Im Unterschied zum Austausch schadhafter Fassadenteile aus Naturstein gegen Vierungen bzw. Vollkopie ebenfalls aus Naturstein bieten Fehlstellenergänzungen aus Ergänzungsmörtel wirtschaftliche Alternativen. Daß die gern von besonders ahnungslosen Bauherren und Handwerkern aus Kostengründen eingesetzten Betonkopien, also Kopien nach dem Original aus armiertem Stahlbeton, Schutzüberzüge typische Vertreter des modernen Sanierens sind, zeigte sich nicht nur an der Martin-Luther-Kirche in Gütersloh. Landauf, landab rotten diese reparaturunfähigen Ersatzkopien aus allerdümmstem Material - selbstzerstörerischer Stahlbeton mit korrosivem Betonstahlkern / Eisenarmierung - vor sich hin, werfen abgerostete Bruchstücke und ganze Teile ab und beschädigen obendrein den noch originalen Bestand nach Kräften. In traditioneller Manier der Handwerkskunst würden bestandsschonendere Lösungen aus kalkigen Ergänzungsmörteln demgegenüber vielerlei Vorteile bieten. Sie könnten auch Problembereiche wie Fehlstellen und Risse in Ziegel- und Natursteinmauerwerken überdecken, ohne gestaltungsbedingten Bestandsaustausch. Es kommt dabei freilich auf objektgerechte Rezeptur und Ausführungstechnik an, die vorteilhafterweise immer erst an belastungsexponierten Baubereichen ausgetestet werden sollte.
An den historischen Naturwerksteinbauten lernen wir, daß derlei Fehlstellenergänzung mit Reparaturmörtel (und Flicken, oft aus Ziegel) jahrhundertelang die
übliche Instandhaltungsmethode war. Sie ist auch heute nicht verboten, nur auf synthetische Bindemittel wie Harz und hydraulische wie Trass und Zement darf
man verzichten. Macht aber niemand, da die Verantwortlichen in Denkmalpflege, Planung und Handwerk von den bauphysikalischen Nachteilen der Polymere und
Hydraulen weder kennen, verstehen, noch sich dafür interessieren und immer nur machen, was der so arg freundliche Produktvertreter souffliert. Gibt ja auch
so schöne Incentivs dazu und wer läßt sich schon Rentierschlitten sechsspännig ausgerechnet zum Weihnachtsfest entgehen? Und so werden grundsätzlich extrem
wasserrückhaltende und trocknungsblockierende Restauriermaterialien wie seit anno dunst eingesetzt, die dafür in irgendeinem marginalen Eigenschaftsspezifikum
herausragende Werte nachweisen können. Daß beispielsweise die dafür oft herhaltenden Diffusionseigenschaften von sozusagen überhaupt keinem Belang sind, juckt
wiederum niemanden der Verantwortlichen. Denn da hätte man erst wissen müssen, daß Feuchtetransporte 1000:1 flüssig und nicht dampfförmig stattfinden und es
deswegen nur auf die Kapillaraktivität des Materials ankommt, um gut und schnell zu trocknen. Und die ist bei den "modernen" Werkstoffen kaum bis gar nicht
vorhanden.
Das pseudodenkmalpflegerische Brüsten mit "Wir arbeiten nur mit Vierungen" kann vielleicht das Ego des Bauamtsleiters, der im Geld schwimmenden Dombauhütte
mit ihrem Dombaumeister oder des hochwohllöblichen Natursteinfritzen befriedigen. Mangels Beurteilungsfähigkeit der Naturstein-Handelsqualitäten im Detail
kann aber auch dollster Schrott zum Einbau kommen (was natürlich auch für die Beurteilung der Reparatur-/Ergänzungsmörtel gilt, siehe vor). Vor allem, wenn -
gut gemeint aber schlecht gedacht - gegenüber dem Bestand dichtere Steine (vielleicht gar mit zementär bzw. kunstharz"vergütetem" Setz- bzw. Fugmörtel)
eingebaut werden. Dann staut sich das eindringende Wasser über und hinter diesen Bereichen und frostet und rostet - jawohl - es gibt auch armierende Eisen in
historischen Bauwerksfassadenstrukturen! - alles auf. Der Steinaustausch an der Nürnberger Lorenzkirche gibt ein trauriges Beispiel solcher
Verschlimmbesserungen (vgl. Konrad Bedal (Hrsg.): Unter Dach und Fach, Bad Windsheim 2002, S. 101).- Fazit: Die Vierung ist immer die allerteuerste und
maximal bestandsvernichtendste Lösung, und alles unter den gestrengen Augen und in Verantwortung der Denkmalpflege, des zuständigen Kirchbauamts und der
Bauhütte bzw. Natursteinfritzen. Sehr beliebt bei allen finanzmittelveraasenden Baumeistern. Wer sich das heute noch leisten kann - Glückwunsch!
