Als das beste aller Denkmalschutzgesetze galt nicht nur in Bayern einst
das bayerische Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler vom
25. Juni 1973 (DSchG). Seine Konzeption und manche seiner Formulierungen
dienten anderen Bundesländern als Vorbilder; die mit der Wiedervereinigung
neu oder wiedererstandenen Länder gingen aber vielfach bewußt
neue Wege und scheuten auch unkonventionelle Rechtskonstruktionen und Verfahren nicht.
Nach nunmehr 25 Jahren Geltungsdauer des bayerischen Gesetzes ist eine Bilanz angebracht, welche Faktoren etwa bei den bisherigen sieben
Änderungsgesetzen zum bayerischen Gesetz gewirkt haben: Die politischen Präferenzen
haben in den Jahren gewechselt; schnell wechselnden Interessenlagen im
öffentlichen und privaten Bereich folgen die Lobbyisten. Die Freistellung
der Denkmalabbrüche von der Baugenehmigungspflicht hat den schwarzen
Peter der Bauverhinderungsbehörde an die vergleichsweise schwachen Denkmalbehörden abgegeben.
Alljährlich an Vorzeigeobjekten begangene Tage des offenen Denkmals
bleiben mehr lokale Ansätze. Auf nationaler deutscher Ebene hat sich
aber mit erfreulicher Kraft das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz
(DNK) als unentbehrlicher Mentor etabliert, ohne dessen unermüdliches
Trommeln für die Belange der Denkmäler weder der hohe Standard
der Bundesgesetzgebung noch die erfreuliche Ausstattung der Finanzhilfen
zugunsten der neuen Länder noch der Ausbau der Steuervergünstigungen
insbesondere im Einkommensteuerrecht erreicht worden wären. Hat der
Bund damit die Initiative in der Kulturpolitik übernommen und die
wenig handlungsfreudigen Länder überholt? Auch die Gesetzgebung
der fünf neuen Länder ist gegenüber den alten auf der Überholspur.
Denn gerade die "im Osten" verstärkt anzutreffenden mißlichen
wirtschaftlichen Umstände haben den politischen Denkprozeß mit
der Erkenntnis gesteuert, welch immenser Wirtschaftsfaktor in der Denkmalpflege
und überhaupt in der Erneuerung und Modernisierung des Altbaubestandes steckt.
Das Denkmalrecht wird in unserem Rechtswegestaat vollzogen: Insbesondere
die Verwaltungsgerichte wurden in zahlreichen Abbruch- und Fensterfällen
angerufen; die Rechtsprechung verfolgt weitgehend klare Linien und verwendet
mittlerweile einen sich formelhaft wiederholenden Kanon von rechtlichen Aussagen zur Ergänzung des oft dürren
Gesetzeswortlauts zu den Genehmigungstatbeständen. Auch andere Gerichtszweige haben zu sehr
denkmalfreundlichen Entscheidungen gefunden.
Schließlich haben förmliche Änderungsgesetze Rechtsbegriffe und Verwaltungsverfahren geändert.
Einzelne Rechtskonstruktionen waren und sind unpraktikabel oder werden
in der Praxis nicht angewendet, wenn auch ihre Beibehaltung unverzichtbar
erscheint. Andere Konstruktionen wurden durch die Rechtsprechung uminterpretiert,
wie z. B. der Entschädigungsanspruch. Manche gesetzliche Definitionen
sind überlebt, wie ein Vergleich mit der Terminologie neuerer Denkmalschutzgesetze
zeigt. Bedauerlicher Endpunkt der damit vorgezeichneten "Entmachtung"
der Denkmalschutzbehörden und des Bayerischen Landesamtes für
Denkmalpflege war die Abschaffung des sogenannten Devolutiveffektes.
Welch ein Rückschritt gegenüber der Rechtslage in einigen Ländern,
die in weiser Vorausschau drohender Sündenfälle die Vollzugsbehörden
an das Einvernehmen der Denkmalämter gebunden haben. Unschwer ist
aber zu erkennen, daß den bisherigen Änderungen des Wortlauts
des bayerischen Denkmalschutzgesetzes kein System zugrundeliegt.
