Udo Mainzer (Hrsg.):
Politik und Denkmalpflege in Deutschland, Jahrestagung der Vereinigung der
Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland, Arbeitsheft der
rheinischen Denkmalpflege 53, Rheinland-Verlag, Köln 2000, ISBN 3-7927-1811-1
Fast 30 hochbrisante Tagungsbeiträge zum Umgang
mit Baudenkmalen in Stadt und Land, zur Rekonstruktionsfrage und zur wirtschaftlichen
Instandsetzungstechnik. Wichtig gerade heute, wo die Grünen (Antje
Vollmer) - in Abkehrung vom Prinzpip der Nachhaltigkeit - die Aufgabe ungeliebter
Denkmale beschwören. Maßgebliche Köpfe der Denkmalpflege
wie die Petzet, Mainzer, Mörsch und Haspel bieten Grundsatzbeiträge,
politische Vertreter wie Staatsminister Naumann liefern Statements, Praktiker
wie Schulze, Hädler und der Autor dieser Seiten nehmen zum aktuellen
Geschehen rund um die Sanierung in pointierter Form Stellung und zeigen
auf, wie Mißverständnisse und Mißerfolge der Denkmalpflege
zu vermeiden wären. Aktuell, spannend und lehrreich, für Denkmalpfleger
in Behörden und Praxis, aber auch für alle Denkmalbesitzer und
-freunde. Mit vielen Abbildungen. (online-Beiträge: Prof.
Schulze: Wie teuer ist Denkmalpflege wirklich? / Konrad
Fischer: Wirtschaftliches Instandsetzen durch erhaltungsorientierte Planungs- und Baumethoden (aktualisiert))
Manfred Steinröx (Hrsg.): Finanzierungsstrategien
für Kultureinrichtungen in Deutschland, Tagungsband der Fachtagung
2001 in Halberstadt, für 25.-- DM bei: Dr.
Steinröx Wirtschafts- und Kommunalberatung, Alte Holstenstr. 42, 21031 Hamburg, T: 040-724609-1, Fax: -2
Besucherzuwachs, erfolgreiches Marketing und dauerstabile Finanzlage - oft die Hauptsorgen privater und öffentlicher
Kultureinrichtungen und Museen. Dieser Tagungsband zeigt Erfolgswege und vorbildliche Lösungen. Praxisnah.
Petzet/Mader: Praktische Denkmalpflege, Kohlhammer 1995, ISBN 3-17-014032-9
Ein wesentliches und auch für Bauherrn nützliches
Werk für den Umgang mit Baudenkmälern. Der Denkmalpflege-Titel
schlechthin, von den vielen Nachahmern bisher nicht überboten. Rezension
H. Thomas (Hrsg.), Autoren E. Hädler, F. Hofmann, S. Mühlbauer,
M. Neumann, A. Peitz, R. Reimer, K.-R. Seehausen, H. Thomas: Denkmalpflege
für Architekten, Vom Grundwissen zur Gesamtleitung, R. Müller
1998, ISBN 3-481-01241-1
Ein gut brauchbares Werk aus der Praxis für die Praxis. Nicht nur für Architekten, sondern auch für Bauherrn
und Behörden lesenswert. Rezensionen
Wenzel, Eckert, Kleinmanns, Reimers: Denkmalpflege und Bauforschung: Aufgaben,
Ziele, Methoden, Sonderforschungsbereich 315 (Erhalten historisch bedeutsamer
Bauwerke - Empfehlungen für die Praxis), Karlsruhe 2000, ISBN 3-934540-03-1
Wer von diesem Werk tatsächlich Empfehlungen für
die Praxis erwartet, wird enttäuscht sein. Dafür erzählen
die universitären Verfasser wieder mal die Geschichte der amtlichen
Denkmalpflege als ideologiegestützter Totalangriff auf den Originalbestand.
