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Konrad Fischer: Altbauten kostengünstig sanieren
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Rezension:

Dr. Louis Krompotic

"Relationen über Fortifikation der Südgrenzen des Habsburgerreiches"

Hannover, 1997: Dr. Louis Krompotic - HZ - Verlag, 400 Seiten, durchgehend Kunstdruckpapier, 231 Farbabbildungen, 85 Schwarzweiß-Abbildungen, Zeichnungen, Pläne, Format 49 x 34 cm, Leinen mit Schutzumschlag, im Schuber, ISBN 3-00-001336-9

Soll man Untertanen, von denen „der merer tail arm wittib und waisen, di ire manspersonen von den feindt verloren [...] und an underlass vor den feindten sowol yeczo im frid als vor erschlagen, gefangen und sambt iren vieh und anderer irer armut wegkh verführet werden“ mit grossen baulichen Unkosten schützen? Oder wären besser deren dürftige Befestigungsanlagen „gar nider zu reissen und die hayser hinwegkh zu thuen“ wären, um „damit das geschloss des fester und vor den feundt“ sicherer zu erhalten?

Kriegsbaukunst und Entvölkerung, Spionage, strategisches Denken und Handeln, nüchterne Berichterstattung betreffend Leben oder Tod, Siegesfeier oder Verderbnis, das ist der Stoff, der sich hinter dem etwas sperrigen Titel eines Privat-Historikers, Mediziner seines Zeichens, verbirgt - in einem wertvoll ausgestattenten Druckwerk, das seinesgleichen wohl erst noch suchen muß.

Es geht hier um Fragen, die auch heutige Burgen- und Festungsforscher, früher vor allem die Militärbaumeister im Auftrag einer bedrohten Großmacht interessieren. Auch auf ein Kloster oder eine Kirche vor der Stadtmauer kam es letzteren nicht an, wenn dadurch dem Türckenfeind gefährliche Geschützpositionen vor den Verteidigungsstellungen der habsburgischen Seite verlustig gehen. Sicherheit geht vor, genau daran mangelt es aber an den Südgrenzen des Habsburgerreiches.

So kommt es zur hier erstmals vorgelegten Sammlung von Landkarten, Lage- und Bauplänen, Veduten und detaillierten Objektschilderungen bis zur letzten Falcaunenkugel, einfachen oder „toppelten Nothschlangen“ (Geschütz), Sanierungs- und Ergänzungsentwürfen in Gegenüberstellung zum Baubestand sowie Massen und Kostenermittlungen, die der Wiener Militärverwaltung sachgerechte Entscheidung nahelegen sollen. Ersparnis bietet dabei die Aufgabe gefährdeter Standorte (s.o.), aber auch der Einsatz von „Land Robath“, ein Begriff für Fronarbeit (vgl. russ. Rabota-Arbeit). Nicht nur als ergiebige Bild-, Plan- und Argumentationsquelle zur Festungs- und Stadtbaukunst von etwa 1550 bis 1660, als Martin Stier, Oberingenieur und Hauptmann Kaiser Leopold I. sein Foliomanuskript widmete, sondern weit darüberhinaus liefert das in bester Drucktechnik vorgelegte Werk Krompotic´s der Forschung wichtige Grundlagen:

Im Folioformat (!) gestochen scharfe, teils ausklappbare und zusätzlich vollständig im Detail abgebildete colorierte Landkartenwerke von Innerösterreich (Steiermark, Kärnten, Krain) über Kroatien, Friaul, den Balkan von Rußland bis Bulgarien liefern der Ortsnamenforschung reichlichen Stoff. Die teils erstaunlichen Landschafts-, Orts- und Gebäudeansichten sind von kunsthistorischem Wert, auch für den Liebhaber erzählerischer Malerei und Grafik.

Der Baugeschichtler darf sich im Detailreichtum der Ortsansichten und Einzelgebäude bis zur im Grundriß und Schnitt der Festungswerke wiedergegebenen Aufstellung der Geschütze versenken.