Reparaturbaustoffe
Beharrt der Denkmalpfleger/Bauherr auf Natursichtigkeit der Fassade, kann man mit kunstharzfreiem Mörtel Natur- und Backstein bestandsschonend ergänzen: ohne Störung der erforderlichen Kapillartrocknung und erhöhte Wasserrückhaltung, ohne riskante Bestandsgefährdung durch Alterungsprozesse der Antragsmaterialien, ohne untergrundbelastende unterschiedliche Schrumpf- und Quellvorgänge. Seit eh und je sind dafür Luftkalkmörtel und Schlämmen besonders geeignet. Sie führen keine bauschädlichen bzw. treibmineralbildende Salze zu, blockieren die Trocknung nicht und machen die Bauwerksbewegungen am besten mit.
Dazu im Gegensatz bilden sich zwischen den Auftragsschichten der kunstharz"vergüteten" Mörtel Plastikhäutchen, die den Haftverbund verschlechtern und die Kapillartrocknung blockieren. Obendrein umhüllen Plastikzusätze die Kalkteilchen und verhindern deren Karbonatisierung. Beachten muß man aber die kalktypischen Unterschiede: Es gibt bei schlechter Rezeptur und auch Verarbeitung schnelles Versagen und betr. Salz- und Frostbelastung ungünstige Eigenschaften aufweisen (vom Baustellenexperten zusammengepanscht, mit praxisfern theoretisierender Mineralogenhilfe und unter Mißachtung aller Handwerksregeln auf das Bauwerk geschmiert?). Und sieht die Planung dank ausgiebiger Bemusterung hochwertige Baustoff- und Verarbeitungsqualitäten vor, ist eines so sicher wie das Amen in der Kirche: Der Baustellensäftl wird gegen Billigschund austauschen und grausamst schlecht verarbeiten. Egal, unter welchem Anspruch des hochwohllöblichen Diplomrestauratorendoktorentums er auch angetreten sein mag. Zum Schluß murksen Praktikanten, Aliens und Inkludierte auf der Baustelle herum, notdürftigst angeführt von irgendeinem dahergelaufenen Natursteinscherzperten. Man muß ja sparsam wirtschaften und für wo am nötigsten sparen um jeden Preis. Eben "saving the penny and losing the pound". Das sind übrigens Erfahrungswerte nach über 40 Jahren Natursteinbaustellen.
Einen typischen Fall beschreibt die Zeitschrift Monumente 11/12-2006 der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Es geht um die weltberühmten Chorschranken der Liebfrauenkirche in Halberstadt: "Der Hallenser Konservator Konrad Riemann hatte seit den 1950er Jahren versucht, die Chorschranken konservatorisch zu versorgen. Nach bestem Wissen und Gewissen und gegen die Materialprobleme seiner Zeit arbeitete er entsprechend dem internationalen Standard bis 1997 mit viel Kunstharz zur Sicherung der lockeren Farbschichten. ... Heutige Restauratoren ... stehen ... vor dem Problem, die akribisch aufgetragene Kunstharzschicht so schonend wie möglich wieder zu entfernen. Längst hat sich herausgestellt, daß das vermeintliche Allheilmittel im Zuge seiner Alterung große Schäden verursacht. Zudem lösen sich ganze Teile der Figuren von ihrem Kalksteinuntergrund." Schön gesagt. Verschwiegen bleibt, wieviel dreiste Rest-Aura-Thoren auch heute noch fröhlich, unbefangen und von der einschlägigen Bauchemiebude schlagkräftig beraten immer weitermachen mit der synthetisch gestützten Zerstörung historischer Oberflächenfassungen, Natursteinoberflächen, Putzoberflächen und Ziegelsteinoberflächen. Und freilich auch mit geflissenlicher Unterstützung von irre hohen Denkmalfördermitteln, auch der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Oddä?
