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Energiesparen im Altbau ohne Fassadendämmung, Dämmstoff, Dachdämmung, Wärmedämmung, Wärmedämmverbundsystem WDVS

Prof. Dr. Jörg Schulze, Architekt


Rheinisches Amt für Denkmalpflege, Abtei Brauweiler, 50259 Pulheim

Wie teuer ist die Denkmalpflege wirklich?

(Beitrag auf der Jahrestagung der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland:

"Politik und Denkmalpflege in Deutschland",

67. Tag der Denkmalpflege, 7.-10. Juni 1999, Bonn, veröffentlicht im Tagungsband:

Arbeitshefte der rheinischen Denkmalpflege 53, Rheinland-Verlag Köln 2000)

Vorbemerkung des Herausgebers

Kosten, Kosten, Kosten - so hört man es rum um's Denkmal allerorten. OK, das stimmt. Und nicht immer - um nicht zu sagen äußerst selten bis gar nie stehen entsprechende Einkünftue aus dem Baudenkmal den Baukosten entgegen, damit es sich richtig rechnet, will sagen:

In 10 Jahren amortisiert.

Ja, 10 Jahre sind die Frist nach unserem Gesetzgeber (§ 11 HeizkostenV) und der gefestigten Rechtsprechung der Obergerichte, innerhalb derer sich eine aufs Energiesparen gerichtete Bauinvestition und deren Kredit- sowie Zinskosten nach wirtschaftlichen Maßstäben rentieren - also durch Ersparnisse von selbst bezahlt machen muß.

Doch Hand auf's Herz - wo sind die Baumaßnahmen, die sich in 10 Jahren an einem Neubau, geschweige denn an einem Altbau durch entsprechende Erträge oder Einsparungen von selbst bezahlt machen.?

Das ist auch genau die Crux aller staatlich verordneter und von manchen Energieberatern empfohlenen Energiesparmaßnahmen. Weder die Fassadendämmung, noch die neuen Wärmeschutzfenster auf Passivhausniveau, noch irgendeine Auswechslung von Heiztechnik vom Wärmeerzeuger bis zur Wärmeverteilung schafft es doch unternormalen Umständen - selbst die irre Subventionsvergeudung, die unser grün erröoteter Staat diesem Unsinn gönnt, vorausgesetzt - diese 10-Jahres-Grenze zu knacken! Oder?

Und nun soll es die Denkmalpflege schaffen? Obwohl sie Qualität liefert, die schon lange Bestand hatte und - richtig gemacht - auch wirklich lange Bestand haben wird? Ganz im Unterschied zum beispielsweise Wärmedämmverbundsystem, das nach neuester patentierter Technik ja geheizt werden muß, um nicht wie bisher vorschnell an systemtypischer Auffeuchtung zu verrotten und an Amerikas Holzhäusern schon seit 1996 verboten ist. Lesen Sie mal, was der Erfinder - die Ewald Dörken AG, dazu in ihrer Patenschrift schreibt:

"Die Absenkung der Oberflächentemperatur an der Außenseite der außenseitigen Gebäudeschicht [des Wärmedämmverbundsystems] führt dazu, dass insbesondere in den Nachtstunden der Taupunkt regelmäßig unterschritten wird und erhebliche Mengen Kondensat auf der außenseitigen Oberfläche der äußeren Gebäudeschicht anfallen. Dieses wird in den folgenden Tagstunden, insbesondere bei nicht oder nur geringfügig sonnenbeschienenen Bereichen der außenseitigen Gebäudeschicht, nicht mehr vollständig abgetrocknet, so dass die Oberfläche dauerhaft oder überwiegend feucht bleibt. Dies bildet die Grundlage für das Wachstum insbesondere von Algen. Dieses Phänomen wird als (Fassaden-)Vergrünung bezeichnet.

Die Vergrünung war bereits Gegenstand vielfältiger Untersuchungen. So wurde versucht, die mittlere Temperatur der Oberfläche durch Verwendung von IR-reflektierenden Beschichtungen anzuheben oder die Oberflächen der Fassaden mit Algiziden, Fungiziden oder photokatalytischen Beschichtungen auszurüsten. All diese Ansätze zeigten jedoch keinen dauerhaften Erfolg, so dass relativ kurze Renovierungszyklen erforderlich waren."