2. "AUS VERGANGENER ZEIT"
Denkmäler sind Sachen aus vergangener Zeit; sie müssen von
Menschen geschaffen sein und ihre Erhaltung muß wegen ihrer geschichtlichen,
künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen
Bedeutung ("Denkmalfähigkeit") im Interesse der Allgemeinheit
liegen ("Denkmalwürdigkeit"). Diese klassische Definition
des Art. 1 Abs. 1 BayDSchG ist gut verständlich, eindeutig und justitiabel;
Zweifel liegen im Detail der folgenden Absätze und haben mittlerweile
eine Kommentierung allein des ersten Artikels von mehr als 30 Druckseiten
entstehen lassen. Dem Zuwachs an Erkenntnis in Folge von Schrifttum und
Rechtsprechung der vorhergehenden zwanzig Jahre haben die ab 1990 erlassenen
Denkmalschutzgesetze der neuen Bundesländer allerdings nur halbherzig
Rechnung getragen. Sie haben ihre Definitionen nur zum Teil bewährten
Formulierungen — meist ihrer jeweiligen westlichen Partnerländer —
nachgebildet, zum Teil sind sie aber völlig neue und sogar unkonventionelle
Wege gegangen. Die Abweichungen vom bayerischen Gesetzestext fordern eine kurze vergleichende Analyse heraus:
Brandenburg erwähnt in § 2 Abs. 2 die technischen Denkmäler
und stellt sie heraus; im bayerischen Gesetz sind diese nur über die
geschichtliche oder wissenschaftliche Bedeutung faßbar. Die Ausstattung
("Inventar") ist erfaßt, soweit sie mit einem Denkmal eine
Einheit von Denkmalwert bildet (Satz 2). Gestaltete Landschaftsteile sind
betont (Satz 3). Abs. 3 definiert Denkmalbereiche: Abweichend vom bayerischen
Ensemble (Art. 1 Abs. 3) kommen sie auch ohne ein Einzeldenkmal aus; auf
das Orts-, Platz- oder Straßenbild wird nicht abgestellt. Als Beispiele
für Bereiche werden aber auch Anlagen genannt, die in Bayern als Einzeldenkmäler
angesehen würden, wie einheitliche Siedlungen, Wehrbauten, Verkehrsanlagen,
Produktionsstätten oder darüber hinaus Landschaftsteile sowie
sogar die Umgebung dieser Bereiche (die gerade in der Praxis der grundstücksscharfen
Ensembleabgrenzung durch den bayerischen Landesdenkmalrat ihren Gegenpol
finden). Die ohnehin sehr weitreichende Definition Brandenburgs wird zusätzlich
um Dimensionen erweitert, wenn als Denkmalbereiche auch Stadt- und Ortsgrundrisse,
Stadt- und Ortsbilder, Silhouetten und Stadträume mit ihren wesentlichen Charakteristika definiert werden.
Mecklenburg-Vorpommern hat sich als Nachzügler
erst im Jahr 1993 zum Erlaß eines eigenen Denkmalschutzgesetzes durchringen
können (vorher galt das Gesetz der DDR).Es hat neben den gebräuchlichen
Bedeutungskriterien auch die Entwicklung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen
herausgestellt (§ 2 Abs. 1). Ausstattungsstücke werden erfaßt,
wenn sie mit dem Baudenkmal eine Einheit von Denkmalwert bilden (§
2 Abs. 3). Denkmalbereiche sind Gruppen von baulichen Anlagen, auch solche
ohne Einzeldenkmal. Beispielhaft werden auch hier genannt Stadtgrundrisse,
Silhouetten, Produktionsstätten, Straßenbeläge, prägende
Objekte der Freiraumgestaltung, jeweils einschließlich der "engeren
Umgebung". Einschränkend wird ausgesagt: "Mit dem Denkmalbereich
wird das äußere Erscheinungsbild geschützt" (Abs.
3 letzter Satz). Die Denkmalliste ist nachrichtlich wie in Bayern. Denkmalbereiche
müssen allerdings von der Unteren Denkmalschutzbehörde durch
Verordnung festgelegt werden, wobei der weite Ensemblebegriff ebenso wie
in Brandenburg der Praxis des Denkmalschutzes eher hinderlich sein dürfte.
Sachsens einheitlicher Begriff des Kulturdenkmals erscheint ebenfalls
sehr fortschrittlich, im Vergleich zu Bayern wiederum sehr weitgehend.
Z. B. sind auch alle Sachgesamtheiten wie Ensembles und Fundkomplexe, aber
auch Spuren von Sachen und ihren natürlichen Grundlagen — was immer
das auch sein mag — erfaßt. Zum Kulturdenkmal gehören kraft
Gesetzes und ohne daß es der Erwähnung in einer Denkmalliste
bedürfte auch Zubehör und Nebenanlagen wie Backofen, Scheune,
Zaun und Tor. Gegenstand des Denkmalschutzes können auch Orte zu geschichtlichen
Ereignissen sein (z. B. Schlachtfelder); dies geht weit über den bayerischen
Begriff hinaus und reicht fast bis zu dem Anliegen, etwa das Münchener
Oktoberfest unter Denkmalschutz zu stellen. Die Definition Sachsens erweitert
sich schließlich sogar auf Ortsansichten, historische Landschaftsformen,
Dorffluren, Haldenlandschaften (Braunkohle-Tagebau), Orte und Gegenstände zu wissenschaftlichen Anlagen oder Systemen.
Sachsen-Anhalt nennt als Baudenkmäler auch gestaltete
Landschaftsteile, produktions- und verkehrsbedingte Reliefformen; Denkmalbereiche
können auch Stadtgrundrisse sein, ferner Ortsbilder, Silhouetten,
aber auch Einzelbauten mit ihrer Umgebung und die wiederum genannten Produktionsstätten
(die in Bayern als Einzeldenkmäler erfaßt werden könnten).
Beeindruckend sind hier insbesondere die Listen der archäologischen und der beweglichen Kulturdenkmäler.
Thüringen stellt als Schutzgrund unter anderem die
historische Dorfbildpflege heraus. Hier begegnet auch wieder der Begriff
Denkmalensemble mit der an Bayern erinnernden Besonderheit, daß diese
zumindest zum Teil aus sonstigen einzelnen Kulturdenkmälern bestehen müssen.
