Prof. Dr.-Ing. habil. Claus Meier
Architekt SRL
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90449 Nürnberg
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Niedrigenergie- und Passivhaus im Kreuzfeuer 5
Fakt Nr. 4:
Soll nun trotzdem ein Beharrungszustand, der in Realität ja nie vorkommen kann, angenommen werden, dann erfolgt die nächste bewußte Informationsselektion. Die Hyperbelform der k-Wert-Funktion (heute U-Wert-Funktion - erg. KF) führt bei kleinen k-Werten zu uneffizienten Lösungen. Die Nachhaltigkeit ist nicht mehr gegeben, weil zusätzliche Energie kaum noch eingespart werden kann - das ist unwiderlegbare Mathematik.
Dieses fatale Naturgesetz sieht - angewendet auf die Dämmstoffstärke/Dämmstoffdicke - konkret so aus:
Die Verdoppelung der Dämmung / Dämmstärke / Dämmdicke führt zu einer Halbierung des k-Wertes.
Daß hierbei eine Effizienzschwelle zu beachten ist, dürfte einleuchtend sein. Da die Wirtschaftlichkeit durch die Neigung der Tangente an die Hyperbel, durch das Verhältnis von Nutzen und Aufwand bestimmt wird, ist die Unwirtschaftlichkeit kleiner k-Werte unausweichlich gegeben. Besonders Niedrigenergiehäuser, Passivhäuser und Nullenergiehäuser, die sich alle durch ”Mini-k-Werte” auszeichnen, sind somit völlig uneffizient und damit unwirtschaftlich. Die Anforderungen der Wärmeschutzverordnung 1995 und damit erst recht die der beabsichtigten Energieeinsparverordnung sind mit wirtschaftlichen Konstruktionen nicht zu erfüllen. Der viele Dämmstoff wird energetisch nahezu nutzlos eingebaut.
Um von diesem physikalischen Naturgesetz abzulenken, werden markige Dämmstoff-Parolen ausgegeben und wahre rhetorische Eiertänze aufgeführt.
Der Industrieverband Hartschaum e. V. proklamiert vehement:
”Dämmstoffstärken vielfach zu niedrig – zukunftsweisende Dämmdicken orientieren sich am Niedrigenergiehaus-Standard”.
Bei Kenntnis der Effizienzlosigkeit kleiner k-Werte und der damit verbundenen Nutzlosigkeit für den Umweltschutz kann mit ”zukunftsweisend” nur der Nutzen für die Dämmstoffindustrie gemeint sein, denn Umsatzsteigerungen sind garantiert. Das Hinterhältige ist, daß mit solchen Werbesprüchen jeder glaubt, der Umwelt zuliebe müßten diese finanziellen Opfer erbracht werden – das aber ist der große Trugschluß der Kundschaft.
Feist, der Protagonist des Passivhauses mit Dämmstoffdicken um die 40 cm, schreibt in der Zeitschrift ”Energieeffizientes Bauen 1/2000” (welch eine Verdummung des Lesers):
”Auch hier haben die sorgfältig meßtechnisch begleiteten Passivhaus-Projekte den Beweis erbracht: Wärmedämmung entfaltet ihre Wirksamkeit auch bei Dämmstoffstärken zwischen 250 und 500 mm Polystyrol in vollem Umfang”.
Solch eine Aussage ist banal, sophistisch und vollkommen wertlos, denn es muß doch nach dem Maß der Wirksamkeit gefragt werden und dieses Maß ist verheerend uneffizient und äußerst schadensträchtig. Man bedenke: Auch eine negative Wirksamkeit "entfaltet sich in vollem Umfange". Radioaktive Geschosse, Allergien auslösende chemische Beimengungen im Waschpulver, krankmachende Zusatzstoffe in Lebensmitteln, selbst Gift oder auch DDT können mit genau dem gleichen Werbespruch angepriesen werden.