Ein weiteres Beispiel zur chemisch "vergüteten" "Restaurierungs"-Praxis publizierte die Allgemeine Bauzeitung am 30. Juni 2017 unter:
"Stein-Elefant unter Denkmalschutz - Bremer Anti-Kolonialdenkmal aufwendig instandgesetzt" zum berühmten Backsteinelefanten aus dem Jahre 1932 nach dem
Entwurf des Bildhauers Fritz Behn. Nach der Voruntersuchung war es "5 Minuten vor Zwölf ... ein weiterer strenger Winter und Frostsprengungen würden für
unwiderrufliche Zerstörungen sorgen." Warum? "Defekte Fugen bewirkten eine hohe Wasseraufnahme und führten zu einem schwachen Verbund zwischen Mörtel
und Ziegel. Die Folgen: Flankenabrisse, Auswaschungen, Frostschäden und Bewuchs."
Ach ja? Und warum kein Wort von den dafür verantwortlichen Hydralbindemitteln in dem hier im Laufe einer früheren Instandsetzung eingesetzten Zementmörtel?
Kein Wort von den feinstverteilten Ettringitphasen im zementtypischen Calcium-Silikat-Hydrat, die sowohl die hohe Wasserrückhaltung, die mehr als doppelte
Temperaturdehnung des Mörtels im Vergleich zum Backstein und auch die darauf beruhende Neigung zum Abscheren als Flankenabriß an der Kontaktzone verursachen?
Kein Wort von den immer vorhandenen Sulfatbelastungen in bewitterten Kalkzementmörteln, die in Verbindung mit Feuchte und dem Zement zu den gefürchteten
Treibmineralien Ettringit (Trisulfat 3CaO*Al2O3*3CaSO4*32H2O) und Thaumasit (CaSiO3*CaSO3*CaSO4*32H2O) führen, die dank ihrer schlimmen Volumenvergrößerung
infolge der Kristallwassereinlagerung (32 H2O!) das Mauerwerksgefüge auseinandertreiben, oft schlimmer als der Frost? Warum nur, warum? Weil vielleicht als
geniale Lösung für die Fugeninstandsetzung eine "Fugenschlämme", "eine feinkörnige Schlämme mit sulfatbeständigem Bindemittel", "die Fugenerneuerung durch
Einbringen eines speziellen, hydraulisch härtenden Materials" zum Einsatz kam, unter wohlwollender Anteilnahme und Befürwortung der überlegenen Denkmaldogmatik
des unfehlbaren Bodenpersonals des Sankt Monumentus Historikus. Da ist es dann auch wurscht, daß es "sulfatbeständig" recht eigentlich gar nicht gibt und auch
angeblich "sulfatbeständige" Rezeptur keinesfalls - wie vom Werbeslogan "sulfatbeständig" dem Ahnungslosen suggeriert - absolute Freiheit von jeglicher
Treibmineralbildung garantieren kann, soweit die hier angepriesenen Zemente mit Feuchte zusammenkommen. Denn ein komplettes Herausfiltern der dafür
verantwortlichen Aluminate (Trikalziumaluminat C3A) und Sulfate ist technisch gesehen eben ein Ding der Unmöglichkeit.
