Die mit Bauteiltemperierung erwärmte Massivwand bietet eine Stabilisierung des Raumklimas vor Kurzzeitschwankungen und thermisch/hygrischer Überlastung (Risse, Verschmutzung, Durchfeuchtung mit Salzkorrosion, Schimmelbefall, Gesundheitsbeeinträchtigung!) der Wandkonstruktion im Jahresablauf. An kühlen Flächen können ja Unmengen der feucht-warmen Umgebungsluft kondensieren. Die temperiertypische Energiezuführung im Sockelbereich vermindert die dort vorzugsweise als aufsteigende Feuchte mißgedeutete Bauwerksnässe aus Kondensation (Anlagerung Luftfeuchte an kühlen Flächen) und Hygroskopie (salzbedingte Feuchteanlagerung) oder verhindert sie ganz.
Ganz falsch ist also die Annahme, daß ein nicht temperiertes Bauwerk gut haltbar dasteht. Kondensat aus der im Laufe des Jahres oft im Vergleich zu den Bauteiloberflächen wärmeren Luft lagert sich deswegen in die Wände, Böden und Decken, aber auch in Ausstattungsgegenstände, Exponate in Museen, Inventare, Möbel usw. ein und setzt diese einem dauernd schwankenden Temperatur- und Feuchtestress aus. Bei unseren wertvoll ausgestatten ungeheizten Kirchenräumen, Burgen, Schlössern und Museen kann man geradezu zusehen, wie sie deswegen vor sich hin altern, korrodieren und Substanzverluste erleiden. Gerade, wenn zusätzlich Besuchergruppen ihre Atemluft und sonstigen feuchten Ausdünstungen dazuliefern. Ganz schlaue Bauherrn benötigen bzw. bevorzugen hier umfangreiche Datenloggeraufzeichnungen seitens Bauphysikbüros, nur um herauszukriegen, daß es dolle Kondensateffekte beim Eintrag warmfeuchter Frühlings- und Sommerluft in unterkühlte Innenraumbau- und ausstattungsteile gibt. Seien es nun Wände, Böden, Stuckdecken, Altäre, Orgeln, Gemälde, Museumsexponate oder was auch immer.
Bei sehr hoher Salzbelastung kann aber auch die Temperierung die Salzeinwanderung aus dem Putzgrund in den Frischmörtel nicht verhindern. Dann sind feucht erscheinende versalzte Putzflächen - der Grauen vieler warmluftdurchspülter feuchter Keller und ebenerdiger Räume - nicht ausschließbar. Schon bei geringem Feuchtegehalt können leichtlösliche Salze ja in Lösung übergehen. Will man das salzbedingte Schadensbild wirkungsvoll bekämpfen, hilft letztlich nur Materialaustausch der belasteten (historische Viehhaltung, Streusalz?) Bauteile bis zum Mauerwerk. Eine Zwischenstufe ist die Opferputzmethode, für die sich am besten Luftkalkmörtel eignet. Er muß dann eben mehrfach ausgetauscht werden, bis keine wesentliche Nachversorgung aus dem Putzgrund mehr erfolgt.
Das Konvektionssystem mit erhitzter Luft ist also
nicht nur für die Raumschale und den Raumnutzer von Nachteil, auch empfindliche Einrichtungsgegenstände
und wertvoll gestaltete Oberflächen werden durch die so erzeugten
Klimaschwankungen dauerhaft in Mitleidenschaft gezogen. Verstärkt
tritt dieses Problem in museal oder nur zeitweise genutzten historischen
Gebäuden auf. Dort sorgt die Wärme- und Feuchteabgabe des Besucherstroms
ebenso wie von außen "durchschlagende" Klimaschwankungen für ständig wiederkehrende thermische und hygrische
Überbeanspruchung der Raumhüllen und Exponate. Diese alternierende Aufnahme und Abgabe
von Wärme und Feuchte sorgt auch als nur kurzzeitig wirksame Belastung
für nachhaltige Stoffkorrosion und programmiert über kurz oder
lang die endgültige Zerstörung des Ausstattungsbestands.
Ein dramatisches Beispiel dafür ist die grausliche Zerstörung eines
der wertvollsten Museumsexponate, das wir in Deutschland "unser eigen" nennen
- das im Berliner Pergamonmuseum rekonstruierte Ischtar-Tor aus Babylon.