Bei einer Analyse des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes von
1973 anhand eines Vergleiches mit den neueren Gesetzen stechen einige Punkte besonders ins Auge.
a) Ensemble
Das bayerische Gesetz weiß zur Legaldefinition des Ensembles
zunächst nur abstrakt und kurz auszuführen, daß es sich um eine Mehrheit
von baulichen Anlagen handeln muß. Nicht erfaßt werden damit deshalb die in anderen Ländern geschützten
Silhouetten, Ortsbilder, Stadtgrundrisse, Landschaftsteile, Verkehrsanlagen (z. B. umfängliche
Bahnanlagen), Produktionsstätten, Straßenbeläge, die Freiraumgestaltung,
Schlachtfelder, Dorffluren (z. B. der Fall Pfeffenhausen) jeweils als solche.
In Bayern gibt es aber die Möglichkeit, zumindest einheitliche Siedlungen
oder Siedlungsteile, ferner Produktionsstätten, Bahnanlagen oder Straßenbeläge
auch ohne Rückgriff auf den Ensemblebegriff kurzerhand als Einzeldenkmäler
zu erfassen. Ungelöst bleiben in Bayern scheinbar einige Einzelfragen
wie das Ensemble ohne Einzeldenkmal, Ortsbilder, Ortsgrundrisse, Silhouetten
als solche, obwohl zum Teil der Umgebungsschutz herangezogen werden kann, ferner Landschaftsteile und Dorffluren.
b) Gärten: Gartenanlagen sind wohl in Erkenntnis des engen Zusammenhangs
von Umwelt, Naturschutz und Denkmalpflege in den neueren Gesetzen zum Teil
mit ausführlicher Wortwahl als Denkmäler definiert. Im Einzelnen
werden Parks, Friedhöfe, gestaltete Freiräume, Landschaftsteile
mit Pflanzen-, Frei- und Wasserflächen (Brandenburg) besonders herausgestellt.
Über den dürren bayerischen Begriff lassen sich zumindest abstrakt
alle Fälle erfassen, wenn auch Zweifel wegen der Denkmallandschaften wie um die Walhalla bleiben.
c) Die 50er und 60er Jahre Denkmäler aus neuerer Zeit haben bisher
keinen angemessenen Stellenwert in der bayerischen Denkmalpflege, obwohl
sie gerade wegen dieser Mißachtung als Denkmalgattung mehr
gefährdet sind als Denkmäler früherer Epochen. 1973 konnte man sich noch
darauf berufen, daß Sachen nur dann aus einer "vergangenen Zeit"
stammen konnten, wenn sie mehr als fünfzig Jahre alt waren. Die Siedlungen
der 20er Jahre wie die trotz ihrer geschichtlichen Bedeutung und damit
verbundenen Unverzichtbarkeit in der Denkmalliste zögerlich behandelten
Hinterlassenschaften der 30er Jahre glaubte man damit elegant umgehen zu
können. Die Zeit ist fortgeschritten und Bayern wird heute zu tun
haben, Versäumtes nicht nur hinsichtlich der Bauten der 50er Jahre nachzuholen. Die 60er Jahre warten bereits.
d) Ausstattung Der in Bayern erst 1994 eingefügte Ergänzungssatz
zu beweglichen Ausstattungsstücken ist mißglückt. Zweifelsfälle
etwa hinsichtlich zugekaufter Ausstattungen in Schlössern oder Kirchen
lösen sich nunmehr im Sinne einer Erweiterung des gesetzlichen Schutzes.
Gewünscht hätte man sich eine Formulierung, die zumindest nicht hinter den Gesetzen der neuen Bundesländer
zurückbleibt und z. B. auch auf die bestehende "Einheit von Denkmalwert" (so das
neue Berliner Denkmalschutzgesetz von 1995) abgestellt hätte.
Folgerungen aus diesen vergleichenden Analysen zu ziehen, wäre dem bayerischen Gesetzgeber anheimzustellen. Gezeigt haben sich letztlich nur Alterungsspuren an den gesetzlichen Formulierungen. Sie lassen behutsame Korrekturen wünschenswert erscheinen, ohne daß die Notwendigkeit zu einer umfassenden Neubestimmung des Denkmalbegriffs bestünde.