Doch nicht nur das: Es gibt ja auch mannigfaltige weitere Treibreaktionen, die dem Zementmörtel kurz-, mittel- bis langfristig den
Garaus machen. Schaune Sie doch mal in die Zementanalyse des verwendeten Zements, der Hersteller hat sie und Sie dürfen sie für Prüfzwecke anfordern. Da
wäre zunächst mal das Magnesiumoxid MgO. Ist immer in irgendwelchen Resten drin. Und reagiert sehr langsam zum voluminöseren Brucit Mg(OH)2. Der nicht
abgelöschte Branntkalk CaO reagiert mit dem Anmachwasser und später eindringendem Wasser zum voluminöseren Portlandit Ca(OH)2, und dann dank hinzukommndem
Kohlendioxid CO2 weiter zum noch fetteren Kalkkarbonat/Kalkstein CaCO3, das dann noch jedes feinstettringitisierten Zementmörtelgefüge kleinstzermürbt.
In gut besonnten Zementmörteln - wie sie vor allen an den südlichen, westlichen und horizontalen Elefantenoberflächen vorliegen - ist dann auch die Bildung
von Sekundärettringit nicht ausgeschlossen. Vor allem, wenn es bei der abendlichen Auskühlung regnet und dann aus dem schon festen Mineralgefüge neuerlich
Ettringt gebildet wird. Durch die sogenannte Umkristallisation können die genannten Treibmineralien Mischkristalle durch Einlagerung von Carbonat und Hydroxyd
bilden. Und da wir hier - bei einer fachgerechten Bestandsaufnahme - nahe der Nordsee mit meersalzangereicherter sowie wegen Lage in der Stadt mit
tausalzangereicherter Atmosphäre rechnen dürfen, stehen auch atmospährisches Natrium und Chlorid zur Verfügung, die dann mit dem Zementmörtel ebenfalls
voluminöse Kristalle bilden können, wie beispielsweise Mirabilit (Na2SO4**10H2O) und Epsomit (MgSO4*7H2O). Dazu dann die obligatorischen Nitrate als
Ergebnis des öffentlichen Urinierens und Kotens von Mensch, Hund und Tier im ökologischen Umfeld des Backsteinelefanten. Alles zusammengenommen also gute
Argumente, auf ein Problembindemittel wie Zement zu verzichten, oder?
Witzigerweise bringt der Fachartikel noch einen weiteren Hinweis auf die das Mißlingen der früheren Instandsetzung vorprogrammierenden Sanierzutaten, ohne freilich die dafür verantwortlichen Scherzperten anzudeuten, geschweige denn zu benamsen: "Weitere Schäden verursachten Reparaturmaßnahmen in den 80er Jahren. Seinerzeit war im Sockel des Denkmals eine Abdichtung gegen Regen eingebaut worden und das war kontraproduktiv." Warum? Weil sich darunter das Wasser im Bauwerk staute, das infolge von nie ausschließbaren Wasserhinterdringungen den Abdichtungsebene zur Vollvernässung mit entsprechenden Frosteffekten führte, so die Meinung vor Ort. Doch ist der Frost in Bremen wirklich so ein dolles Problem im dunkelrotbraunen Massivbaukörper des Backsteinelefanten? Gibt es dazu beispielsweise eine Messreihe der winterlichen Oberflächentemperaturen, aus der das Frostrisiko im Baukörper nachweisbar wäre? Will sagen: Ist nicht eher die wasserbedingte Umkristallisation im Zementmörtel das treibende Problem? So könnte jedenfalls mal gefragt werden. Vor allem, wenn man weiß, welch erhebliche Oberflächentemperaturen und Wärmespeicherungen geradezu typisch für alle Backsteinmassivkörper sind.
