Süddeutsche Wohnwirtschaft
Haus & Grund
Das Hauseigentümer-Magazin in Baden
Redaktion
Betr. Energiespardiskussion und Infos in 8/06
Sehr geehrte Redaktion,
mit großem Interesse habe ich in Ihrer aktuellen Ausgabe die
verschiedenen, teils sehr widersprüchlichen Positionen zum
Energiesparen und dem künftigen Energiepass gelesen. Als
Ingenieur und auch auf Vorträgen für H&G
Rheinland-Pfalz befasse ich mich seit vielen Jahren mit diesen Themen.
Die Theorie und Praxis klaffen hier leider geradezu extrem auseinander.
So wird gebetsmühlenhaft - sogar von Ingenieursseite -
behauptet, daß "dicke Mäntel" mit einer
Wärmedämmung am Haus vergleichbar wären.
Diese zunächst einleuchtende These übersieht aber,
daß ein winddichter Mantel wie auch das Eisbärfell
oder gar die ADAC-Rettungsdecke aus Alu mit nur geringer Dicke
auskommt. Wer den U-Wert eines Wintermantels mal berechnet, stellt
schnell fest: Die Windabweisung, seine
Wärmestrahlungsreflektion und die geringe
Kontaktfläche zur erwärmten Haut bei gleichzeitiger
Durchlässigkeit für die abgegebene Feuchte liefern
den Wärmeschutz, nicht sein geradezu lächerlich
schlechter U-Wert, nach dem man schnell erfrieren
müßte. Beim Haus dagegen muß entsetzlich
viel Dämmstoff aufgebracht werden, um rechnerisch
zulässige Werte zu erreichen. Dämmen und Dichten nach
EnEV ist folglich sehr teuer. Bei Häusern mit
üblichem Durchschnittsverbrauch (ca. 160 bis 180 kWh/qm Jahr
nach aktuellen Statistiken) und folglich geringem Einsparpotential
rentiert sich das auch bei deutlich teureren Energiepreisen nicht - es
greift dann die dafür vorgesehene EnEV-Ausnahme im §
17.
Die den Dämmfanatikern offenbar unbekannte Hyperbelfunktion
des U-Werts vernichtet auch die rechnerische Effizienz immer dickerer
Dämmstoffschichten rasend schnell. Mehr und mehr bringt
deswegen unerbittlich weniger und weniger. Schon bei ca. vier bis sechs
Zentimetern Dämmschichtdicke ist die Effizienzgrenze erreicht,
alles darüber ist Augenauswischerei. Die Praxis zeigt auch,
daß nachträglich mit
Wärmedämmverbundsystem (WDVS) beklebte Fassaden oft
keine Energieeinsparung bewirken und schnell auffeuchten. Entsetzlich
viele Quadratmeter gedämmter Fassaden stehen schon
grün herum. Warum? Ohne Speichermasse kühlen sie im
Strahlungsausgleich mit dem eisigen Nachthimmel mangels Speichermasse
jede (!) Nacht schnell unter Lufttemperatur und speichern Kondensat aus
der ebenfalls abkühlenden Nachtluft ein, bis zur
Volltränkung, Veralgung und winterlichen Befrostung. Das
überleben solche Konstruktionen nicht lange schadensfrei. Die
inzwischen propagierte Vergiftung der Fassadenfarben gegen Algenbefall
kann das nur kurzzeitig kaschieren - Regen wäscht die
toxischen "Fungizide" aus und deponiert sie im Vorgarten. Im
klatschnassen Mantel wird auch eher gefröstelt als wohlig Energie gespart. Klimaschutz brutal.