Viele abgeschriebene Binsenweisheiten und geschwollene Plattheiten beherrschen
das Büchlein, das ein praxisnahes Fachbuch werden wollte: "Um neue
funktionale Bedürfnisse erfüllen zu können, werden oft Änderungen
an der baulichen Struktur notwendig." (S. 14), "Die Kategorien des
Altbaues weisen ... im Vergleich zum Neubau eine wesentlich höhere
Komplexität auf." (S. 13), "Durch die Beseitigung von Schwachstellen
wird die Leistungsfähigkeit erhöht und dadurch der bestehende
Gebrauchswert des Bauwerks gesichert." (S. 159), et cetera. Zum Thema
Bauforschung dürfen Uralt-Raumromane und einige "formgetreue" Bestandspläne
inventarisationsgeiles Expertentum vorzaubern, das wie immer an der Umsetzung
zum Wohle des Bauwerks - der Pflege des Denkmals eben - scheitern muß.
Das Kapitel "Konzepte" ergeht sich dann in Begrifflichkeiten, die woanders
(z.B. Petzet/Mader: Praktische Denkmalpflege) schon besser erklärt
wurden. Die praktischen Bedürfnisse der Denkmalpflege: Kostensichere
Planung, bestandsverträgliche Bautechnik und eine finanzierbare Reparaturstrategie
bleiben also ebenso ausgeblendet wie die Bedeutung übertriebener Bauforschung
für die Rekowut romantischen Denkmalwahns. Der Denkmalbeamte und der
auf Verwissenschaftlichung seines Metiers erpichte Bauforscher mögen
an der reichen Literaturliste Gefallen finden, dem Praktiker und dem finanzschwachen
Denkmalbesitzer müssen andere Quellen dienen. Resümee: Ein überflüssiges Buch.
Erwin Dietz: Denkmalgeschützte
Gebäude, Historisch-technische Wertmaßstäbe, (expert),
1999, 158 Seiten mit 212 Bildern und 16 Farbtafeln, ISBN 3-8169-1546-9
Ein Kleinod der Denkmalkunde. Für alle, die sich für den Wert und die Kosten von Baudenkmalen in allen ihrer
Teile sowie deren Wiederherstellung bei Abnutzung oder Totalverlust interessieren.
Außerdem: Eine gut gemachte Baugeschichte und Kurzerläuterung
von Stilbegriffen. Wunderschöne und lehrreiche Abbildungen.
G. Klotz/M. Saar: Reparatur in der Baudenkmalpflege. Das Bayerische
Bauarchiv Thierhaupten, mit einem Beitrag von Gert Th. Mader, Arbeitshefte
des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Bd. 101, Karl
Lipp, München 1999, ISBN 3-87490-698-1
Der immer noch aktuelle Stand erhaltender Instandsetzung durch Reparatur.
Von ausgewiesenen Fachleuten, die sozusagen die Front der Erhaltungspraxis
darstellen. Viele Arbeitsbeispiele. Unbedingt empfehlenswert, vor allem
für die denkmalgerechte Instandsetzungspraxis im Schreiner-, Maurer- und Putzergewerk!
G. Eckstein/D. Zimdars: Die ehemalige Deutschordenskirche in Beuggen.
Voruntersuchung, substanzschonende Reparatur und Restaurierung,
mit Beiträgen von Karl Becker u.a., Arbeitshefte des
Landesdenkmalamts Baden-Württemberg, Bd. 6, Theiss 1999, ISBN 3-8062-1463-8
Die aktuelle Instandsetzungspraxis in Baden-Württemberg
an einem herausragenden Sakralbau beleuchtet. Umfängliche Darstellung
von Bauforschung, Restaurierungsgeschichte und Bestandsdokumentation. Das
Restaurierungskonzept bezieht ältere Fassungsergebnisse mit ein. Die
nach Auffassung des Rezensenten auf die typischerweise mißglückte
"Fixierung" mit Wasserglaspräparat aus früherer Restaurierung
zurückzuführenden "weißgräulichen Beläge" der
Malschicht bleiben den Beteiligten offenbar als ungelöstes Rätsel
stehen. Befremdlich die sägerauhen modernen Holzergänzungen am
historischen Dachstuhl. Respekt vor dem Bestand und vorbeugender Holzschutz
hätten hier das inzwischen doch übliche Beihobeln erfordert.