Und genau das gilt selbstverständlich für alle Dachdämmstoffe, die auf oder zwischen die Sparren gezwickt werden. Sie werden im kalten äußeren Bereich zwangsläufig naß und trocknen dann nur schwer bis gar nicht aus. Folge ist dann allerdings keine Vergrünung, sondern massiver Schimmelbefall im feuchten Milieu der Dämmfasern, egal ob Natur oder künstlicher Mache.

Demgegenüber hat ein richtig saniertes Baudenkmal nur Kosten, die sich langrfistig lohnen. Mit Betonung auf richtig saniert! Denn selbstverständlich lauern viele Bauhyänen dem Denkmalbesitzer auf und legen ihne mit sinnlosen, meist sogar schädlichen Baustoffen und Maßnahmen auf wie beispielsweise überzogenen Substanzaustausch mit falschen, da nicht substanzverträglichen Baustoffen, der wegen der guten Reparaturfähigkeit der historischen Bausubstanz gar nicht sein müßte - das betrifft meist Putz, Anstrich, Mauerwerk, Fenster, Böden, Decken, alte Dachdeckungen und Dachkonstruktionen - oder auch falsche Maßnahmen zur Mauertrockenlegung gegen nie aufsteigende Feuchte und untaugliche Anwendung von Sanierputz gegen bauschädliche Salze oder eben auch sinnlose und vollständig unwirtschaftliche Wärmedämmung und -Isolierung an Wand, Boden, Decke und Dach, deren Empfehlung seitens des unwirtschaftlichen Planers gravierende, planerseits meist vollständig unterschätzte Schadensersatzansprüche des Bauherren auslöst.

Genug der Vorrede - genießen Sie nun den

Vortragstext von Dr.-Ing. Jörg Schulze

“Heute kennt man von allem den Preis und von nichts mehr den Wert.”

Diese Feststellung von Oskar Wilde scheint für uns Denkmalpfleger nicht zu gelten. Im Mittelpunkt unseres Handelns steht ja ein ideeller Wert, die authentische Aussage bedeutender historischer Objekte. Allerdings hat schon Dehio auf die besondere Problematik hingewiesen, die darin besteht, daß die geistigen Werte der Denkmäler, die wir tradieren wollen, unlösbar verbunden sind mit ihrem materiellen Bestand. Und die Erhaltung der Materie hat ihren Preis.

Es wäre jedoch verfehlt, anzunehmen, die Höhe der Aufwendungen für ein Denkmal sei ein Nachweis für den denkmalpflegerischen Erfolg. Im Gegenteil, sicher ist nur, daß es im Regelfall eine Korrelation gibt zwischen dem Bauzustand und dem erforderlichen Sanierungsaufwand. Je schlechter der technische Zustand eines Gebäudes ist, umso mehr muß ausgebessert oder ausgetauscht werden und umso teurer muß die Sanierung werden. Je mehr erneuert wird umso höher sind aber auch die Substanzverluste. Es gibt also auch eine proportionale Beziehung zwischen dem Kostenniveau eines Bauvorhabens und dem Umfang der Denkmalzerstörung.

Zwar kommt es auch immer wieder vor, daß ein hoher Aufwand durch Erhaltungserfolge gerechtfertigt wird, etwa bei der komplizierten Trockenlegung einer Außenwand oder bei der Schwammsanierung einer stuckierten Decke. Im Regelfall sind hohe Kosten aber ein Indiz für umfangreiche Veränderungen und Verluste originaler Substanz. Das gilt zunächst ganz unabhängig von der fachlichen Bewertung. Das Heraustrennen von Altteilen und ihr Ersatz durch Neues muß logischerweise teurer sein als ein Neubau, der ohne den umständlichen und arbeitsintensiven Teil der Entsorgungs- und Anpassungmaßnahmen auskommt.

Dazu einige Beispiele: Der Neueinbau einer Zwischenwand aus 24er Ziegelmauerwerk kostet heute bis zu 180,- DM/m². Versetzt man eine bestehende Wand, so kommen zu diesem Betrag noch einmal bis zu 400,- DM/m² hinzu. Durch die zwingenden Nebenarbeiten wie Deckenabstützung sowie Decken- und Bodenausbesserung an der Abbruchstelle und durch die umständliche Entsorgung können die Kosten aber auch noch höher liegen. Eine solche mit Substanzverlusten verbundene Maßnahme kann deshalb leicht das Dreifache des Neubaupreises übersteigen.

Das Umdecken einer vorhandenen Ziegeldeckung kostet etwa 80,-DM/m². Bei der verlustreichen Neueindeckung, hat man mit einem Preis von etwa 125,- DM/m² zu rechnen, also immerhin dem Anderthalbfachen der Erhaltungslösung.