3. BODENDENKMÄLER: NICHT NUR SO ALT
Welch ein Glück für die Wissenschaft, daß 1991 der Oetzi nicht in Bayern gefunden wurde; hierzulande gäbe es keinen Denkmalschutz für ihn, weil es sich bei dem Gletschermann nicht um eine vom Menschen geschaffene Sache handelt — ein Tatbestandsmerkmal des bayerischen Gesetzes, das unter anderem Gegenstände bloßen anthropologischen Interesses vom Denkmalschutz ausschließt. Eine vergleichende Analyse der deutschen Denkmalschutzgesetze fördert aber auch noch weitere bemerkenswerte Tatsachen zur Bodendenkmalpflege zutage:
3.1 Zum Begriff des Bodendenkmals
Bereits im Ansatz unterscheiden sich die Gesetze, weil einige
Länder
nur opera (von Menschen geschaffene), andere auch res (sonstige Sachen)
erfassen. Unterschiedlich ist die weitergehende Einbeziehung von Spuren
des Lebens bis hin zu erdgeschichtlichen Aufschlüssen. Der
gesetzgeberische
Anknüpfungspunkt Bayerns läßt alle nicht
von Menschen geschaffenen
Sachen zumindest außerhalb des Schutzbereiches des Gesetzes,
wie
z. B. Höhlen, die Solnhofer Archäopterixe, alle
Dinosaurierfunde
oder einen Oetzi. Das bayerische Gesetz kennt darüber hinaus
keine
archäologischen Flächendenkmäler (wie
Sachsen-Anhalt), keine
Ensembles von Bodendenkmälern oder archäologische
Reservate (wie
Sachsen). In richtiger Einschätzung der ungeheuren
Popularität
der Archäologie sind die neuen Länder einen
leserfreundlichen
Weg gegangen und haben zum Teil ausführlich
erläutert, was Bodendenkmäler
sind.
Hervorzuheben ist Sachsen-Anhalt, das unter anderem Denkmäler
in Mooren
und Gewässern und einen Katalog mit über 25
Beispielen kennt.
Vom Begriff her gehen weit über die bayerische Rechtslage
hinaus die
archäologischen Reservate Sachsens und die
archäologischen Flächendenkmäler
Sachsen-Anhalts; die bayerischen Grabungsschutzgebietsverordnungen
(Art.
7 Abs. 2) entsprechen diesem Flächenschutz nicht.
Bemerkenswerte Einzelheiten bringen z. B.die in Mecklenburg-Vorpommern
und Nordrhein-Westfalen genannten bloßen
Verfärbungen des Bodens,
Sachgesamtheiten aus Bodendenkmälern in Niedersachsen,
Überreste
der Entwicklungsgeschichte der Erde in Rheinland-Pfalz, Reste von
Menschen
in Sachsen und Sachsen-Anhalt mit seinem Katalog, der u.a.
Denkmäler
der Rechtsgeschichte, Grenzverläufe und Überreste von
Bauwerken
nennt.
Nach einer Analyse dieser durchweg positiv einzuschätzenden
Errungenschaften
der anderen Länder ernüchtert ein Blick
zurück auf die Definition
des bayerischen Gesetzes. Die heute kaum mehr nachvollziehbare
Einschränkung
"in der Regel aus vor- oder frühgeschichtlicher Zeit" ist
nur zum Entstehungszeitpunkt 1973 verständlich. Man wollte
damals
den Denkmalbegriff nicht zu sehr über den Beginn der
Ottonischen Zeit
(Mitte des 10. Jahrhunderts) hinaus ausweiten, um nicht Bürger
und
Politiker zu verschrecken. Das Gesetz ist aber auch hier —
wie so oft —
klüger als der Gesetzgeber und deckt alle Epochen bis zur
Neuzeit
und neuesten Zeit ab. Thüringen zeigt beispielhaft, wie
wissenschaftlich
und technisch mit Funden im KZ Buchenwald umzugehen ist, Berlin
untersucht
die Bunker der Reichskanzlei und Mecklenburg die
Abschußrampen von
Peenemünde.
3.2 Graben und Finden
Graben und Finden sind im Abschnitt III des bayerischen
Gesetzes geregelt.
Vorausschauend erscheint die Zurückhaltung des Gesetzes, das
eigene
Grabungen des Landesamtes nicht vorschreibt, sie aber
ermöglicht.
Grenzen stecken hierfür Personal- und Finanzausstattung, die
sich
aktuell erst aus dem jährlichen Haushalt ablesen
läßt.
Im übrigen ist das Amt auf Mitwirkung und Überwachung
beschränkt.
Die mittlerweile gerade bei technischen Großvorhaben und der
Aufschließung
von Bauflächen praktizierte Einschaltung von privaten
Grabungsfirmen
entspricht dieser gesetzlichen Vorgabe, die wiederum voll im
derzeitigen
politischen Trend zur Entstaatlichung von Aufgaben und zur
Privatisierung
liegt. Daß für private Ausgrabungen und
Aufschließungen
eine denkmalrechtliche Erlaubnis verlangt wird, entspricht
internationalem
Standard. Die Verfahrenspflicht umfaßt in Bayern auch das
Aufspüren
von Bodendenkmälern mittels Sonden wie z. B. Metalldetektoren
mit
dem Ziel der Ausgrabung. Das bloße Mitführen solcher
Geräte
und ihr Einsatz "ohne Grabungsabsicht" ist weder erlaubnispflichtig,
noch verboten, noch mit Strafe bedroht. Erwogen werden sollte eine
Regelung
nach dem Vorbild von Rheinland-Pfalz, das die Erlaubnis bereits
für
Geländebegehungen mit Schatzsuchgeräten verlangt.
