
Ca. 2,3 Milliarden EUR entfallen auf durch erhöhte Einspeisevergütungen bedingte Mehrkosten.
Bei einer angenommenen Einwohnerzahl in der Bundesrepublik Deutschland von 80 Mio und bezogen auf einen 4 Personen Haushalt sowie einen durchschnittlichen Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden ergibt dies eine Mehrbelastung von ca. 150 EUR pro Haushalt und Jahr. In diesem Betrag sind die mit der durch § 16 EEG eingeführten Privilegierung bestimmter Unternehmen verbundenen Mehrbelastungen für private Verbraucher nicht eingerechnet.
Aus den vom Verband der Elektrizitätswirtschaft herausgegebenen jährlichen Übersichten ergibt sich im übrigen auch, dass die EEG-bedingten Mehrkosten von 0,9 im Jahre 2001 über 1,5 im Jahre 2002 und 1,6 im Jahre 2003 auf 3 Milliarden im Jahre 2004 angestiegen sind. Der weitere Anstieg ist vorprogrammiert. Auch wenn mit der Liberalisierung des Strommarktes die Erwartung sinkender Strompreise verbunden wird, bleiben die EEG bedingten Strommehrkosten bestehen. Eventuelle Entlastungseffekte werden sich immer um diese Mehrkosten mindern.
Wie bekannt, hat das Bundesamt für Seeschiffahrt soeben den ersten deutschen Offshore-Windpark in der Ostsee genehmigt. Weitere werden angesichts der für die Betreiber äußerst attraktiven Konditionen folgen. Nach einem Bericht der "Neuen Westfälischen Zeitung" vom 21. April 2005 (Anlage 3) plant E.on den weltgrößten Windpark in der Nordsee, südwestlich der Nordseeinsel Amrum. Auf den Stromverbraucher kommen zukünftig Kosten zu, auf deren Entstehungszeitpunkt und Volumen er keinerlei Einfluß hat, da hierüber allein die Investoren und Betreiber von WEAs und sonstiger Anlagen zur Nutzung regenerativer Energien entscheiden.
Die zukünftigen EEG-bedingten Mehrkosten werden von der im Februar 2005 veröffentlichten Studie der Deutschen Energie Agentur GmbH (DENA) bis zum Jahre 2015 auf 8,1 bis 10,8 Milliarden EUR geschätzt. Eine Kurzfassung der Studie ist als Anlage 4 beigefügt. Der vollständige Text ist abrufbar unter www.deutsche-energie-agentur.de. In den Kostenschätzungen der Studie sind nicht die Kosten notwendiger Netzausbauten innerhalb des Übertragungsnetzes enthalten und auch nicht die Kosten windbedingter Ausbaumaßnahmen in "unterlagerten Netzen". Ferner sind nicht berücksichtigt Integrationskosten, die sich beispielsweise aus zusätzlich notwendigen Regelenergieanforderungen für den WEA-Bestand 2003 und die anderen erneuerbaren Energien ergeben.
Dass die DENA Zahlen zu hoch gegriffen sind, ist wenig wahrscheinlich. Der ursprüngliche Text der Studie wurde auf Intervention der Vertreter der Windkraftbranche redaktionell überarbeitet, wie sich aus dem Spiegel-Artikel "Windige Rechnungen" in Heft 4/2005 ergibt (Anlage 5). Auch im Hinblick auf die gesellschaftsrechtliche und personelle Ausrichtung der DENA ist nicht anzunehmen, dass die Mehrkosten überhöht geschätzt worden wären. Die DENA gehört nämlich zu 50% der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundeswirtschaftsministerium sowie das Bundesumweltministerium und zu weiteren 50% der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die maßgeblich an der Investitionsfinanzierung von WEAs beteiligt ist. Der amtierende Geschäftsführer der DENA war Mitarbeiter des Öko-Instituts Freiburg und ist Mitautor des Buches "Die Energiewende ist möglich".