Das mit relativ geringen Substanzverlusten verbundene Verlegen von Heizleitungen auf Putz kostet bis zu 100,- DM/lfdm. Die ästhetisch anspruchsvollere aber mit starken Zerstörungen verbundene Verlegung unter Putz erfordert wegen der nötigen Nebenarbeiten aber bis zu 200,- DM/lfdm, also genau das Doppelte der denkmalgerechteren Lösung.

Das erhaltungsorientierte Abschleifen und Versiegeln eines Holzdielenbodens ist für etwa 55,- DM/m² zu haben. Für einen neuen Dielenbelag auf dem alten Untergrund werden etwa 100,- DM/m² berechnet, und bei Aufnahme des alten Bodens und Einbau einer neuen Unterkonstruktion steigt der Preis weiter an.

Damit ist lediglich eine kleine Auswahl der unzähligen Möglichkeiten benannt, wie man mit hohem Aufwand zur Verminderung von Denkmalsubstanz beitragen kann. Solche Beispiele konzeptioneller bautechnischer Fehlentscheidungen bilden aber nur die Spitze eines Eisbergs von Unzulänglichkeiten, die die Bauvorhaben der Denkmalsanierung auf Schritt und Tritt begleiten. Sie beginnen regelmäßig mit fehlerhaften Bestandsaufnahmen und flüchtigen Schadensanalysen, die den lästigen Bestand historisch und bautechnisch abqualifizieren. Ihnen folgen substanzfeindliche Konzeptionen und Ausschreibungen, deren mangelnde Präzision und ignorante Normenorientierung die Leistungsanbieter geradezu zum gewohnten Neubaustandard hinführt. Der Schutz vorhandener historischer Bauteile während der Bauzeit gilt bei solchen Arbeitsprämissen als entbehrlicher Luxus.

Am Schluß stehen dann Ausführungen, die mehr auf moderne Bautechnologie aufbauen als auf Handwerksarbeit und der bequemen Gewährleistung Priorität einräumen vor der Erhaltung.

Eine Statistik der ohne wirtschaftlichen Vorteil der Bauherren aber auf ihre Kosten - und auf Kosten des Bestandes - unnötigerweise durchgeführten Erneuerungseingriffe hätte ein erschreckendes Ausmaß. Dazu gehören Tausende von Abbrüchen angeblich nicht mehr tragfähiger, in Wirklichkeit aber nicht hinlänglich untersuchter Bauteile. Dazu gehören unzählige ebenso aufwendige wie unnötige Horizontalsperren. Dazu gehören massenhaft Sockel, Gesimse und Wandstuckierungen, die für das Unterputzlegen von Leitungen geopfert wurden. Dazu gehören Millionen Quadratmeter nicht einmal vorgeschriebener Wärmedämmung, die ihre Bauherren mehr Geld kosten als sie an Heizkostenersparnis jemals einbringen können.

Auch hier begnüge ich mich mit wenigen Beispielen, die den Umfang der Misere aber wohl ausreichend verdeutlichen. Zu erwähnen sind aber auch die immensen Folgeschäden, die durch die teuren und unnötigen Maßnahmen in Zukunft mit Sicherheit noch auftreten werden, um dann erneut zu bestätigen, wie teuer Denkmalpflege ist und um erneut den Geldbeutel derjenigen zu füllen, die die Ursachen für diese Schäden angelegt haben. Ich nenne nur die massenhaften Folgeschäden für das konstruktive Gefüge von Fachwerkbauten, die durch unqualifizierte und überdimensionierte Dämmungen entstehen werden. Ich erinnere an das ungelöste Problem des Dachausbaus, der bedeutende historische Dachstühle nach jeweils neuestem Standard verpackt und so einem unzuträglichen Mikroklima aussetzt und gleichzeitig der Wartung entzieht.
- Weil alles so perfekt verpackt wird, ist Wartung angeblich schon gar nicht mehr nötig. Die Frage ist, ob Schwämme und Insekten sich an diese Vorgaben halten?
- Ich erwähne die umfangreichen mechanischen Reinigungen von Ziegeln und Natursteinen, die diese Materialien doppelt wetteranfällig machen und
- an die katastrophalen Folgen von Imprägnierungen, die verhindern, das die so behandelten Fassaden in die Ritzen eindringendes Wasser wieder nach außen abtrocknen lassen.