Mit der F i n a n z i e r u n g archäologischer Grabungen,
ihrer Auswertung
und restauratorischen Nachbereitung tut sich die bayerische Praxis
wegen
vermeintlich fehlenden exakten gesetzlichen Aussagen schwerer als die
Bodendenkmalpflege
anderer Bundesländer. Die sparsame Personal- und
Haushaltsausstattung
mußte dazu führen, phantasievoll nach
Rechtskonstruktionen zur
Sicherstellung eines qualifizierten Gesetzesvollzugs zu suchen. Das
"Verursacherprinzip"
war in Bayern im Jahre 1973 noch ein politisches Schreckwort; im
Umweltrecht
ist es aber heute allseits anerkannte Grundlage für
Folgenbeseitigung,
Schadensminderung und Finanzierung. Zwar fehlt in Bayern bis heute eine
ausdrückliche Regelung im Denkmalschutzgesetz, doch kann die
Kostentragungspflicht
für den Verursacher oder Veranlasser relativ problemlos ohne
große
juristische Klimmzüge fast in jedem einzelnen Fall verbindlich
begründet
werden: Rechtsgrundlage hierfür ist das 1975 erlassene
Bayerische
Verwaltungsverfahrensgesetz. Nach Art. 36 kommt jeweils die Bedingung
in
Frage, daß ein Maßnahmeträger die
denkmalpflegerischen
Kosten seiner Maßnahme übernehmen muß.
Über diese
Transmission läßt sich die Kostentragungspflicht
für sämtliche
ausgelösten Kosten angefangen von Voruntersuchungen
über Grabung
und Auswertung bis zur fachgerechten Dokumentation den
Empfängern
aller Erlaubnisse, Genehmigungen, Planfeststellungen, Plangenehmigungen
vom Einfamilienhaus bis zur ICE-Trasse auferlegen.
3.3 Das Eigentumsrecht an Funden
Ob der Freistaat Bayern die im Staatsgebiet gefundenen
Bodendenkmäler
überhaupt haben will, könnte angesichts des Fehlens
eines S c
h a t z r e g a l s in Bayern bezweifelt werden. Hier gilt das
Bürgerliche
Gesetzbuch, wonach Funde je zur Hälfte dem
Grundeigentümer und
dem Finder gehören. Nur über Ankauf oder Enteignung
kann sich
der Staat Eigentum verschaffen. Die meisten anderen
Bundesländer haben
sich das große oder kleine Schatzregal mit unmittelbarem
Eigentumsgewinn
des Staates oder anderer öffentlicher Institutionen geschaffen
und damit einen unmittelbaren eigentumsrechtlichen Zugang zu den Funden. Schließlich
ist auf die wenig bekannte Rechtsfolge hinzuweisen, daß Funde
mit der Ausgrabung zu beweglichen Denkmälern werden, die aber
mangels der hier konstitutiv wirkenden Eintragung in die Liste der beweglichen
Denkmäler in Bayern bisher ausnahmslos ohne den weiteren Schutz des
Denkmalschutzgesetzes sind. Baden-Württemberg ist Bayern insoweit voraus.
4. ALTE UND NEUE GRUNDSÄTZE DER DENKMALPFLEGE
Verbindliche oder auch nur anerkannte Grundsätze der Denkmalpflege,
auf die z.B. Rechtsprechung und Behördenpraxis zurückgreifen könnten, haben die Landesämter für
Denkmalpflege nicht entwickeln und formulieren können. Die deutschen Denkmalschutzgesetze
lassen sich kritisch mehrheitlich als reines Verfahrensrecht einordnen. Denkmalbegriff
und Listen als Anknüpfungsmerkmale, einige Verbote und Gebote und
die reichlichen Verfahrensvorschriften zielen auf Gesetzesvollzug. Nur im Hintergrund wird das Anliegen der Erhaltung und Pflege der
Kulturdenkmäler deutlich. Stiefmütterlich behandelt wird deshalb, w i e
Denkmäler zu behandeln sind. So begnügt sich auch das bayerische Gesetz mit
der zumindest einem Laien unverständlichen Formulierung des Versagungsgrundes:
"soweit gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte
Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen". 1973 war dies sicher eine rechtstechnische Meisterleistung einer abstrakten
Gesetzesformulierung. Noch 1992 fand das Denkmalschutzgesetz von Thüringen keine besseren
Worte. Tatsächlich ist aber aus der Praxis zu konstatieren, daß
in kaum einem Fall einer denkmalpflegerischen Maßnahme eine "unveränderte
Beibehaltung" eines Zustandes möglich ist; denn bereits jede Neutünchung sogar mit gleicher Farbe ist eben zugleich
rechtlich eindeutig eine genehmigungspflichtige Veränderung im Sinne des Gesetzes.
Darüber hinaus gibt es keine offiziellen und verbindlichen Richtlinien über die "Grundsätze des Denkmalschutzes". Erst in
jüngster Zeit beginnen Gerichte, ihren Urteilen die fachlichen Postulate
der Materialgerechtigkeit, der Minimierung von Eingriffen und der historischen
Techniken ihren durchaus denkmalfreundlichen Urteilen zugrundezulegen.