Da der U-Wert normgemäß nur im stationären
Zustand gilt, am Bauwerk jedoch ständige Aufheiz- und
Abkühlvorgänge stattfinden, kommt es genau auf die im
Labor-U-Wert unterschlagene Speicherfähigkeit an: Nur
Massivbauten lassen die absorbierte Wärmestrahlung aus den
teuer aufgeheizten Innenbauteilen nicht sofort entweichen und speichern
die Solarstrahlung heizkostenmindernd ein - eigentlich eine
Binsenweisheit. Unser "Lichtenfelser Experiment" hat schon nach wenigen
Minuten Wärmebestrahlung von vier Zentimeter-Baustoffplatten
gezeigt, wie schnell die Temperatur durchdringt: + 40 Grad hinter
Mineralfaser-Dämmstoff, +/- 0 Grad hinter Holz, + 2,5 Grad
hinter Vollziegel. Dämmbaracken sind genau deswegen im Winter
schnell kalt, im Sommer schnell heiß.
Wer richtig Energie sparen will, muß aber erst mal richtig
heizen: Die übliche Konvektorheizung mit Nachtabsenkung
erwärmt vorwiegend die flüchtige Raumluft und
verpulvert deswegen viel Heizenergie. Was nächtens
auskühlt, muß mit schlechtem Wirkungsgrad
täglich wieder nachgeheizt werden. Strahlungsheizungen mit
stetigem Heizbetrieb wie die Hüllflächentemperierung
erwärmen dagegen vorwiegend die Gebäudehülle
und kommen folglich mit geringeren Raumlufttemperaturen aus. Autofahrer
wissen: Die Stadtfahrweise mit dauerndem Bremsen und Gasgeben
verschleudert im Vergleich zur günstigen Dauergeschwindigkeit
viel mehr Sprit. So ist es auch beim Heizen. Auch die trägen
Fußboden- und Wandheizungen vernichten viel Energie mit der
für den Nutzer unnötigen Erhitzung tiefer
Bauteilschichten. Sinnvoll wäre dagegen die direkte,
unverschattete Abgabe der elektromagnetischen Wärmestrahlung
von den Heizflächen. Wer würde denn vergleichsweise
seine Neonröhren einputzen, bis die Wand müde
schimmert? In der Heizungsbranche haben sich diese simplen Tatsachen
aber noch nicht überall herumgesprochen. Obwohl sie
für den Kunden bei höherer Effizienz deutlich weniger kosten.
Energiesparen wäre so einfach - mit Dämmstoffmaximierung hat es aber nichts zu tun. Deshalb
Vorsicht vor U-Wert-Aposteln, auch bei sogenannten "neutralen Energieberatern"!
Dipl.-Ing. Konrad Fischer
Hochstadt am Main
Leserbrief
zu "Energiesparen mit Glas" und "Mit Fassadendämmung Heizkosten mindern" im "Umbau - Ausbau - Modernisierung spezial" am 19.7.06:
"Richtige Werte nur über den Verbrauchspass
Mit Interesse habe ich heute in der NP gelesen: "Mit einem modernen
Wärmedämm-Verbundsystem (WDVS) sind Energieeinsparungen von 50 Prozent problemlos zu erreichen" und
"Modernes Isolierglas hat eine hauchdünn aufgedampfte Edelmetallschicht im Scheibenzwischenraum. Diese Schicht lässt
die Wärmestrahlung nicht nach außen und verbessert
den Wärmeschutz im Vergleich zu unbeschichteten Isolierglas um
das Dreifache!" Der prüffähige Abrechnungsnachweis für derartig ungeheuerliche Dämmwirkung ist mir
zumindest bisher unbekannt geblieben. Solche Aussagen könnten
jedoch den skeptischen Hausbesitzer überzeugen, die horrenden Kosten für eine nachträgliche
Fassadendämmung und den Fensteraustausch auf sich zu nehmen.