- Schließlich verweise ich auch auf die zahlreichen Freilegungen historischer Malereien und Fassungen, die in Zukunft Witterungs- und Nutzungseinflüssen ausgesetzt sind und einem ungewissen Schicksal entgegengehen, selbst wenn unsere Behandlung mit Konservierungsstoffen keinen negativen Einfluß haben sollte, wie wir realistischerweise befürchten müssen.

Alle diese denkmalschädlichen Maßnahmen verschlingen unnötig Geld, Geld das bei wichtigen Erhaltungsaufgaben fehlt. Architekten, die uns vorhalten, Denkmalsanierung sei teurer als Neubau und damit unzumutbar teuer, haben recht, wenn man von der heutigen Praxis ausgeht. Durch ihre Schlüsselposition im Baugeschehen stehen Architekten aber auch in einer besonderen Verantwortung für die Fehlentwicklungen der Sanierungspraxis. Ihre oft lückenhafte Kenntnis historischer Bautechniken und ihre Ausbildungsdefizite in der Altbausanierung, ihre weit verbreitete Normengläubigkeit und Angst vor Verantwortung, ihre immer wieder anzutreffende Bequemlichkeit und mangelnde Kreativität, ihre weit verbreitete Willfährigkeit gegenüber kurzsichtigen Argumenten der Baustoffproduzenten und ihre häufig nur schlecht kaschierte Gleichgültigkeit gegenüber der historischen Substanz bilden einen Nährboden, auf dem denkmalschädliche Tenden-zen hervorragend gedeihen können.

Diese bewußt pointierte und kumulative Kritik an einem Berufsstand ließe sich leicht auf die anderen Mitwirkenden der Denkmalsanierung ausdehnen. Denkmalzerstörung durch unnötige Erneuerung ist ein Gemeinschaftswerk an dem alle Beteiligten Anteil haben. Dies gilt für den Bauherrn, der über seinen Idealvorstellungen das Denkmal vergißt ebenso wie für den Handwerker, der nur sein eigenes Gewerk und die Gewährleistungssicherheit im Auge hat. Es gilt für die Profitorientierte Firma, der jedes Substanzopfer recht ist, ebenso, wie für den Gesetzgeber, der wiedersprechende und denkmalfeindliche Gesetze schafft. Und es gilt nicht zuletzt auch für den Denkmalpfleger. Er bewirkt trotz zweckgebundener Denkmalpflegebeihilfen und trotz unermüdlichen Einsatzes am Ende doch fast immer wieder Ergebnisse, die weder seine Partner -oder besser gesagt Gegner- noch ihn selbst befriedigen können.

Bei oberflächlicher Betrachtung könnte es so scheinen als ob das, was ich hier skizziere, eine ganz normale Entwicklung ist. Unterschiedliche Ziele von Eigentümern, Denkmalpflegern und anderen Beteiligten der Sanierung müssen notwendigerweise zu Kompromissen führen. Es liegt ganz im Sinne einer solchen Interpretation, daß wir die Verantwortung für das Scheitern denkmalpflegerischer Erhaltungsziele so eifrig bei den anderen suchen, bei unfähigen Architekten und widerspenstigen Eigentümern, bei zugeknöpften Politikern und schlechten Bauzuständen, bei rücksichtslosen Firmen und denkmalfeindlichen Bauvorschriften und immer wieder beim Mangel an Geld. Unsere Tagungen und die Vorträge von Denkmalpflegern quellen über vom Lamentieren über das Versagen der Anderen.

Um nicht mißverstanden zu werden, betone ich ausdrücklich, daß es dieses vielfältige Versagen wirklich gibt und daß es mitprägend ist für den Alltag der Denkmalpflege. Es ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Der andere ebenso wichtige Teil für die unbefriedigende Relation von Kosten und Erfolg ist von uns Denkmalpflegern selbst zu verantworten und sei es nur durch unsere stillschweigende Duldung.

Oft genug haben wir Recht, aber wir setzen es selten durch. Das läßt sich im Einzelfall immer vortrefflich begründen. Schließlich wollen wir mit unseren Denkmaleigentümern auch in Zukunft noch harmonisch zusammenarbeiten, wollen, daß sie uns einschalten bevor sie demnächst einen Raum überfassen, ein Treppenhaus sanieren oder ein neues Bad einbauen. Auf diese Art ist es uns lange gelungen - von wenigen Streitfällen einmal abgesehen - ohne heftige Auseinandersetzungen auszukommen.