Erreicht ist damit die Verbindung zu den Grundlagenpapieren der Charta
von Venedig, der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger und des Deutschen
Nationalkomitees für Denkmalschutz. Erreicht ist damit aber
auch die Schwelle zur Deutung bzw. Umdeutung der oben zitierten Formulierung des
Gesetzes in die Richtung eines allgemeinen Gebotes der Denkmalverträglichkeit:
Maßnahmen an Denkmälern können versagt werden, wenn und soweit sie nicht denkmalverträglich sind.
Erläutern läßt sich dieses Gebot mit Stichworten der Charta
von Venedig wie Wissenschaftlichkeit, interdisziplinäre Aufgabe, zerstörungsfreie
Untersuchungen, Substanzschutz, Erhaltung des Kunstwerts, Erhaltung des geschichtlichen Zeugnisses, Echtheit, Originalität, keine
Stileinheit, Freilegung nur im Ausnahmefall, Schonung, Bewahrung des Rahmens, der Ausstattung,
der Harmonie, Translozierung nur ausnahmsweise, Restaurierung und Konservierung
nur Ausnahme, Minimierung von Eingriffen, Pflege vor Eingriff, Qualitätssicherung,
Verbot der Hypothese, Unterscheidbarkeit von Ergänzungen, Verbot von
Verfälschungen, eingeschränkte Hinzufügungen, eingeschränkte
Zulässigkeit moderner Techniken und Materialien, Trennung der Verantwortlichkeiten,
Dokumentationspflichten. Eröffnet sind damit neue Wege der Argumentation
insbesondere zur Verdeutlichung des denkmalpflegerischen Anliegens in fachlichen
Gutachten und Stellungnahmen, die z. B. den Vollzugsbehörden der Städte
und Landratsämter sowie den Eigentümern erklären müssen,
warum manche Eingriffe nicht zugelassen werden oder warum bestimmte Pflegemaßnahmen
nötig sind. Das moderne Denkmalschutzgesetz von Berlin formuliert
vorbildlich klar, daß die Genehmigung zu erteilen ist, wenn
Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt.
5. VERBOTE, SCHULD UND SÜHNE
Der Denkmalschutz gehört zum weiten Rechtsbereich von Sicherheit
und Ordnung. Einige Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen haben das
ausdrücklich formuliert. Dem bayerischen Gesetzgeber von 1973 war
mit Ausnahme der damaligen vielfältigen, heute allerdings weitgehend
aufgegebenen Bezüge zur Bauordnung wohl auch nicht recht klar, wie
das Gesetz vollzogen werden sollte. Ohne die entsprechenden Befugnisnormen
des allgemeinen Sicherheits- und Polizeirechts sowie das Verwaltungszustellungs-
und Vollstreckungsrechts kämen die Behörden etwa bei der Unterbindung
von nicht erlaubten Eingriffen in Denkmäler oder beim Vollzug von
Instandsetzungsanordnungen nicht weit. Damit muß aber nicht unbedingt
einer "preussischen Generalklausel" das Wort geredet werden,
wie sie Thüringen oder Sachsen als allgemeine Befugnisnorm für
Maßnahmen aller Art zum Schutz von Kulturdenkmälern vorsehen.
Die gesetzliche Überschrift des Art. 6 BayDSchG suggeriert, in Bayern
gäbe es ein generelles Veränderungsverbot für Baudenkmäler,
ihre Umgebung und ihre Ausstattung. Ein solches Verbot gibt es nicht,
der Wortlaut des Gesetzes enthält vielmehr nur die Erlaubnispflicht, also
eine Verfahrenspflicht. Die Rechtslage entspricht weitgehend dem Baurecht;
allerdings gibt es im Denkmalrecht keine Baufreiheit im Sinne eines Rechts
auf Abbruch von Denkmälern; diese Befugnis ist durch die Anknüpfung
an die "unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes" ausdrücklich ausgeschlossen.
Versteckt finden sich einige Sanktionsvorschriften im Denkmalrecht. Handlungen
und wohl auch Unterlassungen (da positive Handlungspflichten bestehen) können untersagt werden, die ein Baudenkmal
schädigen. Trotz akuten Bedarfs fehlt z.B. in Bayern eine vergleichbare ausdrückliche
Befugnisnorm bei den Bodendenkmälern; hier müßte man auf das Sicherheits- und Polizeirecht zurückgreifen. Für
alle Arten von Denkmälern gilt dagegen die Möglichkeit des Verlangens auf
Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes bzw. auf
Instandsetzung. Die Schadensersatzpflicht reicht bis zur Wiedergutmachung des Schadens
"bis zu dessen vollem Umfang", gegebenenfalls also bis zu der
bei strengen Denkmalpflegern nicht übermäßig geschätzten
Rekonstruktion, also zur Neuanfertigung eines Denkmalersatzes.
Zu den Sanktionen zählen schließlich die Bußgeldvorschriften
der Denkmalschutzgesetze, welche die von Tätern und Behörden
gerne vergessenen Strafvorschriften insbesondere des § 304 des Strafgesetzbuches
ergänzen. Wer vorsätzlich und rechtswidrig öffentliche Denkmäler
beschädigt oder zerstört, wird danach mit Freiheitsstrafe bis
zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Auch der Versuch ist strafbar.