Die unangenehmen Kehrseiten dagegen werden bewußt und konsequent vernebelt, verschwiegen oder schöngeredet. Mit solchen wohlfeilen Sprüchen wird der Kunde suggestiv verwirrt und für das große Dämmstoffgeschäft gefügig gemacht – eine knallharte Gehirnwäsche in demokratischem Gewande bildet dafür die Voraussetzung. Die Informationsgesellschaft wandelt sich mit dubiosen Motiven immer mehr zur Desinformationsgesellschaft. Neuerdings wird von der Wissensgesellschaft geredet, doch wenn man nicht weiß, was Wissen ist, kommt man damit vom Regen in die Traufe.
Bereits Sokrates brachte durch ruheloses Fragen seine Mitmenschen mit Erfolg zur Erkenntnis und entlarvte Scheinwissen, das besonders durch die Lehren der Sophisten verbreitet wurde. Dem Scheinwissen zu entgehen, ist das Gebot der Stunde. Die semantischen Verwirrspiele der Energiesparfanatiker im ”Netzwerk System Gertis” sind kaum mehr zu ertragen. Lückenlose Aufklärung des Kunden ist deshalb wichtig, die parallele Täter-Opfer-Diskussion wird allerdings auch nicht ausbleiben und gehört genauso auf die Tagesordnung.
Noch besser dann das Öko-Test Spezial Umwelt & Energie vom Dezember 2008 auf Seite 105:
"Passivhaus - die aktive Altersvorsorge." Hier wird ein Herrenberger Ehepärchen vorgeführt, das sich
von dem "Passivhaus-Papst" Wolfgang Feist (stammt bezeichnenderweise ebenfalls aus Herrenberg!) persönlich zu
einem Passivmonster stimulieren ließ. Und was nicht alles in diesem Holzbretterbüdli alles zur
Ausführung gelangt, selbstverständlich mit konstruktiver Hilfe eines passivhauserfahrenen Planers:
30 cm Wärmedämmung aus Hartschaum wurde unter der Bodenplatte des kellerlosen Büdlis verbuddelt, im
Boden dann noch 80 mm Polystyrol-Dämmung, 36 cm "relativ preiswert" (!) eingeblasene und selbstverständlich
boratverseuchte Zellulosefaser aus Altpapier in der Wand aus Holzstaketen und Lärchenholzschalung, gar 40 cm
zwischen den Dachsparren plus paraffinierte Holzfaserplatte sowie angeblich feuchtevariable (in Wahrheit gem.
Untersuchungen der FH Hildesheim, Prof. Möring bald dicht verschleimende) Dampfbremse, dreifachverglaste und mit
dem Edelgas Argon gefüllte passivhauszertifizierte Wärmeschutzfenster mit einer abstrahlungsblockierenden
Spezialbeschichtung, ein Scheitholzkessel mit Wärmetauschereinsatz, dazu elf Quadratmeter Solarkollektoren auf dem
Dächli, eine Zwangslüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, Zulufttemperierung durch einen
Erdwärmetauscher, der mit einer Umwälzpumpe sein Sole-Wasser aus 80 Meter Kunststoffrohren bezieht, die ein
Meter tief im Gärtli verbuddelt wurden, sowie noch ein paar sonstige Ökofinessen wie eine
Regenwassersammelanlage und selbstverständlich - man gönnt sich ja sonst nix - schon mal die Vorbereitung
für eine nachzurüstende Photovoltaikanlage. Ja, solch konsequenter Umweltschutz macht eben Spaß.
Doch zu welchem Preis? Na, ja, im Artikel steht, daß die 125 qm Wohnfläche in den Kostengruppen 300 und 400 satte
315.000 Euro kosten, zuzüglich Baunebenkosten (Kostengruppe 700) dürften so ca. 380.000 Euro zusammengekommen
sein - wenn's langt. Macht 3040 EUR/qm WF. Für diesen Preis bauen Banken ihre Hauptsitze.