Was weiter nur gemutmaßt werden kann, welcher Art die "Abdichtung" des Sockels war. Aller Voraussicht nach ein scheußliches Polymerprodukt der Bauchemie, die Silikonharz- und Acryl- und sonstige Kunststoffsynthesechemie hat da ja unterschiedliche Pamppen und Suppen im Köcher, sei es als in den Baustoff eindringende Hydrophobierung mit wasserabweisender Wirkung oder als auf den Baustoff aufgeklebte Abdichtbeschichtung. Früher wie heute. Allen diesen ist gemeinsam, daß ihre abdichtende Wirkung nach einiger Zeit durch alterungsbedingte Zerfallsprozesse infolge UV-Belastung, Belichtung und Erwärmung bzw. Temperaturwechsel durch Änderung der Intensität der Solar- und Umgebungsstrahlung Ost-West, Tag-Nacht, Sonne-Regen und Sommer-Winter sowie Änderung der Lufttemperaturen der Umgebung und auch durch feuchtebedingtes Einwirken der Bewitterung nachläßt und dann Wassereindringen in das Mikrorißgefüge der Schicht nicht mehr auszuschließen ist. Jetzt käme es auf das Kapillartrocknen an. Doch das liegt nahe Null bei all den Chemieprodukten der Abdichtungschemie. Dank intensiver Polymervernetzung der eingesetzten Kunstharze, von denen jedenfalls die Bautechnik 1932 keinen Gebrauch machte. Auf die ursprünglich eingesetzte Bautechnik am Baudenkmal, die immerhin trotz aller witterungs- und instandsetzungsbedingter Angriffe von 1932 bis 2017 einigermaßen standgehalten hat, im Sinne einer tradierten Material- und Bestandsgerechtigkeit kann sich ein Bauchemiekonzept jedenfalls nicht berufen. Welche Logik liegt also letztlich darin, wenn es dann im Bericht weiter heißt: "Die abdichtende Lage wurde mit ... [einer neuartigen] Reaktivabdichtung [, hoch] druckbelastbar und risseüberbrückend bis 2 mm [mit den vereinten Eigenschaften einer kunststoffmodifizierten Bitumendickbeschichtung (PMBC) und mineralischen Dichtungsschlämme (MDS) als flexible polymere Dickbeschichtung (FPD) aus Polymerbindemittel, Zement, Additiven, Spezial-Füllstoffen]" auf einem "Haftgrund" aus den festigenden und abdichtenden Chemikaliengemisch mit den gefährlichen Inhaltsstoffen Kaliumsilikat (Kaliwasserglas) und Kaliulmethylsiliconat ausgeführt? Könnte das nicht auch über kurz, mittel oder lang ähnlich enden, wie die Restaurierungssuperleistung aus dem Jahre 2008? Fragen über Fragen ...
Bei stark bewitterten Fassadenbereichen erscheint Angsthasen auch das Bindemittel Zement offenbar nach wie vor unverzichtbar, oft in der irrigen Annahme,
das wäre auch bei bewährten Bautraditionen das Mittel erster Wahl. Hochfeste hydraulische Bindemittel liefern aber Salze und überhöhte Festigkeiten/Abdichtung
in den vorgeschädigten Natursteinbestand wie oben angedeutet. Das kann Steinzerfall und zukünftige Aufträge ohne Ende programmieren.
Ein interessanter Materialhinweis aus der Praxis genialischer Backstein-Baumeister:
"Wichtiger als (gestalterische) Besonderheiten der Technik ist die Möglichkeit, beim Nachfugen der Gefahr entgegenzuarbeiten, die darin beruht, daß die Wirkung der Fuge unter den Einflüssen der unreinen Großstadtluft schnell verwischt wird und so gut wie verschwindet: man kann zum Ausfugen ein besonders ausgesuchtes Material wählen, nämlich eine Mischung, die möglichst glatt und möglichst hart wird, damit sie den äußeren Einflüssen zu widerstehen vermag.
Umfangreiche Versuche nach dieser Richtung, die bei den Hamburger Staatsbauten gemacht wurden, haben ergeben, daß in der rußreichen Hamburger Witterung eine Mischung von 2 Teilen Muschelkalk, 1 Teil Weißkalk und 2 Teilen Sand eine glatte, nicht sehr blanke und nicht mehr ritzbare Fugenfläche ergab; wurde ein Teil Muschelkalk genommen, so war die Wirkung der Fläche die gleiche, aber sie wurde ritzbar; nahm man statt Weißkalk 1 Teil Zement, so wurde die Masse blank und nahm noch zu an Härte; wählte man statt des Muschelkalks 1 Teil sogenannten weißen Zement (englisches Fabrikat), so war das Ergebnis blank, aber ritzbar; Meteor-Kalk machte es weniger blank und rauher.