Verhängt werden können saftige Geldstrafen zu 5-360 Tagessätzen
von bis zu 10 000,— DM, so daß Geldstrafen bis zu 3,6 Mio. DM möglich
sind. Öffentliche Denkmäler in diesem Sinn sind nach allerdings
nicht unbestrittener Ansicht alle Denkmäler im Sinne der Denkmalschutzgesetze,
weil ihre Erhaltung im Interesse der Allgemeinheit liegt.
6. DENKMALPFLEGE OHNE EIGENTÜMER?
Pflichtige: Die Gesetzgeber des Denkmalrechts haben die Eigentümer als Hauptpersonen weitgehend vergessen. Abgestellt wurde statt dessen nur auf das öffentliche Interesse an der Erhaltung der Denkmäler. So gibt es für Eigentümer hauptsächlich P f l i c h t e n, Erhaltungs- und Instandhaltungspflichten, Nutzungspflichten, Verfahrens-, Anzeige- und Überlassungspflichten, die Pflicht zum Betretenlassen von Grundstücken und Auskunftspflichten. Die Grundrechte der Unverletzlichkeit der Wohnung, der freien Entfaltung der Persönlichkeit und des Eigentums werden eingeschränkt. R e c h t e des Eigentümers werden kaum herausgestellt, sie erschöpfen sich im Recht auf Anregung der Eintragung in die Denkmalliste und im kaum zugesprochenen Recht auf Entschädigung, während es auf Zuschüsse ohnehin keinen Rechtsanspruch gibt. Wohltuend verlangt das Gesetz von Schleswig-Holstein in seiner neuen Fassung von 1996 demgegenüber Rücksicht auf die berechtigten Belange der Verpflichteten und gewährt sogar Datenschutz. Für die Zukunft sollte die Rolle des Eigentümers als des eigentlichen Pflegers eines Denkmals, dem die Behörden als Serviceinstanzen nur Hilfestellung bei der Erfüllung seiner ihm im Interesse der Öffentlichkeit auferlegten Lasten und Pflichten leisten, besser gewürdigt werden. Vorrangig gefragt sind heute ein Zugehen auf den Bürger, Verständnis, Psychologie, kostenfreie Beratung in technischen und organisatorischen Fragen, tatkräftige Hilfe, Steuervorteile und immaterielle wie materielle Zuwendung.
Unzumutbarkeit: Auch die Rechtsprechung geht nicht gerade zimperlich mit den Eigentümern um. Zahlreichen Versuchen, Abbruchgenehmigungen für Baudenkmäler zu erstreiten, haben die Verwaltungsgerichte entgegengehalten, daß im Abbruchverfahren zwar Fragen der Denkmaleigenschaft, der Erhaltungsfähigkeit, der Denkmalverträglichkeit und öffentliche Belange berücksichtigt werden könnten. Hinsichtlich der regelmäßig von Eigentümern ins Feld geführten Unzumutbarkeit der Erhaltung haben die Gerichte jedoch fast regelmäßig abgewunken und die Eigentümer auf den Entschädigungsweg oder auf das Verfahren im Zusammenhang mit Instandsetzungspflichten verwiesen. Was im übrigen die von vielen Eigentümern und ihren Anwälten ins Feld geführte Unzumutbarkeit von ihnen angesonnenen Erhaltungsmaßnahmen anlangt, ist mittlerweile eine feinmaschige Argumentation aufgebaut worden, die einen Eigentümer nur mehr selten aus seiner Erhaltungspflicht entläßt.
Entschädigung: Auch die Hoffnung von Eigentümern auf bare Entschädigung für die vom Gesetz auferlegten Pflichten ist trügerisch. Rechtsanwälte versuchen zwar auf breiterer Basis solche Ansprüche zu konstruieren. Die Rechtsprechung ist aber äußerst zurückhaltend. Die Fragen können hier nicht vertieft werden. Schlaglichter auf die Situation wirft aber die Rückbesinnung allein auf die Geltungsdauer der Denkmalschutzgesetze: Mittlerweile seit 25 Jahren besteht z.B. in Bayern der Pflichtenkatalog zur Erhaltung und Instandsetzung von Baudenkmälern. Die Eigentümer sind deshalb über diese Jahrzehnte schon gesetzlich verpflichtet gewesen, laufend etwas für ihre Denkmäler zu tun. Haben sie in diesen langen Jahren gesetzeswidrig keine Schritte für die Erhaltung getan und nötige Investitionen unterlassen, können sie sich heute kaum auf Unzumutbarkeit berufen, wenn sie zu Reparaturmaßnahmen angehalten werden. Ebenso stehen ihnen in der Regel keine gesetzlichen Ersatzansprüche zu, trotzdem hilft ihnen der Staat mit Zuschüssen und Steuervorteilen
Enteignung: Der stärkste Eingriff in das Eigentum ist die Enteignung, also die hoheitliche Entziehung des Eigentums an einem Denkmal. Die Gesetze eröffnen die Möglichkeit hierzu, wenn eine Gefahr für den Bestand eines Denkmals auf andere Weise nicht nachhaltig abgewehrt werden kann. Von diesem Rechtsinstrument wurde bis heute fast nirgends Gebrauch gemacht, auch wenn öfters Veranlassung dazu bestanden hätte. Gelegentlich wurden Denkmäler von den Behörden sogar aufgegeben, nur um nicht enteignen zu müssen. Grund für die Zurückhaltung besteht angesichts der ermutigenden Rechtsprechung nicht.