Diesem weltberühmten Tor aus bunt glasierten Ziegeln und reicher Dekoration
mit Ornament, Tier- und Pflanzendarstellungen sowie Inschriften des Nebukadnezar
und Zitaten aus dem Weltschöpfungsmythos "Enuma
elis" geht es im Hauptstadtmuseum schlecht und schlechter. Schon die Rekonstruktion als
solche programmierte die Zerstörung vor. Die SZ berichtet am 22.7.05 auf Seite 15:
"30 Meter der Prozessionsstraße und das kleinere,
14 Meter hohe Vortor waren von den Archäologen zusammengesetzt und rekonstruiert
worden - unter Zuhilfenahme von viel Gips und neuen Ziegeln. Damit war nicht
nur das Fundament für den Ruhm des einzigartigen Museums gelegt, sondern
auch für alle weiteren Probleme. Gips zieht die Feuchtigkeit an - und
davon gibt es in dem unklimatisierten Museum mehr denn je. 30 bis 35 Gramm
Wasserdampf produziert ein Besucher pro Stunde. Im Pergamonsmuseum drängeln
sich aber mehr als 2000 Besucher pro Tag in der Prozessionsstraße,
850000 im Jahr! Mitunter in regennasser Kleidung. Darunter leiden alle Architekturexponate,
die mit Eisendübeln, Gips und Zement zusammengehalten werden. Die Probleme sind seit langem bekannt. [...]
Starke Schwankungen der Luftfeuchtigkeit ... machen dem berühmten babylonischen
Ischtar-Tor zu schaffen. Besonders stark angegriffen ist die Glasur der babylonischen
Fliesenfragmente. [...] nahezu alle Stadien der Glaskorrosion [...]. Manche
[der antiken Fliesen] zeigen lediglich Verfärbungen, bei anderen ist
die Glaskorrosion so weit fortgeschritten, dass die Lasur locker, zum Teil auch vollständig zerstört ist.
Verantwortlich für die Schäden ist vor allem das wechselnde Raumklima,
wahrscheinlich in Korrelation mit Salzresten [Kochsalz und lösliche
Sulfate], die an den antiken Fliesenstücken haften. [...] Der Salzgehalt
wurde durch Waschungen der Fliesenfragmente zwar stark reduziert, doch blieb
ein Rest. Regenwasser, das während und nach dem zweiten Weltkrieg durch
das beschädigte Mauerwerk auch das Ischtar-Tor erreichte, mobilisierte
zusätzlich Salze aus den umgebenden Baustoffen. Sie nehmen die Feuchtigkeit
aus der Luft auf und geben sie wie das Salz auf einer Laugenbrezel bei Trockenheit
wieder ab. Dehnungen und Spannungen der Fliesenfragmente sind die Folge.
[...] nicht nur das Ischtar-Tor kränkelt. Das gesamte Museumsgebäude ist in einem denkbar schlechten Zustand.
[...] Wichtigstes Ziel neben den geplanten Bau- und Restaurierungsmaßnahmen
wird es sein, ein geeignetes Konzept für das Raumklima zu finden. Bisher
schwanken die Werte zwischen 60 Prozent relativer Feuchte im Sommer und
13 Prozent im Winter. Für die korrodierten Glasuren wären Werte zwischen
35 und 42 Prozent ideal. Wie das realisiert werden soll, wird derzeit geprüft
- notfalls müssen die Besucher draußen bleiben."
Ob nun tatsächlich das Wegsperren des Exponats droht oder eine ungeheuerliche Klimamaschinerie typischer Bauart auf Umluftbasis mit kaskadierenden Luftstößen, die ja die Kleinklimaschwankungen in direkter Exponatnähe bestimmt nicht günstig beeinflussen kann, wer weiß das schon?