Auch die Mauerrißsanierung mit "Traßzement", die einer kritischen
Anmerkung der Bauforschung quasi nur unter der Hand zu entnehmen ist, mißachtet
die bauchemischen und -physikalischen Probleme historischer Baukonstruktion.
Die Restaurierung der Raumschale greift auf die derzeit gängigen Kunstharzprodukte
für Kleben und Festigen zurück. Die Bauuntersuchung war substanzschonend,
ob das für das Sanierungsergebnis auf lange Sicht ebenfalls gilt?
G. Eckstein: Empfehlungen für Baudokumentationen, Bauaufnahme - Bauuntersuchung,
mit Beiträgen von M. Goer, J. Gromer, U. Henes-Klaiber, H. Schäfer,
Arbeitshefte des Landesdenkmalamts Baden-Württemberg, Bd. 7, Theiss 1999, ISBN 3-8062-1475-1
Wieder einmal ein Ratgeber zur
Bestandsaufnahme (s. Wolf Schmidt [1989]: Das Raumbuch; Architektenkammer Hessen [o.J.]: Bauen im
Bestand, Informationsreihe für Architekten, Heft 17), der durch unbändigen
Regelungsfleiß und empfohlenen Dokumentationsaufwand das Herz der
inventarisationssüchtigen Bauforschung erfreut. Zu den Kosten erfolgt
außer abwehrenden Ausflüchten keine Zahlenaussage, Anhalts-/Vergleichspreise
für den empfohlenen Bezug auf Kubik- oder Quadratmeter Gebäude
fehlen. Sind die offensichtlich als zu hoch empfundenen und dem Außenstehenden
nie plausibel zu machenden Kosten gar zu peinlich? Wie ist der ersehnte
Inventarisationsaufwand denn zu bezahlen? Wie korrespondiert die HOAI mit
den üblichen und durch solche Publikationen verschärften Vergabe- und Förderpraktiken am Baudenkmal?
Nun leistet man sogar noch Hilfestellung, Dokumentationsleistungen formularmäßig "auszuschreiben" (Anhang). Ultima Ratio der Kostensenkung durch HOAI-Befreiung? Geht es nur um formal korrekte Strichzieherei? Weiß die Autorenschaft tatsächlich nicht, wie sehr die Fleißarbeit des Bauaufnehmens vom persönlichen Geschick und Erkenntnishunger des Bearbeiters, vom Beherrschen nicht nur der Aufnahme- sondern auch der Instandsetzungstechnik abhängt und als geistige Leistung einem Preiswettbewerb gar nicht zugänglich ist? Da helfen die gerade in Baden-Württemberg vielbeschworenen "Genauigkeitsstufen" auch nicht weiter. Oder will man nur historische Bauforschung als Erkenntnissport? Die auch gezeigten planungsrelevanten Bauteilanalysen bzw. Maßnahmenkataloge deuten aber in eine andere Richtung. Sie setzen aber intensivste Nacharbeit am grünen Tisch voraus - "baustellengängig" ist das nicht.
Das kritische technische und wirtschaftliche Hinterfragen, inwieweit eine Dokumentationsleistung dem Substanzerhalt wirklich nützt und tatsächlich sinnvoll in feinkörnigste Ausführungsplanung umzusetzen ist, entfällt wie gewohnt. Bunte Bilder, unstrukturierte Fleißarbeitsaufsätzchen und aufgespeckte Tabellen täuschen einen Leistungsstand vor, der nur ausnahmsweise honorartechnisch realisierbar ist. Und das nur durch allergrößte Denkmalzuschüsse - sonst eben nicht.
