Vergrünung oder Verschwärzung Ihrer WDVS-Fassade - wie hätten Sie´s denn gern?
Auch das Deutsche Architektenblatt - immer werbekundenhöriger für die "Energiesparbauweise" und mit Papierkörben voller kritischer Leserstimmen - leistet sich in der Ausgabe 10/99 - Bauschädensammlung zwei Fälle, die die "Überlegenheit" des WDVS und die "Redlichkeit" ihrer Befürworter deutlich machen. Es folgen die Kernaussagen:
Dr. Jürgen Blaich, EMPA CH-Dübendorf:
"Außenwände mit Wärmedämm-Verbundsystem 10.1/99
Algen- und Pilzbewuchs
Die gute Wärmedämmung moderner Außenwandkonstruktionen begünstigt den nächtlichen Tauwasserniederschlag auf Fassadenoberflächen während der Herbst- und Wintermonate. Diese Feuchtigkeitsquelle ermöglicht den Bewuchs durch Algen und Pilze. [...]
Das Gebäude wurde im Jahr 1973 als viergeschossiges Mehrfamilienhaus erstellt. [...] Im Jahr 1993 wurden die Fassaden einer umfangreichen Renovation unterworfen. [k-Wert neu: 0,3; 10 cm WDVS] Im Jahre 1996 wurde an der Nordost- und Nordwestfassade der erste Bewuchs beobachtet. Im Jahre 1997 erfolgte an diesen Fassaden eine großflächige Ausbreitung. Auffallend war, daß die Vergrünung über den Dämmstoffdübeln fehlte. [...]
Der geringe Wärmedurchgang und die geringe Wärmespeicherkapazität der dünnen Putzschicht führen [...] während der Heizperiode in klaren Nächten zu einer Unterkühlung der Fassadenoberfläche. Dies hat zur Folge, daß sich während der Nacht Tauwasser oder Eis bilden kann. Diese Feuchtigkeitsquelle ermöglicht vor allem an den nördlichen Fassaden eines Gebäudes den Bewuchs durch Algen und Pilze.
Es zeigte sich generell, daß die tiefen Temperaturen des [nicht speicherfähigen] Wärmedämm-Verbundsystems den Bewuchs ermöglichten und die vergleichsweise höheren Temperaturen der Wärmebrücken [hier: Dämmstoffdübel] den Bewuchs verhindern. [...]
Für das untersuchte Gebäude wurde ermittelt, daß die Voraussetzungen eines Bewuchses gegeben sind, wenn der k-Wert unter 0,7 bis 0,8 W/m2K absinkt. [...] [Erfahrungswerte] zeigen, daß bei den heute üblichen Dämmstoffdicken von 100mm und darüber Bewuchsrisiko besteht. [...]"
Intelligenter Rat des Sachverständigen Dr. Blaich: Dämmung von Alt- und Neubau wie gewohnt, aber zusätzlich Vergiftung der Fassade als Abwehr gegen Bewuchs. Nebenbei: Wo bleibt das Treibhausklima in "klaren Nächten"? Weiter zum Fall 2:
Günter Zimmermann
"Fassadenputz eines Hotels 10.2/99
Dunkle Streifen durch Extruderschaumplatten im Putzgrund
Die Stirnseite der Dachdecke ist mit Extruderschaumplatten bekleidet, die einen hohen Wärmedämmdurchlaßwiderstand besitzen. Dadurch und durch die nur geringe Wärmespeicherfähigkeit des Fassadenputzes kommt es häufig zu nächtlicher Tauwasserbildung. Ständige Feuchtigkeit und organischer Dispersionsanstrich bilden günstige Voraussetzungen für das Wachstum von Pilzen und Flechten, die die Dunkelfärbung verursachen.
[...] Die Stirnseiten der Dachdecke sind bekleidet mit Extruderschaumplatten, während der Putzgrund sonst aus Mauerwerk besteht. Die Dunkelfärbung rührt her von der Besiedlung mit Schwärzepilzen, die dort einen besonders günstigen Nährboden vorfanden: Einmal ein Dispersionsanstrich, der wegen seiner organischen Bindung eher zur Pilz- und Flechtenbildung neigt als ein Anstrich auf Kalk- oder Zementbasis. Zum anderen langfristig starke Feuchtigkeit infolge hoher Wärmedämmung und geringer Wärmespeicherfähigkeit des Fassadenputzes (nächtliche Tauwasserbildung) sowie durch Beregnung in Verbindung mit geringer Trocknungsmöglichkeit [...].
Der Fassadenputz zeigt auch auf den Mauerwerksflächen [wohl "wärmedämmend" zerporte Steine] schwächere Hell-Dunkel-Differenzen, die durch verschieden starke Besiedlung mit Mikroorganismen verursacht sind. Die Lagerfugen des Mauerwerks zeichnen sich heller ab wegen der Wärmebrückenwirkung [KF: d.i. bessere Speicherfähigkeit!] der Mörtelfugen. Hier trocknet die Feuchtigkeit schneller ab."
Die intelligenteste aller Sanierungsvarianten kam dann zur Ausführung: Über die ganze Chose ein WDVS. Auf Wiederbegrünen/-beschwärzen in einigen Jahren! Und das DAB lehrt uns mit seinen Sachverständigen wieder einmal, wie man sogar aus Fehlern dümmer wird.
Allerdings muß man sagen, daß die Betonbranche inzwischen aufgewacht ist: Frech wirbt sie mit den überlegenen technischen Vorzügen der Massivbauweise: "Wo es trocken und gemütlich ist" (DAB 10/99), "Wo man im Sommer nicht schwitzt" (DAB 9/99). Hut ab! Vielleicht ist am sonst doch so wasserrückhaltenden und in der Version Stahl-Beton sich selbst zerstörenden Beton doch etwas Gutes dran?