Dieser himmlische Frieden hat allerdings seinen Preis. Eine beachtliche Zahl eingetragener Denkmäler ist in den vergangenen Jahren in aller Stille ignorant oder liebevoll kaputtsaniert worden. Unser sedierender Wortschatz unpräziser ästhetischer Wertbegriffe und nostalgischer Gefühle ist auch ein Beitrag dazu, daß die überwiegende Mehrheit unserer Mitbürger und Politiker bis heute nicht versteht, was wir mit dem Wort Denkmal wirklich meinen. Da dürften wir uns eigentlich nicht wundern, wenn das Anliegen ernsthafter Substanzerhaltung auf Verwunderung oder gar Ablehnung stößt. Daß wir die Öffentlichkeit von der unersetzlichen Qualität der historischen Dimension und der Notwendigkeit ihrer substanziellen Erhaltung überzeugen, indem wir verschleiernd von Gestaltwerten reden, ist doch wohl eine zu optimistische Erwartung.

Sicher ist es schwer, sich gegen mächtige Trends, wie den erneuerungssüchtigen Zeitgeist und die einschleichenden Werbestrategien der Baustoffproduzenten zu Wehr zu setzen. Selbst wenn man zugibt, daß wir es mit sehr einflußreichen Gegnern zu tun haben, geht das Ausmaß unserer Kompromißbereitschaft aber doch wohl über das Zuträgliche hinaus. Oder ist uns an einem erhaltungsorientierten Umgang mit den Objekten unserer Fürsorge vielleicht gar nicht so viel gelegen? Manchmal könnte es so scheinen, als ob uns die Anerkennung von Investoren und Meinungsmachern mehr am Herzen läge als die substantiell intakte Überlieferung der Denkmäler.

In der Auseinandersetzung über Ensembles reden wir anpäßlerisch über Erscheinungsbilder und Stadtbilderhaltung statt über die historische Aussage des Bestandes. Beim Thema Dachausbau haben wir uns längst damit abgefunden, daß mißbrauchte Argument mangelnder Wirtschaftlichkeit eines Bauwerks nicht mehr vom persönlichen Bauherreninteresse der Gewinnsteigerung zu unterscheiden. Statt über die Erhaltung reden wir über die gestalterische Einfügung von Gaupen und anderen Neubauteilen. Bei der Entscheidung über historische Fenster lassen wir uns vom Kernthema Bestandssicherung allzu leicht auf die Nebenfrage der Erneuerung mit Holz oder Kunststoff abdrängen. Und bei Auseinandersetzungen über Wärmedämmungen nehmen wir substanzgefährdende Lösungen ohne ernsthaften Widerstand hin und erörtern die ästhetisch perfekte Einpassung statt die bauphysikalischen Langzeitfolgen für den Bestand.

Während wir so der Originalsubstanz unheilbare Wunden schlagen lassen sind unsere Stellungnahmen zu Erlaubnisanträgen prall gefüllt mit Forderungen zur gestalterisch passenden Materialwahl, zur historisch korrekten Ergänzung fehlender Bauteile, zur Beseitigung anstößiger Verletzungen und grober Altersspuren und zur Wiederherstellung von Gebäudefassungen in den originalen Farbtönen. Der Eindruck drängt sich auf, daß wir eher bereit sind, Substanzschäden und substanzgefährdende Konstruktionsänderungen zu akzeptieren - solange sie wenig in Erscheinung treten - als Beeinträchtigungen eines harmonischen Erscheinungsbildes.

Statt die Verluste einstiger Vollkommenheit trauernd zu ertragen und die bisweilen disharmonische aber beredsame Mixtur der historischen Realität für die Zukunft zu sichern, beschäftigen wir uns eifrig mit Schönheitsreparaturen und Überformungen zur Rückgewinnung stilgerechter harmonischer Oberflächen. So wird Denkmalpflege zu einer Kunst der ästhetischen Präsentation der Ware Denkmal, die mit um so größerer Begeisterung aufgenommen wird, je mehr sich die glanzvolle neue Oberfläche vom heruntergekommenen altersschwachen Vorzustand unterscheidet. An Stelle des Quellenwertes der unverfälschten historischen Wahrheit treten die idealisierten Erscheinungsbilder unserer kunsthistorisch geschulten Vorstellungswelt, die allemal zeigen kann, wie Romanik noch etwas romanischer und Barock noch ein Stückchen barocker zu gestalten ist.