Die geschichtliche Einführung und volkskundliche Stellungnahme des Autors liefern neben dem Einblick ins Umfeld der vorgelegten Quellen auch einen kroatischen Beitrag zur Slawen- / sclavi- und Wenden- / Wandalendebatte. Trefflichst deutsche Wendungen in den Berichten des „Ivo Lenkovich“, die den Landkarten entnehmbare Landesbezeichnung „Servia“ (vgl. lat. servus-Sklave) und die Methode der Sprachkonstruktion (z.B. ital. Porta-Hafen zu kroat. Porat, Capitl zu Kaptol) unterstützen aber auch die Argumente von Schröcke, Wittmann und Wolff, von Jeza und Sergevich.

Die Edition der Berichte Stiers in originaler und in moderner Schreibweise (Grazer „Khöl-bern Viertl“ vielleicht besser Kälber-Viertel als „Khoel-bein-Viertel“, S 12 und 264) und die kroatischen Bildunterschriften der im Original deutschen bzw. italienischen Ortsnamen (Beispiel St. Veit am (Fluß) Pflaum / ital. Fiume / kroat. Rijeka) lassen Sprachentwicklungen sichtbar werden.

Biographische Beiträge zu den Berichterstattern Martin Stier, Giovanni Pieroni, Tobias Kreuzthaler, Johannes Ledentu, Nicolo Angielini und Ivo Lenkovich befreien diese Personen und ihre Zeit aus dem Archivstaub. Ein besonderer Leckerbissen sind diesbezüglich die Auszüge aus Stiers „Trincir-Buch“ Nürnberg 1665:

Dem Leser werden die dort anläßlich des Westfälischen Friedensschlusses 1649 von Carl-Gustav im Rathaussaal und 1650 von Piccolomini auf dem Schießplatz veranstalteten Feierlichkeiten bis in die Einzelheiten der allegorischen Festtrachten (den pompös angerichteten Speisen zugeordnete Bildwerke und Aufzüge) geradezu „aufgetischt“. So trägt man da herbei: „Sechs Schüsseln mit Biancmangiar, darauf nakkichte Bilder / so nur mit weissem Hembdlein angetan“ oder, einige Trachten später: „Sechs Schüsseln mit Schneemilch / sampt ihren Scartocci / worauf ein Jüngling auf einer Banck sitzend / und eine Jung=frau stehend / so ihm den Kopf wäscht“, mit dem Sinnspruch: „MUTUI PAX AUTOR AMORIS - Aus dem neuen Friedenstriebe stammet süsse Wechsel Liebe“. Durch die vollständige Aufzählung der Trachten entsteht eine prächtige Gesamtschau, die den heutigen Nachstellungen historischer Festfreude vielfältigste Anregungen vom Tafeln bis zum Feuerwerk, dem Freund allegorischer Rätsel vergnüglichste Lektüre bietet.

Auszüge aus Stiers für seinen verstorbenen Lehrer Andreas Jungnickel vollendetem Lehrbuch „Schlüssel zur Mechanica“, Nürnberg 1661, runden das lebendige Bild des Militärarchitekten ab. Lesefreude kommt auch hier wieder auf, vor allem bei der „Erklärung des [abgebildeten] Kupfertitels“, eine der ephesischen Artemis verpflichtete siebenbrüstige Mechanica mit Tochter: „... Ihrer Schönheit LustGerüste / Die schneeweissen SilberBrüste / spielen gleichsam sieben mal / Nach der freyen Künste Zahl. / Ihre Tochter zu der Zeiten / Redet durch der Finger Deuten / Daß / wo eine Krafft vergeht / Eine andre neu entsteht / ...“ Diese der antiken Kosmologie folgende Auffassung der schöpferischen Kräfte in allen Dingen kann vielleicht auch im Hintersinn der Abbildung selbst verfolgt werden - wird nicht aus der unteren Hälfte der Mechanica bei längerem Hineinschauen gar eine Elefantenrückseite, mit Fortsetzung im Faltenschwung?

Insgesamt also ein reich ausgestattetes, inhaltlich weit über die militärische Thematik hinausgehendes und den Golddruck des Verlagsemblems (Ruine Karlobag) wohl verdienendes Werk. Es ist seinen Preis vor allem aufgrund des für vielerlei Forschungszwecke einmaligen Quellenumfangs wert, mag auch die Anordnung der Hauptbeiträge mit Anhang und Ergänzungen etwas ungereimt erscheinen. In deutsch und kroatisch erschienen verdient es internationale Beachtung bei Forschern, Burgenliebhabern und Interessenten an Habsburgica.

Konrad Fischer

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