Prof. Dr.-Ing. habil. Claus Meier
Architekt SRL
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Niedrigenergie- und Passivhaus im Kreuzfeuer 10
Was aber geschieht?
Trotz dieser klaren Fakten sollte nach dem Willen der Bundesregierung der einmal begonnene bautechnische Wahnsinn durchgezogen werden, bar jeder Vernunft. Ehm rührte hierfür schon seit vielen Legislaturperioden die Trommel und berief sich dabei auf die Konferenz in Rio de Janeiro 1992 und auf die Enquete-Kommission ”Schutz der Erdatmosphäre”. Welch ein doloses Argumentieren, denn gerade die Superdämmungen sind nicht in der Lage, die Umwelt nachhaltig zu entlasten.
Und wer entsorgt eigentlich in Zukunft diesen massenhaften Sondermüll im Passivhaus, Im Niedrigenergiehaus, im Vollwärmeschutz, dem Wärmedämmverbundsystem WDVS und der Dachdämmung, der Zwischensparrendämmung und Bodendämmung? Die Dämmstoffeinbauer haben schon zu erkennen gegeben, daß sie sich auch als Dämmstoffabbauer empfehlen werden – das nächste, noch viel größere Recycling-Geschäft zeigt sich bereits verheißungsvoll am Horizont ab und wird konsequent angegangen.
Oft wird zur Durchsetzung dieser unwirtschaftlichen und unwirtlichen "Dämmstoffhäuser" als Druckmittel und Köder auch die Finanzierung mißbraucht; bei Unterschreitung der Anforderungen gibt es KfW-Fördermittel und / oder KfW-Kredite. Damit werden jedoch Steuergelder nutzlos verschwendet – zumindest nutzlos im Sinne einer Umweltentlastung. Und die Mehrkosten durch Dämmung niemals gedeckt.
Auch Bußgelder von 50.000 Euro sind vorgesehen, um eine ”Nichterfüllung” als gefährliche und bestrafungswürdige "Ordnungswidrigkeit" zu ahnden.
Es wird alles unternommen, um diesen bautechnischen k-Wert-Unfug durchzusetzen. Wissenschaft bemüht sich dabei weniger um Erkenntnisse, sondern liefert lieber Bekenntnisse zu bisherigen Fehlern und konzentriert sich dabei besonders auf die Produktion Verwirrung stiftender Meinungen – und Legislative und Exekutive forcieren dieses Trauerspiel.
Weil all diese Energiesparaktivitäten, die voller sachlicher Widersprüche stecken, rational nicht zu begründen sind, werden in der Bevölkerung Ängste geschürt. Die Klimakatastrophe, der sorglose Lebensabend, das Ozonloch, die Überschwemmung weiter Landstriche, all dies muß herhalten, damit Geschäfte blühen, die, und das ist das Widersinnige und Betrügerische, auf diese ”Bedrohungen” der Umwelt kaum einen Einfluß haben. Auch ein erhöhter Wohlstand wird versprochen.
Wenn Naturgesetze, Mathematik und formale Logik ernst genommen werden, zeigt sich der angeordnete Wärmeschutz als ein mühsam errichtetes und krampfhaft abgestütztes Kartenhaus, das bei rationalem Denken und Handeln der Verantwortlichen längst zusammengebrochen wäre; so aber wird es mit Steuergeldern krampfhaft gehegt und gepflegt.
Dieses dubiose Treiben zwischen Prophetie, Geschäft und Rechtfertigung charakterisiert Karl Steinbuch (Maßlos Informiert – die Enteignung unseres Denkens) recht plastisch:
”In unserer Zeit kommt erstaunlicherweise wieder die archaische Methode auf: die Behauptung, man sehe die Zukunft voraus und wisse, welches Verhalten für sie notwendig ist. Wenn man dieses oder jenes nicht tue - so beschwören uns manche Futurologen - träten katastrophale Folgen ein. Um dieses jedoch abzuwenden, müsse man einfach das tun, was sie vorgeben, es ginge ja um das Überleben schlechthin”.
Daß Anspruch und Wirklichkeit immer weiter auseinanderdriften, ist evident. Allerdings können nur aus einem fundierten Wissen heraus Fälschungen und Tricks erkannt werden. Insofern hat der New Yorker Medienprofessor Neil Postman schon recht, wenn er in seinem Buch ”Die zweite Aufklärung” schreibt: "Man sollte aus dem Geschäft mit der Information aussteigen und sich im Geschäft mit dem Wissen engagieren. Wer über Wissen verfügt, weiß, wie er Informationen einzuschätzen hat, ... und vor allem weiß er, wenn Informationen irrelevant sind". Er spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Informationsschwemme und vom Informationsmüll.
Fürwahr, was sich heute in den Zeitschriften und Vorschriften, in den DIN-Normen und Richtlinien wiederfindet, ist ausgesprochener Informationsmüll – quantitativ und qualitativ.
Es werden beim Energiesparen fundamentale Fehler gemacht, die derart gravierend sind, daß sie schon wieder vielen als ”wahr” erscheinen, denn soviel Unfug hält man ja nicht für möglich. Der große Trugschluß dabei ist der Glaube, Meinung sei Wissen. Die totale Informationsgesellschaft beschreibt Karl Steinbuch (Maßlos informiert, die Enteignung unseres Denken) wie folgt: ”Die Pluralität der Meinungen in den Massenmedien schafft Rechtfertigung für fast alle Verrücktheiten unserer Zeit und vernachlässigt das ”Normale”, auf dessen Existenz unser Zusammenleben beruht” und weiter stellt er fest: ”Es ergibt sich zwangsläufig aus dem gegenwärtigen Umgang mit der Information, der - ähnlich dem Umgang der Alchimisten mit ihren Elixieren - mit Verstand und Verantwortung wenig, mit Unverstand, Täuschung und Betrug aber viel zu tun hat. Wir werden zugleich informiert, verwirrt und betrogen, wir sehen kaum mehr die Wirklichkeit, fast nur noch Kulissen und Spiegelbilder”.
Der Kontrast zwischen vorgegebenem Anspruch und erlebter Realität wird immer größer. Angekurbelte Trends, Posen und politische Schlagworte sind nicht maßgebend, sie sind nur Reklame, entworfen, um Menschen für vorgegebene hehre, jedoch, wie sich leider herausstellt, inhumane Zwecke zu begeistern, auszunutzen und auszuplündern.
Es ist erschütternd und frappierend zugleich, wohin gnadenlose Geldgier den Menschen treibt. Kriminelle Energie und nie zu stillende Habsucht schieben so manches Geschäft an – und viele machen mit in der Hoffnung, vom großen Kuchen auch einen Happen zu erwischen. Falsche Propheten ziehen durchs Land und verdummen das Volk. Es ist beschämend, was alles in einer ”Demokratie”, in unserer Gesellschaft, möglich ist.
Es dominiert die virtuelle Welt des Scheins. Diese Realitäts-Krise ist eine moralische Krise. Sie ist auf allen Gebieten anzutreffen. Entmoralisierte Kräfte kassieren ab.