Die natürliche Farbe aller dieser Mischungen war ein angenehmes Grau. Wollte man ein stärkeres Weiß haben, so wurde das erzielt durch 1 Teil Weißkalk, 1 Teil Lüneburger Kronkalk und 1 bis 2 Teile Sand; das Ergebnis war weiß, glatt, blank und sehr hart. Im allgemeinen dürfte die Mischung von 2 Teilen Muschelkalk, 1 Teil Weißkalk und 2 Teilen Sand zu empfehlen sein." (aus: Fritz Schumacher: Das Wesen des neuzeitlichen Backsteinbaues, München 1920, S. 101 ff.)
Hätte Schumacher schon gewußt, daß hydraulische Bindemittel wie Hydraulkalk, Portland- und Weißzement ausblühfähige Schadsalze sowie mobile Sulfate und Magnesium enthalten, mit sulfat-/gipsbelasteten Untergründen Treibmineralien bilden, den Wasserbedarf und das Schwinden erhöhen, gegenüber Ziegelstein deutlich langsamer austrocknen und wegen ihrer überhöhten Härte und Temperaturdehnung auch zum Flankenabriß inkl. Kapillarwasseraufnahme wg. erhöhter Wärmedehnung gegenüber Ziegel aufweisen, wäre er den genannten Hydraulen gegenüber wohl etwas kritischer gewesen. Und die heutzutage geübte undeklarierte Verpanschung des (angeblichen) Muschelkalks mit Hüttensand oder anderen Schadsalz- und Härtelieferanten hätte er bestimmt auch nicht gut geheißen.
Natürlich spült der Regen auch aus verdursteten, aufgebrannten oder - gar nicht so selten - in dem für solche Arbeiten ganz und gar ungeeigneten
Winterhalbjahr mit grundsätzlich gestörten und frostgefährdeten Austrocknungs- und Abbindebedingungen möglichst ohne ausreichenden Schutzverbau des Gerüsts
hergestellten - Kalkmörtelverfugungen - ebenso wie bei zementären Varianten - oder einer undichten Betonattika die unabgebundenen Bindemittel -
Calciumhydroxid Ca(OH)2 - nach außen. Diese bilden dann durch die Aufnahme von Kohlendioxid die herrlichsten Versinterungen als Weißschleier aus
Calciumcarbonat (Ca(OH)2+CO2->CaCO3) auf der Fassade. Und müssen dann mit Ameisen-, Zitronen- oder gar Salzsäure in passabler Verdünnung mit folgender
Neutralisierung (Wasserspülung!) abgesäuert, im Einzelfall sogar mechanisch (Strahlverfahren mit selbstauflösendem Granulat wie Trockenschnee, Hammer und
Pickel, ...) abgenommen werden. Wenn man sie nicht als Pfuschdokument erhalten will. Eine gegen die Feuchtezufuhr gedachte Hydrophobierung mit allerlei
Chemiewaffen bringt da nichts, da weder die Feuchtezufuhr damit dauerhaft unterbunden werden kann, noch die schon eingedrungene Bawerksfeuchte noch kapillar -
und nur so geht es(!) - austrocknen. Danach kann man sich um die defekten Mörtel kümmern und sie fachgerecht in aufbrennsicherer Manier gegen bessere
(zement- und kunstharzfreie!) Rezepturen austauschen. Siehe hierzu auch die weiteren Ausführungen dieser Seiten.