Für die privaten Stromverbraucher steigt, wie dargelegt, die Belastung noch dadurch, dass auch die aus der Privilegierung bestimmter Unternehmen (§ 16 Abs. 1 EEG) resultierenden Mehrkosten auf sie umgelegt werden. Direkte Subventionen an Hersteller und Verbände, z.B. für Arbeitsplätze, sowie Steuermindereinnahmen aufgrund von Verlustzuweisungen an Investoren sind gesamtvolkswirtschaftliche Kosten, die im Rahmen dieser Verfassungsbeschwerde nur der Vollständigkeit halber erwähnt werden, die aber bei der Beurteilung der Mittel-Zweck-Relation nicht gänzlich außer acht bleiben können, ebensowenig wie der Umstand, dass noch ungeklärt ist, wer im Falle der Stillegung oder Zerstörung von WEAs die anfallenden, erheblichen Entsorgungskosten zu tragen hat.
bb Sind die dargestellten Belastungen durch den Zweck des EEG gerechtfertigt?
Das EEG verfolgt nach seinem § 1 den Zweck,
1. eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen,
2. die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch unter Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern,
3. Klima, Natur und Umwelt zu schützen,
4. einen Beitrag zur Vermeidung von Konflikten um fossile Energieressourcen zu leisten und
5. die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern.
6. Zweck des Gesetzes ist ferner, dazu beizutragen, den Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromversorgung bis zum Jahr 2010 auf mindestens 12,5 Prozent und bis zum Jahr 2020 auf mindestens 20% zu erhöhen.
1. Nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung:
Dr. Klaus Rauscher, CEO bei Vattenfall Europe, Europas fünftgrößtem Energieversorger, erklärt in der Zeitschrift CHEManager vom 20.04.2005, der starke Zubau von Windkraftanlagen in Deutschland gefährde die Versorgungssicherheit. Windenergie falle in stark schwankendem Maße an, der Strom aus der Steckdose solle aber verläßlich vorhanden sein. Also müßten die Schwankungen unentwegt ausgeregelt werden, um die notwendige Spannungskonstanz in den Netzen zu halten, ein technisch höchst anspruchsvoller Prozess.
Nach Aussagen von Experten nimmt mit zunehmender Einspeisung von Windenergie in das Netz das Risiko eines Zusammenbruchs der Stromversorgung zu. Von der deutschen Stromwirtschaft wird zur Vermeidung eines großen Blackouts seit geraumer Zeit gefordert, die Windparks ggf. abzuschalten, wenn die Netzstabilität z.B. bei starkem Wind gefährdet ist. Auch die DENA-Studie spricht diese Problematik an (Vgl. Seite 10-12 der anliegenden Kurzfassung). Für ein hochindustrialisiertes Land wie Deutschland mit hoher Abhängigkeit von einer konstanten Stromversorgung birgt der forcierte Ausbau der Windenergie unübersehbare Risiken.
Die als Gesetzeszweck aufgeführte nachhaltige Energieversorgung wird also gerade nicht erreicht, sondern insbesondere durch den zügellosen Ausbau der Windenergienutzung gefährdet.
2. Verringerung der volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung:
Unter Berufung auf die DENA-Studie hat Wirtschaftsminister Wolfgang Clement den geplanten Ausbau der erneuerbaren Energien als sehr teuer bezeichnet (ZDF vom 19. 01. 2005). Der Ausbau der Windenergie führt nicht dazu, dass herkömmliche Kraftwerke entbehrlich werden. Weil Windenergie wie auch Solarenergie keine verläßliche Energien sind und weil Strom in großer Menge nicht speicherbar ist, müssen zur Sicherung der Versorgungssicherheit herkömmliche Kraftwerke weiter vorgehalten werden. Sie werden nicht etwa in dem Maße entbehrlich, in dem die Nutzung der Wind/Solar Energie steigt. Sie müssen als "Schattenkraftwerke" in Reserve bereit stehen für die Zeit, wenn der Wind ausfällt oder die Sonne nicht scheint. Wie oben dargestellt verursachen die Bereithaltung dieser Regelenergie und die sonstigen technisch bedingten Vorkehrungen einen Aufwand von 2,4 Cent pro Kilowattstunde bei der Nutzung der Windenergie. Die Erzeugungskosten für Strom durch herkömmliche Kraftwerke liegen bei 3 Cent pro Kilowattstunde!