Die entscheidende Schnittstelle zwischen der gem. HOAI Besonderen Leistung "Bestandsaufnahme" und der Planungsgrundleistung bleibt unbehandelt. Wie steht es um die fachgerechte "Beratung zum Leistungsbedarf", kann das ab jetzt jeder "Denkmalpfleger"? Hat er es je gekonnt? Seite 10: "Dokumentationen sind im Rahmen der jeweils gültigen Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) abzurechnen. Je nach Schwierigkeitsgrad und Aufwand können diese Leistungen als Sonderleistungen mit dem beauftragten Architekten abgerechnet werden." Aha. Zwar besser als Dr.-Ing. (!) Wolf Schmidt, der dem Anfänger hier noch eine HOAI-Mindestsatz unterschreitende Eigenbeteiligung zumutet, aber dennoch kein praktikabler Hinweis. Den Bauherrn wird man so nicht gewinnen. Und den "normalen" Architekten - außerhalb der denkmaltypischen Beziehungskisten - auch nicht. Eigentlich schade, vor allem für die Baudenkmale.
Bezirksamt Marzahn von Berlin, Unt. Denkmalschutzbehörde (Hrsg.):
Die Denkmale in Berlin. Bezirk Marzahn. Ortsteile Biesdorf, Friedrichsfelde
Ost und Marzahn, Lukas Verlag 2002, ISBN 3-931836-73-8
Wer hätte gedacht, welche denkmalpflegerische Raritäten
sich in Berliner Dörfern wie Kaulsdorf, Mahlsdorf oder gar Marzahn-Hellersdorf
verbergen? Natürlich werden die in die Illig´sche Phantomzeit (hier "Slawenzeit" S. 31) und teils darüber hinaus datierten Bodendenkmäler
in alter (nicht nur!) DDR-Tradition angeblichen "Slawen" zugesprochen, die in die wg. "Klimaverschlechterung""fast menschenleeren Gebiete"(S.
34 ff.) einsickerten. Witzig dann der zitierte Hinweis Schepers, wonach
schwarze Küchen "mit Bretterschlot" von Kroatien über Ungarn,
Russland bis zum "Südzipfel Schwedens anzutreffen" sind (S.99). Alles
Slawenbaukunst oder was? So weit sollte man die Primitivlingvorurteile
gegen unsere östlichen Brüder und Schwestern doch nicht treiben
- auch wenn diese selbst sie am heftigsten bedienen. Wo bleibt hier der deutsche Anstand?
Zur noch stehenden Architektur bietet der Bezirk Marzahn
nahezu unbekannte, da bisher unveröffentlichte Juwele der Neuen Sachlichkeit
wie Bruno Tauts Streusiedlung oder das Haus Dittmar. Dieser Moderne ist
auch in St. Martin in Kaulsdorf mit seinem ehem. und drastisch provozierenden
Perathoner-Kruzifix oder dem S-Bahnhof Mahlsdorf zu finden, neben vielen
weiteren bemerkenswerten Bauten vieler Stilepochen.
Besonders zu Herzen gehend der Beitrag über die
Totenkronenbretter: "all dieser Hauch von füh verwelktem Leben..."
- ein bisher kaum aufbereitetes Brauchtum des 18./19. Jhs.. Engagiert auch
der Aufsatz zum Konflikt Neubelegung gegen alte Friedhofkultur im Dorfkirchhof Mahlsdorf.
Mit vielen Kurzberichten aus der Restaurierungspraxis
erhält der Leser Einblicke in das, was man im Berliner Raum
unter Denkmalpflege versteht - von behutsamer Restaurierung über die
Beseitigung ungeliebter Zuwächse bis zur angestrengten Rekonstruktion
abgegangener Einstigkeiten. Eben für Jeden etwas. Insgesamt ein
vorbildliches, reich mit Abbildungen ausgestattetes Denkmalbuch als Beispiel, wie man
seine Sorgenkinder, deren Reize und deren Probleme nicht nur der
eigenen Bevölkerung, sondern auch dem Außenstehenden
nahebringt. Wenn er denn an Kultur überhaupt interessiert ist und bereit ist,
auch manche sonstige Blüte der marxisitischen Parteisprache des Mauermörder-Regimes wie
"wohnungssuchende Umsiedler" (S. 265) für unsere verfolgten und vertriebenen
Überlebenden jüngerer Landräubereien haßerfüllter Nachbarn nebenbei zu schlucken.