In den späten 70er Jahren entstand nun die logische Gegenbewegung zugunsten einer durchgängigen strahlungsoptimierten Beheizung. Der Heizungsingenieur Alfred Eisenschink (Bestsellerautor: "Falsch geheizt ist halb gestorben") setzte dafür die Maßstäbe durch die Entwicklung seiner sancal-Strahlungsheizung mittels Kleinkonvektoren hinter Fußbodenheizleisten. Sie versorgten die Wandoberfläche über vorzugsweise Warmluftkonvektion aus dem Heizleistenschacht mit Wärme, die von dort in den Raum strahlte. Leider aber auch nicht staubfrei ablief.
Dipl.-Ing. Architekt Assmann kupferte die wesentlichen Ideen bei Eisenschink ab, verteuerte und komplizierte das Strahlungs-Heizsystem inkl. abnehmender Effizienz: ebenfalls mittels heizwasserversorgten Kleinkonvektoren, nun aber in Wand-Boden-Vorsatzschalen als Umweg-Umweg-Wärmestrahlfläche. In Gipskartonoptik zwar architektenpseudoästhetikkonform, dafür mit erheblicher - abschottungsbedingter - Effizienzeinbuße.
Konservator Henning Großeschmidt (Früher Abt. Nichtstaatliche Museen am Bayer. Nationalmuseum, dann am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege), führte die "Temperierung" im Sinne einer Bauteiltemperierung dann in den Museumsbereich ein. Sie erfüllt ihre Hauptaufgabe - neben der von Großeschmidt ins Feld geführten "thermischen Trockenlegung" - der exponatschützenden Klimastabilisierung über die gewöhnliche Heizperiode hinaus mit ganzjähriger Leistungsbereitstellung und Dauerbetrieb. Wenn auch - bei verdeckter Bauweise (Unterputz) mit erheblichen Leistungseinbußen und manchmal sehr bösen Überraschungen nicht nur, was die Trägheit und Raumtemperatur betraf, sondern auch die Heizkosten.
In den letzten Jahren hat insbesonders Prof. Dr.-Ing. habil. Claus Meier die Grundlagen für die Konzeption und Auslegung von wärmestrahlungsoptimierten Strahlungsheizungen / Temperieranlagen entscheidend weiterentwickelt und auch breit publiziert. Daraus ließen sich neben den Erfahrungswerten wichtige Rechenannahmen ableiten, die eine praxisnahe Bemessung solcher Heizsysteme zulassen.Thema Nachtabsenkung
Die sinnlos energieverschwendende Nachtabsenkung der Betriebstemperatur ist bestenfalls ein perfider Marketingtrick der Energiehändler. Ausgerechnet wenn es besonders kalt ist und die Gebäudehülle schneller auskühlt, wird weniger geheizt! Die Zusatzheizleistung am Tag fällt dann wg. Regelungsautomatik nicht auf. Das kann bei der Temperierung, die auf mittels Wärmestrahlung thermisch aufgeladene Gebäudehüllen setzt, nur schwerlich bis gar nicht funktionieren. Dabei sollte man auch wissen, daß Abkühl- und Aufheizvorgänge potenziert ablaufen, während das Zuheizen zur Haltung einer Dauertemperatur mit "stetig" gleichbleibender (geringerer) Energiezufuhr funktioniert.
Leider werden in der Praxis der Hüllflächentemperierung auch unbelehrbare Hausmeisterseelen beobachtet, die gegen das Prinzip der Strahlungsheizung konvektiv weiterheizen wollen. Alles Gewöhnungssache, oft gepaart mit verbissenster Unbelehrsamkeit. So einfach lassen wir uns doch die Nachtabsenkerei bestimmt nicht abgewöhnen. Dann werden aus "Energiespargründen" auch in kältesten Winterperioden reduzierte Betriebstemperaturen gefahren, obwohl die Strahlflächen gerade dann maximal versorgt werden müssten und obendrein jede Nacht noch weiter feste abgesenkt.