Im Hinblick auf die vom EEG bestimmte vorrangige Abnahmepflicht für Strom aus WEAs müssen die herkömmlichen Kraftwerke ständig in ihrer Leistung variieren, um die Schwankungen im Netz aufzufangen, eine Situation, die ökonomisch und ökologisch widersinnig ist. Die ständige Veränderung der thermischen Prozesse in den Kraftwerken ist kostenintensiv und führt darüber hinaus wegen nicht optimaler, weil nicht kontinuierlicher Verbrennungsprozesse zu stärkeren Umweltbelastungen. Daher kommt es bei nur kurzzeitigen Windvorhersagen zu der kuriosen Situation, dass Kohlekraftwerke ihre Kessel weiter durchgehend befeuern und den überschüssigen Dampf in die Atmosphäre blasen. Das EEG verpflichtet die Netzbetreiber nämlich, in jedem Fall den Windstrom vorrangig aufzunehmen.
Die ökonomische Unsinnigkeit wird ferner deutlich, wenn man sich vor Augen hält, dass bei starkem Wind der von WEAs produzierte, vom heimischen Netz nicht mehr aufnehmbare, aber hoch subventionierte deutsche Öko-Strom zu Preisen weit unter deutschem Marktniveau beispielsweise in das französische Stromnetz überfließt.
Dänemark, eines der klassischen Windländer, hat den weiteren Ausbau von WEAs gestoppt. Der dänische Industrieverband erklärte jüngst, dass sich die Windenergie für die dänische Industrie als äußerst kostspieliges Desaster entpuppt habe.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung durch die Nutzung erneuerbaren Energien nicht verringern sondern drastisch erhöhen, so dass auch insoweit der Zweck des EEG gänzlich verfehlt wird.
3. Klima-, Natur- und Umweltschutz:
Abgesehen davon, dass in der Wissenschaft zunehmend darüber gestritten wird, wie der anthropogene Einfluß auf das Weltklima zu bewerten ist, besteht unter Fachleuten inzwischen Einigkeit, dass der verstärkte Ausbau der Windenergienutzung nur einen unwesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsminister für Wirtschaft und Arbeit kommt in einer Stellungnahme zur Förderung erneuerbarer Energien Anfang 2004 (Anlage 6) zu dem Ergebnis, dass unter Einbeziehung der Folgen eines funktionierenden Marktes für CO2-Emissionslizenzen die Förderung der Windenergie ökologisch nutzlos und volkswirtschaftlich sehr teuer und das EEG demgemäß aufzuheben sei. Die bereits zitierte DENA-Studie hat ermittelt, dass zwischen 41 und 77 EUR in Windkraft investiert werden müssen, um den Ausstoß von einer Tonne CO2 zu vermeiden. An der Börse ist ein Emissionszertifikat, das zum Ausstoß von einer Tonne CO2 berechtigt, 7 EUR wert!
Schon frühzeitig hatten ernst zu nehmende Kritiker auf die Problematik einer massiven Förderung der Nutzung regenerativer Energien, insbesondere der Windenergie, hingewiesen. Aus den zahlreichen kritischen Stimmen ragt das "Darmstädter Manifest zur Windenergienutzung in Deutschland" (Anlage 7) hervor, das bereits am 01.09.1998 auf einer Pressekonferenz im Presseclub Bonn vorgestellt wurde. Über 95 Hochschullehrer und Schriftsteller wandten sich darin gegen die mit der Nutzung der Windenergie verbundene Zerstörung der Landschaft und Belastung für Mensch und Tier sowie weitere Nachteile. Mit der Windenergienutzung werde eine Technologie gefördert, die für Energieversorgung, Ressourcenschonung und Klimaschutz völlig bedeutungslos sei.
Das "Spiegel" Heft 14/2004 mit dem Titel "Der Windmühlenwahn- Vom Traum umweltfreundlicher Energie zur hochsubventionierten Landschaftszerstörung" stellt die Problematik ausführlich dar (Anlage 8).