Weil das glanzvolle Face-Lifting in unserer Medien- und Konsumwelt schon längst zum Qualitätsmerkmal avanciert ist, sehen wir uns steigenden Erwartungen der Denkmaleigentümer, der Öffentlichkeit und der Politiker an die strahlende einheitliche Wirkung schöner historischer Oberflächen gegenüber. Diese Erwartungen üben einen immer stärkeren Druck auf uns aus, unsere Arbeit nicht einzig im Interesse der Bestandserhaltung zu sehen, sondern immer mehr auch im Dienste der vollständigen und bequemeren Erlebbarkeit der Denkmäler. Das nach der Rückführung der Abteigebäude in Brauweiler auf den Zustand des 18. Jahrhunderts vorgebrachte Ansinnen der Politiker, nun auch noch die beiden fehlenden Flügel des mittelalterlichen Kreuzgangs wiederherzustellen, ist hierfür ein kennzeichnendes Beispiel.

Denkmäler haben nicht mehr nur und schon gar nicht ausschließlich zu informieren, sondern emotionale und ästhetische Bedürfnisse zu erfüllen. Sie sollen Kristallisationspunkte der Erinnerung sein, sie sollen Milieuwerte vermitteln, Traditionsbewußtsein und Heimatgefühl, Identität und Geborgenheit bestärken, sie sollen städtebauliche Höhepunkte oder Wahrzeichen sein. Und auf jeden Fall sollen sie gefallen. Die Türme von St. Marco in Venedig und St. Michaelis in Hamburg wurden anfangs unseres Jahrhunderts nicht deshalb wieder aufgebaut, weil es eine denkmalpflegerische Notwendigkeit war, sondern wegen der erwünschten Wirkung. Die Begründungen, die Manfred Fischer mit Ausdrücken wie “Wirkungszusammenhang” und “Gesamterscheinung” für St. Michaelis und die Alsterarkaden in Hamburg gegeben hat, machen das ästhetische Anliegen unmißverständlich deutlich.

Ein interessanter Aspekt solcher Rekonstruktionen ist, daß sie um so heftiger verlangt und auch von der Denkmalpflege um so dringender vertreten werden, je prominenter die verlorenen Bauwerke sind. Nutzungsaspekte sind dagegen völlig nebensächlich. Das gilt für den Westbau von St. Kunibert in Köln ebenso wie für die Dresdner Frauenkirche, für den Terrassengarten des Klosters Kamp-Lintfort ebenso wie die Dauerbaustelle der Akropolis in Athen.

Würde man aus derartigen Beispielen im Rückschluß eine denkmalpflegerische Handlungsmaxime ableiten, so müßte sie etwa lauten: Zerstörte Denkmäler sind um so dringender zu rekonstruieren, je größer ihre historische Bedeutung war. Diese Aussage steht in krassem Widerspruch zu Dehios Credo “Konservieren nicht restaurieren”, das in offiziellen Verlautbarungen aus unseren Reihen noch immer zu hören ist. Solange wir uns unabhängig von konkreten Bauvorhaben artikulieren. Ich zitiere Eberhard Grunsky: “Nicht Ideen sondern Sachen sind Denkmäler. Sie berichten nicht über Geschichte, sondern sie sind ihr materieller Beleg. Darin liegt die Objektivität des Denkmals, nicht in der “Botschaft”, die es auf unsere zeitgebundenen Fragen immer wieder anders vermittelt.”

Demnach wäre tatsächlich die unverfälschte Überlieferung an kommende Generationen, die sich mit Hilfe der Denkmäler dann ihr jeweils eigenes Bild der Geschichte machen könnten, unsere eigentliche Aufgabe. Die heutige Idealvorstellung eines Konservators, in Form einer Rekonstruktion an die Stelle des verlorenen oder veränderten Objektes zu setzen, wäre ein Täuschungsmanöver zumindest gegenüber denjenigen, die nicht die Möglichkeit haben, sich mit Hilfe begleitender Dokumentationen über die wirklichen Sachverhalte zu informieren.

Dies stimmt auch mit dem gesetzlichen Auftrag unserer Denkmalschutzgesetzte überein, die Denkmäler als Sachen oder Gegenstände definieren, d.h., eben nicht als Ideen, Vorstellungen oder Erinnerungen, die wir mit ihnen verbinden mögen. Diese Gegenstände bzw. Sachen sind zu erhalten. Da man aber nur erhalten kann, was existiert, sind Rekonstruktionen oder Verschönerungen kein normales Handlungsfeld der Denkmalpflege.