Dieses oft unbemerkt ablaufende zerstörerische Altern des Materials kann nur durch wirksame Beeinflussung und "Dämpfung" der Klimaschwankungen nicht nur der Raumluft, sondern bis direkt am Exponat gebremst werden. Die übliche Methode über Luftbehandlung mittels Klimaanlage ist dazu nicht geeignet, dies haben umfangreiche Untersuchungen von musealer Seite nachgewiesen. Die willkürlich herumgeschobene Luft aus den vielen Luftauslässen der superteuren Klimaanlage setzt nämlich die Exponate einem unkontrollierbaren zusätzlichen Streß aus - warmfeuchte Klimaluft verursacht ja Temperatur- und Feuchtedehnung an den systematisch untertemperierten Objektoberflächen. Diese Kleinklimaschwankungen werden durch die übliche Museumsklimamessung gar nicht festgestellt. Was nützt schon ein Hygrothermometer bzw. Klimadatenlogger in einer unscheinbar verschwiegenen Ecke, wenn das prächtige Exponat unbemerkt davon kondensatmäßig absäuft und den Salzsprengtest zum 1001ten Male durchläuft? Und all das schon ab Luftfeuchten um die 55 % - der angeblich ideale Höchstwert laut den ganz und gar nicht empirisch abgesicherten Idealklimawerten laut ICOM (Lufttemperatur stabil 18 oC, Luftfeuchte 50% +/- 5%). Dabei kann ein mit den Jahreszeiten sanft und gedämpft gleitendes Innenraumklima viel besser das aus musealer und konservatorischer Sicht gegebene "Optimalklima" (Großeschmidt) verwirklichen.
Genau deswegen enstand ja die Renaissance des schonenden Heizens mittels Temperierung der Hüllflächen im musealen Umfeld (Beratungsstelle für die Nichtstaatlichen Museen in Bayern). Nur eine raum- und objekttemperierende Strahlungsheizung ist technisch in der Lage, die schädigenden Einflüsse aus thermischer Unterversorgung der Bausubstanz, aus nutzungs- und witterungsabhängiger Klimaschwankung nachhaltig zu verringern - als thermische Sanierung und Sicherung des wertvollen Bestands. Und die Regelung kann durchaus aus objektbezogen erforderlichen Feuchte- und Temperaturdaten die die Steuerdaten für den konservatorisch notwendigen Betriebskorridor der Temperieranlage (40-60% RLF, 8/12-22 oC RLT) gewinnen. Natürlich muß dann auch vorhandene Wandversalzung nicht durch überhöhtes Feuchteangebot der Raumluft in Lösung gehalten werden. Bei sinnvollem Betrieb der Temperierung kann der dauernd wechselnde Phasenübergang der Salzfrachten viel einfacher behindert werden. Das kostet dann auch weniger Technikaufwand und Betriebsenergie.
Da bei falscher bzw. fehlender Heizung auch der Wandsockel energetisch unterversorgt bleibt, entstehen dort kondensatbedingte Sockelschäden. Bei starker Fehlfunktion der meist nur während Nutzungszeit betriebenen üblichen Bank-, Dampf, Warmwasser- und Luftheizungen erreicht der staub- und feuchteschwangere Konvektionsstrom jedoch auch locker die Wand-Decken-Zone und verursacht dort Algen-, Dreckkrusten- und Schimmelbefall satt. Neben den sonstigen Effekten durch Fechteschwankung und Schadsalzmobilisierung.
Dieser luftbetonte Heizirrsinn bedroht in historischen Kirchen, Museen und anderen Repräsentationsräumen von Burgen, Schlössern und anderen Baudenkmalen die wertvolle wandfeste Ausstattung (Epithaphien, Reliefs, Fresken, Verkleidungen, Malereien, Seiden-, Leder- oder Papiertapeten, ...) ebenso wie das ortsfeste Inventar bis zur historischen Orgel, in deren untertemperiertem Gehäuse oft beste Zuchtbedingungen für Schimmelrasen bestehen.
Der heizluftbedingten Kondensationsanlagerung an den systematisch kühleren Bauteil- und Inventaroberflächen folgen Dauerfeuchte, Schädlingsbefall der Holzteile, Verstaubung, Schimmelpilz- und Algenbewuchs, Bindemittelkorrosion und hygrische Überanspruchung des Materialgefüges. Bei außenwandhängenden Gemälden zeigen zunehmende Schäden (Malschichtablösung, Schollenbildung, aufschüsselnde Krakelur, Anobienbefall im Rahmen, Beschimmelung der Rückseite bis in die obenliegende Malschicht, usw.) die zunehmende Nähe zur feuchten Wand genau an.
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