Ergebnis: Die Bude kühlt ausgerechnet in der Nacht, wenn es eh kalt ist, aus. Am nächsten Tag kann dann die reduzierte Heiztechnik, die für Temperierungsbetrieb dicke langen würde, nicht in der notwendigen Geschwindigkeit die unterkühlten Raumhüllen und die abgefrostete Raumlufttemperatur der Nutzräume aufheizen. Es gibt Beschwerden der frühs bobbernden Nutzer. Der Hausmeister schimpft auf die Heizung. Gleichzeitig steigt der Heizenergieverbrauch wegen Gas+Bremse+Gas-Betrieb.
Raten Sie mal, wo sowas vorkommt? (Frage fällt demnächst unter Diskriminierungsverbot). Doch auch Temperieranlagen in historischen Gebäuden wie Burgen, Schlösser und Kirchen unterliegen geradezu zwanghaften Fehlbetriebsversuchen, und zwar nachhaltig. Wer von uns Temperierplanern kennt nicht das Phänomen bzw. die Beschwerde, wenn die vorsätzlich ausgekühlte Bude in kürzester Zeit hochgeheizt werden soll (soll ja soooooooooooooooooooo viel Energie sparen!) und es dann bis zur Veranstaltung dennoch nicht gelingt, das kalte Massivmauerwerk der abgefrorenen Fassaden auf angenehmste Strahlungstemperatur hochzupushen? Und da kann man dagegen predigen mit Engels- oder Teufelszungen - nützt nix.
Am Ende kommt ein 08/15-Schwachverständiger und stellt falsche Auslegung der Anlage fest. Spaßige Auseinandersetzungen juristischster Art folgen dann und wer schreibt, der bleibt. Also Freunde: immer feste dokumentieren, was von Planungsanfang an ausgemacht war betreffend Wohlfühlanforderungen, konservatorische Randbedingungen und natürlich auch zur sachgerechten Betriebsweise. Und immer daran denken: Der im Einzelfall aus ästhetischen, funktionalen oder technischen Gründen sinnvolle Unterputzbetrieb verbraucht immer mehr Energie, als offen verlegte Warmwasserrohre.
Bisher wird die Temperierung vorwiegend im denkmalgeschützten Altbau vom Freilichtmuseumsobjekt bis zum großen Kirchenraum und im Museum verwirklicht. Bei den allseits klammen Kassen der Kirche und Kultur, seit langem von "Billig"planern geplündert durch überteuertes Bauen inkl. überzogene Folgekosten, wahrlich kein Wunder. Doch auch immer mehr Neubauten nutzen diese wirtschaftlich, technisch und gesundheitlich überlegene Technik.
Weitere Info zur NachtabsenkungViele - maximal ausgemagerte und auch hosenträger+gürtelmäßig abgesicherte - Bauarten sind denkbar, um die für den Einzelfall beste Lösung zu finden. Sogar die oft wirtschaftlich überlegenen puren Elektrolösungen (mit Heizkabeln und/oder Elektrodirektheizungen) finden mehr und mehr Anwendung, als Beispiel nenne ich mal unser aktuelles Schloßtemperierprojekt in Schloß Brühl bei Bonn oder das Beispiel in Schloß Veitshöchheim. Doch nicht nur an Großprojekten, auch im privaten Bereich können - präzise gerechnet - Elektroheizplatten, egal ob aus Naturstein oder anderen Werkstoffen für die wärmenden Heizflächen, wirtschaftliche Vorteile bieten, die dann auch als sattelfeste Begründung für die Befreiung von den unwirtschaftlichen Forderungen der Energieeinsparverordnung EnEV und dem Erneuerbare Energien Wärme Gesetz EEWärmeG dienen können. Hier mehr Info zu den Befreiungen gem. EnEV/EEWärmeG. Und ja, es darf auch der billigste Werkstattofen sein, der dem Holzheizer dabei hilft, die Bude geschwind warmzubekommen und vielleicht auch seinen ergänzenden Elektroheizbedarf zu vermindern.