Zwei aktuelle Untersuchungen des Deutschen Siedlerbundes an tausenden
Einfamilienhäusern seiner Mitglieder brachten ein ganz anderes
Ergebnis: Weder verbrauchten diese im Schnitt so viel Heizenergie, wie
es die utopische Wärmebedarfsberechnung vorgaukelt, noch
schnitten nachträglich gedämmte Häuser
besser ab. Ebenso eine langjährige Untersuchung an drei
gleichen Großwohnbauten in Hannover (Am Tollenbrink): Das
für eine halbe Million Euro mit einem WDVS gedämmte
Gebäude verbrauchte danach nicht weniger, sondern sogar
zunehmend mehr als seine ungedämmten Nachbarn. Pech für die Mieter, die nun zusätzlich mit der
dämmbedingten Modernisierungsumlage belastet werden. Am alten
Nürnberger Rathaus ermittelte jüngst der Bauphysiker
Wolfgang Sorge mit der Wärmebedarfsberechnung für den
Energieausweis (Bedarfspass) 25 Liter Heizöläquivalent als
Jahresbedarf pro Quadratmeter, der tatsächliche Verbrauch des
ungedämmten Massivbaus war aber 12,2 Liter. Nur der so
genannte "Verbrauchspass" auf Grundlage der Heizkostenabrechnung liefert also realistische Zahlen.
Und was das Fensterglas betrifft: Schon das normale Einscheibenglas ist für
Wärmestrahlung undurchlässig - da braucht es gar keine teure Metallbedampfung. Ganz im Gegenteil: Jede
zusätzliche Scheibe mindert den kostenlosen Energieeintrag durch direktes (Ost-, Süd- und Westseite) und diffuses
(Nordseite) Sonnenlicht - ebenso wie vorgepappte Fassadendämmung. Logische Folge: Es muss mehr zugeheizt
werden. Die Sanierung des Barockschlosses Veitshöchheim durch das Staatliche
Hochbauamt Würzburg mit einer Strahlungsheizung (Hüllflächentemperierung)
belegt das in aller Deutlichkeit. Alle Jahre wieder erstaunt es den
Besitzer - die staatliche Schlösserverwaltung - mit geringem
Energieverbrauch. Ganz ohne Dämmstoffverbau und mit den originalen großen
Einfachfenstern. Auch das ist im Internet nachzulesen."
Dipl.-Ing. Konrad Fischer
Hauptstr. 50
96272 Hochstadt am Main
Nicht gebracht (um Werbewirtschaft nicht nochmal zu kränken?):
Bericht (in Wahrheit die bei dem dpa/gms-Themendienst ("Ratgeberredaktion der dpa-Gruppe") nicht allzu selten zu beobachtende Marketingsschwindelei (wer liefert denn die zugrundeliegenden Marketinginfos fast fix und fertig zum Einbau in die Texte der gms'ler?) für schimmeldichten Fensterschmonz inkl. dann auf einmal zusätzlich überlebensnotwendiger Zwangs-Lüftungstechnik mit pseudoseriös-redaktioneller Aufmachung) Neue Presse Coburg, Immobilienteil 26.6.04, S. 46
Stephanie Hoenig: "Fenstertausch im Altbau"
"Leserbrief
Der Bericht von Stephanie Hönig zum Fensteraustausch im Altbau bedarf einiger Ergänzungen zur wirtschaftlichen und technischen Auswirkung des Fensteraustauschs.
Entgegen der Aussage, daß sich ein Fensteraustausch lohnt, "wenn die Fenster beim Wärmeschutz hinter den heutigen Möglichkeiten zurückbleiben", betragen nach den Erkenntnissen des Initiativkreises Erdgas & Umwelt IEU die berechneten Investitionskosten für die Einsparung von einer Kilowattstunde Wärme mittels neuem Gas-Brennwertkessel 1 Cent, mittels nachträglicher Außenwanddämmung 6 Cent und bei Fensterwechsel 62 Cent (!). Unberücksichtigt bleibt dabei der Energieverlust bei Fensteraustausch. Die damit verbundene geringere Lichtausbeute, der verminderte Solarenergieeintrag und die höhere Raumluftfeuchte sind nämlich allesamt Energiefresser.
Der ARD-Ratgeber Bau hat die fehlende Energiesparwirkung des Fensteraustauschs am 8. Mai 2004 kritisch dargestellt und schreibt auf seiner Webseite: "Solange noch keine seriösen Untersuchungen zur tatsächlichen Möglichkeit einer nennenswerten Energieeinsparung durch den Austausch von Fenstern vorliegen, sollte man sich durch Versprechen der Industrie oder der Politik nicht verwirren lassen. Denn deren optimistische Zahlen beruhen ausschließlich auf Rechenbeispielen und Laborergebnissen. [...] Eine Kostenamortisierung durch Energieeinsparung ist unwahrscheinlich."