Die massenhafte Errichtung von WEAs hat zu einer "Verspargelung" der Landschaft geführt und das Bild gewachsener Kulturlandschaften verunstaltet. Sie stellt eine zunehmende Gefahr für die Vogelwelt dar. Im Jahr 2004 fanden Helfer des Landesumweltamtes Brandenburg 700 tote Vögel unter 200 WEAs. Geräusche und Vibrationen von WEAs und ihre Wirkungen auf Mensch und Tier lassen inzwischen auch Naturschutzverbände gegen den weiteren Ausbau der Windenergie Stellung beziehen. Die Zahl von Bürgerinitiativen gegen Windräder geht in die Hunderte.
Der vom Gesetz verfolgte Klima-, Natur- und Umweltschutz wird also nicht erreicht und zum Teil sogar in sein Gegenteil verkehrt.
4. Beitrag zur Vermeidung von Konflikten um fossile Energieressourcen:
Wie dargestellt, wird durch den Ausbau der Windenergienutzung wenn überhaupt dann nur geringe Kraftwerkskapazität entbehrlich. Die Schonung fossiler Energieressourcen kann nach Expertenmeinung sehr viel effektiver durch Modernisierung der vorhandenen, den Bau neuer Kraftwerke oder durch Energieeinsparmaßnahmen erfolgen. Der genannte Gesetzeszweck entpuppt sich daher mehr als ideologischer Programmsatz, denn als realistische Zielvorgabe.
5. Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien fördern:
Im Hinblick auf die dargestellte Ineffizienz der flächendeckenden Nutzung regenerativer Energien in einem hochindustrialisierten Land wie Deutschland führt die Weiterentwicklung entsprechender Technologien, die an Naturgegebenheiten wie der Volatilität von Wind und der Nichtspeicherbarkeit elektrischer Energie nicht vorbei können, unter Verschwendung von Geldern nur weiter in die technologische und energiepolitische Sackgasse.
6. Erhöhung des Anteils Erneuerbarer Energien an der Stromversorgung bis zum Jahre 2010 auf mindestens 12,5 % und bis zum Jahr 2020 auf mindestens 20 %:
Die Erreichung dieses fragwürdigen Ziels ist nur unter Einsatz immenser Finanzvolumina zu Lasten anderer dringender Aufgaben möglich und dürfte die Leistungsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft überfordern mit allen sich daraus ergebenden dramatischen Konsequenzen. Die Abwanderung von weiteren energieintensiven Industrien aus Deutschland ist vorprogrammiert.
Abwägung
Die Probleme, die ein forcierter Ausbau der verstärkten Nutzung regenerativer Energien, insbesondere der Windenergie mit sich bringt, lagen von Anfang an auf der Hand, waren zumindest sehr bald erkennbar. Der Gesetzgeber hat nicht die entsprechenden Konsequenzen gezogen, sondern im Gegenteil der weiteren Entwicklung seiner Energiepolitik hohe Priorität gegeben. Er beteiligt die Stromverbraucher an den Lasten einer Energiepolitik, die von Experten als Fehlentwicklung bezeichnet wird.
So fällt der Direktor des Energiewirtschaftlichen Instituts der Universität Köln, Prof. Dr. Carl Christian von Weizsäcker, nach einer Meldung der Siegener Zeitung vom 06.11.2004 ein vernichtendes Urteil über die Zukunft der erneuerbaren Energien. Deutschland leiste sich das volkswirtschaftlich unvernünftige "Wohlstandshobby einer milliardenschweren Förderung" der erneuerbaren Energien. Es heiße, Abschied zu nehmen von dem teuren Heiligenschein, den die erneuerbaren Energien heute trügen. Wollten Deutschland und die EU wirklich eine sinnvolle Klimapolitik treiben, dann sei auch hier vor allem eines gefragt: Eine nüchterne Kostenrechnung.
Die Annahme, Ballungsgebiete wie Mexiko-City, Wuhan (China) oder Kalkutta würden sich energetisch aus Windrädern und fotovoltaischen Anlagen speisen, sei kabarettreif.