Natürlich kann eine Temperieranlage nicht alles leisten. Deswegen findet im Kollegenkreis teilweise ein überregionaler Erfahrungsaustausch statt, um allzu euphorische Erwartungen an diese im Einzelfall Experimentaltechnik auf sachliches Niveau zurückzuführen.
Es darf ja nicht verschwiegen werden: das "Temperieren" hat eine erhebliche technische Entwicklung durchgemacht. Es gab Niederlagen,
Prozesse und aufwendige Nachrüstaktionen, um die erforderlichen Raumtemperaturen
- gerade bei "Umweglösungen" mit verborgener Rohrführung
- doch noch einigermaßen zu erreichen.
Die erheblich teurere Variante bei mehr oder weniger geringerer Energieeffizienz - Temperierung mittels Wand- und Bodenvorsatzschalen
- bleibt nun bestimmten Ausnahmesituationen vorbehalten, oft genügt die reine "Rohrlösung".
Etwas aufwendiger und bauartbedingt "massiver" - auch eine Umweglösung - bieten Kleinkonvektoren hinter Verkleidungen, sog.
Heizleisten. Bei ihnen wird erst der Kleinkonvektor vom Heizrohr her erhitzt, dann die Luft vom Konvektor, diese erwärmt und
verschmutzt dann die anliegende Wand, die letztlich in den Raum abstrahlt.
Was sich die Stein- und Heizungsindustrie an noch teureren
Ideen zur Strahlungsheizung (Wandflächenheizung, Hypokaustenheizung, Deckenflächenheizung, Heizsegel, Betonkernaktivierung,
Bauteiltemperierung, ...) ausgedacht hat, ist zwar auch ganz toll, als Unterputz- oder High-Tech-Variante
auch Erste Sahne für gehypte Ästhetizisten auf Kosten des damit durch die anliegende Bausubstanz gedämpften / gefilterten
/ verschatteten / vergeudeten Wärmetransports - aber nicht unbedingt der geldbeutel- und bestandsschonendste bzw.
energieeffizienteste Weg.
Das kommt also vorwiegend bei "Bauherren" an, die sich wie der Staat oder sonstige anonyme "Bauherren" durch "Vertreter"
vertreten lassen, die nicht auf die eigene Mark bzw. den eigenen Euro gucken müssen und deswegen immer mit Anlauf bereit sind, auch
den finanziell/technisch unsinnigsten Schmonz zu realisieren, wenn er nur durch hohlklingende Begrifflichkeiten zur scheinbaren
Unterstützung der eigenen Persönlichkeitsdefizite beiträgt. Zumindestens die Werbetexter der Schwindelindustrien wissen
genau, was ich hier meine und wissen die Worthülserei in geschicktester Weise an den Mann zu bringen. Neue Begrifflichkeiten
("thermoaktive Flächen", "thermische Bauteilaktivierung", "Betonkernaktivierung") klingen folglich verführerisch, tarnen im
Verbund mit hochtrabenden "technischen" Texten auch noch die blödsinnigsten Heizmethoden und unterstützen folglich das
Marketing zum Nachteil des Bauherrngeldbeutels. Wenigstens hier udn da und alles meiner unmaßgeblichen eigenen Meinung nach.
Wie immer: Aus läuternder Enttäuschung entsteht die konstruktive Erfahrung, nicht aus Rechenmodellen. Für den sparsamen
Bauherrn mit gewissem Spaß am Risiko gibt es ebenso Wege wie für den "Auf-Nummer-Sicher-Typ".
Wichtig: Faire Bauherrnberatung von Anfang an, keine übertriebenen Versprechungen. Für Anfänger bzw. Missionare auf
diesem Gebiet ist das nicht immer so leicht. Und eines muß ein Bauherr bedenken:
Wenn sein Heizungsingenieur zu teuren und technisch nachteiligen Heizsystem rät, kann es dafür drei - ggf. kombinierte - Gründe geben:
1. Teure Technik liefert mehr Honorar.
2. Teure Technik wird durch (gratifikationsgestützte) Umsonstplanung des Herstellers für den Planer - hinter dem Rücken
des Bauherrn - vermarktet. Das heißt, die Planung, für die der Ingenieur den Bauherrn abkassiert, wird durch den Hersteller
hintenrum erledigt - bis zum fertigen produktmanipulierten VOB-widrigen Leistungsverzeichnis.