Auch die Schimmelgefahr durch überdichte neue Fenster prangert der ARD-Ratgeber an. Sie kann durch häufige Fensterlüftung kaum vermieden werden, da die hohen Luftfeuchten meist schon vor der Stoßlüftung in kühlen Bereichen auskondensieren und dort Schimmel verursachen.
Vorteilhafter wäre eine heiztechnische Umstellung auf energiesparende Strahlungsheizung (Hüllflächentemperierung), da damit die Außenwände systematisch wärmer als die Raumluft werden. Das kann Kondensat sicher verhindern. Außerdem läßt das alte Fenster durch seine ausreichende Fugendurchlässigkeit genug trockene Frischluft einströmen, ohne daß es zu unangenehmen Zugerscheinungen und Überfeuchten kommt. Eine gesundheitliche Gefahr wie bei schnell verkeimten und stromfressenden Lüftungsanlagen mit ständigem Reinigungsaufwand ist bei alten Fenstern ausgeschlossen.
Fazit: Fensteraustausch ist energetisch sinnlos und gesundheitlich riskant.
Konrad Fischer, Architekt
Hochstadt am Main
"Sommer kühl - Winter warm
Nicole Pillen von der Deutschen Energie Agentur Berlin behauptet, daß "an der großen Raumhitze Baumängel am Haus wie eine fehlende Dämmung" schuld sein können. Das stellt die Tatsachen geradezu auf den Kopf: Im Sommer leiden ja ausgerechnet Dämmstoffbauten unter allzugroßer Raumhitze, dem typischen "Barackenklima". In speicherfähige Massivhäuser dringt Sommerhitze weit weniger ein. Grund ist die hervorragende Stabilität gegenüber Temperaturveränderungen (die sogenannte "Temperaturamplitudendämpfung"), die nur speicherfähige Baustoffe leisten. Unser in der Neuen Presse publiziertes "Lichtenfelser Experiment", bei dem Baustoffe einseitig wärmebestrahlt wurden, hat gezeigt: Temperaturen wandern nur durch leichte Dämmstoffe schnell hindurch. Massivbaustoffe sind deswegen das sicherste Mittel gegen unangenehme Außentemperaturen - auch im Winter.
Im Sommer kühl, im Winter warm - das Markenzeichen des Massivbaus. Dämmstoffbauten wie Büro- und Baustellencontainer, sogenannte Passiv- und Niedrigenergiehäuser sind dagegen bekannt für ihre mangelhafte Temperaturstabilität, übergroße Raumhitze im Sommer und schnelle Auskühlung im Winter. Deswegen sind ihre Nutzer die sichersten Kunden für teure, energieverschwendende und oft krank machende Klimaanlagen. Auch der vergangene Jahrhundertsommer hat das wieder mal bewiesen.
Konrad Fischer
Architekt
Hochstadt am Main"
1. "Hohe Energie-Effizienz"
Die hohe Energie-Effizienz von Wärmeschutzmaßnahmen
durch Wärmedämmung der Außenwände gegenüber speicherfähiger
Bauart ist bis heute noch nirgends praktisch bewiesen und wird auch von
Dr. Klinkenberg nicht belegt. Weder im Experiment noch durch Vergleichsmessungen
war eine wirtschaftlich sinnvolle Energieeinsparung durch Dämmung
bisher nachzuweisen. Die Ergebnisse z.B. des THERMA-Wettbewerbes (Auftraggeber
Bundesbauministerium), der EMPA-Untersuchung Nr. 136788 "Energiebilanz
von Aussenwänden unter realen Randbedingungen" (wissenschaftliche
Untersuchung ohne Auftraggeber), der "Klimabezogenen Energie-Verbrauchs-Analyse
von Bundesbauten" (Auftraggeber Eidgenössisches Amt für
Bundesbauten, Bern) sowie die publizierten Untersuchungen an der Schule
Bruchsal (Dipl.-Ing. Architekt Wiechmann und Dipl.-Ing. Varsek,
Büro für angewandte Bauphysik, Karlsruhe) zeigen alle: Aus energetischen
und wirtschaftlichen Gründen ist speicherfähiges Massivmauerwerk
der Dämmstoffbauart haushoch überlegen und - der k-Wert weist
keinen mathematischen Zusammenhang mit dem Energieverbrauch auf, für
die Bemessung energiewirksa-mer Baumaßnahmen ist er nicht geeignet.