Die sehr beachtlichen Mittel, die dennoch in diesem Bereich ausgegeben werden - ich schätze sie auf mindestens 30 % der Gesamtaufwendungen für Denkmalsanierungen - sind somit sehr fragwürdige Investitionen und bergen ein großes Einsparungspotential. Dies wird durch einen Prüfungsvermerk des Landesrechnungshofes Nordrhein-Westfalen zur steuerlichen Abschreibung eines Instandsetzungs- und Modernisierungsvorhabens in Essen bestätigt. Aufgrund der Steuergesetzgebung und der gesetzlichen Ziele der Denkmalpflege stellt der Rechnungshof in Frage, ob der aufwendige Ersatz verlorener Decken und Fußböden, der Treppen und des Daches für die Erhaltung und sinnvolle Nutzung eines Baudenkmals wirklich erforderlich sind und liefert damit einen Beitrag zur plausiblen Umgrenzung der denkmalpflegerischen Aufgaben. Aus rechtlicher Sicht können wir nur eine bauliche Sicherung dessen fordern, was ist.

Eine sehr hilfreiche Grenze für ein vertretbares Maß an Investitionen beinhaltet auch der rechtliche Begriff der Zumutbarkeit, der auf den ersten Blick überhaupt nichts mit den Bedürfnissen des Denkmals zu tun hat. Nach gerichtlicher Auslegung (z.B. OVG Lüneburg, Urteil vom 4.10.84) sind für den Eigentümer Investitionen maximal bis zu einer Höhe zumutbar, die langfristig durch Einnahmen aus dem Objekt abgedeckt werden kann, d.h., wirtschaftliche Investitionen. Da die ursprünglichen Baukosten der Denkmäler regelmäßig bereits abgeschrieben sind, dürften die Kosten für Instandsetzung und Modernisierung, zusammen genommen, allenfalls in der Höhe eines gerade noch wirtschaftlichen Neubaus liegen, ohne daß der Eigentümer Ausgleichsansprüche geltend machen kann.

Untersuchungen, die Heinz Schmitz in den 80er Jahren im Auftrag des Landes Nordrhein-Westfalen über den Sanierungsaufwand durchschnittlicher Gründerzeithäuser in Wuppertal durchgeführt hat, führten zu überraschenden Resultaten. Vergleichende Kostenberechnungen über Bauausführungen mit üblichem bzw. erhaltungsorientiertem Standard aber ohne Qualitätsverzicht ergaben, daß üblicherweise unnötige Erneuerungen von 30 % der Gesamtkosten durchgeführt werden. Trotz dieser beachtlichen Größenordnung wurden die zusätzlichen Kosten durch schlampige Bestandsuntersuchungen, substanzfeindliche Planungen und neubauorientierte Ausführungen in der Untersuchung noch nicht einmal berücksichtigt. Wir dürfen also schließen:

In beiden Fällen wäre wegen des hohen Erneuerungsanteils vor jeder Genehmigung zu überprüfen, ob das Objekt nach der Baudurchführung überhaupt noch ein Denkmal sein kann.

Der Fall, daß Kosten in unwirtschaftlicher Höhe und damit mögliche Entschädigungsansprüche eines Eigentümers entstehen, dürfte im denkmalpflegerischen Interesse nur ausnahmsweise akzeptiert werden, etwa bei nicht nutzbaren Objekten oder bei längerfristig nicht absehbaren umfangreichen Sicherungsarbeiten. Die Regel sollte aber sein, daß Objekte, die wegen des hohen Instandsetzungsbedarfs ihren Denkmalstatus nicht über die Sanierung retten können, aus den Denkmallisten bzw. Büchern gestrichen werden, statt sie mit vergeudeten Beihilfen rekonstruierend hochzupäppeln, So könnte man Kostenklarheit und Eindeutigkeit der Zielsetzung miteinander verbinden.

Ein solches Procedere setzt voraus, daß sich die Denkmalpfleger darin einig werden, das Ausmaß ästhetisch motivierter unnötiger Erneuerungen, kosmetischer Verschönerungen und Rekonstruktionen zugunsten der wirklich notwendigen Erhaltungsvorhaben zu reduzieren. Bei einer nicht nur verbal erhaltungsorientierten Denkmalpflege müßte es doch möglich sein, die Schwerpunkte unseres Handelns eindeutig in diesem Sinne zu setzen, auch wenn die Gesetze die Möglichkeit von Rekonstruktionen nicht völlig ausschließen.

