Prof. Dr.-Ing. habil. Claus Meier
Architekt SRL
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90449 Nürnberg
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Wärme- und Feuchteschutz beim Altbau - Theorie und Wirklichkeit 5
6. Lüftung und Luftdichtigkeit
Lüftung
Lüftung wird notwendig, um hohe rel. Feuchten zu vermeiden, denn diese verursachen nicht nur Feuchteschäden, sondern verbrauchen auch Energie und gefährden das konsequente Energiesparen ebenso wie durch das Begünstigen hoher Keimraten und Schadstoffkonzentrationen in der Raumluft die Raumhygiene und Bauhygiene. Die Enthalpie feuchter Luft ist größer als die trockener Luft, deshalb muß auch rechtzeitig gelüftet werden, bevor hohe rel. Feuchten erreicht werden, die viel Energie benötigen [12].
Die absoluten Lüftungswärmeverluste sind gering (nach der Wärmeschutzverordnung 51,4 kWh/m²a; entspricht etwa 2,60 DM/m²a) und dies bei einem 0,8 fachen Luftwechsel, der im Normalfall kaum zutrifft (entspricht einem 19,2 fachen Luftwechsel pro Tag-Nacht Periode!); real dürfte viel weniger gelüftet werden und auch dies reicht aus, um Feuchteschäden zu vermeiden. Feuchteschäden und gesundheitliche Beeinträchträchtigungen wie Asthma, Allergie, Kopfschmerzen usw. treten nur dann auf, wenn wenig oder gar nicht gelüftet wird.
Nur in einer prozentualen Bilanz erscheint der Lüftungswärmebedarf als gewaltiger Posten!
Luftdichtigkeit
Die Luftdichtigkeit der den Innenraum umgebenden Bauteile (Wand, Decke) wurde schon seit jeher gefordert. Neben den eventuellen Zugerscheinungen war dies notwendig, um Kondensat in der Konstruktion infolge Abkühlung der nach außen strömenden warmen Innenraumluft zu vermeiden. Bei Massivbauten ist die Luftdichtigkeit gewährleistet (verputzte Außenwand und Massivdecke). Bei Skelettbauten jedoch läßt sich eine vollkommene Luftdichtigkeit konstruktiv - technisch nur schwer herstellen. Deshalb war es bei der Leichtbauweise bisher Stand der Technik, belüftete Konstruktionen zu wählen, damit eventuelles Kondensat ab- und weggelüftet werden konnte (hinterlüftete Wand- bzw. belüftete Dachkonstruktionen).
Mit der "Abschaffung" der belüfteten Konstruktion durch großmannssüchtige Bauphysiker ergibt sich bei Leicht- und Skelettkonstruktionen nun das große Dilemma, daß infolge der konstruktiv nicht immer zu vermeidenden Luftundichtigkeit Feuchteschäden durch Luftströmung entstehen.
Dies macht die unbelüftete Leicht- und Skelettkonstruktion insgesamt - also technisch, energetisch und hygienisch - mehr als fragwürdig.
Anstatt nun bei solchen "windigen" Konstruktionen zur belüfteten Konstruktion zurückzukehren, wird in alter Manier (ein Fehler wird durch einen zweiten Fehler zu beheben versucht) die "Luftdichtigkeitsprüfung/der Blower"Door Test" geboren. Zur Begründung werden die damit zusammenhängenden Energieverluste, aber nicht die zu erwartenden Feuchteschäden genannt. Hier geschieht Verschleierung der tatsächlichen Gründe durch Informationsselektion, denn die durch Luftundichtigkeit entstehenden Energieverluste sind vernachlässigbar.
Welche Größenordnungen treten auf ?
Die Wärmeschutzverordnung 95 berücksichtigt einen 0,8fachen Luftwechsel, dies entspricht einem stündlichen Luftvolumenstrom von 2 m³/m² Wohnfläche. Diese 2 m³ lassen eine eventuelle Luftundichtigkeit energetisch wirklich kümmerlich erscheinen.
Eine Luftundichtigkeit, die z.B. einen Luftvolumenstrom von 15 m³/h nach sich zieht, entspricht nach der Wärmeschutzverordnung genau dem vorgesehenen Luftvolumenstrom für 7,5 m² Wohnfläche; energetisch gesehen also überhaupt keine Katastrophe. Wenn keine Feuchteschäden entstünden, würde damit sogar eine Grundlüftung gewährleistet werden (wie früher bei den undichten Fenstern; nur hier war das anfallende Kondensat kontrollierbar). Insofern bedeutet z.B. der Slogan "Luftdichtheit senkt den Energieverlust", mit dem Büros für die "Blower-Door-Messung" werben, eine bewußte (oder aus Unwissenheit unbewußte) Irreführung des Kunden. Allerdings eröffnet sich hier ein vielversprechender Markt, der bei Beachtung der "allgemein anerkannten Regeln der Technik" erst gar nicht entstehen würde.
Dieser Markt wird nun auch noch vom Verordnungsgeber unterstützt. Im Entwurf zur "Energiesparnorm 2000" [3] wird: - bei freier Lüftung/Fensterlüftung eine Luftwechselrate von n = 0,70/h, - bei freier Lüftung/Fensterlüftung und "Blower-Door-Messung" aber ein n von 0,60/h vorgesehen.
Das "dichte" Haus wird mit einer geringeren Luftwechselrate bedacht als das mit sog. "Leckagen" versehene Haus.
Umgekehrt wäre es logisch, denn es muß ein erforderlicher Luftwechsel gewährleistet werden; wie dieser sich, bei Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik (nicht der DIN-Vorschriften), zusammensetzt, ist doch erst der zweite Schritt.
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