Wenn Herr Dr. Klinkenberg anderes belegen kann, wäre ich für
eine prüffähige Nachweisführung sehr dankbar.
2. Transmissionswärmeverluste
Die Bedeutung der Transmissionswärmeverluste ist wissenschaftlich
sehr umstritten. Die "wissenschaftlichen Untersuchungen als auch die
empirische Bauforschung", die lt. Dr. Klinkenberg hier Auskunft geben
sollen, sind nicht benannt. Die Messungen im Februar an der Schule Bruchsal
erwiesen, daß im Verhältnis der eingestrahlten zur abgestrahlten
Energie ein Energiegewinn zugunsten des speicherfähigen Mauerwerks
auftritt. Von nennenswerten Transmissionswärmeverlusten, also der
Verluste durch die Wand, kann demzufolge nicht die Rede sein. Außenwände
sind also auch im Winter nicht unbedingt Wärmeverlustflächen.
Kennen wir nicht alle die winterliche Situation in unseren alten Kirchen?
Trotz z.T. langanhaltender Frostperioden treten regelmäßig keine
Minusgrade auf. Der Energiegewinn in den dicken, sehr gut speicherfähigen
Mauern kann hier die Verluste durch Lüftung sowie durch die oft riesigen
Fensterflächen übertreffen! Ist das nicht auch "empirische
Bauforschung" - allerdings ohne jeglichen Vermarktungs- und Meinungsdruck?
3. Wirtschaftlichkeit
Natürlich kann man durch beliebige Zahlenansätze
jeden Unsinn zur wirtschaftlichen Effizienz hochrechnen, wie auch der k-Wert
ja nur in der Rechnung besticht. Die "elementare Analyse", die die Wirtschaftlichkeit der 12-cm-Dämmung beweisen soll,
muß unbedingt veröffentlicht werden. Dann wird man sehen, wie
tauglich die Rechenansätze sind. Bis jetzt gilt jedenfalls noch die
Aussage von Prof. Marquardt, FH Nordostniedersachsen, in der db 4/98: "Ohne
eine Energiesteuer, kombiniert mit Subventionen für den
Wohnungsbau, werden Niedrigenergiehäuser somit auf absehbare Zeit kaum
wirtschaftlich werden". Auch bei der zukünftigen Abfallbeseitigung dieser oft
sondermüllhaltigen Verbundkonstruktionen bietet der Massivbau
wesentliche Vorteile: Er ist langlebiger, seine Stoffzusammensetzung unproblematisch.
Warum muß für unwirtschaftliches, also energieaufwendiges "Wärmedämmen" Steuergeld fließen - gibt es nicht sinnvollere Subventionsziele wie z.B. die verrottenden Altstädte, Kirchen oder Herrenhäuser in den neuen Ländern?
4. Bau- und Gesundheitsschäden durch Dämmung
Hierzu der Stand der Wissenschaft: Prof. Dr.-Ing. habil. Dr. h.c. mult. Dr. E.h. mult. Karl Gertis, Fraunhofer-Institut
für Bauphysik, schreibt in "Bauphysik der Aussenwände", Tagungsband des Internationalen Bauphysikkongresses an der TU Berlin 1997:
"Schimmelpilze an Wohnungswänden (...) sind sowohl am Altbau als auch im Neubau vorzufinden.