In der Alltagspraxis sind wir davon heute allerdings weiter entfernt, denn je. Wenn mir Kollegen auf meine Frage nach dem Grund einer Teilrekonstruktion allen Ernstes antworten, daß sie so überzeugend schön sei, wenn Denkmalpfleger, die sich gegen kosmetische Operationen wenden, schon als Substanzfetischisten beschimpft werden, sollten wir uns ernster und vielleicht auch heftiger über dieses Thema auseinandersetzen.

Sollten wir dabei zu dem Ergebnis kommen, daß besonders bedeutende und städtebaulich markante Denkmäler einen Anspruch auf Rekonstruktion haben, müssen wir allerdings auch unsere Sonntagsreden umstellen, in denen wir immer noch vorgeben, es käme uns auf den authentischen historischen Bestand an. Um Menschen zu überzeugen, müßten wir mit einem verständlichen Theoriegebäude operieren und nicht jeden Verweis auf einen Parallelfall mit der Individualität der Denkmäler abschmettern. Natürlich ist nicht jeder Fall gleich aber unsere Forderungen müssen von einer immer gleichen Zielsetzung und Logik ausgehen. Bis jetzt haben wir es ja noch nicht einmal geschafft, unsere wesentliche Terminologie zu vereinheitlichen. (Der Arbeitskreis Städtebau hat allen Ernstes überlegt, ein Papier in 16 sprachlichen Varianten zu erstellen.) Wenn wir wie Stadtbildpfleger agieren, dürfen wir uns nicht wundern, daß wir für Stadtbildpfleger gehalten werden.

Daß Denkmäler für viele Menschen - und auch für uns - mehr darstellen als historische Quellenwerte mag ja stimmen, daraus kann ich persönlich aber keine Brücke schlagen zu der angeblichen Notwendigkeit verlorene Erlebniswerte durch Rekonstruktion neu zu beleben. Falls ich mir ein Bild machen kann, bedeutet das für mich gerade kein zwingendes Bedürfnis, dieses Bild nun auch noch zu materialisieren. Man kann sich auch mit Hilfe von Bildern erinnern. Schließlich ist aber auch auf Beispiele zu verweisen, in denen sich Denkmalpfleger dem Ansinnen von Rekonstruktionen verweigert haben. Den höchsten Wert hat etwas, das man definitiv verlieren kann; insofern gleicht für mich das Denkmal dem Leben. Eine Klonierung wäre für mich kein Trost.

Ich fasse zusammen:

Unsere Aktien sind nicht nur deshalb im Keller, weil unsere Produkte z.Z. wenig gefragt sind, sondern auch, weil die Töchter der Firma Denkmalpflege und ihre Mitarbeiter keine erkennbar einheitliche Firmenstrategie verfolgen. Unsere Performance ist aber auch deshalb schlecht, weil unsere Maßnahmen zu viel Geld verschlingen. Dafür gibt es zwei Gründe:

Ich hoffe sehr, daß ich Sie etwas provoziert habe und rufe Sie auf, sich auf ein tragfähiges gemeinsames Konzept der Denkmalerhaltung zu verständigen, das dann endlich auch alle gemeinsam tragen.




Sind Sie Opfer von Trockenlegungsfirmen - hat Ihr Gutachter Aufsteigende Feuchte diagnostiziert? Rätseln Sie, welches der teuren Trockenlegungs- / Entfeuchtungs- / Sanierungs-Angebote das richtige ist?
Dieser Aufklärungs-Knüller hilft bestimmt etwas weiter:
Wissenschaftsbetrug der Bauchemie und Geräteindustrie, Geschäftemacherei der Planerluschen, Schlechtachter, Schwachverständigen sowie der Nepper, Schlepper, Bauernfänger und Handwerkspfuscher mit "Aufsteigender Feuchte (engl.: Rising Damp)", Ursachen und Sanierung feuchter Wände:
Jeff Howell: The Rising Damp Myth

(Rezension in Deutsch)

Sonstige Nützlichkeiten rund um Denkmal, Denkmalschutz und Baudenkmalpflege, Bausanierung und Denkmalinstandsetzung, Hauserneuerung, Gebäudeinstandsetzung, Hausinstandsetzung, Bauwerkssanierung, Bausanierung, Altbausanierung sowie für feuchte und nasse Baudenkmale/Baudenkmäler und sonstige Altbauten (soweit es nicht um nutzlose Horizontalisolierung geht):






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