Die alten Baumeister, meine geliebten Vorbilder, wußten noch ganz genau, daß das Dach von allen Bauteilen den höchsten Belastungen unterworfen ist: Wind, Frost, Hitze und Regen von außen, Feuchte innen durch Regen- und Schneeeintrieb, aber auch durch nutzungsbedingte Raumluftfeuchte, die auch aus den unteren Geschossen ihren Weg ins Dach findet. Außerdem starke Temperaturschwankungen zwischen innen und außen. Auf diese Anforderungen reagierten sie durch langlebige, wartungsarme und leicht instandzuhaltende Konstruktionen und Baustoffe. Außerdem verstanden die Hausbesitzer die gegebene Problemlage und beschränkten sich auf sehr zurückhaltende Nutzung als Speicher für Hausrat, bei guter Durchlüftung auch als Lager für Erntegut, im Nutzungsfall Sommer- bzw. Jagdschloß bzw. Versteck von verfolgten Juden, Nazis oder bald vielleicht auch Klimaleugnern und Energiesparverbrechern auf höchstens temporäre Nutzung für sehr begrenzte Wohnzwecke.
Die verschiedenen Deckmaterialien waren in aller Regel von unten einsehbar, sodaß nicht zu vermeidende Fehlstellen schnell lokalisiert und problemlos
instandsetzbar waren. Das Traggerüst des historischen Daches war ein Holzdachstuhl mit geneigter Dachfläche, der durch kluge Fügetechnik mit wenig
Materialaufwand enorme Lasten bewältigen konnte und bei der uneingeschränkt gegebenen Trocknung des luftdurchspülten, mit dichtender Lehmfüllung
und Bodendielung nach unten ausgebauten Dachraums auf die gegebenen Lastfälle aus Regen und Schneeeintrieb
störungstolerant reagierte. Übergroße Eintriebsöffnungen wurden konstruktionsverträglich mit Mörtel, Blecheinschub, Spleißen oder anderen Behelfen
verschlossen, ohne mit foliengestützen Kondensat- und Feuchtefallen den Teufel mit Beelzebub auszutreiben.
Ausbauten von Wohnräumen fanden in speicherfähigen, aber verblüffend dünnen Holz- und Mauerkonstruktionen statt, die
Feuchtelasten gut bewältigen können. Denken Sie nur mal an die Knechtekammern und Mägdekammern, an die im Herbst und
Winter zur Jagdsaison genutzten Dachkammern für die noblen Jagdgesellschaften in all den barocken Jagdschlösschen mit
Mansardwalmdach / Mansarddach. Und an die Kinderstübchen und Gästestübchen in den Dachabseiten rechts und links des
mittigen Elternschalfzimmers. Na gut, ein paar heiße Backsteine oder Mägde werden da oben auch ihre so wohlig aufwärmende
Wirkung entfaltet haben, zugegeben.
Als Brandschutz gab es dann Backsteinböden, Kalkanstriche auf dem Holz, nur untergeordnete Nutzung ohne
Badetempel und Duchparadiese mit durchlaufender Waschmaschine sowie einigermaßen gute Zugänglichkeit. Natürlich sind
trotzdem in Kriegswirren und Brandkatstrophen genug Dachstühle abgefackelt, was letztlich der Grund für die behördliche
Einführung von Bauvorschriften war - von der harten Ziegeldeckung über Brandwände bis zum gemauerten Kamin. Heute
ergänzt durch Rettungsweg, Entrauchungstechnik sowie Brandmelde- und -löschanlage.
Heute sieht vieles anders aus:
Dächer werden durch Nutzungs- und Verwertungsdruck auf Teufel komm raus ausgebaut. Die wesentlichen Anforderungen an die
Konstruktionsqualitäten sind dem industriellen Regime unterworfen und übersehen oft die einfachsten Tatsachen, wobei wir vom
Flachdach-Wahn der Dessauer Käseschachteln hier mal absehen wollen.
Vergessen ist,
Glauben die Dachdecker und Zimmerleute wohl, die Architektenhaftpflichtversicherer lassen sie auf ewig ungeschoren, wenn Dächer aus der von ihnen reingezwungenen Dämmung/Wärmedämmung/Dachisolierung/Dachdämmung tropfen, wenn die durch Klebebandfugen nach und nach konvektionsbefeuchteten Sparren vom Hausschwamm verwurstet werden und die Chemiechose wie immer zersprödet? Lesen Sie hier weiter, was die von ihren Funktionären (Zentralverband des Dachdeckerhandwerks) eingeladenen Dämmstoff-Marktschreier auf Bezahlung der Branche einflüsterten.