Neben der Wert- und Sachbeschädigung ist unter bestimmten Umständen auch die Gesundheit der Bewohner
beeinträchtigt. (...) Daß (trotz einer Verbesserung des Wärmeschutzes) eine verstärkte
Schimmelpilzbildung einsetzt, liegt (...) daran, daß das neue - im k-Wert erwünschterweise
verbesserte - Fenster in der Regel auch einen niedrigen a-Wert (Fugendurchlaßkoeffizient)
aufweist, der nicht erwünscht ist (...). Die Wohnfeuchte schlägt sich dann raumseitig an den sogenannten
Wärme-brückenstellen nieder und führt zur Schimmelpilzbildung (...)." Nicht umsonst
braucht es für wärmegedämmte Häuser plötzlich
den Hauser´schen Wärmebrückenatlas!
Die auch im Viernheimer Beispiel gewählte Bauart mit Wärmedämmverbundsystem wirkt obendrein als Dampfsperre an der bauphysikalisch falschen Aussenseite. Die in die Wand zur kälteren Aussenseite strebende Feuchte reichert sich deshalb in der Wärmedämmung an. Sie durchdringt im Laufe der Zeit jede innere Dampfbremse - vor allem auf bewegungsgefährdeten Ständerkonstruktionen. Die Schwundvorgänge im Bauholz, die nachlassende Wirkung der gängigen Dichtungsstoffe und die typische Verarbeitung am Bau bieten den Feuchteschäden regelmäßig gute Ausbreitungsbedingungen: "Durch mangelhafte Luft-/Winddichtung gelangen Feuchtemengen aus der Raumluft unkontrolliert in die Konstruktion. Dies kann bis zur Zersetzung der Holzkonstruktion führen, ebenso zur Schimmelpilzbildung und zur Durchfeuchtung der Wärmedämmschicht" - so Ekkehard Fritz in: Luftdichtigkeit und Winddichtigkeit, Bauhandwerk 6/98. Die Kunstharzspachtel und -putze nicht nur des Viernheimer Wärmedämmverbundsystems entsprechen im Zusammenhang mit der Dämmung (angenommen Styropor) einer Dampfsperre mit äquivalenter Luftschichtdicke von ca. 84 m! Bauphysikalische Folge: Über kurz oder lang säuft die Dämmung ab, die Konstruktionshölzer verrotten, die Raumoberflächen schimmeln. Hat nicht die Zementindustrie gerade deswegen bemerkenswerten Erfolg mit patentierten Sanierungssystemen für genau diese Fallgestaltung (z.B. Wülfrather Zement)?
Hinzu kommt, daß bei modern-dichten Fenstern die nutzerbeeinflußte "Stoßlüftung" die Raumfeuchte nicht wesentlich beeinflussen kann. Dies zeigen z.B. die Forschungsergebnisse von Prof. Dr.-Ing. Roloff, TU Dresden. Demnach kann nur ein Fenster mit ausreichender Fugendurchlässigkeit erhöhte Raumfeuchte zuverlässig ablüften - oder eine Lüftungsanlage, die energetisch nichts bringt: "In den meisten Fällen liegen die jährlichen Stromkosten installierter Wohnungslüftungssysteme in der gleichen Größenordnung wie die über die rückgewonnene Wärme eingesparten Betriebskosten (oder übersteigen diese sogar!)" - so Dipl.-Ing. Bauer, Lehrstuhl für Heiz- und Klimatechnik, Uni Stuttgart in DAB 6/98.
5. Zusammenfassung
Dämmung an Außenfassaden ist energetisch, technisch
und wirtschaftlich keine glaubwürdige Alternative zur tradierten Massivbauweise
- auch wenn dies marktorientierte Darstellungen immer wieder behaupten.
Wichtig ist gesundes Mißtrauen gegenüber der Hofberichterstattung
und "Auftragswissenschaft", eine offene Diskussion und mehr objektive
Aufklärung in der Fachpresse. Wir als Architekten und Ingenieure bleiben
dem Bauherrn verpflichtet - den Interessen der Bauindustrie dürfen
wir uns nicht unterwerfen. Damit ist ein konstruktives Miteinander nicht
ausgeschlossen, sondern eine bleibende Herausforderung.