Tipp: Bemustern, ausreichend lange warten (möglichst einmal überwintern bis eventuelle Abbindestörungen
als Ausblühung zutage treten), begutachten und erst dann ausführen - ebenso vorgehen vor der Abnahme! Denn:
Gerade für die Handwurstler besitzt die Rucki-Zucki-Verarbeitung "erdfeuchter" Fug- und Versetzmörtel mit Fugeisenverdrucksung und Naßbepinselung eine geradezu unfaßbare Anziehungskraft. Man vermeint dabei Zeit zu gewinnen, spart Bewässerung der Einbausituation, muß nicht die Steinflanken gegen Bindemittelverunreinigung aus gut feuchten Mörteln schützen, braucht nur wenig nachzureinigen, rechnet mit dem "klugen" Bauleiter und Auftraggeber, die den ganzen Humbug abnehmen und redet sich dann nach Auftreten der Flächenausblühung mit allem Möglichen heraus: lieferantenseitige Materialfehler, auftraggeberseitige Planungs-, Fristsetzungs- und Jahreszeitfehler, Weißnixvongarnixniemalswas - eben das große Einmaleins der Ichdochnichtgarniemalsnie-Gewährleistung. Aber im Brustton der Überzeugung! Was kann man hier - nicht nur in vielen Fällen in Deutschlands hohem Norden - für Erbärmlichkeiten der schmieraxeligen Handwurstelbrunst kennenlernen - und nicht nur vor der Apotheke ...
Themenlink: Schädliche Hydraulbestandteile
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Sinterkrusten auf staatsbauamtlichem Betonsteinmauerwerk aus verdurstetem
Kalkzement-Trockenmörtel eines renommierten Herstellers blühen krustig aus
(Bildautor: Peter Schneider 12.5.03)
Dem privaten Bauherrn eines riesigen backsteinverblendeten Stararchitekturbaus ging es auch nicht besser.
Die kalkwasserhinterläufige Grafitti-Schutzbeschichtung schützt dabei nur bedingt: Erst wenn ihre Kalkeiterbeulen aufplatzen, können
die Kalziumhydroxidkristalle zu Kalziumkarbonat aussintern. So war das aber nicht bestellt.
Und ob das staatliche Autobahnklohäuslbauamt den ihm aufgeschwatzten Graffitischutz genau so haben wollte?
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Wohl eher nicht - oder doch? Wären da Grafittis nicht netter?
Auch mit gut gemeinten Kalkverfugungen kann schnell alles schiefgehen, wenn der Zementfugmörtel das Vorbild für Rezeptur
und Verarbeitung liefert und der Regen einfach so in die ungenügend abgebundenenen Frischmörtelfugen reinsuppt und die Fuge dauerfeucht hält.
Der Luftkalkmörtel kann dann auch nach Jahren nicht karbonatisieren, denn wo soll das CO2 denn hin, wenn überall
H2O ist? Ein Phenolphtaleintest belegt das sehr schön buntfarbig, abgefrostete Mörtelschollen ebenso. Oh, deutsches Handwerk!
Aus meiner Bauberatung (Foto Bauherr): Versalzte Wand, falsch verputzt - das Ergebnis:
Zementputzversaute Mauerziegelschale wird durch Salzkristallisation, Feuchtestau und Frost abgesprengt.
Das freigelegte Fundamentmauerwerk im speicherfähigen Erdreich hält die Schadsalzbefrachtung aus.
Dort gibt es ja wg. Dauerfeuchte weniger Kristallisationsdruck, wg. Speicherfähigkeit weniger Frostangriff und keinen Feuchteblockerverputz.
Die Mörtelfugen im Fundament waren natürlich auch hinüber.
Ähnlicher Schadensfall aus Bauberatung (Foto Bauherr): Hier liegen nur teilweise Salzüberlastungen vor - ein Unding, wenn man an
"aufsteigende Feuchte" glaubt - die ja eine von unten nach oben einheitliche Salzlösung
und Salzbeladung und Schädigung des Mauerwerks hervorbringen sollte.
Feuchteblockender Zementverputz schädigt dann an den salzüberlasteten Mauerpartien am meisten.
Die morschbröseligen Mauerziegel lassen sich mit dem Finger herauspulen. Wie es hier weitergeht?
Fragen Sie mal versuchsweise drei Mauertrockenleger.
Da tropft das salzige Wasser aus Ihren Äuglein! (zum Handwerkerquiz)