Was die Dichtungsutopien in der Praxis taugen, zeigt der Fall "PUR-Aufsparren-Wärmedämmung mit Steildachdeckung - Wassereindringung wegen Materialfehlern und Verarbeitungsfehlern" der Zimmermannschen Bauschädensammlung im DAB 6/2000. Auszüge:
Ein Mehrfamilienhaus, erstellt 1989, wurde (1998?) mit einem PUR-Aufsparren-Dämmsystem versehen. Die Steileindeckung (45 Grad) erfolgte mit Dachsteinen.
Bereits während der ersten Winterperiode bei Schneefällen zeigten sich in den Dachgeschoßwohnungen Wasserabtropfungen an den raumseitig eingebauten Nut-Feder-Deckenbekleidungen.
Zahlreiche Mängelbehebungsversuche führten im Jahr 1999 zu keiner Verbesserung dieser Situation. Vielmehr verstärkten sich die Wasserabtropfungen, sie traten dann auch nach stärkeren Regenfällen auf. ...
Ursachen
Das verwendete PUR-Aufsparren-Dämmsystem mit einer allseitigen Nut-Feder-Verfalzung ist ober- und unterseitig mit einer geriffelten Aluminiumfolie kaschiert, ohne Überlappung an den Horizontal- und Vertikalstößen.
Die Absicherung der Stöße gegen eindringendes Wasser erfolgte durch den Verarbeiter nach Vorgabe des Herstellers mit einseitig haftenden Aluminium-Abdeckbändern.
Erwärmungen führten zu chemischen Reaktionen beim Klebermaterial mit der Folge des Versagens. Die Abdeckbänder lösten sich von der Aluminiumkaschierung der Plattenelemente.
Unter die Dacheindeckung eingedrungenes Wasser gelangte in die Stöße der Wärmedämmplatten mit der Folge der festgestellten Abtropfungen ...
Weitere Ursachen für eindringendes Wasser waren festgestellte Verarbeitungsfehler an den PUR-Dämmelementen, wie Passzuschnitte an Hohlkehlen, fehlende Einbindungen des Dämmsystems an Dachdurchdringungen wie Dachfenster, Dunstrohre und Kamin. ...
Die Überprüfungen ergaben weiter, daß die dachseitige Aluminium-Folienkaschierung beginnende Oberflächenkorrosion zeigte, die sich als feiner Staubbelag darstellte. Dies ermöglichte z.B. keine Detailsanierung an den Plattenstößen mit neuen Abdeckbändern, da eine dichtende, fest haftende Klebeverbindung nicht gewährleistet werden konnte. ..."
Wer glaubt dennn wirklich, daß die Bauseppen und Billigkolonnen, die kopflosen Handwerker, die den Dämmwahn "baulich umsetzen", in irgendeiner Weise dazu fachlich geeignet wären, die komplexen chemischen und physikalischen Korrosionsphänomene des zu verarbeitenden "Baustoff"-Feuerwerks zu überblicken. Und dann noch luftdicht gem. Blower-door-Test! Die sind doch schon froh, wenn sie eine Bierflasche ohne Schnittverletzungen aufbekommen und dann den Kronenkorken nicht zwischen den Dichtungsbahnen vergessen. Denken Sie mal an die Chirurgen. Und jetzt Uhrmacherbauweise auf deutschen Dächern und an den Fassaden? Da lachen ja die Firsthähne. Aber die Rechtsgelehrten und Bausachverständigen reiben sich die Hände. Hauptsache, der Michel zahlt. Kein "energiesparendes" Bauen ohne Rechtsschutz-Versicherung!! Oder gleich die Befreiung von der Energieeinsparverordnung beantragen. Zum Beispiel damit.
Und Vorsicht: Energie wäre das letzte, was mit unwirtschaftlicher und energetisch fragwürdiger Leichtbau-Dämmung gleich welcher Provenienz einzusparen wäre.