3. Planungsträgheit des Ingenieurs - er verwertet schon an andere Kunden verkaufte Planungsleistungen mit inzwischen überholter
teurer Technik lebenslänglich weiter - nach Bedarf etwas oberflächlich modernisiert.
Dem steht natürlich entgegen, daß die Honorarordnung, das Kammerrecht und die Rechtsprechung den Planer verpflichten, sich
ständig fortzubilden, den Bauherrn sowohl technisch als auch wirtschaftlich optimal zu bedienen und wettbewerbsbeschränkende
Firmenbindung wegen seiner besonderen Treuepflicht dem Bauherrn gegenüber zu unterlassen.
Damit ist die Suche nach besonders qualifizierten Firmenlösungen natürlich ebensowenig untersagt wie das Nutzen neuer bzw.
besonders bewährter Technik im Planungsvorschlag. Jedoch ergebnisoffen und im Rahmen der
manipulationsverhütenden Richtlinien des Haushalts- und Vergaberechts. Das man erst mal kennen
müßte, um bauherrnbenachteiligende Fehlplanungen (für die es selbstverständlich
keinen Honoraranspruch sondern Regreßmöglichkeiten gibt) in aller Schärfe zu entlarven.
Tip: Prüfen Sie Referenzprojekte Ihres Planers bis zur Ausschreibung und Vergabe. Und fragen Sie im Falle eines Falles, was denn die grundsätzlich verbotenen Produktvorgaben für "homogene", also wettbewerbsfähige Bauprodukte und -systeme sollen. Darin zeigt sich nämlich die ganze oben beschriebene Misere.
Daß es sogar Heizungsbaumeister gibt, die durch praktische Fakten beeinflußbar sind und sich von falschen Theorien verabschieden, zeigt dieser nette Gästebucheintrag:
Sehr geehrter Herr Fischer,
herzlichen Dank für die vielen Tatsachen und Fakten auf Ihren Seiten! Angeregt durch die Kapitel über die in deutschen Landen vorherrschenden Dämm-Praktiken führte ich ein einfaches Experiment durch: Objekte: Zwei parallel stehende Häuser. Seitlicher Versatz ca. 15m. Betrachtung der nach Südwest ausgerichteten Außenwände
heute abend gegen 19.30 Uhr, klarer Himmel. Innenraumtemperaturen: beide 22°C. Diese Werte regen dann auch den interessierten Fachmann zum Nach- bzw. Überdenken seiner bisherigen Ansichten an. Das im Vergleich zur Ziegelwand doch recht geringe Energiepotential der Leichtbauwand ist recht schnell verpufft ,d.h. abgestrahlt. Lagen doch die Temperaturen der Messpunkte in der Mittagszeit bei +5°C auf der Backsteinwand und + 18°C auf der Leichtbauwand. Einen anderen Effekt erlebe ich täglich an meinem Schreibtisch sitzend. Trotz Fußbodenheizung – im Winter immer kalte Füße. Und das in dem tollen wärmegedämmten Haus! Der leichte, kaum spürbare abwärts gerichtete Luftstrom welcher sich an der im Verhältnis zur Raumluft kalten Außenwand/Fensterscheibe einstellt, sorgt für dieses kleine, aber stete Ungemach. Abhilfe schaffen da auch keine sogenannten "Randzonen", wo außer den meist doppelt verlegten lfdm. Heizrohr nichts passiert. Verständlich für den Laien wie für den Fachmann sind auf Ihren Seiten die Prinzipien der Hüllflächentemperierung beschrieben. Als Heizungsbauer empfehle ich meinen Kunden heute die Heiztechnik der Hüllflächen-Temperierung. Trockene Wände, ein angenehmes Raumklima und zufriedene Kunden bestätigen diese Theorien. Viele Grüße! Axel Fischer |