Auch das Bremer Energie Institut stellt fest, dass die Subventionen für Windkraft viel zu hoch seien und fordert eine Reduzierung der Förderung um 80%.
Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung in Essen und das Institut für Wirtschaftsforschung Halle gehen davon aus, dass der Ausbau der Windenergie mehr Arbeitsplätze vernichtet als schafft.
Da der vom EEG verfolgte Zweck nicht, wie dargelegt, als höherrangig oder vernünftig angesehen werden kann, ist der Eingriff in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte wirtschaftliche Betätigungsfreiheit der Bürger in Form gesetzgeberisch veranlaßter überhöhter Strompreise nicht gerechtfertigt und damit verfassungswidrig.
b EEG als Sonderabgabe zu Lasten der Beschwerdeführer verfassungswidrig
Art. 2 Abs. 1 GG stellt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts inhaltlich eine grundrechtliche Verbürgung dar, durch die öffentliche Gewalt nicht mit einem Nachteil belastet zu werden, der seinen Ursprung und seine innere Rechtfertigung nicht in der verfassungsmäßigen Ordnung findet oder umgekehrt nur aufgrund solcher Vorschriften mit einem Nachteil belastet zu werden, die formell und materiell verfassungsgemäß sind (Maunz-Dürig a.a.O. Art. 2 Abs 1 RdNr. 12).
Der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat in seinem bereits oben zitierten Beschluß die gesetzlichen Regelungen zum "Kohlepfennig", durch die die Stromverbraucher mit den aus der energie- und wirtschaftspolitisch gewollten Kohleverstromung resultierenden Kosten belastet wurden, für verfassungswidrig erklärt. Die entsprechenden Regelungen des Dritten Verstromungsgesetzes wurden als unzulässige "Sonderabgabe" gewertet. Eine Sonderabgabe sei nur unter engen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen zulässig und dürfe nur eine Gruppe belasten, die der zu finanzierenden Aufgabe besonders nahestehe. Andernfalls müsse die Finanzaufgabe von der Allgemeinheit, d. h. aus Steuererträgen finanziert werden. Der zweite Senat wörtlich:" Der Kohlepfennig belastet die inländischen Stromverbraucher, die lediglich ein gemeinsames Interesse an einer Stromversorgung kennzeichnet, das heute so allgemein ist wie das Interesse am täglichen Brot. Der Kreis der Stromverbraucher ist nahezu konturenlos und geht in der Allgemeinheit der Steuerzahler auf. Diese Verbraucher trifft keine besondere Verantwortlichkeit für die Finanzierung der Kohleverstromung. Die Sicherstellung der Strom- und Energieversorgung ist ein Interesse der Allgemeinheit, das nicht durch eine Sonderabgabe finanziert werden darf."
Der Kohlepfennig wurde seinerzeit als prozentualer Aufschlag auf den Strompreis erhoben, um die Verstromung heimischer Steinkohle zu ermöglichen, die gegenüber Importsteinkohle nicht mehr konkurrenzfähig war. Der Aufschlag auf den Strompreis betrug im Bundesdurchschnitt 8,5 % und belastete die Verbraucher mit rund 7 Milliarden DM jährlich.
Die vom zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluß zum Kohlepfennig getroffenen Feststellungen sind auf den vorliegenden Fall direkt übertragbar. Die mit dem EEG und seinen Vorläufergesetzen verfolgte Energiepolitik muß aus allgemeinen Steuermitteln finanziert werden und kann nicht zu Lasten der Stromverbraucher gehen. Die EEG-bedingten Mehrkosten stellen für diese eine verfassungswidrige Sonderabgabe dar. Das EEG greift durch sie in die von Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit der Beschwerdeführer in unzulässiger Weise ein und ist deshalb verfassungswidrig.
Ich bitte das Bundesverfassungsgericht, antragsgemäß zu entscheiden.
Sieghart Lerche, Rechtsanwalt
(Unterschrift)
Beigefügt: Vollmachten der Beschwerdeführer
Anlagen 1-8
Federführend für die Beschwerde ist der
Verband für Gesundheits- & Landschaftsschutz e.V. * Unabhängig * Neutral * Überparteilich *
VGL e.V.
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