So werden durch Dämmirrsinn aus unseren Häusern schöne Schimmelbrutanstalten. Teils sogar gefördert durch vertrauensheischende Ökogrünlinge. Dank industriegepuschter Bauphysik und ihrer allzu willigen Helfershelfer (wie hoch war eigentlich das Vortragshonorar auf den 50 letzten Dämmkongressen?) auch in den Amtsstuben. Weitere Info.
Herrlicher Infolink zum Haustechnik-Dialog-Forum (Start 13/6/06): Dach gedämmt und trotzdem unerträglich heiß
Auch der Beitrag "Unbelüftetes wärmegedämmtes Steildach - Feuchteschäden am Unterdach" in DAB 6/2000 zeigt, wo es bei der Dämmung langgeht:
An zwei (regelrecht) aufgebauten unbelüfteten Steildachflächen eines Wohnparks ... traten während der ersten Heizperiode erhebliche Feuchteschäden an der Unterseite des Unterdaches auf.
Was sich auf den raumseitigen Oberflächen zunächst nur als geringfügige Feuchteschäden am Übergang Steildach/Drempel zeigte, stellte sich nach dem Öffnen der Konstruktion als vollflächiger Wasserschaden heraus. Die gesamte Mineralwolledämmung war naß und wies wie die Dachschalung aus bituminierten Holzfaserplatten erhebliche Schimmelbildungen auf. Stellenweise waren Wassertropfen auf der Dämmstoffoberfläche und auch Schimmelpilzbildungen an den Sparren vorhanden. Die raumseitig ausgeführte Dampfsperre wies keine Fehlstellen auf. Allerdings wurden am außenseitig mit furnierten Hartfaserplatten bekleideten Drempel Undichtigkeiten am Übergang zur Steildachkonstruktion festgestellt.
Ursachen
... Da die Herstellung des Estrichs (im Dachgeschoß) im Spätsommer erfolgte, konnte mit sinkenden Temperaturen ... die Konstruktion vor Fertigstellung des Dachaufbaus (einschließlich der Dampfsperre an der "richtigen" Seite) nicht mehr austrocknen. Die (bei der Estrichtrocknung durch Kondensateitrag durchnäßte) Wärmedämmung blieb feucht. Es kam zu einer Zunahme der Wärmeleitfähigkeit der Dämmung, was wiederum zu einem verstärkten Absinken der raumseitigen Bauteiloberflächentemperaturen und letztendlich zu den raumseitig aufgetretenen Feuchteschäden führte. ..."
Dabei wäre es so einfach und auf Dauer gesehen bestimmt billiger als billig, den Dachausbau ohne alle Kondensationsfallen-Folien
und -Bremsen und kondensatgefährdeten Dämmstoffen und Dachisolierungen als Wärmedämmung sicher und trocken
auszubauen:
Erstens:
Nach alter Väter Sitte durch für die - evtl ergänzte/erhöhte - Tragfähigkeit/Statik des Bestands angemessen
diemnsionierten Massivausbau mit störungstoleranten und temperaturstabilen massiven! und kapillaraktiven! - also
sorptionsfähigen!- Baustoffen für die Baukonstruktion, deren Bekleidung mit Putz und/oder Schalung bis unter den Ziegelstein (der die hier
maßgebliche Wärmestrahlung und Feuchtebelastung im Sommer und Winter von innen und außen gleichermaßen perfekt
beherrscht).
Und zweitens:
Durch ausreichend frisch- und trockenluftsichernde sowie ganz unproblematisch kondensatverkraftende Fenster (zur Vermeidung jeglicher
Schäden durch in die Dachkonstruktion einkondensierende Raumluftfeuchte). An der richtigen Stelle im Dachraum angebracht, richtig
konstruiert, gestrichen und gewartet - das Mittel der Wahl. Leider allen "wahren" Fensterexperten und Industriebauphysikern unbekannt. Vielleicht halt zu einfach und
zu billig.
Und drittens:
Natürlich auch durch trocknungsfördernde Haustechnik wie die Strahlungsheizung als stetig betriebene
Hüllflächentemperierung. Und vielleicht dreieinhalbtens doch eine Abluftventilation im ggf. unvermeidlichen
Badezimmer/Duschraum/Naßram im Dachgeschoß.
Weitere technische Hinweise: Putz, Fenster, Heizung, Dämmung an Fassade und Dach - Wie geht das?, Deckung.
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