Hätte der oberstolze schwäbische Passivhausbesitzer ein normales kellerloses Häusli mit 125 qm gebaut,
z.B. mit 36,5 vollen Backsteinen und Massivholzdämmung, hätte er alleine vom Ersparten die nächsten
100.000 Jahre heizen können. Legt man nämlich die bei normalen Hauskosten von ca. 1.440 EUR/qm locker
einzusparenden 200.000 EUR mit nur 3 Prozent Zins an, bekommt man jährlich 6.000 EUR Zinsgewinn ausbezahlt. Was
bedeuten demgegenüber die Passiv-Geschäftle laut Werbeaussage der Ökotestredaktion?:
"Schon beim aktuellen Preisniveau ist das (sparsame Passivhaus) auf lange Sicht ein gutes Geschäft, denn die
(Passivbauherren) sparen etwa 800 Euro (Energiekosten) pro Jahr."
Mööönsch, Pisa ist wirklich überall!. Allein die ersparbaren Baukosten dürften mehr als locker
reichen, um die 125 Quadratmeterchen warmzuheizen, selbst mit Edelholz oder Olivenöl extra Vergine. Leute, kann
man sich eine größere Umweltverschmutzung als durch eine solche ökoinduzierte Ressourcenvergeudung noch
vorstellen? Ja, so ist er eben, der sparsame Passiv-Schwabe in Herrenberg, Allzeitchampion in seinen typischen drei
Geizdisziplinen:
1. Mit dem Schinken nach der Wurst werfen, 2. Die Brüh teurer als die Brocken kochen und 3. Saving the Penny and
losing the Pound. So schlägt man ganz persönlich die BW-Landesbank in der Finanzkrise.
Bauteil, Art der Leistung | Instand- setzungs- intervall |
Kosten | Jahre | Kosten nach 80 Jahren [inkl. Neben- kosten + Ust Inflation 2%) |
Kosten im Jahresdurch- schnitt |
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Außenwände | [Jahre] | [EUR/m²] | 5 | 10 | 15 | 20 | 25 | 30 | 35 | 40 | 45 | 50 | 55 | 60 | 65 | 70 | 75 | 80 | [EUR/m²] | [EUR/m²] |
Außenwand mit Verblendmauerwerk | 284,73 | 3,56 | ||||||||||||||||||
Verfugung ausbessern | 20 | 7,67 | . | . | . | x | . | . | . | x | . | . | . | x | . | . | . | x | 89,10 | 1,11 |
Gerüstvorhaltung | 20 | 7,67 | . | . | . | x | . | . | . | x | . | . | . | x | . | . | . | x | 89,10 | 1,11 |
Mauerwerk säubern | 40 | 15,34 | . | . | . | . | . | . | . | x | . | . | . | . | . | . | . | x | 106,53 | 1,33 |
Außenwand mit Standardputz (mit Anstrich | 566,36 | 7,08 | ||||||||||||||||||
Neuer Anstrich | 15 | 25,56 | . | . | x | . | . | x | . | . | x | . | . | x | . | . | x | . | 333,09 | 4,16 |
Putzausbesserung | 15 | 10,23 | . | . | x | . | . | x | . | . | x | . | . | x | . | . | x | . | 133,32 | 1,67 |
Gerüstvorhaltung | 15 | 7,67 | . | . | x | . | . | x | . | . | x | . | . | x | . | . | x | . | 99,95 | 1,25 |
Außenwand aus Holzständerwerk mit Holzschalung | 650,47 | 8,13 | ||||||||||||||||||
Streichen | 5 | 5,11 | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | 205,92 | 2,57 |
Gerüstvorhaltung | 5 | 7,67 | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | 309,63 | 3,87 |
neue Holzschalung | 50 | 51,13 | . | . | . | . | . | . | . | . | . | x | . | . | . | . | . | . | 134,92 | 1,69 |
Außenwand mit Wärmedämm-Verbundsystem | 1.314,05 | 16,43 | ||||||||||||||||||
Reinigung und Pflege | 5 | 7,67 | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | 309,63 | 3,87 |
Gerüstvorhaltung | 5 | 7,67 | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | x | 309,63 | 3,87 |
Putzausbesserung | 10 | 7,67 | . | x | . | x | . | x | . | x | . | x | . | x | . | x | . | x | 162,21 | 2,03 |
Neues WDVS | 40 | 76,69 | . | . | . | . | . | . | . | x | . | . | . | . | . | . | . | x | 532,58 | 6,66 |