7. LITERATURHINWEISE
Basisliteratur zur Denkmalpflege wird erschlossen in Martin/Viebrock/Bielfeldt,
Denkmalschutz - Denkmalpflege - Archäologie, Handbuch, Kronach 1997 ff., Kennzahl 05.
Zum Denkmalrecht vgl. die dort nachgewiesene rechtswissenschaftliche Literatur,
insbesondere den Kommentar zum Bayerischen Denkmalschutzgesetz von Eberl/Martin/Petzet, 5. Auflage München 1997.
Zur Rechtsprechung vgl. die Entscheidungssammlung zum Denkmalrecht - EzD
- von Eberl/Kapteina/Kleeberg/Martin, Stuttgart 1997 ff.
Zu zahlreichen Fragen der Rechtsgrundlagen, denkmalfachlichen Grundsätze,
Organisation, Verfahren, Kosten und Finanzierung vgl. das Handbuch Denkmalschutz
- Denkmalpflege - Archäologie von Martin/Viebrock/Bielfeldt, Kronach 1997 ff.
Die Verfasser von der Denkmalfront sparen dabei kritische, ja bissige Anmerkungen zu den Fehlerquellen, die den Erfolg denkmalschützerischer Bemühungen seit jeher untergraben, nicht aus. So hinterfragt Prof. Dr. Ursula Schädler-Saub in "Konservierung, Restaurierung, Instandsetzung", S. 212 ff. die verfügbaren "handwerklichen und technischen Qualitäten" sowie die Planungshoheit bei Substanzeingriffen und fordert ein "gut funktionierendes Team aus Denkmalpflegern und Restauratoren, Historikern, Handwerkern und Künstlern", um die altbekannten Schäden durch "Denkmalpflege", vor allem auch "Restaurierung" wenigstens künftig zu vermeiden.
Daß dies im bunten Alltag zwischen Handwerkswut und Planungsstolz nur schwer eingelöst wird, bemerkt Prof. Dr. Gert Th. Mader in "Organisation und Ablauf einer Maßnahme - Planung" S. 283 ff. im Zusammenhang mit den Umnutzungen "großer Schrannen zu Veranstaltungssälen, wodurch diese Denkmäler völlig verfremdet und beträchtlich zerstört wurden", oder wenn "Zerstörungen durch Elektro- oder Rohrleitungen größer sein können als die durch neue Einbauten von Wänden." Aber auch "modische Einbauten wie Wendeltreppen in Balkendecken" bringen "ohne Not durch Auswechslungen Schwachstellen in eine gealterte Konstruktion", entlarven "Denkmalschutz und Denkmalpflege" als wohlfeile Tarnbegriffe für Denkmalmord.
Hier muß der Denkmalbesitzer also ansetzen, wenn er günstig und langlebig instandsetzen will. Sein altes Haus ist in aller Regel energietechnisch vorteilhaft konstruiert und könnte diesbezüglich in Ruhe gelassen werden. Normgemäße Energiesparzutaten aus bauphysikalischem Unverstand wie Dämm- und Dichtkonstruktionen können weder Energie noch Kosten sparen, aber das Bauwerk und dessen Nutzer nachhaltig schädigen. Folglich fordert Dipl.-Ing. Konrad Fischer, Mitglied des Beirats für Denkmalerhaltung (nicht des Wissenschaftlichen Beirats!) der Deutschen Burgenvereinigung e.V., in "Energiesparen und Wärmeschutz am Baudenkmal" S. 388 ff., regen Gebrauch der denkmalbezogenen Ausnahmen und Befreiungen von der EnergieEinsparVerordnung EnEV.
Einige redaktionelle Schwachstellen vorwiegend im Verweis- und Fußnotenapparat, die die Folgeauflage ausmerzen wird, können den Gebrauchswert dieses Handbuchs nicht wirklich beeinträchtigen. Seine praktikablen Ratschläge zum Planen, Finanzieren und Bauen, seine verständlichen Erläuterungen der Grundbegriffe, seine reichen Literaturhinweise und der ausgereifte Schlagwortkatalog machen es zu einem guten Arbeitswerkzeug für bessere Denkmalpflege.
Daß diese nicht nur an den allseits anerkannten "hochrangigen" Baudenkmalen Not tut, sondern auch an den aufgegebenen Hinterlassenschaften der industriellen Kultur, zeigt Axel Föhl in "Denkmäler der Technikgeschichte" S. 138 ff.: Die "Auffassung, es müsse sich bei einem Baudenkmal unbedingt um ein künstlerisch hochwertiges Objekt handeln" ist zumindest in der Fachwelt "überwunden". Den Herausgebern um Dr. Dieter Martin, Dozent für Management und Recht der Denkmalpflege an der Uni Bamberg, der auch die meisten Beiträge liefert, ist ein großes Werk gelungen. Es wird in der Zeit ruinierter Denkmalpflegekassen seine Bedeutung noch oft genug beweisen können. kf